Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100658/13/Bi/Fb

Linz, 21.09.1992

VwSen - 100658/13/Bi/Fb Linz, am 21.September 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des K G, vom 2. Juni 1992 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels vom 19. Mai 1992, Cst-1370/WE/91/B, nach Durchführung einer öffentlichen Berufungsverhandlung am 21. September 1992 zu Recht:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das bekämpfte Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz den Betrag von 100 S (20 % der verhängten Geldstrafe) als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 19 VStG, §§ 52a Z.10a i.V.m. 99 Abs.3 lit.a StVO 1960.

zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I. 1. Die Bundespolizeidirektion Wels hat mit Straferkenntnis vom 19. Mai 1992, Cst-1370/WE-91/B, über Herrn K G, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 52 Z.10a i.V.m. § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden verhängt, weil er am 15. Juni 1991 um 10.13 Uhr in A-P auf der Bundesstraße 1 in Richtung Bahnhof das Kraftfahrzeug gelenkt und die durch Verbotszeichen gemäß § 52 Z.10a StVO 1960 kundgemachte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 20 km/h überschritten hat.

Außerdem wurde er zur Leistung eines Beitrages zu den Verfahrenskosten erster Instanz von 50 S verpflichtet.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht, sodaß die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben ist. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Am 21. September 1992 wurde eine öffentliche, mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers, des Zeugen Bez.Insp. R und des technischen Amtssachverständigen Dipl.-Ing. B durchgeführt.

3. Der Rechtsmittelwerber führt in der Berufung aus, er halte prinzipiell Geschwindigkeitsbeschränkungen ein. Eine genaue Stoppung sei ohne Markierungszeichen, die es an der bezeichneten Stelle nicht gebe, nicht möglich. Die Straßenskizze beweise in keiner Weise die Korrektheit der Stoppung, ebensowenig die nach einem Jahr durchgeführte Vergleichsstoppung mittels Radarpistole. Er fahre im Jahr 30.000 km und habe noch nie einen Unfall verursacht. Außerdem sehe er die Ausstellung einer Anonymverfügung insofern als Nötigung an, die 300 S zu bezahlen, weil ihm mitgeteilt wurde, daß erst nach Einleitung des Ermittlungsverfahrens nach Fristverstreichung Einsicht in die Akten möglich sei.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung hat Bez.Insp. R, der sich an die konkrete Messung des genannten PKW nicht mehr erinnern konnte, glaubwürdig geschildert, daß Geschwindigkeitsmessungen mittels Stoppuhr im dortigen Bereich so durchgeführt werden, daß sich der betreffende Beamte in der in der Mitte der Meßstrecke befindlichen Hauseinfahrt auf der gegenüberliegenden Straßenseite aufhält, von der aus er ausreichend Sicht auf die links und rechts je 50 m entfernten Markierungen hat, die sich sowohl auf dem Randstein des Gehsteiges, als auch zum Teil auf der Fahrbahn befinden und im übrigen konkrete Bezugspunkte, nämlich die Hausecke des Umspannwerkes auf der rechten Seite und das Ende einer Plakatwand auf der linken Seite haben. Der Rechtsmittelwerber hat zum einen bemängelt, daß die Markierungen aufgrund des kurz vor dem Vorfall aufgetragenen Flüsterasphaltbelages nicht mehr für den Meldungsleger sichtbar waren und zum anderen dieser in die Sonne schauen mußte, wodurch Schwierigkeiten bei der Feststellung des Überfahrens des Meßpunktes durch die Vorderräder gegeben gewesen sein mußten. Der Meldungsleger hat diese Zweifel insofern glaubwürdig widerlegt, als er zwar bestätigt hat, daß der 15. Juni 1991 ein sonniger Tag war, jedoch sei er aufgrund der Örtlichkeit und aufgrund der Sonneneinstrahlung nicht gezwungen gewesen, in die Sonne zu schauen und habe daher einwandfrei das Überfahren der markierten Linie mit den Vorderrädern beobachtet. Die markierte Linie sei im übrigen auch auf der ihm zugewandten Seite der Gehsteigmarkierung sichtbar. Er könne sich aber nicht erinnern, ob an diesem Tag bereits der Flüsterasphalt aufgebracht war oder nicht.

Zur Messung selbst gab der Zeuge an, er habe die Stoppung beim Überfahren des Beginnes der Meßstrecke mit den Vorderrädern des PKW ausgelöst und mit dem Überfahren der Endmarkierung mit den Hinterrädern beendet. Kurze Zeit vor dem Vorfall sei eine Probemessung mit Technikern des Amtes der Landesregierung durchgeführt worden, wobei Vergleichsstoppungen mit Radarpistolen durchgeführt wurden. Auch er habe an dieser Probemessung teilgenommen, wobei mit der Radarpistole fast die gleiche Geschwindigkeit gemessen wurde. Er führe seit 4 bis 5 Jahren solche Messungen durch und könne ausschließen, daß ihm bei der in Rede stehenden Messung ein Fehler unterlaufen sei. Da in Richtung Sch eine Sichtweite von mehr als 300 m bestehe, sei ihm der PKW bereits bei der dortigen Annäherung aufgefallen, und dieser habe die 100-Meter-Strecke in 4,27 Sekunden durchfahren, was einer Geschwindigkeit von über 80 km/h entspreche.

Diese Angaben wurden durch das kraftfahrtechnische Sachverständigengutachten insofern bestärkt, als der Sachverständige Dipl.-Ing. B zum einen die am 22. Mai 1991, also ca. 3 Wochen vor dem Vorfall, durchgeführten Probemessungen und deren Übereinstimmung mit der Radarpistolenmessung bestätigte, wobei er betonte, daß durch die Vorgangsweise des Meldungslegers nicht nur die Weglänge von 100 Metern, sondern auch ca. die halbe Fahrzeuglänge (Abstand zwischen Vorder- und Hinterrädern) zu Gunsten des gemessenen Lenkers hinzugerechnet wird, und andererseits auch die verwendete Stoppuhr Casio Digital HS-10W des dortigen Gendarmeriepostens überprüft und für einwandfrei funktionierend befunden wurde.

Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt auf der Basis dieses kraftfahrtechnischen Sachverständigengutachtens zu der Auffassung, daß die in Rede stehende Stoppung exakt im Hinblick auf die Bedienung der Stoppuhr, die Art und Weise der Messung im Hinblick auf die Hinzurechnung einer halben Fahrzeuglänge zu Gunsten des Beschuldigten und die zweifelsfreie Erkennbarkeit der Anfangs- und Endmarkierungen (unterstützt durch die Orientierungspunkte Hausecke - Plakatwandende) durchgeführt wurde. Der Rechtsmittelwerber hat pauschal bezweifelt, daß es dem Beamten möglich war, in einer Entfernung von 50 Metern den Beginn der Meßstrecke exakt zu erkennen. Diesen Überlegungen vermag sich der unabhängige Verwaltungssenat deshalb nicht anzuschließen, weil, selbst wenn zu diesem Zeitpunkt bereits der Flüsterasphalt aufgetragen war und die auf der Fahrbahn angebrachten Markierungen verdeckt hat, diese noch auf dem Randstein des Gehsteiges erkennbar sein mußten und im übrigen dem Meldungsleger - der ja über langjährige Erfahrung in dieser Hinsicht verfügt zumutbar sein muß, beim Überfahren der gedachten Verlängerungslinie einer 50 m entfernten Hausecke mit den Vorderrädern eines entgegenkommenden Fahrzeuges auf den die Messung auslösenden Knopf der Stoppuhr zu drücken und bei Passieren des 50 m links entfernt befindlichen Endes einer Plakatwand durch die Hinterräder dieses PKW die Messung zu beenden. Aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung kann ausgeschlossen werden, daß der Meldungsleger durch irgendwelche anderen Fahrzeuge abgelenkt wurde, und aufgrund der Tatsache, daß er den PKW bereits in einiger Entfernung bei der Annäherung bemerkt und für zu schnell befunden hat, konnte er sich auch exakt auf die Messung einstellen. Kein Indiz für die Unrichtigkeit der Messung stellt hingegen der Einwand des Rechtmittelwerbers dar, vor dem 60-km-Bereich befinde sich eine 70-km/h-Beschränkung, seine mitfahrende Gattin weise ihn immer auf Geschwindigkeitsbeschränkungen hin, und er habe trotz der vielen gefahrenen Kilometer pro Jahr noch nie einen Unfall verursacht.

Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt daher zu der Auffassung, daß der Rechtsmittelwerber den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

4.2. Grundlage für die Strafbemessung ist gemäß § 19 Abs.1 VStG stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß Abs.2 dieser Bestimmung sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden und die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Festzuhalten ist zunächst, daß eine Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 20 km/h bereits in einer Größenordnung liegt, die nicht mehr als geringfügig bezeichnet werden kann. Obwohl sich im dortigen Bereich weder Geschäfte noch Zufahrtstraßen befinden und die örtlichen Gegebenheiten allein einen Fahrzeuglenker nicht zum Abbremsen zwingen, muß beim Inhaber einer Lenkerberechtigung vorausgesetzt werden, daß er sich an die im Ortsgebiet verfügten Geschwindigkeitsbeschränkungen hält. Der Rechtsmittelwerber hat insbesondere bei der mündlichen Verhandlung keinen Zweifel daran gelassen, daß er eine tatsächlich in diesem Ausmaß stattgefunden haben sollende Geschwindigkeitsüberschreitung für verwerflich halten würde, sodaß bezüglich seines Unrechtsbewußtseins kein Zweifel besteht. Die verhängte Strafe entspricht daher dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung und ist auch den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen des Rechtmittelwerbers angemessen (11.000 S netto monatlich, Vermögen: Einfamilienhaus, keine Sorgepflichten). Mildernd war die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit, erschwerend kein Umstand zu berücksichtigen. Die verhängte Geldstrafe liegt im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens (§ 99 Abs.3 StVO sieht Geldstrafen bis 10.000 S vor) und ist im Hinblick auf general- und vor allem spezialpräventive Überlegungen gerechtfertigt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II. Der Ausspruch über die Leistung der Verfahrenskosten gründet sich auf die angeführten Gesetzesstellen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger 6

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