Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165306/6/Kei/Bb

Linz, 17.12.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des x, vertreten durch x, vom 9. Juli 2010, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 25. Juni 2010, GZ VerkR96-34581-2009-Pi, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967), zu Recht erkannt:

 

 

I.                   Der Berufung wird hinsichtlich Spruchpunkt 1. stattgegeben und dieser Spruchpunkt wird aufgehoben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren wird nach § 45 Abs.1 Z2 VStG eingestellt.

 

Betreffend Spruchpunkt 2. wird die Berufung sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe abgewiesen und das erstinstanzliche Straferkenntnis wird diesbezüglich bestätigt.

 

II.                 Betreffend Spruchpunkt 1. entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

 

Betreffend Spruchpunkt 2. hat der Berufungswerber für das Verfahren vor der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land Verfahrenskosten in der Höhe von 11 Euro (= 10 % der verhängten Geldstrafe) und für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in der Höhe von 22 Euro (= 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm

§§ 19, 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991  - VStG.

zu II.:§§ 64 Abs.1 und 2 und 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

 

 

Zu I.:

 

1. Mit dem Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom
25. Juni 2010, GZ VerkR96-34581-2009-Pi, wurde x (der Berufungswerber) wie folgt für schuldig befunden (auszugsweise Wiedergabe):

 

"Tatort: Gemeinde Marchtrenk, Richtung Linz, B 1 bei km 199.700

Tatzeit: 03.07.2009, 17.30 Uhr

Fahrzeug: PKW, x

 

1.     Sie haben als Lenker keine Bescheinigung über Ziel und Zweck der Probefahrt mitgeführt bzw. es unterlassen trotz Verlangens der Straßenaufsicht dieses Dokument zur Überprüfung auszuhändigen.

 

2.     Sie haben das KFZ, Type VW Golf, welches mit dem angeführten Probefahrtkennzeichen versehen war, zum Tatzeitpunkt am Tatort verwendet, obwohl Probefahrtkennzeichen nur bei Probefahrten im Sinne des § 45 Abs.1 KFG verwendet werden dürfen. Im gegenständlichen Fall hat es sich um keine Probefahrt gehandelt, da Sie das Fahrzeug bei einer anderen Firma erworben haben".

 

Der Berufungswerber habe dadurch 1. § 102 Abs.5 lit.c KFG und 2. § 45 Abs.4 2. Satz KFG verletzt.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Berufungswerber gemäß § 134 Abs.1 KFG Geld­strafen in der Höhe von 1. 25 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) und 2. 110 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 96 Stunden) verhängt. Weiters wurde der Berufungswerber zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages erster Instanz in der Höhe von insgesamt 13,50 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen das Straferkenntnis, das - nach dem aktenkundigen Zustellrückschein - am 8. Juli 2010 dem ausgewiesenen Vertreter des Berufungswerbers nachweislich zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitige, am 9. Juli 2010 mittels Telefax eingebrachte – jedoch unbegründete - Berufung.

 

Über Aufforderung des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 27. September 2010, GZ VwSen-165306/2/Kei/Kr, hat der vertretene Berufungswerber mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2010 eine Berufungsbegründung nachgereicht und darin im Ergebnis sinngemäß die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens angestrebt.

 

Zur näheren Begründung gibt der Vertreter des Berufungswerbers an, dass der Berufungswerber ein langjähriger, sehr zuverlässiger Kraftfahrer der Firma x am Standort Linz sei. Er habe sich bei ihm zur Überstellung eines Fahrzeuges (Marchtrenk – Wels) die Probefahrtkennzeichen x ausgeliehen und dafür von ihm auch die Fahrerlaubnis erhalten. Der Berufungswerber habe diese Fahrt auch im Fahrtenbuch eingetragen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat den Verwaltungsstrafakt samt Berufungsschrift mit Vorlageschreiben vom 9. August 2010, GZ VerkR96-34581-2009-Pi, dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, in die Berufung und in die nachgereichte Berufungsbegründung.    

 

Da der gegenwärtig maßgebliche Sachverhalt vollständig geklärt vorliegt und der Berufungswerber mit Schriftsatz vom 18. November 2010 ausdrücklich auf eine Berufungsverhandlung verzichtet hat, erwies sich die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung als nicht erforderlich.

 

4.1.  Für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ergibt sich - aus den genannten Beweismitteln - folgender Sachverhalt, der seiner Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Der Berufungswerber lenkte am 3. Juli 2009 um 17.30 Uhr den – zum damaligen Zeitpunkt nicht zum Verkehr zugelassen - Pkw, VW Golf, schwarz, in der Gemeinde Marchtrenk, auf der B 1, bei Strkm 199,700, in Fahrtrichtung Linz. Für diese Fahrt verwendete der Berufungswerber die Probefahrtkennzeichen x, ausgestellt auf die Firma x, x.

 

Der Berufungswerber war zur gegenständlichen Zeit und ist Dienstnehmer bei der Firma x am Standort Linz.

 

Er erwarb diesen von ihm zur Tatzeit gelenkten Pkw für seine Tochter und er beabsichtigte diesen – im Rahmen der gegenständlichen Fahrt - mit den Probefahrtkennzeichen seines Arbeitgebers (x) von Marchtrenk nach Wels zu überstellen.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat darüber in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

Zu Spruchpunkt 2.:

 

Gemäß § 45 Abs.1 KFG dürfen Probefahrten mit nicht zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern oder Fahrgestellen solcher Fahrzeuge auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur mit Bewilligung der Behörde durchgeführt werden, in deren örtlichem Wirkungsbereich der Ort liegt, von dem aus der Antragsteller hauptsächlich über die Verwendung der Probefahrtkennzeichen verfügt. Probefahrten sind Fahrten zur Feststellung der Gebrauchsfähigkeit oder der Leistungsfähigkeit von Fahrzeugen oder ihrer Teile oder Ausrüstungsgegenstände oder Fahrten, um Fahrzeuge vorzuführen. Als Probefahrten gelten auch

  1. Fahrten zur Überführung eines Fahrzeuges an einen anderen Ort im Rahmen des Geschäftsbetriebes,
  2. Fahrten zur Überführung des Fahrzeuges durch den Käufer bei der Abholung des Fahrzeuges vom Verkäufer,
  3. Fahrten zum Ort der Begutachtung oder Überprüfung des Fahrzeuges nach dem III. und V. Abschnitt und
  4. das Überlassen des Fahrzeuges mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3.500 kg an einen Kaufinteressenten für die Dauer von bis zu maximal 72 Stunden, wobei auch Fahrtunterbrechungen zulässig sind.

 

Gemäß § 45 Abs.4 KFG ist bei der Erteilung der im Abs.1 angeführten Bewilligung ist auch auszusprechen, welche Kennzeichen bei den Probefahrten zu führen sind. Diese Kennzeichen sind Probefahrtkennzeichen (§ 48 Abs.3) und dürfen nur bei Probefahrten geführt werden. Über die Erteilung der im Abs.1 angeführten Bewilligung ist dem Antragsteller eine Bescheinigung, der Probefahrtschein, auszustellen.

 

Der Berufungswerber lenkte – unbestritten – am 3. Juli 2009 um 17.30 Uhr den Pkw, VW Golf, schwarz, mit den Probefahrtkennzeichen x, deren Inhaber die Firma x in Linz ist, in Marchtrenk, auf Straßen mit öffentlichen Verkehr in der Absicht diesen – erworbenen -  Pkw von Marchtrenk nach Wels zu überstellen.

 

Zwischen dem Besitzer des Probefahrtkennzeichens x (Firma x) einerseits und dem vom Berufungswerber gelenkten Pkw, VW Golf sowie der Fahrt des Berufungswerbers andererseits bestand jedoch kein wie immer gearteter Zusammenhang.

 

Der Ankauf dieses Pkw`s durch den Berufungswerber fand nicht im Rahmen des Geschäftsbetriebes der Firma x als Inhaber der gegenständlichen Probefahrtkennzeichen statt. Der Berufungswerber war daher nicht berechtigt, für diese Fahrt das an Firma x ausgegebene Probefahrtkennzeichen x zu verwenden. Es ist die gegenständliche Fahrt daher nicht als Probefahrt im Sinne des § 45 Abs.1 KFG anzusehen, sodass der Berufungswerber den objektiven Tatbestand der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nach § 45 Abs.4 2. Satz KFG erfüllt hat.  Dass der Berufungswerber für die gegenständliche Fahrt von seinem Arbeitgeber die Erlaubnis zur Verwendung der Probefahrtkennzeichen hatte, ändert nichts an dieser Beurteilung.

 

Umstände, welche das Verschulden des Berufungswerbers an der Übertretung ausschließen könnten, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Es wird dem Berufungswerber ein schuldhaftes Verhalten zumindest in Form von Fahrlässigkeit vorgeworfen. Er hat damit auch die subjektive Tatseite der gegenständlichen Verwaltungsübertretung verwirklicht. Der Schuldspruch durch die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land ist daher zu Recht erfolgt.

 

Zur Straffestsetzung ist festzustellen, dass gemäß § 19 Abs.1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach § 134 Abs.1 KFG begeht, wer unter anderem diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5.000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen.

Die Bezirkhauptmannschaft Linz-Land hat für das gegenständliche Delikt eine Geldstrafe in der Höhe von 110 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 96 Stunden, verhängt.

 

Durch die belangte Behörde wurde als strafmildernd die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers berücksichtigt. Straferschwerende Umstände wurden nicht festgestellt.

 

Auch wurden der Strafbemessung die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Berufungswerbers zu Grunde gelegt, wobei mangels Mitwirkung des Berufungswerbers von einem monatlichen Einkommen in der Höhe von 1.200 Euro netto, keinem Vermögen und keiner Sorgepflicht ausgegangen wurde. Von diesen angeführten Grundlagen wird auch durch den Unabhängigen Verwaltungssenat ausgegangen.

 

In Anbetracht der aufgezeigten Umstände ist der Unabhängige Verwaltungssenat der Überzeugung, dass die verhängte Geldstrafe im Ausmaß von 110 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 96 Stunden) unter Berücksichtigung des gesetzlichen Strafrahmens tat- und schuldangemessen und auch notwendig ist, um dem Berufungswerber den Unrechtsgehalt der von ihm begangenen Übertretung nachhaltig vor Augen zu führen und darauf hinzuweisen, dass die Einhaltung der Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes von wesentlicher Bedeutung ist.

 

Die verhängte Geldstrafe (110 Euro) bewegt sich im untersten Bereich des Strafrahmens und beträgt lediglich 2,2 % der möglichen Höchststrafe (5.000 Euro - § 134 Abs.1 KFG). Der Verwaltungsgerichtshof hat in ähnlich gelagerten Fällen - beispielsweise im Erkenntnis vom 14. November 2001, 2001/03/0017 – sogar eine Geldstrafe von umgerechnet 145 Euro als rechtmäßig bestätigt bzw. die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Eine Herabsetzung der Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe kommt im gegenständlichen Fall nicht in Betracht.

 

Es war spruchgemäß (Spruchpunkt I.) zu entscheiden.

 

 

Zu Spruchpunkt 1.:

 

Gemäß § 102 Abs.5 lit.c KFG hat der Lenker bei Probefahrten den Probefahrtschein (§ 45 Abs.4) und auf Freilandstraßen (§ 2 Abs.1 Z16 StVO) und an Sonn- und Feiertagen die Bescheinigung über das Ziel und den Zweck der Probefahrt (§ 45 Abs.6) mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen; bei Betrieben, die außerhalb des Ortsgebietes (§ 2 Abs.1 Z15 StVO) liegen, muss diese Bescheinigung nur an Sonn- und Feiertagen mitgeführt werden, bei Probefahrten gemäß § 45 Abs.1 Z4 ist die Bescheinigung über die Probefahrt, aus der der Zeitpunkt des Beginnes und des Endes der Probefahrt ersichtlich sind, mitzuführen.

 

Das Mitführen der Bescheinigung über Ziel und Zweck der Probefahrt bzw. die Aushändigungspflicht einer solchen Bescheinigung an Straßenaufsichtsorgane auf deren Verlangen hat zur Voraussetzung, dass es sich bei der unternommen Fahrt um eine Probefahrt im Sinne des § 45 KFG handelt.

 

Gegenständlich wurde jedoch keine Probefahrt unternommen, sodass eine Bestrafung gemäß § 102 Abs.5 lit.c KFG im konkreten Fall nicht in Betracht kommt. Es war daher der Berufung zu Spruchpunkt 1. stattzugeben, dieser Spruchpunkt aufzuheben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.

 

 

Zu II.:

 

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch (Spruchpunkt II.) angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

 

Dr.  Michael  K e i n b e r g e r

 

 

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