Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165587/6/Br/Th

Linz, 28.12.2010

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Rechtsanwalt Ing. Mag. X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, vom 18. November 2010, Zl. VerkR96-8172-2009-BS, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 28. Dezember 2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

 

 

I.     Die auf das Strafausmaß eingeschränkte Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 100 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 60 Stunden ermäßigt wird.

 

II.    Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demnach auf 10 Euro. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 – VStG.

zu II.: § 65  VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem o. a. Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 52 lit.a Z10a iVm § 99 Abs.2d StVO 1960 eine Geldstrafe von 200 Euro und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 144 Stunden verhängt, weil er am 19.09.2009 um 20.47 Uhr den PKW,  Alfa Romeo, schwarz, mit dem Kenneichen X, in Marchtrenk, auf der A 25, bei km 12,238, in Richtung Linz gelenkt habe wobei er die durch Vorschriftszeichen kundgemachte erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 48 km/h überschritten habe. Die im Betracht kommende Messtoleranz sei zu seinen Gunsten berücksichtigt worden.

 

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz Folgendes aus:

Die im Spruch angeführte Übertretung wurde auf Grund eigener dienstlicher Wahrnehmung von Polizeibeamten der Autobahnpolizeiinspektion Wels festgestellt. Die Messung erfolgte mittels Lasermessgerät, Comtel LTI 20.20 TS/KM-E. Bei der Anhaltung gaben Sie an, nicht gewusst zu haben, dass Samstag ein Werktag sei.

Gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 24.09.2009 haben Sie mit Eingabe vom 06.10.2009 durch Ihre rechtsfreundliche Vertretung Einspruch erhoben und bestreiten die Ihnen zur Last gelegte Tat.

Das Verwaltungsstrafverfahren wurde gemäß § 29a VStG 1991 an die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung abgetreten, von welcher Sie aufgefordert wurden, sich zu dem Ihnen angelasteten Tatbestand zu rechtfertigen.

Nach Akteneinsicht führen Sie in Ihrer Stellungnahme vom 28.12.2009 aus, dass es wohl richtig sei, dass Sie davon ausgegangen seien, dass die Geschwindigkeitsbeschränkung nicht gültig war, zumal es sich um einen Samstag gehandelt hat. Dennoch hätten Sie keinesfalls eine derart hohe Fahrgeschwindigkeit eingehalten und könnten Sie sich dies nur dadurch erklären, dass dem Meldungsleger ein Messfehler unterlaufen ist.

Der Meldungsleger wurde am 16.02.2010 zum gegenständlichen Sachverhalt zeugenschaftlich einvernommen, wobei dieser den Messvorgang schildert und angibt, dass eindeutig Ihr Fahrzeug mit der in der Anzeige festgehaltenen Geschwindigkeit gemessen wurde. Der Niederschrift wird der Eichschein für das verwendete Messgerät beigelegt.

Die Niederschrift samt Beilagen wurden Ihnen als Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis gebracht. In der darauffolgenden Stellungnahme vom 07.04.2010 bestreiten Sie weiterhin die Ihnen angelastete Übertretung.

Von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land wurde die betreffende Verordnung mildem Hinweis übermittelt, dass die Verkehrszeichen zum Tatzeitpunkt ordnungsgemäß kundgemacht gewesen sind. Weiters wurde der Akt der Abteilung Verkehr zur gutachterlichen Beurteilung übermittelt. Im Gutachten vom 13.08.2010 wird ausgeführt, dass aus technischer Sicht gesagt werden kann, dass es sich um eine gültige und korrekte Geschwindigkeitsmessung gehandelt hat. Nach Verständigung über das Beweisergebnis und Akteneinsicht führen Sie in Ihrer Stellungnahme vom 24.09.2010 weiterhin aus, dass Sie die Ihnen angelastete Verwaltungsüber­tretung bestreiten und die Richtigkeit der Messung und der Kundmachung der Verordnung bezweifeln.

 

Die Behörde hat dazu Folgendes erwogen:

 

Das Zeichen gemäß § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 zeigt an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

Gemäß § 99 Abs. 2d StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 70 bis 2180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 30 km/h überschreitet.

 

Die Messung wurde von einem Polizeibeamten der API Wels durchgeführt. Bei der Anhaltung gaben Sie an, nicht gewusst zu haben, dass Samstage als Werktage gelten. Diese Aussage bestätigt die gemessene Geschwindigkeit. "Unter Werktag ist jeder Tag zu verstehen, der nicht ein Sonntag oder ein gesetzlicher Feiertag ist." VwGH v 25.02.2005, GZ 2004/02/0378.

 

Beim feststellenden Beamten handelt es sich um einen Polizisten der Autobahnpolizeiinspektion Wels, somit um eine Person, die besonders geschult ist, Sachverhalte auf öffentlichen Straßen im Lichte der Vorschriften der Straßenverkehrsordnung zu beobachten, festzustellen, zur Anzeige zu bringen, zu beurteilen und letztlich auch zu bezeugen. Unter Bedachtnahme, dass dessen Aussage unter dienstrechtlicher und strafrechtlicher Verantwortlichkeit steht, geht die erkennende Behörde davon aus, dass dessen Wiedergabe seiner dienstlichen Wahrnehmung den Tatsachen entspricht. Auf Grund der langjährigen Erfahrung im Verkehrsüberwachungsdienst ist es ihm auf Grund seiner Schulung und Ausbildung ohne weiteres möglich, derartige Übertretungen festzustellen. Nach hiesiger Ansicht war der Beamte aus seiner Position jedenfalls in der Lage, die angezeigte Tat korrekt wahrzunehmen. Es ist dem Polizeibeamten zuzumuten, dass er das Lasermessgerät entsprechend den Bedienungs- und Verwendungsbestimmungen eingesetzt hat und ergeben sich für die Behörde keine Anhaltspunkte, an dessen Wahrnehmung zu zweifeln.

 

Weiters wird vom Amtssachverständigen in seinem Gutachten vom 13.08.2010 bestätigt, dass es sich aus technischer Sicht um eine gültige und korrekte Geschwindigkeitsmessung gehandelt hat. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land bestätigt unter Vorlage der Verordnung, dass die Verkehrszeichen zum Tatzeitpunkt ordnungsgemäß kundgemacht waren.

 

Ihren weiteren Beweisanträgen wurde keine Folge geleistet, da dies eine weitere Verzögerung des Verfahrens bedeuten würde und für die Behörde nach eingehender Beweiswürdigung der Sachverhalt ausführlich dargelegt ist.

 

Eine Überschreitung der erlaubten Geschwindigkeit von 100 km/h um 48 km/h - die Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten berücksichtigt - stellt einen gravierenden Verstoß gegen diese Bestimmung dar. Es kann als bekannt vorausgesetzt werden, dass Überschreitungen der erlaubten Höchstgeschwindigkeit immer wieder die Ursache für schwere Verkehrsunfälle sind. Massive Überschreitungen, wie auch im konkreten Fall, unterlaufen einem Fahrzeuglenker im Regelfall auch nicht mehr fahrlässig, sondern werden - zumindest bedingt - vorsätzlich in Kauf genommen. Der festgesetzte Strafbetrag erscheint somit und in Anbetracht des Strafrahmens als angemessen.

 

Da diese Übertretung unter Strafsanktion gestellt ist, war mit Bestrafung vorzugehen.

Die Strafbemessung erfolgte entsprechend den Bestimmungen des § 19 VStG 1991 unter

Berücksichtigung Ihrer geschätzten und unwidersprochenen Einkommens-, Vermögens- und

Familienverhältnisse. Der Unrechtsgehalt der Übertretung sowie das Ausmaß Ihres Verschuldens mussten der Strafbemessung zu Grunde gelegt werden.

Mildernd war das Nichtvorliegen von Verwaltungsstrafvormerkungen zu werten.

 

Erschwerende Umstände traten im Verfahren nicht zu Tage.

 

Die Vorschreibung der Verfahrenskosten ist im § 64 VStG 1991 gesetzlich begründet“.

 

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung:

In umseits näher bezeichneter Verwaltungsstrafsache erhebe ich gegen das Straferkenntnis der BH Urfahr-Umgebung vom 18,11.2010, zugestellt am 19.11.2010, binnen offener Frist

 

Berufung:

 

Das Straferkenntnis der BH Urfahr-Umgebung vom 18.11.2010 wird seinem gesamten Inhalte nach angefochten und eine ersatzlose Einstellung des gegen mich anhängigen Verwaltungs­strafverfahrens begehrt.

 

Als Berufungsgründe werden unrichtige rechtliche Beurteilung bzw. inhaltliche Rechtswid­rigkeit, sowie die Verletzung der Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

 

1.   Verletzung der Verfahrensvorschriften:

 

Ich habe im erstinstanzlichen Verfahren neben der Beischaffung der Verwendungsbestim­mungen und der Bedienungsanleitung des gegenständlich verwendeten Verkehrsgeschwin-digkeitsmessers LTI 20.20TS/KM-E, auch die ergänzende zeugenschaftliche Einvernahme, insbesondere des Rev. Insp. x beantragt und auch dezidiert einige Fragen aufgeworfen, die vom Zeugen zu beantworten gewesen wären.

 

Durch die Beantwortung dieser Fragen hätte aufgezeigt werden können, dass die gegenständ­liche Lasermessung keine Rechtswirksamkeit hat und eine Fehlmessung nicht ausgeschlossen werden kann.

 

Dies zumal angesichts der Tatsache, dass ich keinesfalls eine derart hohe Fahrgeschwindig­keit eingehalten habe, wie dies in der Anzeige angeführt ist, davon auszugehen ist, dass die Verwendungsbestimmungen, insbesondere bezüglich der Inbetriebnahme des Messgerätes nicht eingehalten wurden und deshalb das Messgerät als fehlerhaft galt.

 

Diesem Umstand kommt bei größeren Messentfernungen, wie sie im gegenständlichen Fall vorgelegen hat, eine besondere Bedeutung zu.

 

Um mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit die Richtigkeit einer Messung zu gewährleisten, ist in Punkt 2.7 der Verwendungsbestimmungen eine genaue Vorgehensweise festgelegt, mangels deren Einhaltung das Verwendete Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät als fehlerhaft eilt und die Messung nicht als Beweis in einem Strafverfahren herangezogen wer­den darf.

 

Im Anschluss an die zeugenschaftliche Einvernahme der Meldungsleger und die Überprüfung der rechtmäßigen Vorgehensweise im Sinne der Verwendungsbestimmungen und der Bedie­nungsanleitung Wäre allenfalls, wie bereits im erstinstanzlichen Verfahren beantragt, ein Kfz-technisches Sachverständigengutachten einzuholen gewesen, um die offenbar nicht gehörige Inbetriebnahme durch die Meldungsleger von fachlicher Seite überprüfen zu können.

 

Dies belastet den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit.

 

Bereits vorweg beantrage ich, im Berufungsverfahren sämtliche im erstinstanzlichen Verfah­ren gestellten Beweisanträge, insbesondere bezüglich der Vorgänge beim Bezug des Mess­standortes, der Inbetriebnahme des Messgerätes und bei der Messung selbst zu durchzuführen, um die Ursache für die offenbar vorliegende Fehlmessung aufklären zu können

 

2.   Inhaltliche Rechtswidrigkeit bzw. unrichtige rechtliche Beurteilung:

Um Wiederholungen zu vermeiden wird jenes zum Punkt 1. Verletzung der Verfahrensvor-schriften erstattete Vorbringen, soweit diesem auch unter dem Berufungsgrund der inhaltli­chen Rechtswidrigkeit eine Bedeutung zukommt, unter diesem Berufungsgrund geltend ge­macht.

 

Eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass eine Lasermessung als Beweismittel in einem Verwaltungsstrafverfahren herangezogen werden kann, ist, dass sämtliche Zulassungsbe-stimmungen, auf die bereits im Eichschein verwiesen wird, sowie die Bedienungsanleitung exakt eingehalten werden.

 

In concreto sehen die Zulassungs- und Verwendungsbestimmungen des gegenständlichen Verkehrsgeschwindigkeitsmessers, die im Berufungsverfahren beizuschaffen sein werden, in

Punkt F 1.1 vor, dass die Voraussetzung für die Verwendung des Laser-VKGM bei Messein­sätzen ist, dass eine umfassende Vertrautheit mit Funktion und Bedienung, sowie mit den messtechnischen Eigenschaften des Laser-VKGM, insbesondere auch mit den Möglichkeiten von Fehlmessungen besteht. Gemäß Punkt 1.3 ist der Laser-VKGM unter genauester Beach­tung der Bestimmungen der vom Hersteller dem Gerät beizugebender Bedienungsanleitung zu verwenden.

 

Gemäß Punkt 2,1 ist der Laser-VKGM bevorzugt mit einer eigenen Batterie zu versorgen. Dieser Vorschrift dürften die Meldungsleger entsprochen haben, in dem davon die Rede ist, dass als Spannungsquelle ein Gleichstromakku verwendet worden wäre.

In den Verwendungsbestimmungen sind jedoch insbesondere in Punkt 2,7 eine Reihe weiterer zwingend vorgeschriebener Kontrollen vorgesehen, mangels deren exakter Einhaltung der Laser-VKGM als fehlerhaft gilt und nicht für Messungen herangezogen werden darf.

 

Beispielsweise handelt es Sich dabei um die Überprüfung der Kontrollanzeige „8.8.8.8", die Überprüfung der einwandfreien Zielerfassung in horizontaler und vertikaler Richtung entspre­chend der Bedienungsanleitung sowie die Durchführung einer anschließenden O-Messung gegen ein ruhendes Ziel.

 

Aus den vorliegenden Beweisergebnissen lässt sich in keiner Weise ableiten, dass „diesen zwingenden Vorgängen vor Beginn von Lasermessungen auch tatsächlich und vor allem ord­nungsgemäß entsprochen worden wäre, sodass keinesfalls feststeht, dass nicht der Laser-VKGM als fehlerhaft galt und die Messung nicht verwendet werden darf.

 

Der Meldungsleger wird daher im Berufungsverfahren exakt zu befragen sein, wie er bei Be­zug des Messstandortes, bei Inbetriebnahme des Gerätes und bei der Messung selbst vorge­gangen ist.

 

Entgegen der Ausführungen in dem im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Sachverstän­digengutachten vom 13.08.2010 kann erst nach Abklärung der genauen Vorgehensweise des mit der Messung betrauten Beamten geklärt werden, ob die Verwendungsbestimmungen ein­gehalten wurden und daher ein gültiges Messergebnis zustande gekommen ist.

 

Jenes im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte Gutachten ist leider in keiner Weise brauch­bar, zumal dieses auf völlig unzureichenden Beweisergebnissen aufbaut und dennoch zum Ergebnis gelangt, dass eine gültige Messung vorliegen würde; dies ohne die wesentlichen Parameter Überhaupt zu überprüfen und zu hinterfragen, ob von dem Messorgan die Bedie­nungsanleitung und die Verwendungsbestimmungen eingehalten worden sind.

 

Es wird daher im Berufungsverfahren ausdrücklich der

 

Antrag

 

gestellt, einen anderen Sachverständigen, als jenen im erstinstanzlichen Verfahren tätigen beizuziehen.

 

Abgesehen davon, dass mangels eines Nachweises der Einhaltung der Zulassungs- und Verwendungsbestimmungen nicht feststeht, dass ein gültiges Messergebnis zustande gekommen ist, wäre selbst dann, wenn ich die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h tatsächlich (wenn auch in geringerem Ausmaß) überschritten hätte und diejenige Geschwindigkeitsbe­schränkung, deren Überschreitung mir zur Last gelegt wird, auch ungeachtet der Tatsache, dass es - wie im erstinstanzlichen Verfahren bereits vorgebracht - teils über mehrere Kilome­ter an Wiederholungszeichen fehlt und daher einen Fahrzeuglenker nicht ausreichend klar ist, ob die Geschwindigkeitsbeschränkung noch aufrecht ist oder nicht, von einem äußerst gerin­gen Verschulden meinerseits auszugehen,

 

Dies zumal ich angesichts der Vorschriftszeichen, mit denen die Geschwindigkeitsbeschrän­kung kundgemacht wurde, insbesondere des Zusatzschildes „an Werktagen" davon ausgegan­gen bin, dass die Geschwindigkeitsbeschränkung am Wochenende keine Gültigkeit hätte.

Ich bin davon ausgegangen, dass man an Arbeitstagen unter der Woche, wo ein wesentlich höheres Verkehrsaufkommen vorherrscht und daher eine höhere Unfallgefahr besteht, eine geringere Geschwindigkeit vorsehen wollte, als beispielsweise an einem Wochenende, wo wesentlich weniger Verkehrsaufkommen besteht.

Ich hätte daher nie daran gedacht, dass die gegenständliche Geschwindigkeitsbeschränkung auch an Samstagen Gültigkeit hat, was sich nur durch eine spitzfindige Gesetzesauslegung ableiten lässt.

 

Eine allenfalls nachweisbare Geschwindigkeitsüberschreitung meinerseits hätte daher im We­sentlichen auf einer unrichtigen Auslegung der Vorschriftszeichen beruht die nur ein äußerst geringes Verschulden bedingen kann.

 

Der Gesetzgeber wäre angehalten, die von ihm erlassenen Verordnungen den betroffenen Verkehrsteilnehmern so zur Kenntnis zu bringen, dass diese nicht erst überlegen und eine Interpretation vornehmen müssen, wann diese Verordnungen Gültigkeit haben.

Eine derartige Unklarheit des Gesetzgebers kann nicht mir zur Last gelegt werden und zu ei­ner derart hohen Strafe führen, wie sie über mich verhängt wurde.

 

Im Sinne obiger Ausführungen wäre daher selbst dann, wenn mir eine Geschwindigkeitsüber­schreitung, geschweige denn in der mir angelasteten Höhe nachweisbar wäre, die über mich verhängte Strafe angesichts meines geringfügigen Verschuldens auf ein angemessenes Maß von € 100,00 herabzusetzen.

 

Im Berufungsverfahren aufzunehmende Beweis:

*        zeugenschaftliche Einvernahme des mit der Messung betrauten Beamten

*        kfz-technischer Sachverständiger

*        Beischaffung der Verwendungsbestimmungen des gegenständlich eingesetzten Verkehrsge­schwindigkeitsmessers

*        Beischaffung der Bedienungsanleitung des eingesetzten Verkehrsgeschwindigkeitsmessers

Aus all diesen Gründen stelle ich die

 

Anträge,

 

der Unabhängige Verwaltungssenat möge meiner Berufung Folge geben und

a) das angefochtene Straferkenntnis der BH Urfahr-Umgebung vom 18.11.2010 ersatzlos aufheben und eine Einstellung des gegen mich anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens verfugen; sowie

b)       jedenfalls eine mündliche Berufungsverhandlung unter Aufnahme der beantragten Beweise durchführen; in eventu

c) die über mich verhängte Strafe auf ein angemessenes Maß von maximal 6 100,00 her­absetzen.

 

Linz, am 03.12.2010                                                                                                                                                                                                            X

 

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied  zur Entscheidung berufen. Eine öffentliche mündlichen Verhandlung war wegen der Bestreitung der zur Last gelegten Übertretung dem Grunde nach in Wahrung der durch Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte durchzuführen (§ 51e Abs.1 VStG).

 

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des vorgelegten Verwaltungsstrafaktes, Zl. VerkR96-8172-2009-BS, dem sich das Messprotokoll und der Eichschein angeschlossen findet, woraus die bis 31.12.2012 bestehende gültige Geräteeichung (Gerät Nr. 7331) hervorgeht.

Im Beisein des Rechtsvertreters wurde der am Verhandlungstag nicht zur Verfügung stehende Meldungsleger Insp. X bereits am 22.12.2010 von der Berufungsbehörde im Beisein des Rechtsvertreters abgesondert als Zeuge einvernommen.

Anlässlich der Berufungsverhandlung am 28.12.2010 wurde die Berufung vom Rechtsvertreter auf das Strafausmaß eingeschränkt. Die Behörde erster Instanz nahm ohne Angaben von Gründen an der Berufungsverhandlung nicht teil.

 

 

5. Eingangs gilt es trotz des nunmehr bereits in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch darauf hinzuweisen, dass es sich beim Vorfallstag um einen Samstag gehandelt hat. Die Geschwindigkeitsbeschränkung gilt hier an Werktagen von 05:00 bis 22:00 Uhr und demnach auch an diesem Tag. Das Verkehrsaufkommen war sehr gering und dem Berufungswerber kann daher durchaus gefolgt werden, dass er irrtümlich davon ausgegangen ist, die zeitlich eingeschränkte Geschwindigkeitsbeschränkung wäre am Samstag (Werktag) nicht in Kraft gewesen.

Die Grundlage für diese Geschwindigkeitsbeschränkung ist der an Wochentagen massive Schwerverkehr, wobei sich im dortigen Bereich mehrere teilweise mehrspurige Aus- und Auffahrten befinden und wegen der Gefährlichkeit der beim Einordnen entstehenden Situationen und der damit verbundenen früher zahlreichen Verkehrsunfällen wegen abrupter Fahrstreifenwechsel eine solche erforderlich war. Seit Inkrafttreten der Geschwindigkeitsbeschränkung sind, wie aus anderen Verfahren evident die Unfälle zurück gegangen (z.B. VwSen-161670).

 

 

6. Zur Strafzumessung:

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

 

6.1. Im gegenständlichen Fall ist den vorgetragenen Ausführungen des Berufungswerbers zu folgen, wonach der im Tatbestand – hier eines Ungehorsamsdeliktes – vertypte [geschwindigkeitsabhängige] Unrechtsgehalt hinter dem für derartige Übertretungshandlungen in aller Regel üblichen Ausmaß zurück blieb. Vielmehr kann hier der Unwertgehalt durchaus an den Übertretungsumfang des § 20 Abs.2 StVO, demnach im Ausmaß von 28 km/h, angelehnt beurteilt werden.

Da der Messbereich – Messentfernung 292,5 m – durchaus übersichtlich verläuft, erschöpft sich hier die an einem Samstag um 20:47 Uhr in der verkehrsarmen Zeit und insbesondere vom Schwerverkehr nur mehr wenig belastete Strecke, die "Schädlichkeit des Verhaltens" - in dieser spezifischen Fallgestaltung, auf den formalen Ungehorsam. Dem Schutzziel der Verordnung wurde demnach nur im geringen Umfang zuwider gehandelt.  Der Schutzzweck dem die Strafdrohung dient und das Ausmaß der mit einer Tat verbundenen Schädigung gesetzlich geschützter Interessen (§ 19 VStG) muss bei rechtsrichtiger Auslegung auf die Umstände des konkreten Falls und nicht bloß formelhaft zur Anwendung gelangen. Widrigenfalls käme es unvermeidlich zur Ungleichbehandlung dadurch, mit einer schablonenhaften Anwendung einer Bestimmung, Ungleiches (immer) gleich zu behandeln (vgl. unter vielen h. Erk. v. 21.2.1997, VwSen-104374/./Br). 

Die Übertretung erfolgte hier an einem Wochentag und Tageszeit, an dem das Ziel dieser Verkehrsbeschränkung wohl (noch) formal in Geltung stand, aber der dahinter stehende Schutzzweck – ob des geringen Verkehrsaufkommens – empirisch sich weitgehend auf den Selbstzweck reduzierte. Der Berufungswerber irrte darüber offenbar, wobei er jedoch darüber hinaus  auch noch einen Regelverstoß gegen § 20 Abs.2 StVO in Kauf nahm (gemessene Geschwindigkeit 153 km/h).

Weil im übrigen der Berufungswerber bislang mit Geschwindigkeitsdelikten noch nie negativ in Erscheinung getreten ist scheint selbst mit einer Geldstrafe von 100 Euro der Tatunwert hinreichend sanktioniert (vgl. h. Erk. v. 21.2.1997, VwSen-104374).

Der Oö. Verwaltungssenat erachtet daher auch mit diesem Strafausmaß dem Strafzweck ausreichend gerecht werden zu können

Auch die Ersatzfreiheitsstrafe musste in einer sachgerechten Relation zur Geldstrafe reduziert zu werden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof  erhoben werden; diese  muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

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