Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165534/7/Kof/Th

Linz, 13.12.2010

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des X gegen das Straferkenntnis
der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 18. Oktober 2010, VerkR96-
12762-2010, wegen Übertretungen des KFG, nach der am 9. Dezember 2010
durchgeführten mündlichen Verhandlung einschließlich Verkündung des Erkenntnisses, zu Recht erkannt:

 

 

Betreffend Punkt 1) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und
das erstinstanzliche Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass anstelle "Type Iveco 35.8 VE" "Type Iveco Daily 35S14 V" gesetzt wird.

Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat
20 % der verhängten Geldstrafe zu zahlen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 16, 19 und 24 VStG

§ 64 Abs.1 und 2 VStG

 

 

Betreffend Punkt 2) wird der Berufung stattgegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach
§ 45 Abs.1 Z2 VStG  eingestellt.

Der Berufungswerber hat weder eine Geldstrafe, noch Verfahrenskosten zu bezahlen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG

§ 66 Abs.1 VStG

 


 

Der Berufungswerber hat somit insgesamt zu bezahlen:

-         Geldstrafe ........................................................................... 80 Euro

-         Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz: ....................................  8 Euro

-         Verfahrenskostenbeitrag II. Instanz: ................................. 16 Euro

                                                                                                    104 Euro

 

Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt ........................................... 48 Stunden.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) das in
der Präambel zitierte Straferkenntnis – auszugsweise – wie folgt erlassen:

 

"Sie haben folgende Verwaltungsübertretungen begangen:

Taten (einschließlich Ort, Datum und Zeit der Begehung)

 

1.     Sie haben das KFZ, Type Iveco 35.8 VE, gelb, welches mit dem angeführten Probefahrtkennzeichen versehen war, zum Tatzeitpunkt am Tatort verwendet, obwohl Probefahrtkennzeichen nur bei Probefahrten im Sinne des § 45 Abs.1 KFG verwendet werden dürfen.

    Im gegenständlichen Fall hat es sich um keine Probefahrt gehandelt,

    da die gegenständliche Fahrt im Privatinteresse des Beschuldigten lag.

Tatort: Gemeinde Hörsching, Wiener-Bundesstraße (B1); StrKm 194,970;

           Lenker aus Richtung Marchtrenk kommend in Richtung Linz unterwegs.

Tatzeit: 02.12.2009, 14:10 Uhr.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:  § 45 Abs.4 2. Satz KFG

 

2.     Sie haben sich als Lenker, obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt
der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde,
dass am LKW das zugewiesene behördliche Kennzeichen nicht angebracht war, da beide Kennzeichen fehlten.

Tatort und Tatzeit: wie Punkt 1

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:  § 36 lit.b KFG

 

Fahrzeug: Kennzeichen ND-...., sonstiges Fahrzeug, Probefahrtkennzeichen

 

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

 

Geldstrafe von             falls diese uneinbringlich ist                         gemäß

                                    Ersatzfreiheitsstrafe von

1.     80,00 Euro                  48 Stunden                                    § 134 Abs.1 KFG

2.     80,00 Euro                  48 Stunden                                    § 134 Abs.1 KFG

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG zu zahlen:

16,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15,00 Euro angerechnet);

 

Der zu zahlende  Gesamtbetrag  (Strafe/Kosten) beträgt daher  176,00 Euro."

 

Gegen dieses Straferkenntnis – zugestellt am 8. November 2010 – hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 11. November 2010 erhoben.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 51c VStG) erwogen:

 

Am 9. Dezember 2010 wurde beim UVS eine öffentliche mündliche Verhandlung (mVh) durchgeführt, an welcher der Bw sowie der Zeuge und Meldungsleger
Herr RI ME, PI N. teilgenommen haben.

 

Anmerkung:  Im Folgenden wird der Name des Bw durch die Wendung "Bw"

– in der jeweils grammatikalisch richtigen Form – ersetzt.

 

Stellungnahme des Bw:

Am 2. Dezember 2009 bin ich nicht mit dem LKW Iveco 35.8 VE gefahren,
sondern mit dem LKW Iveco Daily 35S14V.

Dieser war zu diesem Zeitpunkt nicht zum Verkehr zugelassen, sondern wurde erst am 31. März 2010 auf meinen Bruder, JS, L. Nr, PLZ Z. zum Verkehr zugelassen und hat ebenfalls das Kennzeichen: ND-.....  erhalten.

 

Dieses Fahrzeug Iveco Daily 35S14V wurde im Jahr 2008 erstmals zum Verkehr zugelassen mit einem Kennzeichen aus dem Bezirk Steyr-Land (SE-...).

 

Der Vorbesitzer hat mit diesem Fahrzeug einen Unfall mit Totalschaden
verursacht.

 

Ich habe dieses Fahrzeug als "Totalschaden" gekauft.

 

Da ich ausgebildeter KFZ-Mechaniker bin, habe ich an diesem LKW vieles selbst repariert und ließ das übrige im Autohaus P., F. reparieren.

Das Autohaus P. – ich nehme dies jedenfalls an – hat nach der vom Autohaus vorgenommenen Reparaturen auch Probefahrten vorgenommen.

 

Am 2. Dezember 2009 wollte ich mit diesem LKW von meinem Wohnsitz in
X zu meinem Zweiwohnsitz nach X gefahren.

Die Entfernung X bis X beträgt mehr als 300 km.

 

Da dieses Fahrzeug nicht zum Verkehr zugelassen war, habe ich mir von meinem Freund, Herrn F. B. das Probefahrtkennzeichen ND-.... ausgeliehen.

 

Zu dieser Zeit waren an diesem Fahrzeug noch etliche Mängel vorhanden.

 

Aufgrund dieser Mängel war ich meines Erachtens berechtigt, eine längere
Probefahrt zu unternehmen.

 

Auf dem von mir gelenkten LKW war offenkundig das Pickerl angebracht,
mit dem Kennzeichen ND-......

 

Dies erklärt sich wie folgt:

Ich hatte einen zweiten LKW zur gleichen Zeit im Autohaus P. in F. mit dem Kennzeichen ND-..... zur Überprüfung.

 

Offenkundig hat die Werkstatt irrtümlich das Pickerl mit dem Kennzeichen
ND-..... auch auf dem von mir am 2. Dezember 2009 gelenkten LKW
angebracht.

 

Tatsache ist und bleibt jedoch, dass dieser LKW am 2. Dezember 2009 nicht
zum Verkehr zugelassen war, sondern erst am 31. März 2010 auf meinen
Bruder J S  mit dem Kennzeichen ND-.....  angemeldet wurde.

Dieser LKW wurde im übrigen niemals auf mich zugelassen.

 

Dieser LKW wurde – wie dargelegt – am 31. März 2010 auf meinen Bruder J S zugelassen.

Es existiert diesbezüglich ein Kaufvertrag zwischen mir und meinem Bruder.

 

Stellungnahme des Verhandlungsleiters:

Der Bw verlässt nach seiner Stellungnahme – und noch vor der Verkündung der Entscheidung – die mündliche Verhandlung.

 

Der Bw hat eine Stellungnahme abgegeben, allerdings anschließend –
vor Beendigung der mVh sowie vor Verkündung des Erkenntnisses –
diese mVh unentschuldigt verlassen.

 

Hat der Bw ohne triftigen Grund und damit unentschuldigt iSd § 19 Abs.3 AVG die mVh vorzeitig verlassen, erweisen sich sowohl die Weiterführung der mVh, als auch die Verkündung (Fällung) des Erkenntnisses in dessen Abwesenheit
als zulässig;

siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band II, 2. Auflage, E2, E5, E6, E22 zu § 51f VStG (Seite 1048 und 1051) zitierten Erkenntnisse des VwGH sowie VwGH vom 31.01.2005,  2004/03/0153; vom 20.04.2004, 2003/02/0291;   

                    vom 30.01.2004, 2003/02/0223; vom 03.09.2003, 2001/03/0178;

                    vom 18.11.2003, 2001/03/0151; vom 25.02.2010, 2009/09/0146;

                    vom 20.10.2010, 2009/02/0292.

    

Aus dem erstinstanzlichen Verfahrensakt sowie dem Vorbringen des Bw in der mVh ergibt sich nachstehend entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

 

zu Punkt 1.):

Der Bw hat zur Tatzeit und am Tatort nicht den im erstinstanzlichen Straferkenntnis angeführten LKW Type Iveco 35.8VE sondern einen (Klein-)LKW Type Iveco Daily 35S14V (höchst zulässiges Gesamtgewicht: 3.500 kg) gelenkt.

 

Bei der dem Bw zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nach § 45 Abs.4 KFG bedarf es im Spruch weder der Angabe der Type, der Marke oder des Kennzeichens des Kraftfahrzeuges;

VwGH vom 25.05.2007, 2007/02/0133 mit Vorjudikatur ua.

 

Es ist daher zulässig, im Spruch des Berufungsbescheides die Marke und Type des vom Bw gelenkten KFZ entsprechend richtig zu stellen.

 

Aus dem erstinstanzlichen Verfahrensakt (Kopie des Zulassungsscheines) sowie dem Ergebnis der mVh ergibt sich ebenso, dass der vom Bw zur Tatzeit und am Tatort gelenkte LKW nicht zum Verkehr zugelassen war.

Dieser wurde erst am 31. März 2010 auf Herrn JS (= Bruder des Bw) zum Verkehr zugelassen und hat das Wechselkennzeichen ND-..... erhalten.

 

Der vom Bw gelenkte LKW wurde – siehe den im erstinstanzlichen Verfahrensakt enthaltenen Zulassungsschein – am 18. Februar 2008 erstmals zum Verkehr zugelassen. Der damalige Zulassungsbesitzer hat mit diesem LKW einen Verkehrsunfall verursacht, wobei an diesem LKW Totalschaden entstanden ist.

 

Anschließend wurde dieser LKW vom Bw käuflich erworben.

 

Der Bw hat diesen LKW zum Teil selbst repariert, zum Teil Reparaturarbeiten durch die Autowerkstätte P. in F. (Bezirk Vöcklabruck) vornehmen lassen.

 

Am 2. November 2009 wollte der Bw mit diesem – zum damaligen Zeitpunkt nicht zum Verkehr zugelassenen – LKW von X nach X fahren.

Die Entfernung beträgt – laut Google-Maps – mehr als 300 km.

 

Für diese Fahrt hat der Bw Probefahrtkennzeichen, ausgestellt auf Herrn FB,
E.-Straße in K. (= Bezirk x) auf diesem LKW angebracht.

 

Laut x betreibt Herr FB ua. einen Einzelhandel mit Kraftwagen, Kraftwagenteilen und Zubehör.

 

Der Bw hat nach dem 2. Dezember 2009 diesen LKW an seinen Bruder, Herrn JS weiterverkauft. Dieser LKW wurde am 31. März 2010 auf den Bruder des Bw angemeldet und wurde das (Wechsel)Kennzeichen ND-... zugewiesen.

 

§ 45 Abs.1 KFG lautet auszugsweise:

"Probefahrten mit nicht zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen dürfen auf Straßen mit öffentlichen Verkehr nur mit Bewilligung der Behörde durchgeführt werden, in deren örtlichen Wirkungsbereich der Ort liegt, von dem aus der Antragsteller hauptsächlich über die Verwendung der Probefahrtkennzeichen verfügt. Probefahrten sind Fahrten zur Feststellung der Gebrauchsfähigkeit oder Leistungsfähigkeit von Fahrzeugen oder ihrer Teile und Ausrüstungsgegenstände oder Fahrten, um Fahrzeug vorzuführen.

 

Als Probefahrten gelten auch

-         Fahrten zur Überführung eines Fahrzeuges an einen anderen Ort im Rahmen des Geschäftsbetriebes

-         Fahrten zur Überführung eines Fahrzeuges durch den Käufer bei der Abholung des Fahrzeuges vom Verkäufer

-         Fahrten vom Ort der Begutachtung oder Überprüfung des Fahrzeuges nach dem III. und V. Abschnitt und

-         das Überlassen des Fahrzeuges mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3.500 kg an einen Kaufinteressenten
für die Dauer von bis zu maximal 72 Stunden, wobei auch Fahrtunterbrechungen zulässig sind.

 

Zwischen

o        dem Besitzer des Probefahrtkennzeichens, Herrn FB einerseits und

o        dem vom Bw gelenkten LKW sowie der Fahrt des Bw andererseits

besteht kein wie immer gearteter Zusammenhang!

 

Es bedarf keiner näheren Erläuterung, dass die Fahrt des Bw  (= Privatperson) von X nach X – Entfernung mehr als 300 km – nicht als Probefahrt im Sinne des § 45 Abs.1 KFG, sondern als "Privatfahrt" anzusehen ist;

VwGH vom 14.11.2001, 2001/03/0117 und vom 27.09.1989, 88/03/0158.

 

Umso weniger war der Bw berechtigt, für diese Fahrt das an Herrn FB ausgegebene Probefahrtkennzeichen zu verwenden.

 

Betreffend den Schuldspruch war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen.

 

Betreffend die Strafbemessung wird auf die zutreffende Begründung im erstinstanzlichen Straferkenntnis verwiesen;

ein derartiger Verweis ist nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH zulässig;   

siehe die in Walter-Thienel, Band I, 2. Auflage E 48, E 58 und E 60 zu § 60 AVG (Seite 1049ff) sowie E19 zu § 67 AVG (Seite 1325) zitierten VwGH-Erkenntnisse.

 

Die verhängte Geldstrafe (80 Euro) beträgt nur 1,6 % der möglichen Höchststrafe (5.000 Euro - § 134 Abs.1 KFG) und ist auch aus diesem Grund nicht überhöht.

vgl. VwGH vom 14.11.2001, 2001/03/0117 und vom 27.09.1989, 88/03/0158 –

der VwGH hat eine Geldstrafe von umgerechnet 145 Euro als rechtmäßig bestätigt bzw. die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs.2 VStG betragen die Kosten für das Verfahren I. Instanz 10 % und für das Berufungsverfahren weitere 20 % der verhängten Geldstrafe.

 

Zu Punkt 2.:

Der vom Bw zur Tatzeit und am Tatort gelenkte LKW war nicht zum Verkehr zugelassen.  Somit existierte auch kein "zugewiesenes behördliches Kennzeichen".

 

Der Bw hat daher den im erstinstanzl. Straferkenntnis angeführten Tatvorwurf –da festgestellt wurde, dass am LKW das zugewiesene behördliche Kennzeichen nicht angebracht war – nicht verwirklicht.

 

Betreffend Punkt 2. des erstinstanzlichen Straferkenntnis war daher der Berufung stattzugeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis aufzuheben, das Verwaltungs-strafverfahren nach § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen und auszusprechen, dass
der Bw weder eine Geldstrafe noch Verfahrenskosten zu bezahlen hat.

 

Zu 1. und 2.:

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;  diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

Mag. Josef Kofler

 

 

  

Beschlagwortung:

KEINE Probefahrt iSd § 45 KFG.