Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252433/28/Py/Hu

Linz, 16.12.2010

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Finanzamtes Linz, Bahnhofplatz 7, 4020 Linz, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 15. März 2010, Gz. 0046253/2009, mit dem das gegen Frau x, vertreten durch x, wegen Verwaltungsübertretung nach dem Ausländerbeschäftigungs­gesetz (AuslBG) eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wurde, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 6. Oktober 2010 zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird keine Folge gegeben und der angefochtene Einstellungsbescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 15. März 2010, Gz. 0046253/2009, wurde das gegen die Beschuldigte, Frau x, eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz – AuslBG 1975 idgF gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

In dem zur Einstellung gebrachten Verwaltungsstrafverfahren wurde der Beschuldigten, Frau  x, folgender Tatvorwurf zur Last gelegt:

 

"Sie haben als unbeschränkt haftende Gesellschafterin und somit als gemäß § 9 VStG nach außen zur Vertretung berufene Person der Firma x mit Sitz in x, zu verantworten, dass von dieser Firma als Arbeitgeber von 23.03.2000 bis 08.09.2009 (Zeitpunkt der Kontrolle) teilweise bereits verjährt unter anderem auf dem Gelände des x die  nachfolgend angeführten tschechischen Staatsbürger als Pferdepfleger – Reinigen und Ausmisten der Pferdeboxen, Füttern der Pferde, etc. – gegen Entgelt beschäftigt wurden, obwohl Ihnen für diese Arbeitnehmer weder eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder die Ausländer weder eine Arbeitserlaubnis noch einen Befreiungsschein oder 'Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt' oder einen Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt-EG' oder einen Niederlassungsnachweis besitzen. Auch waren die Feststellungsbescheide – Antrag vom 17.01.2000 – unter Angabe von unrichtigen Tätigkeitsprofilen in der Niederschrift vom 29.02.2000 –  Pferdebetreuung (bereiten, tangieren, führen, alles 'rund ums Pferd'); Pferdebetreuung erfordert spezielle Kenntnisse und kann nicht von Pferdepflegern übernommen werden – erwirkt worden. Die nachfolgend angeführten Personen wurden ohne entsprechende Bewilligungen beschäftigt:

 

1. Herr x, geboren x, wohnhaft x, beschäftigt 8 Stunden je Tag; 28 Tage im Jahr; seit 2000 gegen ein Entgelt von 800,00 Euro je Monat und

 

2.Frau x, geboren x, wohnhaft x, beschäftigt von 5:30 bis 18:00 Uhr; 28 Tage je Monat; seit 2000 gegen ein Entgelt von ca. 200,00 Euro je Monat.

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges aus, dass im Zuge einer Kontrolle am 8. September 2009 durch die KIAB Linz die beiden Ausländer auf dem Gelände des x beim Ausmisten von Pferdeboxen betreten wurden. Arbeitsmarktrechtliche Bewilligungen konnten nicht vorgewiesen werden und gaben die Ausländer an, dass sie selbstständig tätig seien. Aus dem Firmenbuchauszug gehe hervor, dass beide neben anderen Personen als unbeschränkt haftende Gesellschafter einer Pferdepflegefirma eingetragen sind. Von dieser Firma wurden beim AMS Linz Feststellungsbescheide erwirkt, aufgrund derer die beiden Ausländer von der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG ausgenommen sind. Weiters wurden im Verfahren die beglaubigten Lehrbriefe der beiden Ausländer vorgelegt, in denen diesen eine Qualifikation als Pferdepfleger bescheinigt wurde. Da für dieses Berufsbild kein Beschäftigungsprofil vorliegt, kann nicht angenommen werden, dass beispielsweise das Ausmisten nicht zu den Tätigkeiten des Pferdepflegers gehört. Nach allgemeiner Lebenserfahrung kann angenommen werden, dass auch gewisse Hygienearbeiten durchaus gemacht werden müssen, um eine ordnungsgemäße Pferdepflege zu gewährleisten, da es sich bei den betreuten Tieren immer um Tiere fremder Personen handelt, die selbst nicht die Zeit für die Pferdepflege aufbringen wollen oder können.

 

Da es sich um keinen Werkvertrag zwischen der Firma x und den beiden Ausländern handelt, konnte auch nicht die vom Finanzamt betonte wirtschaftliche und persönliche Abhängigkeit sowie das Dauerschuldverhältnis zur Abgrenzung zwischen Arbeitnehmerähnlichkeit und Selbstständigkeit herangezogen werden. Auch muss ein Firmengesellschafter bereit sein, mehr Zeit in seine Firma zu investieren, als ein unselbstständiger Arbeitnehmer, weshalb auch die geleistete Arbeitszeit kein Indiz für Unselbstständigkeit darstelle.

 

Abschließend führt die belangte Behörde in der Begründung des Einstellungsbescheides aus, dass somit nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit von unselbstständiger Tätigkeit ausgegangen werden konnte, weshalb das Verfahren einzustellen war.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Finanzamt Linz als am Verfahren beteiligte Organpartei eingebrachte Berufung vom 25. März 2010. In dieser wird vorgebracht, dass gemäß § 2 Abs.4 AuslBG eine Beschäftigung im Sinn des § 2 Abs.2 leg.cit. insbesondere dann vorliegt, wenn Gesellschafter einer Personengesellschaft Arbeitsleistungen erbringen, die üblicherweise in einem Arbeitsverhältnis erbracht werden. Die Eintragung in das Firmenbuch ist im gegenständlichen Fall nach Ansicht des Finanzamtes Linz nicht aussagekräftig, da es sich hierbei um einen Versuch der Umgehung des AuslBG handelt. So wurde auch vom AMS darauf hingewiesen, dass der besagte Feststellungsbescheid eine unselbstständige Tätigkeit nicht legalisiert. Auch ist nicht nachvollziehbar, warum die beiden tschechischen Staatsangehörigen aufgrund von Lehrverhältnissen, die in den Jahren 1973 bzw. 1982 abgeschlossen wurden, ohne weitere Prüfung des Sachverhalts durch die Verwaltungsstrafbehörde zwangsläufig als selbstständig angesehen werden. Die Begründung des Magistrates Linz, wonach aufgrund eines fehlenden Werkvertrags die persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit und das Dauerschuldverhältnis zur Abgrenzung zwischen Arbeitnehmerähnlichkeit und Selbstständigkeit herangezogen werden kann, widerspricht insbesondere dem § 2 Abs.4 AuslBG. Nach dieser Gesetzesbestimmung ist zur Beurteilung, ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt, nicht die äußere Erscheinungsform, sondern der wahre wirtschaftliche Gehalt des Sachverhalts, heranzuziehen. Das Finanzamt Linz kann der Ansicht der belangten Behörde, wonach Firmengesellschafter mehr Zeit aufzubringen haben und die geleistete Arbeitszeit kein Indiz für Arbeitnehmerähnlichkeit darstellt, in keiner Weise folgen. Gerade bei illegaler Beschäftigung kommt es relativ häufig vor, dass die Entlohnung unter dem Kollektivvertrag erfolgt oder eben die zulässigen Arbeitszeiten überschritten werden. Die Intention des Gesetzgebers hinter den Bestimmungen des AuslBG liegt u.a. darin, ausländische Arbeitnehmer im Bundesgebiet – salopp formuliert – zu schützen. Im gegenständlichen Fall wurden die Interessen der beiden tschechischen Staatsangehörigen im Zeitraum 23. März 2000 bis zumindest zum Kontrollzeitpunkt am 8. September 2009 in erheblichem Ausmaß beschnitten. Nach Ansicht des Finanzamtes Linz dient die x dazu, um seit dem Jahr 2000 die Bestimmungen des AuslBG zu umgehen, was im bisherigen Verfahren bereits ausführlich dargelegt und begründet wurde, weshalb beantragt wird, den verfahrensgegenständlichen Akt dem UVS Oberösterreich zur Entscheidung vorzulegen. Im Hinblick auf den möglichen wirtschaftlichen Nutzen, der durch den Verstoß gegen das AuslBG entstand, wird ein Strafausmaß in Höhe von 7.000 Euro pro Person, somit insgesamt 14.000 Euro, beantragt.

 

3. Mit Schreiben vom 29. März 2010 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 6. Oktober 2010. An dieser hat die Beschuldigte mit ihrem Rechtsvertreter sowie ein Vertreter des Finanzamtes Linz als Parteien teilgenommen. Als Zeugen wurden die beiden verfahrensgegenständlichen ausländischen Staatsangehörigen, Frau x und Herr x, sowie zwei an der gegenständlichen Kontrolle beteiligte Beamte des Finanzamtes Linz, KIAB, einvernommen. Zur Einvernahme der ausländischen Staatsangehörigen wurde eine Dolmetscherin der Verhandlung beigezogen. Den von der Beschuldigten im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung mit Schreiben vom 1. Oktober 2010 gestellten Beweisanträgen auf weitere Zeugeneinvernahmen war nicht Folge zu geben, da der für die vorliegende Entscheidung wesentliche Sachverhalt bereits aufgrund der im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung vom 6. Oktober 2010 einvernommenen Zeugenaussagen einer ausreichenden Klärung zugeführt werden konnte.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Die beiden tschechischen Staatsangehörigen und Ehegatten, Herr x, geb. am x, und Frau x, geb. am x, arbeiteten bis zu dessen Schließung im Jahr 1999 in einem Gestüt in Tschechien. Herr x absolvierte am 5. Juli 1973 in der Landwirtschaftsfachschule in Prag – Velká Chuchle die Abschlussprüfung im Lehrfach "Pferdeausbildner und Berufsreiter", Frau x legte am 24. Juni 1982 an der Mittleren Landwirtschaftsfachschule in Veseliličko bei Milevsko die Abschlussprüfung im Lehrfach "Tierpflegerin" ab. Noch bei ihrer Tätigkeit in Tschechien lernten sie den Schwiegervater der Beschuldigten, Herrn x sen., kennen. Über seine Vermittlung kam zunächst Herr x und anschließend auch seine Gattin, Frau x, nach Österreich, um hier weiter mit Reitpferden zu arbeiten. Um ihnen in Österreich eine Aufenthalts- und Arbeitsmöglichkeit zu bieten, wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 27. September 1999 unter dem Namen "x" mit Firmensitz x (Wohnadresse der Beschuldigten), eine Personengesellschaft zwischen der Beschuldigten, den beiden ausländischen Staatsangehörigen und deren Sohn, Herrn x, gegründet. Als Gegenstand des Unternehmens ist im Gesellschaftsvertrag die "Übernahme der Pflege und Betreuung von Sportpferden, insbesondere Reitpferden und Traber" festgelegt. Laut Gesellschaftsvertrag leistet Frau x eine Bareinlage in Höhe von 4.000 Euro, Herr x, Herr x und Frau x leisteten einen Barerlag in Höhe von je 2.000 Euro, welcher laut Gesellschaftsvertrag jeweils aus dem ersten Jahresgewinn umzubuchen ist.

 

Mit Schreiben vom 17. Jänner 2000 beantragte die Firma "x" beim Arbeitsmarktservice Linz Feststellungsbescheide im Sinn des § 2 Abs.4 AuslBG, wonach Frau x, Herr x und Herr x nicht eine Beschäftigung im Sinn des § 2 Abs.2 Ausländerbeschäftigungsgesetz ausüben. In einer dazu am 28. Februar 2000 vor dem Arbeitsmarktservice Linz aufgenommenen Niederschrift gab zu diesem Antrag befragt die Beschuldigte an, dass ihre Tätigkeit in der Firma "x" aufgrund der sprachlichen Probleme der Geschäftspartner vor allem Bürotätigkeiten beinhaltet, von ihr aber jederzeit auch die Pferdebetreuung übernommen werden könnte. Weiters gibt die Beschuldigte zusammenfassend an, dass der Reitclub x nicht in direktem Zusammenhang mit der Tätigkeit der OEG als Pferdepfleger steht, da in diesem Reitclub Privatpersonen Pferde einstellen und diese Pferde auf Wunsch der Besitzer (wenn Bedarf besteht) von der OEG betreut werde. Der x habe selbst Pferdepfleger angestellt, die allerdings völlig andere Tätigkeiten verrichten (ausmisten, füttern) als die von der OEG angebotene Pferdebetreuung (bereiten, longieren, führen, … alles "rund ums Pferd"). Pferdebetreuung erfordere spezielle Kenntnisse und könne nicht von Pferdepflegern übernommen werden. Pferdebetreuung gebe es in Österreich eigentlich noch nicht. Bisher seien noch keine konkreten Aufträge vorhanden, jedoch bestehe Nachfrage. Die Idee zur Geschäftsgründung hätten alle drei Gesellschafter gemeinsam gehabt.

 

Aufgrund dieser Angaben der Beschuldigten, des vorgelegten Gesellschaftsvertrages vom 27. September 1999 sowie des eingeholten Firmenbuchauszuges (x) vom 12. Oktober 1999 wurde mit Bescheiden des AMS Linz vom 23. März 2000, Zl. RGSLinz/A4/13117/CR/CR,  gemäß § 2 Abs.4 AuslBG festgestellt, dass Herrn x und Frau x als Gesellschafter der Firma "x" tatsächlich persönlich einen wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung dieser Gesellschaft ausüben und als selbstständig Erwerbstätige im Sinn des § 2 Abs.2 AuslBG anzusehen sind, soweit und solange ihre Stellung als Gesellschafter den vorgelegten Unterlagen sowie den mündlichen und schriftlichen Angaben, somit dem wahren wirtschaftlichen Gehalt ihrer Tätigkeit entspricht und sie so mit nicht der Beschäftigungsbewilligungspflicht des Ausländerbeschäftigungs­gesetzes unterliegen.

 

Die tatsächlichen Verhältnisse stimmten jedoch nicht mit den vorgelegten Unterlagen und Aussagen überein. Für die tschechischen Staatsangehörigen stand bei der Gründung einer OEG immer im Vordergrund, dass sie in Österreich in einem Arbeitsumfeld wie ihrem bisherigen tätig werden können und sie als Gegenleistung Unterkunft sowie ausreichende finanzielle Mittel zur Deckung des Lebensbedarfs erhalten. Unternehmerische Aspekte waren für die Ausländer offenbar nie ausschlaggebend für die Firmengründung und traten eigenverantwortlich unternehmerische Entscheidungen der Ausländer als Gesellschafter der "x" im Verfahren auch nicht hervor, ihre Tätigkeiten bestanden vielmehr aus reinen Arbeitsleistungen. Jährliche Gesellschafterversammlungen wurden – entgegen § 6 des Gesellschaftsvertrages - keine abgehalten. Die wesentlichen Inhalte des Gesellschaftsvertrages waren den beiden Ausländern auch nicht bekannt. Im Gesellschaftsvertrag festgelegte Vereinbarungen (z.B. "§ 4 Einlagen bzw. Gesellschafterbeiträge") waren ihnen nicht geläufig. Es ist daher auch zu bezweifeln, inwiefern sie tatsächlich selbst an der Idee der Gründung einer OEG mitbeteiligt waren. Entgegen den Festlegungen in § 6 des Gesellschaftsvertrages erfolgte eine Verteilung eines Jahresgewinns unter den Gesellschaften nicht im Verhältnis der Kapitalanteile, sondern erhielt die Beschuldigte aufgrund ihres geringen Arbeitseinsatzes für die OEG nur einen minimalen Unkostenbeitrag  ausbezahlt, obwohl sie den höchsten Gesellschafteranteil einbrachte. Firmenvermögen war nicht vorhanden, die für die Tätigkeit der Ausländer erforderlichen Gerätschaften wurden ihnen vom Reitclub bzw. von den Einstellern der Pferde zur Verfügung gestellt.

 

Die Beschuldigte führte für die Firma "x" in geringem Ausmaß Bürotätigkeiten durch und unterstütze die Ausländer bei Behördenwege etc., die Buchhaltung der der Gesellschaft wurde von einem Steuerberater durchgeführt.

 

Tatsächlich erbrachten die beiden tschechischen Staatsangehörigen nach Vorliegen der Feststellungsbescheide am Reitsportgelände Arbeitsleistungen als Pferdepfleger für den x sowie für Herrn x, der am Gelände Sportpferde einstellt, trainiert und ausbildet. Bei den von ihnen verrichteten Tätigkeiten handelte es sich vorwiegend um Stallpflege, Ausmisten und Füttern der Tiere, teilweise erfolgte auch die Mithilfe bei Turniervorbereitungen. Herr x war zu Beginn zudem auch als Bereiter tätig, musste diese Tätigkeit aber im Lauf der Jahre weitgehend reduzieren.

 

Aufgrund der langjährigen Berufserfahrung der beiden Ausländer erübrigte sich im täglichen Arbeitsablauf die Erteilung von Arbeitsanweisungen an die beiden Ausländer, da sie von sich aus wussten, welche Arbeiten in den Ställen durchzuführen sind. Arbeitsanweisungen wurden von der Beschuldigten, die sich zudem nicht am Reitsportgelände aufhielt, an die beiden Ausländer nicht erteilt, sofern Weisungen erfolgten wurden ihnen diese von Vertretern des Reitclubs bzw. von Herrn x, den sie im übrigen auch als "Chef" bezeichneten. Je nach erbrachter Arbeitsleistung erhielten sie eine monatliche Pauschalentgeltung bar über die Beschuldigte ausbezahlt, in geringem Ausmaß wurden allfällige Arbeitsleistungen auch direkt von Einstellern abgegolten. Vom x wurde den Ausländern eine mietfreie Wohnmöglichkeit auf dem Gelände der Reitsportanlage zur Verfügung gestellt, ein schriftlicher Mietvertrag wurde nicht abgeschlossen. Allfällige Urlaube bzw. krankheitsbedingte Abwesenheiten mussten sie dem x mitteilen. Sie konnten die Höhe des Entgelts für ihre Arbeitsleistungen nicht selbst bestimmen und es war ihnen nicht möglich, Arbeiten, die ihnen von Herrn x bzw. Vertretern des x übertragen wurden, abzulehnen.

 

Anlässlich einer Kontrolle nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz wurden die beiden tschechischen Staatsangehörigen am 8. September 2009 auf dem Gelände des x bei Stallarbeiten angetroffen. Arbeitsmarktbehördliche Bewilligungen für ihre Tätigkeit lagen nicht vor.

 

Inzwischen sind die Ausländer beim x als (geringfügig) beschäftigte Pferdepfleger tätig und zur Sozialversicherung angemeldet.

 

Ein persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit der Ausländer von der Beschuldigten konnte im Verfahren nicht nachgewiesen werden.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, dem Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung sowie den in der Verhandlung vorgelegten Urkunden und Unterlagen.

 

Aus den Schilderungen der Beschuldigten in der mündlichen Berufungsverhandlung geht unzweifelhaft hervor, dass der Zweck der Firmengründung der Firma "x" bereits zu Beginn darin lag, den beiden tschechischen Pferdepflegern eine Arbeitsmöglichkeit in Österreich zu verschaffen. Aus den Befragungen ergaben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass von den beiden Ausländern Arbeiten verrichtet wurden, die sich wesentlich von den üblichen Tätigkeiten eines Pferdepflegers/einer Pferdepflegerin unterscheiden. Vielmehr zählten die beiden als Zeugen einvernommenen Ausländer, befragt nach ihren Betätigungsfeldern, Arbeiten auf, die typischerweise den Umfang einer Pferdepflege bilden. Hinsichtlich Frau x ist diesbezüglich auch darauf hinzuweisen, dass bei ihr eine fachliche Berufsausbildung speziell in Bezug auf Pferde nicht vorliegt, sondern sie – auch nach ihren eigenen Angaben in der Berufungsverhandlung – eine allgemeine Tierpflegeausbildung absolviert hat. Zweifellos hatten beide aufgrund ihrer langjährigen beruflichen Tätigkeit ausreichend praktische Erfahrung, um die Arbeiten in den Ställen weitgehend eigenständig durchführen zu können, wobei Herr x jedenfalls in den ersten Jahren in Österreich zudem auch als Bereiter tätig wurde.

 

Die Sachverhaltfeststellungen zum Gesellschaftsvertrag bzw. die tatsächliche Gebarung des Unternehmens resultieren einerseits aus den diesbezüglichen Angaben der Beschuldigen in der Berufungsverhandlung, andererseits aus den Aussagen der beiden Ausländer, die übereinstimmend den Eindruck erweckten, über keinerlei Wissen hinsichtlich ihrer Rechte und Pflichten als Gesellschafter zu verfügen. Eindeutig festgestellt werden konnte, dass wesentliche Inhalte des Gesellschaftsvertrages nicht eingehalten wurden. Die Zeugin x, auf deren Aussagen sich wesentliche Teile der Sachverhaltsfeststellungen stützen, vermittelte bei ihrer Befragung den Eindruck, dass sie zwar möglichst wenige oder keine Angaben über ihr Arbeitsverhältnis machen möchte, sofern sie sich jedoch zu inhaltlich konkreten Aussagen und Antworten durchringen konnte, äußerte sie sich – entgegen dem oft in seinen Aussagen vage und allgemein bleibenden Ehegatten - glaubwürdig und nachvollziehbar. 

 

Beide ausländischen Zeugen stimmten in ihren Aussagen jedoch insbesondere hinsichtlich folgender Punkte überein:

 

- über dem Inhalt des Gesellschaftsvertrages der Firma "x" konnten sie keine näheren Angaben machen bzw. waren ihnen dort getroffene Vereinbarungen nicht geläufig, Generalversammlungen wurden nicht abgehalten, Einfluss auf die Geschäftsführung konnten die Ausländer nicht nehmen, sondern brachten sie ausschließlich ihre Arbeitskraft ein;

 

- insgesamt standen für die Ausländer nicht unternehmerischen Aspekte bei der Gesellschaftsgründung im Vordergrund, sondern die Suche nach einer Möglichkeit, in Österreich auf einem Pferdegestüt zu arbeiten und damit den Lebensunterhalt finanzieren zu können;

 

- die Arbeiten des ausländischen Ehepaares am Reitsportgelände unterschieden sich inhaltlich nicht voneinander,  allerdings hinsichtlich des zeitlichen Umfangs;

 

- Vertreter des Reitsportklubs x bzw. Herr x mussten von ihnen über Abwesenheiten informiert werden;

 

- der x stellte ihnen eine mietfreie Wohnung am Gelände zur Verfügung;

 

- eigene Arbeitsmittel für die Pferdepflege wurden weder von der Personengesellschaft noch von den beiden Ausländern angeschafft;

 

- Firmenvermögen war bei der Firma "x" nicht vorhanden;

 

- inzwischen werden die Ausländer als Pferdepfleger vom Reitsportklub beschäftigt;

 

- die Beschuldigte erteilte den Ausländern keine (Arbeits-)Anweisungen.

 

Aus allen Aussagen geht hervor, dass die Beschuldigte für die beiden Ausländer als Ansprechpartnerin für Behördenwege und allgemeine Fragen zur Verfügung stand sowie die Auszahlung ihres Entgelts durchführte. Eine persönliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit der Ausländer von der Bw konnte im Verfahren jedoch nicht nachgewiesen werden.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 idgF darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt. 

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)    in einem Arbeitsverhältnis,

b)    in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c)     in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeit nach § 3 Abs.5 leg.cit,

d)    nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e)    überlassener Arbeitskräfte im Sinn des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

 

Gemäß § 2 Abs.4 AuslBG ist für die  Beurteilung, ob eine Beschäftigung iSd Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Eine Beschäftigung iSd Abs.2 liegt insbesondere auch dann vor, wenn

a.     ein Gesellschafter einer Personengesellschaft zur Erreichung des gemeinsamen Gesellschaftszweckes oder

b.     ein Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Geschäftsanteil von weniger als 25 %

Arbeitsleistungen für die Gesellschaft erbringt, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden, es sei denn, die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice stellt auf Antrag binnen drei Monaten fest, dass ein wesentlicher Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft durch den Gesellschafter tatsächlich persönlich ausgeübt wird. Den Nachweis hiefür hat der Antragssteller zu erbringen. Nach Ablauf dieser Frist darf die Tätigkeit auch ohne den erforderlichen Feststellungsbescheid aufgenommen werden. Wird der Antrag nach Ablauf der Frist abgewiesen, ist die bereits begonnene Tätigkeit umgehend, spätestens jedoch binnen einer Woche nach Zustellung des Bescheides zu beenden.

Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" (§ 8 Abs.2 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde; und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

5.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist sowohl für die Beschäftigung eines Ausländers in einem Arbeitsverhältnis gemäß § 2 Abs.2 lit.a AuslBG als auch in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis gemäß § 2 Abs.2 lit.b AuslBG die Entgeltlichkeit ein wesentliches Merkmal, wobei sich der Anspruch des Arbeitenden auf Bezahlung aus einer mit dem Arbeitgeber getroffenen Vereinbarung, allenfalls aber auch unmittelbar aus arbeitsrechtlichen Vorschriften (aus kollektivvertraglichen Regelungen) ergeben kann. Zwar kann dieses Merkmal grundsätzlich auch durch andere als finanzielle Gegenleistungen erfüllt sein (zB. durch Naturalleistungen), jedoch muss – manifestiert auch in einer Gegenleistung – bei der gemäß § 2 Abs.4 AuslBG gebotenen Betrachtung des wahren wirtschaftlichen Gehalts und nicht der äußeren Erscheinungsform jedenfalls ein Mindestmaß an wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit der Arbeitskraft bestehen, um vom Vorliegen einer Beschäftigung sprechen zu können. Ohne die Feststellung einer persönlichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeit, einer Gegenleistung oder zumindest der Verpflichtung zur Erbringung einer Gegenleistung durch den präsumtiven Arbeitgeber kann die Behörde keinen rechtlichen Schluss auf das Vorliegen einer Beschäftigung gemäß § 2 Abs.2 AuslBG ziehen (vgl. auch VwGH vom 25.2.2004, Zl. 2001/09/0197).

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Im vorliegenden Fall trat zwar zutage, dass die zur Erlangung der Feststellungsbescheide gemachten Angaben der Bw nicht den in weiterer Folge gelebten tatsächlich Verhältnissen entsprach, allerdings kann, nach eingehender Würdigung der Beweisergebnisse, nicht mit der für ein Strafverfahren ausreichenden Sicherheit festgestellt werden, dass die von den Ausländern erbrachten Arbeitsleistungen aufgrund persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit zur Beschuldigten erbracht wurden. Wesentliche Sachverhaltselemente (kostenlose Wohnmöglichkeit, Arbeitsanweisungen, Mitteilungspflicht über Abwesenheiten etc.) sprechen vielmehr dafür, dass die beiden Ausländer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit zu einem anderen Arbeitgeber als der Beschuldigten standen.

 

Nach Durchführung des Beweisverfahrens verbleiben somit Zweifel an der Täterschaft der Beschuldigten. Im Hinblick auf die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs.2 EMRK, wonach bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet wird, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist, war daher spruchgemäß zu entscheiden und der angefochtene Einstellungsbescheid zu bestätigen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

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