Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164609/ 9/ Kei/Bb/Eg

Linz, 30.11.2010

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des x, vertreten durch den Rechtsanwalt x, vom 18. November 2009, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Perg vom 5. November 2009,     GZ VerkR96-3416-2009, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14. Oktober 2010, zu Recht erkannt:

 

 

 

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

 

II.             Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Verfahrenskosten zu leisten.

 

 

 

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Zu I.:

 

1. Mit dem Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Perg vom
5. November 2009, GZ VerkR96-3416-2009, wurde x (der Berufungswerber) wie folgt für schuldig befunden (auszugsweise Wiedergabe):

 

"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma x, folgende Verwaltungsübertretung begangen:

 

Sie haben im Ortschaftsbereich Albern, Gemeindegebiet Mauthausen, B 3 bei Strkm x, eine Werbeeinrichtung errichten lassen, obwohl außerhalb von Ortsgebieten an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand die Anbringung von Ankündigungen verboten ist. Der angeführte Ort liegt außerhalb des Ortsgebietes, die Werbung wurde innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand angebracht. Folgende Werbung war am 2. Oktober 2009 um 10:00 Uhr angebracht: 'Die Bank, der Oberösterreich vertraut. xbank'.

 

Tatort: Gemeindegebiet Mauthausen, B 3 bei Strkm x. Die Werbung war auf einem Sattelanhänger, Kennzeichen x, zugelassen auf die Firma x, angebracht. Der Abstand zwischen Fahrbahnrand und Werbung betrug 5 m."

 

Der Berufungswerber habe dadurch § 84 Abs.2 StVO verletzt.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Berufungswerber gemäß § 99 Abs.3 lit.j StVO eine Geld­strafe in der Höhe von 50 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Stunden, verhängt. Weiters wurde der Berufungswerber zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages erster Instanz in der Höhe von 5 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 18. November 2009 erhoben.

 

In der Berufung beantragt der Berufungswerber nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Zur näheren Begründung führt der Berufungswerber an, dass Aufschriften auf Lkw und Anhängern nicht nur allgemein üblich, sondern in § 54 Abs.4 KFG ausdrücklich gestattet seien, sodass der gegenständliche Sattelanhänger zu Recht mit der angebrachten Aufschrift am Straßenverkehr teilnehme.

 

Ferner bringt er vor, dass dann, wenn der Anhänger im Straßenverkehr nicht bewegt werde, abgestellt werden müsse. Gemäß § 23 Abs.6 StVO dürfe er auf der Fahrbahn nur während des Entladens und des Beladens abgestellt werden. Danach  müsse es stets außerhalb der Fahrbahn abgestellt sein. Dies sei in dem ihm im gegenständlichen Verfahren vorgeworfenen Sachverhalt auch vorschriftsmäßig der Fall gewesen (5 m neben dem Fahrbahnrand).

 

Die Strafbehörde erster Instanz vermeine offensichtlich, dass vom Sattelanhänger, der eine Aufschrift im Straßenverkehr zu Recht führe, die Aufschrift jedes Mal entfernt und abgenommen werden müsse, wenn dieser (außerhalb des Ortsgebietes) vorschriftsmäßig außerhalb der Fahrbahn abgestellt werde.

 

Für diese Auffassung gäbe es keine Rechtsgrundlage. § 84 Abs.2 StVO sei auf den gegenständlichen Fall nicht anzuwenden. Nach dem Zweck des § 84 Abs.2 StVO sollten Werbungen und Ankündigungen, die außerhalb des Ortsgebietes innerhalb von 100 m vom Straßenrand angebracht werden, Kraftfahrer in ihrer Aufmerksamkeit nicht beeinträchtigen. Wenn nun ein Lkw oder Sattelanhänger mit einer Aufschrift im Straßenverkehr fahre dürfe, nach Ansicht des Gesetzgebers den Straßenverkehr also dadurch nicht beeinträchtige, beeinträchtige die Aufschrift den Straßenverkehr auch dann nicht, wenn der Lkw oder der Sattelanhänger neben der Fahrbahn abgestellt sei. Diese Folgerung gebiete insbesondere ein sachgerechtes Verständnis der Rechtsvorschriften im Sinne des Gleichheitssatzes.

 

Ist ein Anhänger behördlich zum Verkehr zugelassen, so sei er in allen seinen Details, wie er die Straße zu benützen berechtigt ist, zugelassen. § 84 Abs.2 StVO sei nicht auf behördlich zugelassene Lkws und Sattelanhänger, allgemein nicht auf Fahrzeuge anzuwenden, "die mit einer mehr oder minder auffälligen Beschriftung zu Werbezwecken versehen sind". Behördlich zugelassene Lkw's und Sattelanhänger seien grundsätzlich keine Werbungen und Ankündigungen an Straßen, insbesondere wenn sie vorschriftsmäßig nicht auf der Fahrbahn sondern auf angrenzenden Flächen abgestellt seien. Im vergleichbaren Sinn seien auch Aufschriften, die nach einer anderen Verwaltungsmaterie bewilligt seien, etwa im Rahmen einer behördlich genehmigten gewerblichen Betriebsanlage von § 84 Abs.2 StVO nicht erfasst.

 

 

3. Der Bezirkshauptmann von Perg hat den Verwaltungsstrafakt samt Berufungsschrift mit Vorlageschreiben vom 23. November 2009, GZ VerkR96-3416-2009, dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt der Bezirkshauptmannschaft Perg und in die Berufung sowie in den Verfahrensakt der Bezirkshauptmannschaft Perg zu GZ VerkR10-245-2009 sowie durch Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14. Oktober 2010.

 

An der mündlichen Verhandlung haben der Rechtsvertreter des Berufungswerbers x sowie der meldungslegende Exekutivbeamte x (PI x) als Zeuge teilgenommen.

Der Berufungswerber selbst sowie auch ein Vertreter der belangten Behörde haben an der Verhandlung nicht teilgenommen.

 

Der Vertreter des Berufungswerbers wurde zum Sachverhalt gehört. Seinem Vorbringen zufolge transportiert die Firma x als Logistikunternehmen ua. Waren, insbesondere im landwirtschaftlichen Bereich. Nach dem Entladen der Anhänger würden diese vorübergehend bis zum neuerlichen Einsatz auf abgeschrankten, eingefriedeten Parkplätzen, die der Allgemeinheit nicht zugänglich wären, abgestellt, zumal einem Abstellen auf Fahrbahnen § 23 Abs.6 StVO entgegenstehe.

 

Bestritten wurde im Rahmen der Äußerung weder das Abstellen des Sattelanhängers mit der eingangs erwähnten Aufschrift am vorgeworfenen Tatort zur Tatzeit, noch die Zulassungsbesitzereigenschaft der Firma x für den Anhänger mit dem Kennzeichen x, noch die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Berufungswerbers als handelsrechtlicher Geschäftsführer dieses Unternehmens.  

 

Der Zeuge x hielt seine in der Anzeige gemachten Angaben vollinhaltlich aufrecht.

 

Für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ergibt sich aus den angeführten Beweismitteln folgender Sachverhalt, der seiner Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Die Firma x, ist Zulassungsbesitzerin des Sattelanhängers mit dem Kennzeichen x. Die Vertretung dieser GmbH nach außen erfolgt durch drei handelsrechtliche Geschäftsführer. Der Berufungswerber ist seit 17. März 2006 einer der drei handelsrechtlichen Geschäftsführer dieses Handels- und Dienstleistungsunternehmens.

 

Am 2. Oktober 2009 um 10.00 Uhr war der Sattelanhänger mit dem behördlichen Kennzeichen x nach den dienstlichen Feststellungen von zwei Straßenaufsichtsorganen der Polizeiinspektion x (x unc x) in der Gemeinde Mauthausen, im Ortschaftsbereich x, außerhalb des Ortsgebietes, neben der B 3, auf Höhe Strkm x, auf einem eingefriedeten Privatparkplatz abgestellt. Am Anhänger war die Aufschrift: "Die Bank, der Oberösterreich vertraut. xbank", und in bildlicher Darstellung das xlogo angebracht. Der Abstand zwischen dem Fahrbahnrand der B 3 und dem abgestellten Sattelanhänger betrug 5 m.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat darüber Folgendes erwogen:

 

5.1. In rechtlicher Beurteilung des dargestellten Sachverhaltes ist anzuführen, dass gemäß § 84 Abs.2 StVO außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten sind. Dies gilt jedoch nicht für die Nutzung zu Werbezwecken gemäß § 82 Abs.3 lit.f.

 

Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

5.2. Der Berufungswerber war zur gegenständlichen Zeit handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma x, der Zulassungsbesitzerin des Sattelanhängers mit dem Kennzeichen x. Es trifft ihn daher in dieser Eigenschaft – als handelsrechtlicher Geschäftsführer - die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit für den zu Grunde liegenden Sachverhalt.

 

Der Berufungswerber stellt weder die Abstellung des Sattelanhängers mit dem behördlichen Kennzeichen x in Mauthausen, im Ortschaftsbereich x auf dem eingefriedeten Parkplatz, auf Höhe Strkm x der B 3 in Frage noch den Umstand, dass auf diesem Anhänger die Aufschrift ""Die Bank, der Oberösterreich vertraut. xbank," und das xlogo angebracht war. Der Standort des Anhängers befand sich unbestrittenermaßen außerhalb des Ortsgebietes und in einer Entfernung von weniger als 100 m (konkret 5 m) vom Fahrbahnrand. Die am Anhänger angebrachte Aufschrift erfüllt zweifellos die Definition des Begriffes der "Werbung" in § 84 Abs.2 StVO im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wird doch nach dem Wortlaut und dem äußeren Erscheinungsbild mit dieser Aufschrift zweifellos die Vertrauenswürdigkeit der Raiffeisenbank beworben und sollen damit Dienstleistungen und Produkte dieser Bank dem potentiellen Kunden in Erinnerung gerufen und damit ein werbewirtschaftlicher Effekt erzielt werden.

 

Die Beurteilung, ob im konkreten Fall der Tatbestand des § 84 Abs.2 iVm § 99 Abs.3 lit.j StVO erfüllt ist, setzt Feststellungen über das Gesamterscheinungsbild des betreffenden Anhängers und die mit seiner Benützung verbundenen Absichten voraus.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. Erkenntnis vom 13. Juni 1985, 85/02/0154), ergangen zur gesetzlichen Bestimmung des    § 82 Abs.1 StVO, entspricht es einer allgemein geübten Praxis, dass die dem Gewerbe dienenden Transportfahrzeuge mit einer mehr oder minder auffälligen Beschriftung versehen sind, welche durchaus auch Werbezwecken dient. Die Bewilligungspflicht nach § 82 Abs.1 StVO wird nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes allerdings in solchen Fällen solange zu verneinen sein, als die Benützung des Fahrzeuges zu Zwecken des Straßenverkehrs im Vordergrund steht. Soll allerdings das Fahrzeug seiner Aufmachung nach vorwiegend der Werbung dienen, steht also diese Benützung der Straße im Vordergrund, so liegt ein Fall der Bewilligungspflicht nach § 82 Abs.1 StVO vor.

 

Beim verfahrensgegenständlichen Sattelanhänger handelt es sich um einen behördlich zum Verkehr zugelassen Anhänger, welcher nach den Angaben des Berufungswerbers, denen nicht entgegengetreten worden ist, insofern tatsächlich am Straßenverkehr teilnimmt, als dieser zum Transport von Waren dient und auf Straßen mit öffentlichem Verkehr verwendet wird und, nach den Be- und Entladevorgängen vorübergehend bis zu dessen neuerlichen Verwendung außerhalb der Fahrbahn auf - der Allgemeinheit nicht zugänglichen - Parkplätzen mit dem zugewiesenen behördlichen Kennzeichen abgestellt wird. Nach diesem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen des Rechtsvertreters des Berufungswerbers wird mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon ausgegangen, dass es durchaus der Fall gewesen sein kann, dass im gegenständlichen Zusammenhang die Verwendung zum Transport von Waren im Vordergrund stand. Es ist zwar naheliegend, dass durch das vorübergehende Abstellen des Anhängers neben der B 3 auch Werbezwecke verfolgt wurden, aus der erstinstanzlichen Aktenlage und dem bloßen Vorwurf, dass der Anhänger zu einem bestimmten Zeitpunkt dort abgestellt war, vermag der Oö. Verwaltungssenat jedoch – mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren ausreichenden Sicherheit - einen im Vordergrund stehenden Werbezweck nicht zu erkennen.

Es ist nicht gesichert, dass, als im gegenständlichen Zusammenhang der Sattelanhänger mit dem Kennzeichen x am 2. Oktober 2009 um 10.00 Uhr abgestellt war, der Werbezweck gegenüber dem Zweck der Verwendung des Sattelanhängers zum Transport von Waren im Vordergrund gestanden ist und es ist damit das Vorliegen der dem Berufungswerber vorgeworfenen Übertretung nicht mit einer in einem Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit erwiesen.  

Es war spruchgemäß (Spruchpunkt I.) zu entscheiden.

 

 

Zu II.:

 

Die Entscheidung über die Kosten (siehe den Spruchpunkt II.) stützt sich auf die im Spruchpunkt II. angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

Dr.  Michael  K e i n b e r g e r

 

 

 

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