Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-720274/12/BMa/Th

Linz, 17.12.2010

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Ried im Innkreis vom 2. Juni 2010, Zl. Sich40-17650, mit dem der Berufungswerber aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009, iVm §§ 9 Abs.1, 86 Abs.1, 63 und 66 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 135/2009).

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns von Ried im Innkreis vom 2. Juni 2010, Sich40-177650, wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgewiesen und es wurde ihm ein Durchsetzungsaufschub von 1 Monat erteilt.

 

Als Rechtsgrundlage wurde § 86 Abs.3 FPG genannt.

 

1.2. Begründend führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Bw besitze keine österreichische Staatsbürgerschaft und sei deutscher Staatsangehöriger und somit Fremder gemäß § 2 Abs.4 Z1 FPG. Der Bw habe sich unbestrittenermaßen mehr als 3 Monate in Österreich aufgehalten. Er sei mit Nebenwohnsitz unter der Adresse "X" gemeldet. Dabei handle es sich um eine von ihm erworbene Eigentumswohnung, was auf einen von ihm angestrebten dauerhaften Aufenthalt schließen lasse. Mit Hauptwohnsitz sei er unter der luxemburgischen Adresse "X" gemeldet.

Trotz mehrfacher Aufforderungen habe er keine Nachweise im Sinne des § 53 Abs.2 NAG darüber erbracht, dass er in Österreich einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz genieße. Weiters liege der Behörde kein zum Nachweis des gemeinschaftsrechtlichen Aufenthaltsrechts gültiger Personalausweis oder Reisepass vor. Das Ausmaß der Integration des Bw in Österreich erscheine vor dem Hintergrund seines nahezu einjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet in Anbetracht der Nichterbringung der nach § 53 Abs.2 NAG erforderlichen Nachweise als sehr gering. Der Bw habe auch nicht angegeben, familiäre oder sonstige Bindungen in Österreich zu haben. Zusammenfassend zog die Behörde den Schluss, dass die Ausweisung zur Erreichung der im Art. 2 Abs.8 EMRK genannten Ziele, nämlich zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zum Schutz des wirtschaftlichen Wohls Österreichs dringend geboten sei. Die Ausweisung sei mit § 66 Abs.2 FPG vereinbar. Auch unter Bedachtnahme auf die Grundsätze der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit in Anwendung der § 86 Abs.2 und 53 Abs.1 FPG sei der Bw spruchgemäß auszuweisen gewesen. Der Durchsetzungsaufschub von einem Monat sei gemäß § 86 Abs.3 FPG von amtswegen zu erteilen gewesen.

 

1.3. Der Bescheid wurde am 14. Juni 2010 im Wege der Polizeistation X persönlich an den Bw zugestellt.

 

Dagegen richtet sich die Berufung vom 21. Juni 2010, die am selben Tag – und damit rechtzeitig – zur Post gegeben wurde.

 

1.4. Begründend führt die Berufung im Wesentlichen aus, der Bw habe seinen ersten Wohnsitz außerhalb der Republik Österreich ordnungsgemäß gemeldet und seinen Personalausweis habe er ordnungsgemäß verlängern lassen bzw. umgetauscht und dieser sei bis 2020 gültig.

In der Zeit, in der er in seinem gekauften Appartement in Österreich übernachtet habe, sei er monatlich mehrmals nach X in Deutschland zur Therapierung seiner Schmerzen gefahren. Der Behörde werfe er vorsätzliche Missachtung des Gerichtsbeschlusses des Bezirksgerichts Ried im Innkreis vor und vorsätzliche Missachtung der wahren und tatsächlichen Gegebenheiten und Situationen auf Wunsch der X Ersatzkasse.

Dazu hat er der belangten Behörde vorgehalten:

"Sie beschreiben und belehrten mich selber schon bei der ersten Vorladung zu Ihnen, dass diese beteiligte X Ersatzkasse mir so einen falschen Ausweis zugeschickt hat, dass es mir gar nicht möglich ist, die Republik Österreich zu meinem ersten Wohnsitz zu machen.

·         Und die Ausländerpolizei von Luxemburg hat mir die Gesetzeslage so erklärt: so lange ich zur ärztlichen Behandlung nach Deutschland fahre, besteht kein Grund zur Kritik an meinem Verhalten,

·         und ich habe jetzt sogar schon fast ein 1. Jahr den 1. Wohnsitz in Deutschland eingerichtet, damit mir ja niemand solche Gesetzesverstöße vorwerfen und beschuldigten kann wie Sie.

·         Und auch meine Gründe weshalb ich Kaufvertragsabschluß über dieses Appartement gemacht habe haben Sie missachtete: dass ich dieses Appartement nur kaufe wenn ich es persönlich nutzen kann

Und dadurch dass ich dieses Appartement nicht nutzten kann, habe ich jetzt fast jeden Monat an meinem monatlichen Budget fast 500,-- Euro vermeidbare – unnötige Ausgaben und Schaden."

 

Abschließend wurde die Aufhebung des bekämpften Bescheides und des Spruchs des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung begehrt. Es wurde auch beantragt, die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich, Nietzschestraße 33, 4021 Linz, und das Bezirksgericht Ried im Innkreis über seine Berufung und die Missachtung der rechtskräftigen Zustimmung zu seinem Kaufvertrag durch Beschluss in Kenntnis zu setzen. Weiters kritisierte und reklamierte er das Verschweigen oder Unterdrücken wichtiger Tatsachen bei einem Kaufvertragsabschluss über ein Appartement im EU-Land Österreich.

 

2. Mit Schreiben vom 28. Juni 2010 übermittelte die belangte Behörde den Verwaltungsakt Sich40-17650 samt Berufungsschrift. Von der Erlassung einer Berufungsvorentscheidung wurde Abstand genommen.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde und ergänzende Erhebungen durchgeführt:

 

Mit Schreiben vom 6. August 2010 wurde der Bw aufgefordert, die Gültigkeit seines Personalausweises entsprechend zu belegen und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz nachzuweisen, weil das Vorhandensein eines derartigen Versicherungsschutzes Voraussetzung für die Erteilung einer Anmeldebescheinigung für EWR-Bürger gemäß § 51 Abs.1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) sei. Dieses Schreiben wurde X an seiner Wohnadresse in X und an der Adresse X, zugestellt. Diese Sendung wurde retourniert und enthält den Vermerk "verzogen nach Deutschland". Daraufhin wurde versucht, dem Bw das Schreiben im Wege der Regierung der X, Deutschland, zuzustellen. Die Sendung wurde wiederum retourniert, mit dem Vermerk, dass dem Amts- und Rechtshilfeverkehr in Verwaltungsstrafsachen im Ausland entsprochen worden sei und der Adressat unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln sei. Die Sendung, die an die Adresse in X, Deutschland, adressiert ist, wurde mit dem Vermerk "nicht abgeholt" retourniert. Weil im Zuge der Bearbeitung noch eine weitere Adresse des Bw, nämlich in Luxemburg, auffindbar war, wurde mit Schreiben vom 26. November 2010 das Schreiben nochmals an die Luxemburger Adresse zugestellt. Auch diese Sendung wurde retourniert.

Eine ZMR – Abfrage vom 2. Dezember 2010 hat ergeben, dass der Bw an der Adresse X, unverändert seit 4. Mai 2009 einen Nebenwohnsitz gemeldet hat.

Der Bw hat innerhalb offener Frist die geforderten Unterlagen nicht vorgelegt.

 

3.3. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage im Zusammenhang mit den ergänzenden Erhebungen des Unabhängigen Verwaltungssenates ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt.

 

3.4. Der Oö. Verwaltungssenat geht von folgendem rechtlich relevanten, unwidersprochen gebliebenen, Sachverhalt aus:

 

Der Bw ist deutscher Staatsbürger und somit Fremder im Sinne des § 2 Abs.4 Z1 FPG. Er besitzt die österreichische Staatsbürgerschaft nicht. Zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung der erstinstanzlichen Behörde am 2. Juni 2010 hat sich der Bw seit 4. Mai 2009 durchgehend in Österreich aufgehalten. Seit diesem Tag war er mit Nebenwohnsitz in X, gemeldet. Eine Abfrage aus dem zentralen Melderegister am 2. Dezember 2010 hat ergeben, dass diese Meldung immer noch aufrecht ist.

 

Am 25. August 2009 stellte der Bw einen Antrag auf Ausstellung einer Anmeldebescheinigung für EWR-Bürger. Anlässlich der Antragsstellung hat sich der Bw mit dem Personalausweis Nr. X, gültig bis 4.11.2009, ausgewiesen. Er hat eine Rentenbezugsbescheinigung vom 30. Oktober 2007 vorgelegt, aus der hervorgeht, dass er seit 1.4.2004 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen in Höhe von netto Euro 821,59 bezieht. Dem Ansuchen hat er überdies diverse Unterlagen beigelegt. Im Einzelnen handelt es sich dabei um Kopien seines Schriftverkehrs mit der X Ersatzkasse, mit der er in Deutschland seit Jahren einen Zivilprozess führt. Es wurde von der Marktgemeinde X die Ablichtung des Kaufvertrages, abgeschlossen zwischen dem Bw und einer Verkäuferin, übermittelt, aus dem hervorgeht, dass der Bw das Wohnungseigentum an Top 7 der Liegenschaft, EZ X, Grundbuch X X, erworben hat.

Im Zuge des Ermittlungsverfahrens durch die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat die X Ersatzkasse mitgeteilt, dass der Bw seit 4.6.1985 als Bezieher einer deutschen Rente bei der X in der Krankenversicherung der Rentner gesetzlich krankenversichert sei. Für eventuell anfallende Behandlungen bei vorübergehenden Auslandsaufenthalten stehe ihm die europäische Versicherungskarte (EHIC) zur Verfügung.

Aus einem Aktenvermerk vom 12. Oktober 2009 geht hervor, dass der Bw zur Versicherung der X Ersatzkasse noch keinen Betreuungsauftrag gestellt hat.

Anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 12. November 2009 gab der Bw an, er habe sich derzeit mit Nebenwohnsitz in X gemeldet, beabsichtige aber den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen hinkünftig in Österreich zu haben. Bereits 2008 habe er bei der X Ersatzkasse einen Betreuungsauftrag gestellt, dieser sei noch nicht erledigt worden.

Aus diesem Grund habe er beim Sozialgericht in Trier eine Untätigkeitsklage eingebracht und die Klage sei vom Richter an das Sozialgericht in Düsseldorf verwiesen worden.

Weil der Bw in weiterer Folge die zur Ausstellung der Anmeldebescheinigung erforderlichen Unterlagen weiterhin nicht vorgelegt hat, wurde er mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis als Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörde vom 25. Februar 2010 davon in Kenntnis gesetzt, dass bei ihm die Voraussetzungen eines gemeinschaftlichen Aufenthalts von EWR-Bürgern gemäß § 51 NAG fehlen würden, weil er keine ausreichenden Nachweise im Sinne des § 53 Abs.2 NAG erbracht habe. Insbesondere würde ein gültiger Personalausweis oder Reisepass und der Nachweis eines umfassenden Krankenversicherungsschutzes in Österreich fehlen. Mit Schreiben vom 28. April 2010, Sich40-17650, hat die Fremdenpolizeibehörde im Rahmen des Parteiengehörs nochmals auf das Fehlen der Voraussetzungen des gemeinschaftsrechtlichen Aufenthaltsrechts von EWR-Bürgern gemäß § 51 NAG hingewiesen und mitgeteilt, dass beabsichtig sei, den Bw gemäß § 86 Abs.2 FPG in Verbindung mit § 55 Abs.2 NAG aus Österreich auszuweisen.

Die schriftliche Aufforderung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat die Gültigkeit seines Personalausweises entsprechend zu belegen und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz nachzuweisen wurde dem Bw durch Hinterlegung zugestellt. Er hat dieses Schriftstück aber nicht behoben, obwohl er nach wie vor unter der Zustelladresse aufrecht gemeldet war. Damit hat er von dem ihm eingeräumten Parteiengehör keinen Gebrauch gemacht. Obwohl der Bw von der Anhängigkeit des Verfahrens in Kenntnis ist, hat er doch mit Eingabe vom 21.6.2010 Berufung erhoben, hat er einen Wechsel seines Wohnsitzes dem Unabhängigen Verwaltungssenat nicht bekanntgegeben.

Sein Nebenwohnsitz in X besteht weiterhin.

 

3.5. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Hinsichtlich der relevanten Rechtsvorschriften § 51 Abs.1 NAG, § 53 Abs.1 und Abs.2 Z2 NAG, § 55 Abs.1 NAG, § 55 Abs.3 NAG, § 86 Abs.2 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG, § 53 Abs.1 FPG, § 66 Abs.1 FPG wird – zur Vermeidung von Wiederholungen – auf die Darstellung im bekämpften Bescheid verwiesen.

 

Gemäß § 8 Zustellgesetz hat eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen.

 

Wird diese Mitteilung unterlassen, so ist, soweit die Verfahrensvorschriften nichts anderes vorsehen, die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann (Abs.2 leg.cit). Im Zuge des Berufungsverfahrens wurde der Rechtsmittelwerber an allen drei sich aus der Aktenlage ergebenden Zustelladressen aufgefordert, die fehlenden Unterlagen zur Erteilung des gemeinschaftsrechtlichen Aufenthaltsrechts, nämlich einen gültigen Personalausweis oder Reisepass, vorzulegen und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz nachzuweisen.

 

An keiner der bekannten Adressen konnte diese Aufforderung zugestellt werden. Es ist daher davon auszugehen, dass der Bw während des Berufungsverfahrens seine Abgabestelle geändert hat, ohne dies dem Unabhängigen Verwaltungssenat mitzuteilen. Somit ist die Zustellung in Österreich durch Hinterlegung ordnungsgemäß erfolgt.

 

Der Bw ist innerhalb der ihm hiefür eingeräumten Frist der Aufforderung zur Vorlage der Dokumente und Bescheinigungen nicht nachgekommen. Aus diesem Grund liegen auch, wie zum Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde, die Voraussetzungen zur Erteilung des gemeinschaftsrechtlichen Aufenthaltsrecht weiterhin nicht vor und er hat auch noch kein Daueraufenthaltsrecht erworben.

 

Damit genießt der Bw kein Niederlassungsrecht für einen  drei Monate übersteigenden Aufenthalt in Österreich im Sinne von § 51 NAG und Art. 7 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.4.2004 (L158/77).

 

Nach § 53 Abs.1 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG können Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.

 

Weil der Bw nicht gemäß § 51 NAG aufgrund der Freizügigkeitsrichtlinie zum Aufenthalt in Österreich für mehr als drei Monate berechtigt ist, und er sich gemäß der Aktenlage bereits über ein Jahr lang in Österreich aufhält, hält er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet von Österreich auf und kann mit Bescheid ausgewiesen werden.

 

Der Bw wurde von der belangten Behörde rechtzeitig vor der Erlassung des Ausweisungsbescheides von der Aufenthaltsbeendigung schriftlich in Kenntnis gesetzt.

Dennoch wurden vom Bw die erforderlichen Nachweise im Sinne des § 53 Abs.2 NAG nicht erbracht. Diese liegen auch zum Zeitpunkt der Entscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat immer noch nicht vor.

Gemäß § 66 Abs.1 FPG ist eine Ausweisung, die in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingreift, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Artikel 8 Abs.2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß Artikel 8 Abs.2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Durch den fehlenden Nachweis eines umfassenden Krankenversicherungsschutzes in Österreich, so steht die europäische Versicherungskarte nur für europäische Auslandsaufenthalte, jedoch nicht für einen Daueraufenthalt in Österreich zur Verfügung, ist eine Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Wohls Österreichs zu befürchten, weil die Kosten einer Krankenbehandlung des Bw ohne nachgewiesenen Krankenversicherungsschutz von der Gebietskörperschaft finanziell zu tragen sind. Dagegen tritt der mit der Ausweisung verbundene Eingriff in das Privatleben des Bw, nämlich dass er seinen Daueraufenthalt nicht in Österreich begründen kann, in den Hintergrund. Dass sich in Österreich Familienangehörige oder sonstige Bezugspersonen des Bw befinden würden, wurde vom Bw nicht vorgebracht. Der Bw verfügt eigenen Angaben zu Folge auch in Deutschland und in Luxemburg über Wohnsitze und ist an der luxemburgerischen Adresse mit Hauptwohnsitz gemeldet. Der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen befindet sich daher ohnehin nicht in Österreich.

 

Die belangte Behörde hat daher zutreffend den Schluss gezogen, dass die Ausweisung des Bw als gesetzlich vorgesehener Eingriff zur Erreichung der im Artikel 8 Abs.2 genannten Ziele, nämlich zur Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens in Österreich und zum Schutz des wirtschaftlichen Wohls Österreichs, dringend geboten ist und die Ausweisung mit § 66 Abs.2 FPG vereinbar ist. Die vorgenannten Ziele sind auch mit keinen anderen gesetzlichen Mitteln als der Ausweisung des Bw erreichbar.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Die in der Berufung ebenfalls aufgeworfenen Aspekte zum Kaufvertragsabschluss für seine Wohnung in X sind zivilrechtlicher Natur. Es besteht keine Kompetenz der belangten Behörde oder des Unabhängigen Verwaltungssenats zu deren Beurteilung.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1.Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren für die Berufungsschrift in der Höhe von 13,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Mag. Bergmayr-Mann

 

 


 

Rechtssatz zu VwSen-720274/12/BMa/Th vom 17. Dezember 2010:

§ 86 Abs.2 FPG: Ausweisung bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen gem. § 51 Abs.1 NAG

 

 

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