Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-510109/8/Fra/Bb/Gr

Linz, 30.11.2010

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine   2. Kammer (Vorsitzender: Dr. Hermann Bleier, Berichter: Dr. Johann Fragner, Beisitzer: Dr. Gustav Schön) über die Berufung der Firma X, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt X, vom 21. Juli 2010, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 13. Juli 2010, Verk-291.196/8-2010-Atz, betreffend Widerruf der Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung gemäß § 57a KFG 1967, nach der am 15. November 2010 durchgeführten mündlichen Verhandlung einschließlich Verkündung des Erkenntnisses, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und

der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm

§ 57a Abs.2 Kraftfahrgesetz 1967 – KFG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid die mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 8. Mai 2008, VerkR-291.196/3-2008-Tau, der nunmehrigen Berufungswerberin (Bw) erteilte Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Kraftfahrzeugen und Anhängern wegen mangelnder Vertrauenswürdigkeit widerrufen.

 

Weiters wurde die Bw verpflichtet, die Stempelplatte für die Begutachtungsstelle mit der Nr. X umgehend an das Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Verkehr, zu senden und die in der Werkstätte vorhandenen Begutachtungsplaketten umgehend an die Bundespolizeidirektion Linz zurückzustellen und die Kennzeichnung als Begutachtungsstelle (Tafel) zu entfernen.

 

Grund für diesen Widerruf war, dass die Bw im Zeitraum Dezember 2009 bis März 2010 mehrere den Kennzeichen bzw. der Fahrgestellnummer nach näher bestimmte PKW gemäß § 57a KFG wiederkehrend begutachtet und die Begutachtungsplakette ausgefolgt hat, obwohl diese PKW mehrere leichte und schwere Mängel aufgewiesen haben sollen und iSd § 57a Abs.5 KFG die Begutachtungsplaketten nicht hätte ausgefolgt werden dürfen.

 

Die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung wurde nicht ausgeschlossen.

 

2. Gegen diesen Bescheid – zugestellt am 19. Juli 2010 - hat die Bw durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 21. Juli 2010 erhoben.

 

3. Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat den Verwaltungsakt samt Berufung mit Vorlageschreiben vom 4. August 2010, Verk-291.196/9-2010-Atz, dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige 2. Kammer zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt des Amtes der Oö. Landesregierung, Abteilung Verkehr und in die Berufung sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 15. November 2010.

 

An der mündlichen Verhandlung haben

-         Herr X als Vertreter der Bw (= Gewerbeinhaber der Firma X),

-         deren Rechtsvertreter X sowie

-         der technische Amtssachverständige des Amtes der Oö. Landesregierung, Abteilung Verkehr, X

teilgenommen.

Ein Vertreter der belangten Behörde hat an der Verhandlung – unentschuldigt - nicht teilgenommen.

 

Der Vertreter der Bw, Herr X sowie deren Rechtsvertreter wurden in der Verhandlung zum Sachverhalt gehört und der technische Amtssachverständige X erläuterte seine im erstinstanzlichen Verfahren erstatteten Gutachten.  

 

4.1. Für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ergibt sich – aus den genannten Beweismitteln – folgender Sachverhalt, der seiner Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Während einer technischen Verkehrskontrolle gemäß § 58 KFG durch das Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Verkehr am 21. Jänner 2010 wurden beim Klein-LKW, Fabrikat und Type X, Fahrgestellnummer X, Kennzeichen X, welcher am
14. Dezember 2009 durch die Bw gemäß § 57a KFG wiederkehrend begutachtet wurde, 4 schwere Mängel festgestellt. 3 dieser Mängel wurden anlässlich der Begutachtung durch die Bw nur als leichte Mängel bewertet und ein Mangel wurde von der Bw nicht beanstandet.   

 

Auf Grund dieses Vorfalles wurden im Zeitraum Februar bis Mai 2010 vom Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Verkehr, insgesamt 8 weitere Fahrzeuge zu einer Überprüfung gemäß § 56 KFG vorgeladen, welche zuvor von der Bw nach    § 57a KFG begutachtet wurden.

Eines von diesen 8 Fahrzeugen wurde vor dem Überprüfungstermin abgemeldet. Die übrigen 7 Fahrzeuge wurden einer Überprüfung nach § 56 KFG unterzogen, wovon 2 Überprüfungen positiv waren und folgende 5 Fahrzeuge u.a. schwere Mängel aufwiesen und negativ beurteilt wurden:

 

Fahrzeug 1: PKW, X, Fahrgestellnummer X, Kennzeichen X,

Fahrzeug 2: PKW, X, Fahrgestellnummer X, Kennzeichen X,

Fahrzeug 3: PKW, X, Fahrgestellnummer X, Kennzeichen X,

Fahrzeug 4: PKW, X, Fahrgestellnummer X, Kennzeichen X und

Fahrzeug 5: PKW, X, Fahrgestellnummer X, Kennzeichen X.

 

Aus den Gutachten des technischen Amtssachverständigen X vom 1. Februar 2010, Verk-291196/4-2010-Feil/Plo, sowie vom 31. Mai 2010, Verk-291196/5-2010-Feil/Plo, und dessen schlüssigen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung lässt sich - im Ergebnis – feststellen, dass im Rahmen der Fahrzeugüberprüfungen durch das Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Verkehr, an den 6 begutachteten Fahrzeugen u.a. insgesamt 16 schwere Mängel festgestellt wurden, wovon

-         9 Mängel auch im Zeitraum zwischen den Begutachtungen gemäß § 57a KFG durch die Bw und den Überprüfungen gemäß § 56 bzw. § 58 KFG entstanden sein können und

-         7 Mängel bereits bei der wiederkehrenden Begutachtung gemäß § 57a KFG vorgelegen und als schwere Mängel festgestellt werden hätten müssen. Ein Mangel wurde nicht festgestellt und 6 Mängel wurden als leichte Mängel bewertet.

 

Seit dem letzten Vorfall vom 30. März 2010 (= Zeitpunkt der wiederkehrenden Begutachtung des letzten beanstandeten Fahrzeuges durch die Bw) sind nunmehr rund 8 Monate vergangen, in denen die Bw die anfallenden wiederkehrenden Begutachtungen weiterhin durchgeführt hat und in denen es keinen Anlass zur Beanstandung gegeben hat.

 

5. Darüber hat die nach der Geschäftsverteilung zuständige 2. Kammer des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich Folgendes erwogen:

 

5.1. In rechtlicher Beurteilung des dargestellten Sachverhaltes ist anzuführen, dass gemäß § 57a Abs.2 KFG der Landeshauptmann für seinen örtlichen Wirkungsbereich auf Antrag u.a. zur Reparatur von Kraftfahrzeugen oder Anhängern berechtigte Gewerbetreibende, die hinreichend über hiezu geeignetes Personal und die erforderlichen Einrichtungen verfügen, zur wiederkehrenden Begutachtung aller oder einzelner Arten von Fahrzeugen zu ermächtigen hat. Die Ermächtigung darf nur vertrauenswürdigen Personen verliehen werden.

 

Die Ermächtigung ist - gemäß § 57a Abs.2 5. Satz KFG - ganz oder nur hinsichtlich einzelner Arten von Fahrzeugen zu widerrufen, wenn der Ermächtigte nicht mehr vertrauenswürdig ist.

 

5.2. Beim Widerruf der Ermächtigung handelt es sich um eine Maßnahme zum Schutz der öffentlichen Verkehrssicherheit.

 

Ein Gewerbetreibender ist nach ständiger Rechtssprechung des VwGH dann als vertrauenswürdig anzusehen, wenn ausreichend Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, die Kraftfahrbehörde könne sich darauf verlassen, dass er die ihm übertragenen Verwaltungsaufgaben entsprechend dem Schutzzweck des Gesetzes – nämlich zu gewährleisten, dass nur verkehrs- und betriebssichere Fahrzeuge am öffentlichen Verkehr teilnehmen – ausüben werde.

 

Insbesondere die unrichtige Ausstellung positiver Gutachten beeinträchtigt die Vertrauenswürdigkeit im hohen Maße, allerdings müssen dafür besondere Umstände vorliegen und ist besonders auf die Art und Schwere des Fehlverhaltens Bedacht zu nehmen.

 

Zwar kann auch bereits die Erstellung eines einzigen unrichtigen Gutachtens die Vertrauenswürdigkeit des betreffenden Gewerbebetreibenden erschüttern.

Dies kann jedoch nur dann der Fall sein, wenn der Gewerbetreibende den Mangel bei einer gewissenhaften Überprüfung aller relevanten Faktoren zumindest hätte erkennen müssen;

VwGH vom 17.12.2002, 2001/11/061; vom 22.11.1994, 94/11/0221 und

          vom 02.07.1991, 91/11/0026.

 

Es ist im vorliegenden Fall – infolge des durchgeführten Beweisverfahrens – durchaus möglich, dass 9 der insgesamt 16 festgestellten schweren Mängel auch erst im Zeitraum nach den wiederkehrenden Begutachtungen gemäß § 57a KFG aufgetreten sind. Der Amtssachverständige konnte deren Entstehen in der Zeit zwischen den wiederkehrenden Begutachtungen und den Überprüfungen nach    § 56 bzw. § 58 KFG nicht ausschließen. Ein diesbezüglicher Nachweis, dass die Gutachten der Bw diesbezüglich falsch sind, ist demnach nicht gelungen.

 

Selbst wenn man davon ausgeht, dass die übrigen 7 schweren Mängel bereits anlässlich der wiederkehrenden Begutachtung vorhanden waren und die Bw diese als solche hätte erkennen müssen, so ist dennoch zu berücksichtigen, dass 6 dieser Mängel von der Bw als leichte Mängel beanstandet wurden und "nur" ein Mangel überhaupt nicht festgestellt wurde.

 

Der Rechtsvertreter der Bw hat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft versichert, dass die Bw nunmehr, um künftig Fehler auszuschließen, im Betrieb in Bezug auf die wiederkehrenden Begutachtungen gemäß § 57a KFG Veränderungen in der Arbeitsweise vorgenommen habe. Als Maßnahmen wurden insbesondere personelle Änderungen bei der Begutachtungstätigkeit und eine Verbesserung der Werkstättenbeleuchtung angeführt.  

 

Auf Grund dieser Tatsachen sowie der seit der wiederkehrenden Begutachtung des letzten beanstandeten Fahrzeuges (30. März 2010) vergangenen Zeit von rund 8 Monaten und des Wohlverhaltens der Bw in diesem Zeitraum ist der geschilderte Vorfall noch nicht geeignet, die Vertrauenswürdigkeit der Bw auszuschließen.

 

Von der Bw kann (noch) erwartet werden, dass sie die ihr übertragenen Verwaltungsaufgabe unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen nachkommt.

 

Schließlich konnten keine konkreten Auswirkungen auf die Verkehrs- und Betriebssicherheit der Fahrzeuge noch konkrete Verkehrsgefährdungen oder Gefahr in Verzug festgestellt werden. Auch die belangte Behörde hat in dem Verhalten der Bw offenbar keine Gefährdung des öffentlichen Wohles erblickt und eine vorzeitige Bescheidvollstreckung durch Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im gegenständlichen Fall nicht für geboten erachtet.

 

Es war daher der Berufung stattzugeben, der erstinstanzliche Bescheid aufzuheben  und  spruchgemäß  zu  entscheiden.

 

Die Bw wird jedoch angehalten, in Hinkunft bei der Begutachtungstätigkeit  gemäß § 57a KFG höhere Sorgfalt walten zu lassen, da weitere Vorkommnisse in Zusammenhang mit der wiederkehrenden Begutachtung wohl die Vertrauenswürdigkeit der Bw ausschließen würden und einen sofortigen Widerruf der Ermächtigung zur Folge hätten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;  diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

 

 

 

Dr.  B l e i e r

 

 

 

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