Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522719/11/Sch/Th

Linz, 20.12.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn X, vom 16. November 2010, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 15. November 2010, Zl. FE-1355/2010, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 9. Dezember 2010, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Bescheid vom 15. November 2010, Zl. FE-1355/2010, die Herrn X von der Bundespolizeidirektion Linz am 8. Oktober 2008 unter Zl. 08377694 für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit gemäß § 24 Abs.1 Führerscheingesetz (FSG) für die Dauer von 10 Monaten, gerechnet ab Verkündung des Bescheides, entzogen.

 

Außerdem wurde ihm für dieselbe Dauer gemäß § 32 Abs.1 FSG das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges ausdrücklich verboten.

 

Weiters wurde gemäß § 30 Abs.1 FSG für die Dauer der Entziehung das Recht, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt.

 

Einer allfälligen Berufung wurde gemäß § 64 Abs.1 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Nach dem Inhalt des von der Erstbehörde vorgelegten Verfahrensaktes und dem Ergebnis der eingangs angeführten Berufungsverhandlung ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

 

Die Gattin des Berufungswerbers, Frau X, ist von diesem am Vorfallstag ersucht worden, den ihr und ihrem Gatten gemeinsam zur Verfügung stehenden PKW – Zulassungsbesitzer ist der Vater des Berufungswerbers – von der Muldenstraße in Linz nach Hause zur Wohnadresse X zu fahren. Zu diesem Zweck ließ sie sich von ihrer Freundin X mit deren PKW an den Abstellort des Fahrzeuges bringen. Von dort aus lenkte sie – ohne im Besitz einer Lenkberechtigung zu sein – das Fahrzeug in Richtung X, dahinter fuhr Frau X mit ihrem PKW nach. Auf der Strecke ließ X ihren Gatten zusteigen, im Fahrzeug kam es zu einem Streit, bei dem der Berufungswerber auch handgreiflich wurde. Durch eine dadurch bedingte Bremsreaktion kam es zu einem Auffahrunfall, zumal die nachfahrende X ihr Fahrzeug nicht mehr rechtzeitig abbremsen konnte. Als der Berufungswerber wahrnahm, dass die Genannte die Polizei herbeigerufen hätte, bestieg er den vorher von seiner Gattin gelenkten PKW und fuhr damit den Rest des Weges in Richtung X.

 

Diese Angaben wurden von der Zeugin X sowohl in der von der Polizeiinspektion Linz – Nietzschestraße aufgenommenen Niederschrift vom 25. Oktober 2010 gemacht, als auch im Rahmen der erwähnten Berufungsverhandlung. Die Zeugin hat einen sehr glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Es sind nicht die geringsten Gründe erkennbar, warum sie derartige Angaben machen sollte, wenn sie nicht den Tatsachen entsprechen würden. Sie bezeichnete sich als bloße Bekannte der Familie X, demnach ist es völlig nachvollziehbar, dass sie keinen Grund hat, etwas zu behaupten, was dem Berufungswerber Schwierigkeiten einbringt, ohne dass dies auch den Tatsachen entsprechen würde. Sie hat demnach keine Veranlassung, einen der beiden Fahrzeuglenker in irgendeiner Weise "hineinzureiten", wie sie wörtlich bei der Verhandlung zu Protokoll gab.

 

Von einem angeblichen Widerruf der Angaben dieser Zeugin und der Gattin des Berufungswerbers, wie vom Berufungswerber behauptet, findet sich nichts im Verfahrensakt. Die Zeugin X hat im Gegenteil ihre Angaben in der Berufungsverhandlung wiederholt und bekräftigt.

 

Die Gattin des Berufungswerbers ist ebenfalls zur Verhandlung geladen gewesen, jedoch ohne Angaben von Gründen nicht erschienen. Die Ladung wurde am
24. November 2010 ordnungsgemäß zugestellt, ebenso wie jene an deren Schwiegervater X und den Berufungswerber selbst. Befragt nach dem Grund, warum seine Gattin nicht zur Verhandlung erschienen ist, gab der Berufungswerber an, den Grund nicht nennen zu können. Er verwies darauf, dass er in Scheidung lebe.

 

Die mit Frau X von der Polizei aufgenommene Niederschrift wurde im Rahmen von der Verhandlung verlesen. Sie deckt sich inhaltlich völlig mit den Angaben der Zeugin X.

 

Zur Verhandlung erschienen ist über Ladung der Vater des Berufungswerbers, Herr X. Dieser gab nach Hinweis auf sein Zeugenentschlagungsrecht und, nachdem er davon nicht Gebrauch gemacht hat, auf die Verpflichtung zur wahrheitsgemäßen Aussage hingewiesen an, dass er von seinem Sohn nach dem Verkehrsunfall verständigt worden sei. Er habe sich sogleich an die Unfallstelle begeben, diese liegt in relativ geringer Entfernung zu seinem Wohnhaus. Dort habe er als Lenker im Fahrzeug Platz genommen, sein Sohn setzte sich neben ihn und die beiden fuhren dann weg. Es sei also nicht so gewesen, dass der Berufungswerber das Fahrzeug von der Unfallstelle nach Hause gelenkt hätte, vielmehr sei er der Lenker gewesen.

 

Bei der Berufungsverhandlung befragt, warum er denn mit dem Fahrzeug weggefahren sei, wo er doch, was er auch selbst angab, wusste, dass die Polizei herbeigerufen worden ist, welche noch nicht an der Unfallstelle war, konnte er diesbezüglich keine nachvollziehbaren Angaben machen. Das sofortige Wegbringen des Fahrzeuges von der Unfallstelle hat also keine schlüssige Begründung. An sich wäre schon zu erwarten, dass ein unfallbeteiligtes Fahrzeug so lange an der Unfallstelle belassen wird, bis die polizeiliche Aufnahme des Unfalles beendet ist.

 

Die vom Zeugen behauptete Lenkereigenschaft steht zudem in diametralem Widerspruch zu den Angaben der Zeugin X und der Gattin des Berufungswerbers. Die Berufungsbehörde gibt den Angaben dieser beiden den Vorzug gegenüber jenen des Zeugen X. Abgesehen schon von der erwähnten Glaubwürdigkeit der Zeugin X ist gegenständlich noch besonders hervorzuheben, dass deren Schilderung des Sachverhaltes nicht nur gleich am Unfallstag erfolgte, wo allenfalls eine gewisse emotionale Komponente zu bedenken gewesen wäre. Vielmehr erfolgte die polizeiliche Befragung mit Protokollaufnahme erst 3 Tage nach dem Unfallstag, also muss angenommen werden, dass keine in der ersten Aufregung nach dem Verkehrsunfall bzw. als "Retourkutsche" für die Auseinandersetzung im Fahrzeug gedachten unrichtigen Angaben erfolgten. In diese Richtung geht ja die Argumentationslinie des Berufungswerbers. Allerdings ist es nicht nachvollziehbar, dass jemand noch 3 Tage nach einem Vorfall, wo sich die Emotionen bekanntermaßen schon gelegt haben müssten, dezidiert eine falsche Person als Fahrzeuglenker bezeichnen sollte.

 

Während also diese beiden Zeuginnen für ihre Beschuldigungen keinen nachvollziehbaren Grund haben, ist dies beim Zeugen Wolfgang Hauser mit großer Wahrscheinlichkeit anders gelagert. Bei der Berufungsverhandlung ist der Eindruck entstanden, dass er mit seinen Angaben seinem Sohn Schwierigkeiten ersparen wollte, wusste er doch, dass dieser nicht im Besitze einer Lenkberechtigung ist, da ihm diese derzeit entzogen ist. Der Zeuge behauptete bei der Verhandlung, er würde es nicht zulassen, dass sein Sohn, der ja keinen Führerschein besitzt, ein Kraftfahrzeug lenke. Deshalb habe er das Lenken eben selbst übernommen. Aber auch diese Argumentation ist nicht durchgängig überzeugend, wo er doch als Zulassungsbesitzer offenkundig seiner Schwiegertochter, die gleichfalls keine Lenkberechtigung besitzt, sein Fahrzeug überlassen hat. Der Zeuge hat nie behauptet, nicht gewusst zu haben, dass seine Schwiegertochter keine Lenkberechtigung besitzt; abgesehen davon wäre er als Zulassungsbesitzer ohnedies verpflichtet gewesen, sich vom Vorhandensein einer Lenkberechtigung jener Person zu überzeugen, der er das Fahrzeug bzw. die Fahrzeugschlüssel überlässt. Wie im Detail nun Frau X Fahrzeug und Schlüssel organisiert haben mag, kann dahingestellt bleiben, es bleibt jedenfalls der Eindruck, dass es dem Zeugen nicht immer darauf ankommt, ob jemand, der sein Fahrzeug lenkt, tatsächlich eine Lenkberechtigung hat oder nicht.

Bei der Berufungsverhandlung hat die Zeugin X überdies angegeben, in der Schadensmeldung des X an seine Haftpflichtversicherung scheine, wie sie bei der Abwicklung des Versicherungsfalles erfahren habe, bloß dieser als Lenker auf, von Frau X sei nicht die Rede. Geht man von der Richtigkeit der Aussage der Zeugin X aus, was die Berufungsbehörde tut, liegt ein weiterer Grund vor, an der Glaubwürdigkeit des Zeugen zu zweifeln.

 

4. Somit steht für die Berufungsbehörde mit hinreichender Sicherheit fest, dass niemand anderer als der Berufungswerber selbst das Fahrzeug selbst vom Unfallsort nach Hause gelenkt hat. Für diese Feststellung ist ein hinreichendes Beweisverfahren abgeführt worden, sodass sich weitergehende Beweisaufnahmen, etwa die Einvernahme weiterer Zeugen, erübrigt. Mit diesem Vorgang hat der Berufungswerber eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z6 lit.a FSG gesetzt, nämlich trotz entzogener Lenkberechtigung ein Kraftfahrzeug gelenkt, welche im Verein mit ihrer Wertung gemäß § 7 Abs.4 leg.cit den Verlust der Verkehrszuverlässigkeit nach sich zieht. In einem solchen Fall ist gemäß § 25 Abs.3 FSG die Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens 3 Monaten zu entziehen.

 

Mit dieser Mindestentziehungsdauer konnte gegenständlich allerdings nicht das Auslangen gefunden werden.

 

Für die Wertung der in § 7 Abs.1 und Abs.3 FSG genannten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Es geht also um eine Zukunftsprognose, innerhalb welcher Zeit der Betreffende wiederum seine Verkehrszuverlässigkeit erlangen werde.

 

Dem Berufungswerber ist mit Bescheid der Erstbehörde vom 26. Juli 2010 die Lenkberechtigung für die Dauer von 3 Monaten und 2 Wochen entzogen worden. Grund war eine Alkofahrt am 22. Juli 2010 mit einem Atemluftalkoholgehalt von 0,49 mg/l. Im Jahr 2008 war dem Berufungswerber bereits ein Mal die Lenkberechtigung entzogen worden, damals für die Dauer von einem Monat. Grund war wiederum ein Alkoholdelikt im Straßenverkehr. Des weiteren scheint ein Vormerkdelikt aus dem Jahr 2009 auf, begründet in einer Alkofahrt. Auch zwei Verwaltungsstrafvormerkungen aus den Jahren 2006 und 2009 wegen Lenkens eines Kfz ohne Lenkberechtigung sind aktenkundig.

 

Während der nunmehr aufrechten Entziehung der Lenkberechtigung hat der Berufungswerber die verfahrensgegenständliche Übertretung gesetzt, also ein Kraftfahrzeug ohne entsprechende Lenkberechtigung gelenkt. Wenngleich die Wegstrecke, die er zurückgelegt hat, wohl nur einige hundert Meter betragen hat, kann aus seinem Verhalten geschlossen werden, dass er nicht in der Lage oder willens ist, die wesentlichen Vorschriften im Interesse der Verkehrssicherheit einzuhalten. Zu bedenken sind auch die Umstände, unter denen es zur gegenständlichen Übertretung kam. Der Berufungswerber hat offenkundig seine Gattin, von der er wusste, dass sie keine Lenkberechtigung besitzt, zum Abstellort des ihm zur Verfügung stehenden Fahrzeuges seines Vaters beordert. Von dort hat sie in seinem Auftrag dann das Fahrzeug in Richtung nach Hause gelenkt, dazwischen ist der Berufungswerber zugestiegen. Dann hat er im Fahrzeug seine Gattin auch noch mit Tätlichkeiten beim Lenken behindert, sodass es zu dem schon geschilderten Verkehrsunfall kam. Als er hörte, dass die Polizei herbeigerufen worden war, fuhr er in der Folge mit dem Fahrzeug weg. Dem Berufungswerber dürfte es sohin nicht nur gleichgültig sein, ob er nun selbst eine Lenkberechtigung besitzt oder nicht, er lenkt ohnedies unbeschadet dessen ein Fahrzeug, sondern darüber hinaus beauftragt er auch noch Personen, die keine Lenkberechtigung haben, mit dem Lenken des Fahrzeuges. Während der Fahrt schafft dadurch sein aggressives Verhalten dann auch noch eine gefährliche Verkehrssituation, die in einen Verkehrsunfall gemündet hat. Damit verletzt er elementare Regeln, die einen sicheren Straßenverkehr ermöglichen sollen. Mit einer solchen Gesinnung stellt man eine beträchtliche Gefahr für die Verkehrssicherheit dar. Deshalb ist es unbedingt geboten, solche Personen für längere Zeit von der Teilnahme am Straßenverkehr als Lenker eines Kraftfahrzeuges auszuschließen.

 

Die von der Erstbehörde verfügte Entziehungsdauer von 10 Monaten kann daher von der Berufungsbehörde nicht als unangemessen angesehen werden. Sie ist vielmehr jedenfalls geboten, um realistisch überhaupt von der Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit beim Berufungswerber ausgehen zu können. Innerhalb eines kürzeren Zeitraumes ist dieser Effekt jedenfalls nicht zu erwarten.

 

Die übrigen im Spruch des angefochtenen Bescheides verfügten Maßnahmen sind gesetzlich begründet und eine Folge des Ausspruches der Entziehung der Lenkberechtigung.

 

Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung ist in § 64 Abs.2 AVG und der dazu ergangenen ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Falle der Verkehrsunzuverlässigkeit einer Person begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

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