Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-100647/3/Bi/Hm

Linz, 12.06.1992

VwSen - 100647/3/Bi/Hm Linz, am 12,Juni 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine I. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Hans Guschlbauer, sowie durch Mag. Michael Gallnbrunner als Beisitzer und Mag. Karin Bissenberger als Berichterin über die Berufung des M G, vertreten durch RA Dr. G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 30. April 1992, VerkR96/10360/1991, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen entfällt.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 45 Abs.1 Z.1 und 51 VStG, § 5 Abs.6 i.V.m. § 99 Abs.1 lit.c StVO 1960. Zu II.: § 66 VStG. Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 30. April 1992, VerkR96/10360/1991, über Herrn M G, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. G, gemäß § 5 Abs.6 i.V.m. § 99 Abs.1 lit.c StVO 1960 eine Geldstrafe von 12.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 240 Stunden verhängt, weil er am 28. April 1991 um ca. 8.00 Uhr den Kombi Mazda 323F, rot, auf der G Bundesstraße (B 135) aus N kommend in Richtung Sch gelenkt hat. Obwohl der Verdacht bestand, daß er das Fahrzeug bei dieser Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand lenkte (Alkoholgeruch aus dem Mund, gerötete Augen) und er bei dieser Fahrt einen Verkehrsunfall verursacht hatte, bei dem der Mitfahrer R P erheblich verletzt wurde, hat er sich um 9.30 Uhr im Landeskrankenhaus Vöcklabruck gegenüber einem Organ der Straßenaufsicht geweigert, sich Blut zur Bestimmung des Alkoholgehaltes abnehmen zu lassen, obwohl eine solche Maßnahme ärztlich unbedenklich und zur Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung erforderlich gewesen wäre. Gleichzeitig wurde er zur Leistung eines Verfahrenskostenbeitrages von 1.200 S verpflichtet.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde keinen Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben, der, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eine Kammer zu entscheiden hat. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht notwendig, da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben war (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat folgendes erwogen:

Gemäß § 5 Abs.6 StVO 1960 hat, wenn der Vorgeführte im Verdacht steht, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, bei dem eine Person getötet oder erheblich verletzt worden ist, die Untersuchung, wenn dies erforderlich und ärztlich unbedenklich ist, eine Blutabnahme zu umfassen.

Gemäß § 99 Abs.1 lit.c leg.cit. begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der im § 5 Abs.6 bezeichneten Voraussetzungen weigert, sich Blut abnehmen zu lassen.

Sowohl § 5 Abs.6 als auch § 99 Abs.1 lit.c StVO 1960 stellen Verfassungsbestimmungen dar.

Aus dem Akteninhalt geht hervor, daß der Rechtsmittelwerber nach dem Verkehrsunfall in das Landeskrankenhaus Vöcklabruck, eingeliefert wurde, das er jedoch kurz darauf wieder verließ. Kurze Zeit später wurde er von der Gendarmeriepatrouille in Vöcklabruck aufgegriffen und wieder ins Krankenhaus gebracht. Dort wurde er um 9.30 Uhr von Bez.Insp. St in Anwesenheit des Aufnahmearztes Dr. W N zu einer Blutabnahme zur Bestimmung des Blutalkoholgehaltes aufgefordert, die er aber verweigerte.

Zur Rechtmäßigkeit dieser Aufforderung zur Blutabnahme ist auf die Bestimmungen des § 5 Abs.6 StVO 1960 zu verweisen, die im Zusammenhang mit der Bestimmung des § 5 Abs.4 leg.cit zu sehen sind. § 5 Abs.4 StVO 1960 regelt die Berechtigung der Organe der Straßenaufsicht, gewisse Personen einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder bei einer Bundespolizeibehörde tätigen Arzt zwecks Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung vorzuführen, wobei sich gemäß § 5 Abs.5 leg.cit der Vorgeführte dieser Untersuchung zu unterziehen hat. Gemäß § 5 Abs.6 StVO 1960 hat die Untersuchung unter gewissen Voraussetzungen eine Blutabnahme zu umfassen.

Daraus folgt aber im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Erkenntnis vom 19.Jänner 1990, Zl. 89/18/0139), daß primär auch, wenn der Vorgeführte im Verdacht steht, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, bei dem eine Person getötet oder erheblich verletzt worden ist, zunächst eine Untersuchung im Sinne des § 5 Abs.4 StVO 1960 durchzuführen ist, die nur dann, wenn dies erforderlich und ärztlich unbedenklich ist, eine Blutabnahme zu umfassen hat.

Die vorgesehene Untersuchung hat sich demnach nicht auf eine Blutabnahme zu beschränken, sondern hätte zunächst versucht werden müssen, ob der Grad der Alkoholeinwirkung nicht schon durch die für die klinische Untersuchung vorgeschriebenen Tests (Pupillenreaktion, Rhombergprobe, Nystagmusuntersuchung) feststellbar gewesen wäre. Aus dem gesamten Verfahrensakt ergibt sich kein Hinweis darauf, daß der Rechtsmittelwerber derartige Verletzungen beim Verkehrsunfall erlitten hat, daß eine klinische Untersuchung nicht durchführbar gewesen wäre. Vielmehr geht aus der Krankengeschichte hervor, daß der Rechtsmittelwerber eine kleine Rißquetschwunde an der Lippe aufwies, gehend in die Aufnahme gekommen ist, keine Kopfverletzungen sichtbar waren, keine Kreislaufauffälligkeiten aufwies und sonst weder beim Schädelröntgen noch anderweitig Verletzungen festgestellt wurden, die die Durchführung der klinischen Untersuchung gehindert hätten.

Aus dem Akteninhalt geht daher nicht eindeutig hervor, daß eine Blutabnahme zur Feststellung der Alkoholbeeinträchtigung im Sinne des § 5 Abs.1 StVO 1960 überhaupt erforderlich war, daß also eine zwecks Blutalkoholuntersuchung durchzuführende Blutabnahme nicht etwa deshalb entbehrlich gewesen wäre, weil schon eine klinische Untersuchung zwecks Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung ein eindeutiges Ergebnis erbracht hätte.

Gemäß § 45 Abs.1 Z.1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bildet.

Da im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen des § 5 Abs.6 StVO nicht erfüllt waren, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführte Gesetzesbestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer 6

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum