Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164799/2/ Kei/Bb/Jo

Linz, 15.11.2010

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des x, vertreten durch die x, vom 9. Februar 2010, gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Wels vom 21. Jänner 2010, GZ 2-S-16.839/09/A 70,--, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), zu Recht erkannt:

 

 

 

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis sowohl hinsichtlich der Schuld auch hinsichtlich der Strafe bestätigt.

 

 

II.              Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in der Höhe von 14 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe), zu bezahlen.

 

 

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG;

Zu II.: §§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Zu I.:

 

1. Mit dem Straferkenntnis des Polizeidirektors von Wels vom
21. Jänner 2010, GZ 2-S-16.839/09/A 70,--, wurde Herr x (der Berufungswerber) wie folgt für schuldig befunden:

 

"Sie haben am 29.7.2009 um 21.50 Uhr in Wels, Welser Autobahn (A 25) Höhe Strkm 12.85, Richtungsfahrbahn Linz, als Lenker des Kraftfahrzeuges Kennzeichen x (internationales Unterscheidungskennzeichen 'D') auf einer Autobahn außerhalb der durch Hinweiszeichen gekennzeichneten Stellen gehalten, um ein Telefongespräch zu führen."

 

Der Berufungswerber habe dadurch § 46 Abs.4 lit.e StVO verletzt.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Berufungswerber gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO eine Geld­strafe in der Höhe von 70 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden, verhängt. Weiters wurde der Berufungswerber zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages erster Instanz in der Höhe von 7 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen das Straferkenntnis, das am 26. Jänner 2010 dem Rechtsvertreter des Berufungswerbers nachweislich - wie durch den im Akt vorhandenen Rückschein belegt ist - zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende Berufung, die am 9. Februar 2010 – und somit rechtzeitig – der Post zur Beförderung übergeben wurde.

 

In der Berufung bekämpft der Berufungswerber das Straferkenntnis dem Grunde und der Höhe nach. Als Berufungsgründe werden Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung geltend gemacht.

 

Zur näheren Begründung führt der Berufungswerber im Wesentlichen an, dass die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz die objektive Tatseite nicht ausreichend ermittelt habe, um zu einem Schuldspruch zu gelangen. Die Behörde hätte jedenfalls seine im Fahrzeug anwesende Gattin einvernehmen müssen, um sich ein vollständiges Bild über den vorgefallenen Sachverhalt verschaffen zu können und dann zum Ergebnis gelangen müssen, dass er irrtümlich eine Notstandsituation annehmen habe dürfen, da er davon ausgegangen sei, dass der hinter ihm fahrende Freund einer Gefahrensituation ausgesetzt gewesen sei.

Überdies bringt er vor, dass die Behörde die Rechtslage verkannt habe, da sich für ihn die Situation so dargestellt habe, dass er die einzige Möglichkeit zur allenfalls benötigten unverzüglichen Hilfeleistung darin gesehen habe, das Fahrzeug kurzfristig anzuhalten, um das Telefonat entgegenzunehmen und dem Freund allenfalls Anweisungen zu erteilen bzw. weitere notwendige Schritte setzen zu können. Er habe dem Handyverbot beim Lenken eines Kraftfahrzeuges entsprochen und damit eine weit aus größere Gefahrensituation vermieden.

 

Zur Höhe der verhängten Geldstrafe führt der Berufungswerber an, dass er bei seiner Fahrt niemanden geschädigt und gefährdet und die Tat auch sonst keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen habe.

 

Aus den angeführten Gründen beantragte der Berufungswerber das angefochtene  Straferkenntnis aufzuheben, in eventu die verhängte Geldstrafe auf ein schuld- und tatangemessenes Maß herabzusetzen.

 

3. Der Polizeidirektor von Wels hat den Verwaltungsstrafakt samt Berufungsschrift dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Bundespolizeidirektion Wels und in die Berufung.   

 

Da der gegenwärtig maßgebliche Sachverhalt vollständig geklärt vorliegt, erwies sich die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung als nicht erforderlich. Im Übrigen wurde eine solche auch von keiner Verfahrenspartei beantragt.

 

4.1.  Für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ergibt sich - aus den genannten Beweismitteln - folgender Sachverhalt, der seiner Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Der Berufungswerber lenkte am 29. Juli 2009 um 21.50 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen x (D) in der Gemeinde Wels, auf der Welser Autobahn A 25, in Fahrtrichtung Linz. Seine Gattin und sein Sohn fuhren als Beifahrer im Fahrzeug mit. Während der Fahrt erhielt der Berufungswerber auf sein Mobiltelefon ein Telefonat eines hinter ihm nachfahrenden Freundes. Unmittelbar vor Beginn des Beschleunigungsstreifens der Auffahrt Terminal Linz, auf Höhe km 12.85, hielt der Berufungswerber deshalb das von ihm gelenkte Fahrzeug am Pannenstreifen an, um das ankommende Telefonat entgegenzunehmen und das Telefongespräch zu führen.

 

Der Berufungswerber bestreitet nicht die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung; er macht vielmehr Notstand bzw. Putativnotstand geltend. Begründend führt er an, dass keinerlei Veranlassung zu einem Telefonat mit seinem Freund bestanden habe, da dieser gewusst habe, dass er ein Fahrzeug lenke und ihm das Telefonieren daher unmöglich sei, weshalb er davon ausgegangen sei, dass sein nachfahrender Freund einer Gefahrensituation ausgesetzt sei. Tatsächlich habe er sich aber nur verfahren. Auf Grund des bei ihm aufgekommenen Erregungszustandes habe er nicht daran gedacht, das Mobiltelefon seiner im Fahrzeug anwesenden Gattin zu übergeben.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat darüber Folgendes erwogen:

 

5.1. In rechtlicher Beurteilung des dargestellten Sachverhaltes ist anzuführen, dass es gemäß § 46 Abs.4 lit.e StVO verboten ist, auf der Autobahn außerhalb der durch Hinweiszeichen gekennzeichneten Stellen zu halten oder zu parken.

 

5.2. Es ist erwiesen, dass der Berufungswerber am 29. Juli 2009 um 21.50 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen x, in Wels, auf der Welser Autobahn A 25, gelenkt und auf Höhe km 12.85 verbotenerweise auf dem Pannenstreifen und somit außerhalb einer durch Hinweiszeichen gekennzeichneten Stelle gehalten hat, um zu telefonieren. Es ist daher der objektive Tatbestand der dem Berufungswerber vorgeworfenen Verwaltungsübertretung nach § 46 Abs.4 lit.e StVO erfüllt.

 

5.3. Bezüglich des Verschuldens beruft sich der Berufungswerber auf Notstand im Sinne des § 6 VStG. 

 

Nach der Gesetzesbestimmung des § 6 VStG ist eine Tat dann nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist.

 

Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. VwGH 21. April 1999, 98/03/0043) ist unter Notstand gemäß § 6 VStG eine Kollision von Pflichten und Rechten zu verstehen, in der jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr nur dadurch retten kann, dass er eine im Allgemeinen strafbare Handlung begeht. Der Begriff des Notstandes ist stets mit einer unmittelbar drohenden Gefahr für Leben, Gesundheit, Freiheit oder Vermögen verbunden, wobei es auch zum Wesen des Notstandes gehört, dass die Gefahr zumutbarer Weise nicht in anderer Art als durch die Begehung der objektiv strafbaren Handlung behoben werden kann.

 

Diese Voraussetzung trifft jedoch im verfahrensgegenständlichen Fall nicht zu. Selbst wenn nach den Angaben in der Berufung der Berufungswerber irrtümlich angenommen hat, dass der nachkommende Fahrzeuglenker einer Gefahrensituation ausgesetzt sei bzw. sich dieser tatsächlich in einer solchen Gefahrenlage befunden hätte, hätte der Berufungswerber dieser Situation in beiden Fällen auf andere Art als durch das verbotene Anhalten am Pannenstreifen begegnen können. Einerseits hätte er - zur Entgegennahme des Telefonates - das Mobiltelefon seiner im Fahrzeug anwesenden Gattin übergeben können, andererseits aber auch die nächste Ausfahrt der Welser Autobahn A 25 benützen können, um das Fahrzeug an einer hiefür geeigneten und erlaubten Stelle anzuhalten und erst dann das Telefongespräch zu führen. Die vom Berufungswerber angenommene Sach- und Gefahrenlage hätte somit keineswegs einzig und alleine durch die Begehung der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung hintangehalten werden können, wobei ihm auch hätte bewusst sein müssen, dass er durch ein Anhalten am Pannenstreifen ohnehin unmittelbar keine Maßnahmen zur Abwendung einer möglichen Gefahr setzen hätte können.

 

Im Ergebnis wird daher festgestellt, dass die vorgetragene Argumentation des Berufungswerbers nicht geeignet ist, die Annahme einer Notstandssituation bzw. eines Putativnotstandes (irrtümliche Annahme eines Notstandes) im Sinne des § 6 VStG zu begründen.

 

Auch sonstige Umstände, welche den Berufungswerber im Bereich der subjektiven Tatseite entlasten würden, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Es wird dem Berufungswerber ein schuldhaftes Verhalten in Form von Fahrlässigkeit vorgeworfen. Der Schuldspruch durch die Bundespolizeidirektion Wels ist zu Recht erfolgt.

 

5.4. Zur Straffestsetzung ist festzustellen, dass gemäß § 19 Abs.1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs.1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.

 

Die Bundespolizeidirektion Wels hat für das gegenständliche Delikt nach § 46 Abs.4 lit.e StVO eine Geldstrafe in der Höhe von 70 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden, verhängt.

 

Durch die belangte Behörde wurde u.a. als strafmildernd die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers berücksichtigt. Auch wurden der Strafbemessung die sozialen Verhältnisse des Berufungswerbers zu Grunde gelegt, wobei auf Grund der Darlegungen des Berufungswerbers von einem monatlichen Einkommen in der Höhe von ca. 750 Euro, keinem relevanten Vermögen und Sorgepflichten für die Gattin und für ein Kind ausgegangen wurde. Von diesen angeführten Grundlagen wird auch durch den Oö. Verwaltungssenat ausgegangen.

 

Trotz der eher ungünstigen Einkommens- und Vermögenssituation des Berufungswerbers gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat zur Überzeugung, dass die verhängte Geldstrafe im Ausmaß von 70 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) unter Berücksichtigung des gesetzlichen Strafrahmens und der Tatsache, dass die Begehung von Verwaltungsübertretungen dieser Art ein besonderes Gefahrenpotenzial in sich bergen, tat- und schuldangemessen und auch notwendig ist, um dem Berufungswerber den Unrechtsgehalt der von ihm begangenen Übertretung nachhaltig vor Augen zu führen und darauf hinzuweisen, dass die Einhaltung der Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung - besonders auch auf Autobahnen - von wesentlicher Bedeutung ist. Die verhängte Geldstrafe bewegt sich im unteren Bereich des Strafrahmens und beträgt ca. 9,6 % der möglichen Höchststrafe. Eine Herabsetzung der Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe kommt daher nicht in Betracht.

 

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Zu II.:

 

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch (Spruchpunkt II.) angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Dr.  Michael  K e i n b e r g e r

 

 

 

 

 

 

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