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des Landes Oberösterreich
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VwSen-100650/2/Bi/Bf

Linz, 19.06.1992

VwSen - 100650/2/Bi/Bf Linz, am 19.Juni 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag.Karin Bissenberger über die Berufung des Ing. Ch F gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 20. Mai 1992, VerkR96/7603/1991-O, zu Recht:

I.: Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das Straferkenntnis im Punkt 2 behoben und das Verfahren diesbezüglich eingestellt wird.

Hinsichtlich Punkt 1 wird das Straferkenntnis im Schuldspruch bestätigt, die Geldstrafe auf 600 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 18 Stunden herabgesetzt.

II.: Hinsichtlich Punkt 2 entfällt die Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge, hinsichtlich Punkt 1 ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren. Im Punkt 1 ermäßigt sich der Verfahrenskostenbeitrag I.Instanz auf 60 S.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51, 19 und 45 Abs.1 Z.1 VStG, § 4 Abs.1 lit.c, 4 Abs.5, 99 Abs.2 lit.a und 99 Abs.3 lit.b StVO 1960.

Zu II.: §§ 64, 65 und 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Straferkenntnis vom 20. Mai 1992, VerkR96/7603/1991-O, über Herrn Ing.Ch F, wegen der Übertretungen gemäß 1) § 4 Abs.5 und § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 und 2) § 4 Abs.1 lit.c und § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1) 800 S und 2) 1000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von je 24 Stunden verhängt, weil er am 24. Mai 1991 gegen 15.15 Uhr in H auf der K.straße auf Höhe des Hauses X in Richtung G.straße den PKW gelenkt und es dabei nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallsort im ursächlichen Zusammenhang stand, unterlassen hat, 1) die nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten unterblieben ist, und 2) an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, weil er sich mit seinem Fahrzeug von der Unfallstelle entfernt hat. Gleichzeitig wurde er zur Leistung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 180 S verpflichtet.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben, der, da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden hat. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht notwendig, da in der Berufung ausdrücklich nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet und die Höhe der Strafe bekämpft und eine mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber führt in der Berufung aus, Name und Anschrift auszutauschen sei nicht möglich gewesen, da die Unfallgegnerin aufgebracht gewesen und auch ausfallend geworden sei. Sie habe gesagt, sie habe sich das Kennzeichen notiert und fahre jetzt zur Gendarmerie. Dann seien sie beide weggefahren. Da aber nicht er sie, sondern sie ihn mit dem Außenspiegel gestreift habe, sei es für ihn klar gewesen, daß es ihre eigene Schuld gewesen sei. Hätte er gewußt, daß man auch bestraft werde, wenn man unschuldig sei, hätte er sich bei der Gendarmerie gemeldet. Da an seinem Fahrzeug kein Schaden entstanden sei, habe er keinen Grund gesehen, Anzeige zu erstatten. Zur Strafhöhe macht der Rechtsmittelwerber geltend, er habe für seine Lebensgefährtin zu sorgen, die deutsche Staatsbürgerin sei und keine Arbeitsgenehmigung habe. Er habe außerdem für das schwerbehinderte Kind seiner Lebensgefährtin zu sorgen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat folgendes erwogen:

4.1. Zu § 4 Abs.5 i.V.m § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960: Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit dem Verkehrsunfall im ursächlichen Zusammenhang steht, die nächste Polizei oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn diese Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Schon aus dem Wortlaut dieser Bestimmung geht hervor, daß die Meldepflicht nicht nur denjenigen trifft, den am Zustandekommen eines Verkehrsunfalles mit Sachschaden ein Verschulden trifft, sondern schlichtweg alle Personen, deren Verhalten für den Verkehrsunfall kausal war. Daher ist es im gegenständlichen Fall belanglos, ob der Rechtsmittelwerber den letztlich beschädigten Rückspiegel der Unfallgegnerin gestreift hat oder diese mit ihrem Rückspiegel den intakt gebliebenen Rückspiegel des Rechtsmittelwerbers. Wenn dieser nunmehr anführt, die Unfallgegnerin sei derartig aufgebracht gewesen, daß ein Austausch von Name und Anschrift nicht möglich gewesen sei, so ist diese Schilderung durchaus nachvollziehbar, vermag aber seine Vorgangsweise nicht zu entschuldigen. Laut der obigen Bestimmung besteht keine Verpflichtung zum Austausch der persönlichen Daten, wohl aber die Meldepflicht innerhalb kürzester Zeit, wenn ein solcher Datenaustausch nicht stattgefunden hat.

Belanglos ist in diesem Zusammenhang, ob am PKW des Rechtsmittelwerbers ein Schaden entstanden ist, und Zweck dieser Bestimmung ist es auch nicht, das Verschulden am Verkehrsunfall zu klären, sondern dem geschädigten Unfallgegner die Möglichkeit zu geben, in Erfahrung zu bringen, an wen er sich mit eventuellen Schadenersatzforderungen zu wenden hat.

Da dem Rechtsmittelwerber als Inhaber einer Lenkerberechtigung die Kenntnis dieser Bestimmung zuzumuten ist, vermag ihn sein Vorbringen nicht zu entschuldigen, sodaß spruchgemäß zu entscheiden war.

Grundlage für die Strafbemessung sind die Bestimmungen des § 19 VStG, wobei der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO bis 10.000 S reicht. Aus der Begründung des Straferkenntnisses ergibt sich, daß zutreffend die bisherige Unbescholtenheit und das Geständnis als mildernd und kein Umstand als straferschwerend berücksichtigt wurden, allerdings lagen dem Straferkenntnis die Angaben des Rechtsmittelwerbers vom 24. Oktober 1991 zu seinen Einkommensverhältnissen zugrunde. Diese haben sich nach seinen Angaben nunmehr insoferne geändert, als er für die Lebensgefährtin und deren behindertes Kind sorgepflichtig ist. Aus diesem Grund war eine Herabsetzung der Strafe - auch unter Berücksichtigung general- und vor allem spezialpräventiver Überlegungen - noch vertretbar.

4.2. Zur Übertretung gemäß § 4 Abs.1 lit.c i.V.m. § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960:

Gemäß § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall im ursächlichen Zusammenhang steht, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.

Dem Rechtsmittelwerber wird zur Last gelegt, insoferne nicht an der Sachverhaltsfeststellung mitgewirkt zu haben, als er sich mit seinem Fahrzeug von der Unfallstelle entfernte.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die Vorschrift des § 4 Abs.1 lit.c StVO nicht immer und überall auch die Pflicht zum Inhalt, das Fahrzeug an der Unfallstelle unverändert zu belassen, bis der Sachverhalt festgestellt worden ist. Die Belassung von Fahrzeugen an der Unfallstelle wird jedoch immer dann notwendig sein, wenn dies zur Feststellung des Sachverhaltes dienlich ist oder sein kann. Ist aber der Sachverhalt einschließlich des Verschuldens auch nach Wegschaffung der Fahrzeuge klar und ohne Schwierigkeiten zu rekonstruieren oder vermag die Belassung eines Fahrzeuges an der Unfallstelle eine Klärung nicht herbeizuführen, dann wird eine solche Verpflichtung nicht bestehen (Erkenntnis vom 9. Mai 1985, 85/18/0209).

Im gegenständlichen Fall ergibt sich aus dem Akteninhalt, daß offensichtlich aufgrund der örtlichen Gegebenheiten eine Belassung der Fahrzeuge in der Unfallsendstellung nicht möglich war und daß weder Bremsspuren noch eventuell korrespondierende Schäden an beiden Fahrzeugen vorhanden waren, die die Belassung des Fahrzeuges des Rechtsmittelwerbers am Unfallort im bezug auf die dadurch leichtere Feststellung des Sachverhaltes erfordert hätten.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs.1 lit.c StVO durch ein Verlassen der Unfallstelle erfüllt werden, wobei jedoch Voraussetzung ist, daß die persönliche Anwesenheit des Unfallbeteiligten an der Unfallstelle noch zur ordentlichen Erhebung des Sachverhaltes notwendig war. Die Verpflichtung zur Mitwirkung an der Feststellung des Sachverhaltes reicht nur so weit, als dies zur Sicherung von Sachverhaltselementen, insbesondere zur Sicherung von Spuren am Unfallsort oder sonstiger konkreter Beweismittel, aber auch zur Person des betreffenden Fahrzeuglenkers erforderlich ist, so etwa ob er zur Lenkung des am Verkehrsunfall beteiligten Fahrzeuges berechtigt war, oder ob er äußerlich den Anschein erweckt, daß er sich geistig und körperlich in einem zur Lenkung des Kraftfahrzeuges geeigneten Zustand befindet (Erkenntnis vom 29. März 1989, 88/03/0263).

Aus dem Akteninhalt ergibt sich weder, daß der Rechtsmittelwerber nach dem Unfall Alkohol zu sich genommen hat, noch daß irgendwelche Zweifel hinsichtlich seiner Lenkerberechtigung oder seines sonstigen körperlichen Zustandes gegeben waren, noch daß eine Unfallaufnahme erfolgt ist, bei der seine Anwesenheit am Unfallsort erforderlich gewesen wäre.

Gemäß § 45 Abs.1 Z.1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bildet.

Da im gegenständlichen Fall weder die Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers noch seines Fahrzeuges an der Unfallstelle die Sachverhaltsfeststellung erleichtert hätte, somit die Voraussetzungen zur Erfüllung des genannten Tatbestandes nicht gegeben waren, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.: Die Entscheidung über die Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch angeführten Gesetzesstellen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Ergeht an:

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger 6

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