Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165403/2/Sch/Th

Linz, 13.12.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufungen des X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X vom 3. September 2010 und vom 9. September 2010, gegen die als Bescheid angesehene Verweigerung der Akteneinsicht vom 2. September 2010 und gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 7. September 2010, Zl. VerkR96-8887-2010-Ga, wegen Abweisung eines Antrages auf Gewährung von Akteneinsicht, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung vom 3. September 2010 wird als unzulässig zurückgewiesen.

Die Berufung vom 7. September 2010 wird als unbegründet abgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit Bescheid vom 7. September 2010, Zl. VerkR96-8887-2010-Ga, den Antrag des Herrn X vom
3. September 2010 auf Einsichtnahme in einen Akt, genau genommen in eine Polizeianzeige vom 6. Juli 2010 samt Beilagen, nicht stattgegeben.

 

Vorangegangen war offenkundig eine im Verfahrensakt allerdings nicht etwa durch einen Aktenvermerk dokumentierte Vorsprache des Berufungswerbers bzw. seines Rechtsvertreters, erfolgt am 2. September 2009, worin Einsichtnahme in die oben angeführte Polizeianzeige begehrt wurde. Diese Akteneinsicht dürfte vom zuständigen Behördenorgan wohl mit der Begründung verweigert worden sein, dass dem Berufungswerber dieses Recht nicht zukomme. Wie schon erwähnt ist über diesen Vorgang im Akt nichts dokumentiert, sodass sich die Berufungsbehörde darauf beschränken muss, das entsprechende Berufungsvorbringen als zutreffend anzusehen. Diese Abweisung der begehrten Akteneinsicht wurde vom Berufungswerber als Bescheid qualifiziert. Ganz dürfte dieser allerdings auch nicht davon überzeugt gewesen sein, dass dieser Vorgang tatsächlich Bescheidqualität aufweist, zumal er gleichzeitig mit der Berufung gegen diesen "Bescheid" auch beantragt hat, über den Antrag auf Akteneinsicht bescheidmäßig zu entscheiden.

 

Auch die Berufungsbehörde vermag diesen Vorgang nicht als Erlassung eines Bescheides zu qualifizieren. Vielmehr handelt es sich vorerst um eine bloße Mitteilung einer Rechtsmeinung, eben dass dieses Akteneinsichtsrecht nicht bestünde. Würde man Gegenteiliges vertreten, käme man zu dem Ergebnis, dass jede Äußerung eines Behördenorganes sogleich als Bescheid zu qualifizieren wäre. Vielmehr kommt es darauf an, ob der behördliche Wille und auch die Form den Merkmalen eines Bescheides entsprechen. Erst die bescheidmäßige Verweigerung der Akteneinsicht – nicht in einem anhängigen Verwaltungsverfahren, dort wäre es eine bloße Verfahrensanordnung – stellt einen selbstständig anfechtbaren verfahrensrechtlichen Bescheid dar (VwGH 25.03.1999, 99/07/0015 ua).

 

Im gegenständlichen Fall kommt diese Bescheidqualität erst dem in der Folge erlassenen schriftlichen Bescheid der Erstbehörde zu.

 

Die Verweigerung der Akteneinsicht anlässlich der Vorsprache des Berufungswerbers vom 2. September 2010 ist daher mangels Bescheidqualität einer Anfechtung durch Berufung nicht zugänglich. Dieses Rechtsmittel war sohin als unzulässig zurückzuweisen.

 

2. Der Berufungswerber hat auch gegen den in der Folge erlassenen Bescheid vom 7. September 2010 rechtzeitig Berufung erhoben.

 

Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ergibt sich aus dessen Generalzuständigkeit für Berufungen in Verwaltungsstrafsachen (vgl. Art. 129a Abs.1 Z1 B-VG). Gegenständlich ist zwar gegen den Berufungswerber bei der Erstbehörde kein Verwaltungsstrafverfahren anhängig, wenn allerdings theoretisch überhaupt ein Verfahren in Frage käme, so könnte es nach Ansicht der Berufungsbehörde wohl nur ein Verwaltungsstrafverfahren sein. Aus diesen Erwägungen heraus nimmt der Oö. Verwaltungssenat die Zuständigkeit zum Abspruch über den die gegenständliche Berufung in Anspruch (vgl. zur Zuständigkeitsfrage diesbezüglich auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, VfSgl 14957/1997).

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.2ff VStG).

 

3. Begründet wurde der Bescheid vom 7. September 2010 damit, dass dem Berufungswerber keine Parteistellung zukomme. Das Recht auf Akteneinsichtnahme stünde gemäß § 17 AVG nur Parteien eines Verwaltungsverfahrens zu.

 

Die erwähnte Polizeianzeige der Polizeiinspektion Sattledt vom 6. Juli 2010 beinhaltet den Bericht über einen Verkehrsunfall. Die Anzeige ist an die Staatsanwaltschaft Wels adressiert. Eine Ausfertigung ist offenkundig der Erstbehörde zugeleitet worden.

 

Demnach war der Berufungswerber am 9. Mai 2010 als Lenker eines Motorrades an einem Verkehrunfall mit Personenschaden beteiligt.

 

Der Berufungswerber lenkte ein Motorrad auf der Sattledter Landesstraße L 537, als es zu einem Zusammenstoß mit einer Radfahrerin kam, die von einer – durch das Vorrangzeichen "Vorrang geben" abgewerteten – Querstraße in die Landesstraße einbiegen bzw. diese überqueren wollte.

Beide Fahrzeuglenker wurden bei dem Verkehrsunfall verletzt.

 

Auf der Anzeige findet sich der Vermerk der Erstbehörde "Gerichtszuständigkeit, keine Maßnahmen, aa" mit dem Datum "12.07.2010".

 

4. Der Begriff der "Partei" ist in § 8 AVG definiert. Parteistellung haben demnach Personen, die an einer Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind.

 

Gemäß § 17 Abs.1 AVG kommt das Recht auf Akteneinsicht den Parteien zu, und zwar insoweit es sich um die ihre Sache betreffenden Akten oder Aktenteile handelt.

 

Gegenständlich hat die Erstbehörde den schon erwähnten Vermerk auf der Anzeige angebracht und auch keinerlei Handlungen gesetzt, die die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens dokumentieren würden. Der Berufungswerber ist sohin auch nicht Beschuldigter gemäß § 32 Abs.1 VStG, weshalb ihm jedenfalls aus diesem Titel die Parteistellung nicht zukommen kann.

Aber auch abgesehen davon kommt dem Berufungswerber keinerlei Parteistellung zu.

 

Aus der Berufungsschrift geht hervor, dass der Zweck der begehrten Akteneinsicht darin liegt, Schmerzensgeldansprüche aus dem Verkehrsunfall geltend zu machen. Darin erblickt der Berufungswerber ein Recht bzw. ein rechtliches Interesse, das ihm den Status einer Verfahrenspartei zukommen ließe.

 

Eine solche Auslegung des Parteibegriffes findet nach Ansicht der Berufungsbehörde aber keine Deckung in der Definition des § 8 AVG. Die Beteiligung an der "Sache" vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses kann nur so verstanden werden, dass es sich um eine Sache handelt, die im Zuständigkeitsbereich der Behörde liegt. Die Beurteilung eines Schadenersatzanspruches kann keine "Sache" in einem behördlichen Zuständigkeitsbereich sein. Der Berufungswerber ist also nicht beteiligt vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses an einer bei der Behörde anhängigen "Sache", seine vermeintlichen oder tatsächlichen Schadenersatzansprüche müssen daher, wenn sie als Begründung für die begehrte Akteneinsicht bei der Behörde behauptet werden, als bloße wirtschaftliche Interessen angesehen werden. Solche begründen aber regelmäßig keine Parteistellung, es sei denn sie würde vom Gesetz ausdrücklich eingeräumt (VwGH 9.10.1996, 96/03/0245 ua).

 

Eine solche ausnahmsweise gesetzliche Regelung, wonach einem Unfallbeteiligten aus dem Titel eines möglichen Schadenersatzanspruches die Parteistellung zukäme, ist aber nicht gegeben.

 

Mangels Parteistellung konnte dem Berufungswerber sohin kein Recht auf Akteneinsichtnahme zukommen.

 

Der Berufungsbehörde ist allerdings auch keine Bestimmung geläufig, wonach es unzulässig wäre, seitens einer Behörde einem Unfallbeteiligten Einsicht in die Polizeianzeige zu gewähren, die den Verkehrsunfall dokumentiert.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 26,40 Euro angefallen.

 

 

 

 

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