Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-590262/2/BP/Gr

Linz, 26.11.2010

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Mag. Dr. Bernhard Pree                                                                                     4A13, Tel. Kl. 15685

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung der X, vertreten durch X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Kirchdorf a. d. Krems vom 13. Oktober 2010, GZ.: SanRB01-16-2010-Kg, betreffend die Entziehung der Berechtigung zur Ausübung des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege, zu Recht erkannt:

 

 

 

Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben wird.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungs­verfahrensgesetz 1991 – AVG

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Kirchdorf an der Krems vom 13. Oktober 2010, GZ.: SanRB01-16-2010-Kg wurde der Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) gemäß den §§ 27 Abs. 1 Z. 2 iVm. 40 Abs. 1 und 2 des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes (GuKG), BGBl. I. Nr. 108/1997, idgF. BGBl. I Nr. 130/2009, die Berechtigung zur Ausübung des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege in einem Dienstverhältnis und freiberuflich wegen mangelnder Vertrauenswürdigkeit entzogen. Die Bw wurde verpflichtet, das von der Krankenpflegeschule des allgemeinen öffentlichen Landeskrankenhauses Steyr am 31. August 1993 ausgestellte Diplom über die Ausbildung als diplomierte Krankenschwester und allfällige Duplikate dieser Urkunde unverzüglich, längstens jedoch innerhalb von drei Tagen ab Zustellung dieses Bescheides der belangten Behörde zu übermitteln. 

 

Weiters wurde einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung gemäß § 64 Abs. 2 AVG aberkannt.  

 

Begründend führt die belangte Behörde unter Anführung des § 27 Abs. 1 und
§ 40 Abs. 1 und 2 GuKG ua. aus, dass mit Schreiben der Abteilung Gesundheit des Amtes der Oö. Landesregierung vom 16. März 2010 mitgeteilt worden sei, dass Zweifel bestünden, ob bei der freiberuflich tätigen Bw die Voraussetzungen zur Ausübung des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege noch gegeben seien. Die Bw habe im Rahmen der Sonderausbildung für Intensivpflege am Medizinischen Ausbildungszentrum AKH Linz am 11. März 2010 eine Wiederholungsprüfung abgelegt und nach Mitteilung des negativen Prüfungsergebnisses die Prüferin unter Zufügen von Verletzungen wie auch eine bei der Prüfung anwesende Vertreterin des Amtes der Oö. Landesregierung attackiert. Die habe bereits vor Ablegen dieser Prüfung  ein auffälliges Benehmen gezeigt, das nicht den Anforderungen eines Diplompflegepersonals entsprochen habe, wie durch verbale Attacken in Schreiben und E-Mails an diverse Stellen und in Gesprächen laut den Aufzeichnungen des X Krankenhauses Wien und dem Vermerk über ein Vorstellungsgespräch im Krankenhaus X zu entnehmen sei.

 

Daraufhin sei am 23. April 2010 eine amtsärztliche Untersuchung durchgeführt und die Nachreichung einer Stellungnahme eines Facharztes für Psychiatrie mit der Bw vereinbart worden, wobei die Bw von der Möglichkeit der Nachreichung keinen Gebrauch gemacht habe.

 

Laut Bericht der PI Kirchdorf vom 9. Juli 2010 habe die Bw am 17. Mai 2010 – offensichtlich ohne erkennbarem Grund – auf eine im Infobereich arbeitende AMS-Beraterin in X eingeschlagen und diese an den Haaren gezerrt.

 

Die Bw besitze aufgrund der angeführten Vorkommnisse somit nicht mehr die für die Ausübung des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege geforderte Vertrauenswürdigkeit. Die Berufsberechtigung sei somit zu entziehen und zum öffentlichen Wohl die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung im Interesse der Vermeidung von Gefährdungen bzw. Schädigungen von Patienten und Patientinnen auszuschließen gewesen.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid, der den rechtsfreundlichen Vertretern der Bw am
4. November 2010 zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 16. November 2010.

 

Eingangs werden die Berufungsgründe der Nichtigkeit, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend gemacht.

 

In einer ausführlichen Begründung führt die Bw ua. aus, dass sich die belangte Behörde zu Unrecht auf § 27 Abs. 1 Z. 2 GuKG (die mangelnde Vertrauenswürdigkeit der Bw) gestützt habe, da der Begriff der Vertrauenswürdigkeit in Abs. 2 leg. cit. abschließend negativ definiert sei. Demnach sei nur eine solche Person nicht vertrauenswürdig,

1. die wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden sei, solange die Verurteilung nicht getilgt sei und

2. wenn nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen strafbaren Handlung bei Ausübung des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege zu befürchten sei.

Diese kumulativ geforderten Voraussetzungen lägen im Fall der Bw jedoch nicht vor. Auch insbesondere im Hinblick auf das verfassungsgesetzlich gewährleistete Grundrecht auf Erwerbsfreiheit bilde die von der Behörde getroffene Maßnahme einen rechtswidrigen und unverhältnismäßigen Eingriff in die Rechtsposition der Bw.

 

Im Übrigen sei die Begründung des angefochtenen Bescheides insbesondere auch in Folge fehlender Trennung zwischen privater Auseinandersetzungen und Pflichtverletzung im Rahmen der Berufsausübung derart mangelhaft, dass eine hinreichende Überprüfung des Bescheids nicht möglich sei und schon deshalb eine Aufhebung und ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheids erfolgen müsse.

 

Abschließend werden die Berufungsanträge gestellt:

 

Der UVS des Landes Oberösterreich möge der Berufung Folge geben und

1. der Berufung die aufschiebende Wirkung zuerkennen,

2. den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufheben und das Verfahren einstellen;

3. in eventu nach Durchführung des erforderlichen Beweisverfahrens in der Sache selbst entscheiden und nach ersatzloser Aufhebung des angefochtenen Bescheides, das Verfahren einstellen.

 

2.1. Mit Schreiben vom 18. November 2010, wurde der gegenständliche Verwaltungsakt dem Oö. Verwaltungssenat von der belangten Behörde vorgelegt.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abge­sehen werden, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben war (§ 67d Abs. 2 Z. 1 AVG).

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1. und 1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten – im Verfahren unbestrittenen - entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungs­senat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mit­glieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 40 Abs. 1 des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes BGBl. I Nr. 108/1997 in der Fassung BGBl. I Nr. 130/2009 (im Folgenden: GuKG), hat die auf Grund des Berufssitzes oder Hauptwohnsitzes zuständige Bezirksverwaltungsbehörde die Berechtigung zur Berufsausübung zu entziehen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 27 Abs. 1 bereits anfänglich nicht gegeben waren oder weggefallen sind.

 

Anlässlich der Entziehung der Berufsberechtigung gemäß Abs. 1 sind gemäß
Abs. 2 leg. cit.

1. das Diplom gemäß § 28 oder der Zulassungsbescheid gemäß § 28a Abs. 4 oder der Nostrifikationsbescheid gemäß § 32 Abs. 7 und

2. der Berufsausweis (§ 10)

einzuziehen sowie die Landeshauptmänner und der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen zu benachrichtigen.

 

Gegen Bescheide gemäß Abs. 1 und 3 kann gemäß § 40 Abs. 4 GuKG Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes erhoben werden.

 

Gemäß § 27. Abs. 1 GuKG sind zur Ausübung des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege Personen berechtigt, die

1. eigenberechtigt sind,

2. die für die Erfüllung der Berufspflichten erforderliche gesundheitliche Eignung und Vertrauenswürdigkeit besitzen,

3. einen Qualifikationsnachweis (§§ 28 bis 31) erbringen und

4. über die für die Berufsausübung erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen.

 

3.2. Im vorliegenden Fall stützte sich die belangte Behörde zur Begründung der Entziehung der Berufsberechtigung auf das Fehlen der Voraussetzung des § 27 Abs. 1 Z. 2, nämlich auf die mangelnde Vertrauenswürdigkeit. In der Begründung finden sich Verweise auf ein – zweifellos Bedenken erregendes – Verhalten, das die Bw wiederholt an den Tag legte, wie auch aus der Aktenlage ersichtlich ist. Tätliche Angriffe auf Menschen sind grundsätzlich sicher geeignet das Vorliegen der Vertrauenswürdigkeit bei Personen, die im gehobenen Gesundheits- und Krankenpflegedienst eingesetzt sind, massiv in Zweifel zu ziehen, zumal es als gerechtfertigt scheint, derartige Übergriffe auf Patienten und Patientinnen zu vermeiden.

 

Allerdings wird der unbestimmte – und somit auszulegende - Begriff der Vertrauenswürdigkeit vom in Rede stehenden Gesetz selbst definiert, weshalb als Beurteilungsmaßstab die Legaldefinition heranzuziehen ist.

 

3.3. Gemäß § 27 Abs. 2 GuKG ist sohin nicht vertrauenswürdig,

1. wer wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, solange die Verurteilung nicht getilgt ist und

2. wenn nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen strafbaren Handlung bei Ausübung des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege zu befürchten ist.

 

Die – von der belangten Behörde in ihren Erwägungen unberücksichtigt gebliebenen - in § 27 Abs. 2 GuKG Z. 1 und 2 genannten Voraussetzungen müssen nach dem Gesetzestext kumulativ vorliegen. Aus dem Sachverhalt ist in keinster Weise ersichtlich und wurde auch von der belangten Behörde nicht behauptet, dass im Fall der Bw überhaupt eine Verurteilung wegen einer mit Vorsatz begangenen strafbaren Handlung, die mit mehr als einer einjährigen Freiheitsstrafe bedroht ist, gegeben sei. Nachdem aber schon Z. 1 des § 27
Abs. 2 GuKG nicht zu bejahen ist, erübrigt sich jegliches Eingehen auf die weiteren Voraussetzungen der Z. 2 leg. cit..

 

Es ist also im Ergebnis festgehalten, dass die allfällige Entziehung der Berufsberechtigung im vorliegenden Fall nicht auf mangelnde Vertrauenswürdigkeit gestützt werden kann.

 

3.4. Ein Wegfall einer der in § 27 Abs. 1 GuKG normierten Alternativen: die mangelnde Eigenberechtigung (Z. 1), Fehlen des Qualifikationsnachweises (Z. 3) oder mangelnde Sprachkenntnisse (Z. 4) ist nach dem festgestellten Sachverhalt nicht anzunehmen. Aber auch für den Wegfall der zweiten Komponente des § 27 Abs. 1 Z. 2 GuKG, nämlich die gesundheitliche Eignung, finden sich im Sachverhalt keine zwingenden Gründe, die einen derart massiven Eingriff in ein verfassungsmäßig gewährleistetes Grundrecht der Bw – hier auf Erwerbsfreiheit – rechtfertigen würden.

 

3.5. Ohne auf die weiteren Vorbringen der Bw näher einzugehen, war somit der Berufung stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

 

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Hinweis: Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro (Eingabegebühr) angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Bernhard Pree

 

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