Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-720280/2/Sr/Sic

Linz, 25.11.2010

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung der x, geboren am x, ungarische Staatsangehörige, wohnhaft x, vertreten durch Rechtsanwalt x, x, gegen den Bescheid des Polizeidirektors der Landeshauptstadt Linz vom 9. September 2010, AZ 1067335/FRB, betreffend die Erlassung eines auf 3 Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes für das Bundesgebiet der Republik Österreich zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt. 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 9 Abs.1, 86 Abs.1, 63 und 66 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 135/2009).

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Polizeidirektors der Landeshauptstadt Linz vom 9. September 2010, AZ 1067335/FRB, wurde über die Berufungswerberin, geboren am x, ungarische Staatsangehörige (im Folgenden: Bw) ein auf drei Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Gebiet der Republik Österreich erlassen und ihr von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt.

 

In der Begründung legte die Behörde erster Instanz den bisherigen Werdegang der Bw, ihre gerichtliche Verurteilung und das familiäre und soziale Umfeld dar. Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes und der Verurteilung zog die belangte Behörde den Schluss, dass ihr persönliches Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstelle, welche das Grundinteresse der Gesellschaft an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie der Verhinderung von Straftaten, insbesondere hinsichtlich der gegenständlichen Suchtgiftdelikte, berühre.

 

Nach Abwägung sämtlicher Umstände gelangte die belangte Behörde zu einer negativen Zukunftsprognose und erachtete die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des auf drei Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes als schwerwiegender als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation der Bw.

 

2. Gegen diesen Bescheid, welcher der Bw am 18. September 2010 zu eigenen Handen zugestellt worden war, richtet sich die rechtzeitig durch ihren Rechtsvertreter mittels E-Mail eingebrachte Berufung vom 1. Oktober 2010.

Begründend wird ausgeführt, dass der Sachverhalt, welcher der Verurteilung zu Grunde liege, nicht auf ein persönliches Verhalten schließen lasse, das eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstelle, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre. Insbesondere sei durch die Bw lediglich der Kontakt zwischen dem Suchtgifthändler und ihrem Lebensgefährten hergestellt worden und damit aufgrund der geltenden Rechtslage das Verbrechen des Suchtgifthandels verwirklicht. Diese interne Beziehung hätte darüber hinaus keine Auswirkungen (gemeint wohl: auf die Gesellschaft) gehabt und sei daher mit anderen Fällen im Suchtgifthandel nicht vergleichbar. Zudem sei das Vorgehen gegen Suchtgiftdelikte der dafür zuständigen Strafjustiz zu überlassen, welche im konkreten Fall entschieden habe, dass ein Vollzug der Strafe nicht erforderlich wäre, um die Bw von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Im Sinne dieser Prognoseentscheidung sei daher von einem künftig rechtskonformen Verhalten der Bw auszugehen.

 

Weiters würde massiv in das Recht auf Privat- und Familienleben eingegriffen. Hinsichtlich des Bestehens der Lebensgemeinschaft wäre eine unrichtige Beweiswürdigung getroffen worden. Es wäre auch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele ein Aufenthaltsverbot nicht dringend geboten.

 

Die strafrechtliche Beurteilung sei zudem getrennt von der Abwägung, ob das Verhalten der Bw eine tatsächliche Gefahr für die Grundinteressen der Gesellschaft darstelle, zu betrachten.

 

3. Mit Schreiben vom 4. Oktober 2010, Zl. 1-1067335/FRB/10, legte die Bundespolizeidirektion Linz den Verwaltungsakt samt Berufungsschrift vor.  

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den fremdenpolizeilichen Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz zu Zl. 1067335/FRB. Daraus ergab sich in Verbindung mit der Berufung der nachfolgend geschilderte, im Wesentlichen unstrittige Sachverhalt.

 

3.1.1. Die 1977 in Ungarn geborene Bw ist ungarische Staatsangehörige, ledig und hatte seit dem Jahr 2005 mit mehreren Unterbrechungen den Haupt- bzw. einen Nebenwohnsitz in Österreich polizeilich gemeldet. Die einzelnen Zeiträume, in denen ein Wohnsitz gemeldet war, erreichten dabei jeweils nur 3 bis 9 Monate. Unter den wechselnden Unterkunftgebern scheinen unter anderem ein Nachtlokal  und mehrmals ein Gastgewerbebetrieb auf. In der Zeit vom 8. Juni 2007 bis 10. September 2010 war die Bw in Österreich nicht gemeldet. Seit 14. Oktober 2010 verfügt die Bw nur mehr über einen Nebenwohnsitz in Österreich.

 

3.1.2. Am 3. März 2010 wurde die Bw wegen Verdacht des Verbrechens des Suchtgifthandels sowie des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift vom Landeskriminalamt einvernommen und hat dabei unter anderem angegeben, im Lokal "x" (bzw. "x") als "Tänzerin" gearbeitet zu haben. Die seit ca. einem Jahr bestehende Beziehung zum österreichischen Staatsangehörigen x, geboren am x in x den Sie seit Oktober 2008 kenne, habe Sie drei Wochen zuvor gelöst.

 

Mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 2. Juni 2010,
Zl. 28 Hv 33/10b, wurde die Bw für schuldig erkannt und über sie wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 6. Fall SMG idF BGBl I 2007/110 und des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1. Z 1 1. und 2. Fall, Abs. 2 SMG idF BGBl I 2007/110 eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 Monaten verhängt. Gemäß § 43a Abs. 1 StGB wurde die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen.  

 

Folgendes strafrechtlich relevantes Verhalten wurde der Bw vorgeworfen:

"A.)    im Zeitraum Anfang Juni 2009 bis Ende Juli 2009 Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28 SMG) mehrfach übersteigenden Menge einem anderen durch Vermittlung verschafft, nämlich pro Woche zumindest 60 Gramm Kokain, sohin insgesamt 540 Gramm Kokain, die der abgesondert verfolgte x ihrem damaligen Lebensgefährten x zum Grammpreis von 70 Euro bzw. 80 Euro zum gewinnbringenden Weiterverkauf verkaufte und übergab, wobei sie die Kokainlieferungen jeweils telefonisch vereinbarte.

 

B.)     Suchtgift ausschließlich zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen, nämlich:

1.)     im Jahr 2009 in ca. fünf bis zehn Angriffen Kokain konsumiert, welches ihr von x unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurde.

2.)     im Sommer 2009 in fünf bis 10 Angriffen Kokain konsumiert, welches ihr von x gegen diverse sexuelle Dienstleistungen zur Verfügung gestellt wurde."

Mildernd wurde das Geständnis und die Unbescholtenheit in Österreich und erschwerend das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen gewertet.

 

3.1.3. Mit Schreiben vom 12. Juli 2010 wurde der Bw zur Kenntnis gebracht, dass die belangte Behörde aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung des LG Linz vom 2. Juni 2010 beabsichtige,  gegen sie ein Aufenthaltsverbot zu erlassen. Weiters wurde sie aufgefordert, diverse Fragen zu ihren persönlichen Verhältnissen zu beantworten und entsprechende Belege vorzulegen, unter anderem über Ihre sozialen Bindungen zu Österreich, ihre derzeitige Beschäftigung bzw. sonstige Bestreitung ihres Unterhalts, ihre Wohnverhältnisse sowie den weiteren Aufenthaltszweck in Österreich.

 

In der schriftlichen Stellungnahme gegenüber der belangten Behörde vom 26. Juli 2010 gab die Bw an, dass Sie ihre Schul- und Berufsausbildung in Ungarn absolviert hätte und ihre Verwandten alle in Ungarn leben würden. Sie sei seit Oktober 2008 in einer Partnerschaft mit dem österreichischen Staatsangehörigen x. Dieser befinde sich seit Anfang März 2010 in der JVA Pochestraße Linz. Auskünfte zu den weiteren Fragen hat die Bw unterlassen.

 

3.1.4. Die Bw ist in Österreich einen Tag lang einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nachgegangen und war zu keiner Zeit im gemeinsamen Haushalt mit x polizeilich gemeldet. Berufliche, soziale und verwandtschaftliche Beziehungen in Österreich sind nicht hervorgekommen.

 

3.2. Der festgestellte Sachverhalt, der sich aus der Aktenlage und den Berufungsausführungen ergibt, ist im Wesentlichen unbestritten.

 

Entgegen den Berufungsausführungen lässt sich ein gemeinsames Familienleben nicht einmal ansatzweise erkennen. Aus der Abfrage aus dem zentralen Melderegister ist zu ersehen, dass die Bw zu keinem Zeitpunkt mit x gemeinsam an einem Wohnsitz polizeilich gemeldet war. Auch wenn die Bw in der Stellungnahme vom 26. Juli 2010 und in der Berufungsschrift vorbringt, dass sie die Beziehung zu x intensivieren möchte und sogar eine Heirat angedacht werde, darf dabei aber nicht übersehen werden, dass eine "intensive Partnerschaft" bis dato nicht vorgelegen ist. Nach der Aktenlage und den bisherigen Ausführungen der Bw kann nur von einer oberflächlichen Beziehung ausgegangen werden, die im Frühjahr 2010 beendet worden ist (siehe Beschuldigtenvernehmung am 3. März 2010). Obwohl die Bw erst seit der Mitteilung der belangten Behörde, dass beabsichtigt sei, gegen sie ein Aufenthaltsverbot zu verhängen, von einer Intensivierung der Beziehung spricht, ist eine solche nach außen hin nicht erkennbar. Weder haben x und die Bw einen gemeinsamen Haushalt gegründet noch hat die Bw konkrete und nachvollziehbare Schilderungen gemacht, die auf eine "aufrechte" Partnerschaft schließen lassen. Im Gegenteil, das Vorbringen hat sich darin erschöpft, dass eine Intensivierung der Partnerschaft "beabsichtigt" sei und "konkret davon die Rede" sei, zu heiraten.

Abgesehen von "berufsbedingten" Kontakten und der "Beziehung" zu x behauptet nicht einmal die Bw eine soziale Integration in Österreich. Unstrittig ist auch, dass sich sämtliche Verwandten der Bw in Ungarn aufhalten und die Bw in den letzten Jahren regelmäßig für mehrere Monate und einmal sogar mehr als ein Jahr nach Ungarn zurückgekehrt ist.

 

4. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 86 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige dann zulässig, wenn aufgrund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

 

§ 86 FPG enthält Sonderbestimmungen für den Entzug der Aufenthaltsbe-rechtigung betreffend freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürger. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtslage vor dem 1. Jänner 2006 durfte gegen einen EWR-Bürger oder begünstigten Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltsverbot nur erlassen werden, wenn die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Z 1 FrG erfüllt waren. Dabei war § 36 Abs. 2 FrG als "Orientierungsmaßstab" heranzuziehen (vgl. Verwaltungsgerichtshof vom
13. Oktober 2000, 2000/18/0013).

 

Demgemäß sind auch die §§ 60 ff FPG als bloßer Orientierungsmaßstab für § 86 FPG anzusehen. Die belangte Behörde hat sich bei der Verhängung des Aufenthaltsverbotes an § 60 Abs. 1 und Abs. 2 FPG orientiert. 

 

Gemäß § 60 Abs. 1 Z 1 FPG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet.

 

Als bestimmte Tatsache im Sinne des Absatz 1 gilt gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 leg. cit. insbesondere, wenn ein Fremder von einem inländischen Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als 3 Monaten, zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als 6 Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.

 

Würde nach § 60 Abs. 6 iVm § 66 Abs. 1 FPG durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- und Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist ein solcher Entzug der Aufenthaltsberechtigung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Nach § 60 Abs. 6 iVm § 66 Abs. 2 leg.cit. darf ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Gemäß § 66 Abs. 2 leg. cit. sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1.     die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;

2.     das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.     die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.     der Grad der Integration;

5.     die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6.     die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.     Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.     die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren.

 

4.2. Da der Bw als EWR-Bürgerin eine geschützte Rechtsposition zukommt, war auf § 86 FPG abzustellen und zunächst zu prüfen, ob das persönliche Verhalten der Bw eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

 

Die Erläuterungen zu § 86 FPG (22 GP, RV 952, 106)  verweisen auf die Art. 27 Abs. 2 und Art. 28 Abs. 3 Z. a der Richtlinie 2004/38/EG und die Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 27.10.1977, Rs 30/77 - Fall Bouchereau).

 

Der EuGH hat im Urteil vom 27. Oktober 1977, Rs 30/77, ausgeführt, dass jede Gesetzesverletzung eine Störung der öffentlichen Ordnung darstellt. Neben dieser Störung der öffentlichen Ordnung muss nach Ansicht des Gerichtshofes jedenfalls eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Frühere strafrechtliche Verurteilungen dürfen nur insoweit berücksichtigt werden, als die ihnen zugrunde liegenden Umstände  ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt. Wenn auch in der Regel die Feststellung einer derartigen Gefährdung eine Neigung des Betroffenen nahelegt, dieses Verhalten in Zukunft beizubehalten, so ist es doch auch möglich, dass schon allein das vergangene Verhalten den Tatbestand einer solchen Gefährdung der öffentlichen Ordnung erfüllt. Es obliegt den nationalen Behörden und gegebenenfalls den nationalen Gerichten, diese Frage in jedem Einzelfall zu beurteilen, wobei sie die besondere Rechtstellung der dem Gemeinschaftsrecht unterliegenden Personen und die entscheidende Bedeutung des Grundsatzes der Freizügigkeit zu berücksichtigen haben.

 

Zur Beurteilung der Frage, ob ein bestimmter Sachverhalt die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen einen EWR-Bürger oder begünstigten Drittstaatsangehörigen  rechtfertigt, ist auf die demonstrative Aufzählung des § 60 Abs. 2 FPG nur als "Orientierungshilfe" zurückzugreifen. Entgegenstehende europarechtliche Vorgaben sind dabei jedenfalls zu beachten.

 

Hinsichtlich der nach dem FPG anzustellenden Prognosebeurteilungen hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur ausgesprochen, dass es letztlich immer auf das in Betracht zu ziehende Verhalten des Fremden ankommt. Es ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Wie nachfolgend ausgeführt, legt das FPG, bezogen auf unterschiedliche Personenkreise oder nach bestimmter Aufenthaltsdauer, ein unterschiedliches Maß für die zu prognostizierende Gefährlichkeit des Fremden fest. So setzt § 60 Abs. 1 FPG ("Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit" oder "Zuwiderlaufen anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen") in Relation zu § 56 Abs. 1 FPG ("schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit") ein geringeres Maß der Gefährlichkeitsprognose voraus. Hingegen verlangt § 86 Abs. 1 FPG ("tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt") im Verhältnis zu § 56 Abs. 1 FPG ein höheres Maß der Gefährdungsprognose, die sich zudem nach dem fünften Satz des § 86 Abs. 1 FPG ("nachhaltige und maßgebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit") noch weiter steigert (vgl. VwGH vom 20. November 2008, 2008/21/0603; E vom 3. April 2009, 2008/22/0913; E vom 27.5.2010, 2007/21/0297).

4.2.1. Für den Oö. Verwaltungssenat steht zunächst zweifelsfrei fest, dass das Verhalten der Bw ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt:

 

Im konkreten Fall handelt es sich nicht um ein bloß sonstiges öffentliches Interesse, sondern tatsächlich – wie die belangte Behörde umfangreich ausführt - um das Grundinteresse der Gesellschaft, strafbare Handlungen im Zusammenhang mit Suchtmitteln, insbesondere den Suchtgifthandel, zu verhindern. Die von der Bw begangenen Suchtgiftdelikte wurden im unter Punkt 3.1.2 auszugsweise wiedergegebenen Urteil des LG Linz teilweise als Verbrechen eingestuft.

 

4.2.2. Wie bereits dargelegt, ist darüber hinaus eine Gefährdungsprognose zu erstellen und die Überprüfung an Hand der, je nach Lage des Falles einschlägigen Bestimmungen vorzunehmen.

 

Wie unter Punkt 3.1.2. ausgeführt, wurde die Bw wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 6. Fall SMG idF BGBl I 2007/110 und des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1. Z 1 1. und 2. Fall, Abs. 2 SMG idF BGBl I 2007/110 zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 Monaten verurteilt. Nach § 63 Abs. 1 FPG wäre die Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes zulässig.

 

Im Sinne der wiedergegeben Judikatur (VwGH, EGMR, EuGH) ist jedoch nicht primär maßgeblich, dass eine strafgerichtliche Verurteilung ausgesprochen wurde, sondern dass im Sinne einer Prognoseentscheidung das gegenwärtige und zukünftige Verhalten einer Person im Lichte einer strafgerichtlichen Verurteilung rechtlich zu würdigen ist. Im konkreten Einzelfall ist zu analysieren, ob davon ausgegangen werden kann, dass sich die Bw hinkünftig rechtskonform verhalten wird.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Suchtgiftkriminalität um eine besonders gefährliche Art der Kriminalität, bei der erfahrungsgemäß die Wiederholungsgefahr besonders groß ist und der eine große Sozialschädlichkeit innewohnt (vgl. VwGH vom 24.9.2009, 2009/18/0317, mwN; VwGH vom 4.10.2006, 2006/18/0306; VwGH vom 27.6.2006, 206/18/0092).

 

Wenn die Bw ausführt, dass aufgrund der konkreten Tatbegehung hinsichtlich des Verbrechens des Suchtgifthandels von ihr konkret keine nach außen wirkende Gefährdung ausgegangen sei, so ist dem entgegen zu halten, dass schon jede Begünstigung des Suchtmittelhandels eine Gefährdung der Gesellschaft in ihren Grundinteressen, im Konkreten der Unterbindung des Handels mit Suchtgiften und der damit verbundenen Gefährdung, insbesondere von Jugendlichen, bedeutet. Dies gilt umso mehr, als die Bw dem unter 3.1.2. angeführten Schuldspruch des Landesgerichtes Linz zufolge selbst aktiv einige Suchtgiftverkäufe telefonisch vermittelt und somit ermöglicht hat.

 

Weiters wird in der Berufungsschrift argumentiert, dass aufgrund der bedingten Verurteilung das urteilende Strafgericht wohl davon ausgegangen ist, dass es keinem Vollzug der Freiheitsstrafe bedarf, um die Bw von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten. Daraus ergebe sich wiederum, dass die Bw gegenwärtig keine tatsächliche und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle.

 

Eine Verurteilung zu einer bloß bedingten Freiheitsstrafe bedeutet keineswegs generell eine positive Prognose des Gerichts dahin, dass der Täter damit keine Gefahr mehr für die Öffentlichkeit darstellt. Derartiges könnte ja im Übrigen auch für den Zeitraum nach der Verbüßung einer Haftstrafe nie verlässlich ausgeschlossen werden. Primär soll durch eine bedingte Verurteilung vielmehr nur zum Ausdruck gebracht werden, dass insgesamt doch die Überzeugung überwiegt, dass der Täter von der Begehung weiterer Straftaten durch die dann kumulativ hinzutretende Bestrafung wegen des früheren Delikts und somit wegen der insgesamt verschärften Strafdrohung abgehalten werden wird. Darüber hinaus ist auf die diesbezügliche ständige Rechtsprechung des VwGH zu verweisen, dass die hier anzustellende Gefährdungsprognose allein aus dem Blickwinkel des Fremdenrechts vorzunehmen ist und die Erwägungen des zuständigen Gerichts (sei es nun des Straf- oder des Vollzugsgerichts) insoweit nicht als ausschlaggebend angesehen werden können (vgl. VwGH vom 17.3.2009, 2008/21/0109, mwN). Dies wird offenbar auch an anderer Stelle in der Berufungsschrift erkannt, soweit dort ausgeführt wird, dass die strafrechtliche Komponente eine Seite, die Beurteilung des Verhaltens der Bw eine anderes Seite sei.

 

Ob das persönliche Verhalten der Bw i.S.d. § 86 Abs. 1 FPG eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, muss daher nach ihrem Gesamtverhalten im Vorfeld der Verhängung des Aufenthaltsverbotes beurteilt werden.

 

Auch wenn das Gericht die bisherige Unbescholtenheit in Österreich und das reumütige Geständnis als mildernd gewertet sowie die Strafe bloß bedingt ausgesprochen hat, darf dabei nicht übersehen werden, dass sich die Bw erst seit 2005, offenbar nicht zur Aufnahme einer geregelten legalen Beschäftigung und auch nur mit mehrmonatigen Unterbrechungen in Österreich aufgehalten hat.

 

Da bereits bei Suchtgiftdelikten im Allgemeinen erfahrungsgemäß besonders große Wiederholungsgefahr besteht, ist nachvollziehbar, dass im konkreten Fall der Bw, welche nach wie vor keiner geregelten Beschäftigung nachgeht und auch keine sonstige finanzielle Unterstützung nachweisen kann, eine erhebliche Gefahr der neuerlichen Begehung von Suchtgiftdelikten, insbesondere des Suchtgifthandels, besteht.

 

Derzeit lässt das Persönlichkeitsbild der Bw keinesfalls den Schluss zu, dass sie nunmehr als vollständig geläutert anzusehen ist. In der Berufung versucht die Bw ihre Tathandlungen zu beschönigen. Sie übersieht dabei jedoch, dass sie über mehre Wochen einen wesentlichen Beitrag zu den Verbrechen und Vergehen geleistet hat und erst durch ihre Informationen und ihre Vermittlung die zahlreichen Kokainverkäufe zustande gekommen sind. Auf Grund der dargelegten Umstände, der Art und Schwere der vorliegenden Straftaten und dem sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbild der Bw pflichtet der Oö. Verwaltungssenat der Auffassung der belangten Behörde bei, dass der weitere Aufenthalt der Bw in Österreich die öffentliche Ordnung und Sicherheit iSd § 60 Abs. 1 Z 1 FPG gefährden würde und dass ihr bisheriges Gesamtfehlverhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, die das besondere Grundinteresse der Gesellschaft an der Verhinderung von Suchtgiftdelikten, insbesondere dem Suchtgifthandel, berührt.

 

4.3. Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, soweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist, ferner eine Maßnahme darstellt, die einem oder mehreren der in Art. 8 Abs. 2 EMRK formulierten Ziele (die nationale Sicherheit, die öffentliche Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung, die Verhinderung von strafbaren Handlungen, der Schutz der Gesundheit und der Moral und der Schutz der Rechte und Freiheiten anderer) dient und hierfür in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist.

 

Im vorliegenden Fall könnte ein Eingriff denkmöglich sein. Der Eingriff verletzt den Schutzanspruch aus Art 8 Abs. 1 EMRK jedenfalls dann, wenn er zur Verfolgung der genannten Ziele in einer demokratischen Gesellschaft nicht notwendig ist, d.h. wenn er nicht durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und insbesondere nicht verhältnismäßig zum verfolgten legitimen Ziel ist.

 

Ein Eingriff in das durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Recht ist nicht bereits dann notwendig, wenn die innerstaatliche Normen ihn gebieten oder erlauben und er einem der in Art. 8 Abs. 2 EMRK formulierten Ziel dient. Entscheidend ist, ob er auch verhältnismäßig zum verfolgten Eingriffsziel ist. Davon ist nur auszugehen, wenn Gewicht und Bedeutung des Eingriffziels Gewicht und Bedeutung des durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Schutzanspruchs überwiegt. Bei der Abwägung sind laut EGMR (Benhebba, Urteil vom 10.7.2003, Bsw.Nr. 53441/99; Üner, Urteil vom 5.7.2005, Bsw.Nr. 46410/99) jedenfalls folgende Aspekte zu berücksichtigen, zu gewichten und gegeneinander abzuwägen:

-         Dauer des Aufenthaltes

-         Beherrschung der Sprache des Aufenthaltsstaates in Wort und Schrift

-         Wohnverhältnisse

-         wirtschaftliche Integration

-         soziale Kontakte und Bindungen, Alter der Kinder

-         Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft

-         Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes

-         Bindungen an den Staat der eigenen Staatsangehörigkeit

-         Straftaten

     - Natur und Schwere der Straftaten

     - Dauer des Zeitraums zwischen Begehung der Straftat und der         aufenthaltsbeendenden Maßnahme und das Verhalten des Fremden          während dieser Zeit

     - Dauer des Aufenthaltes im Aufenthaltsstaat

     - Staatsangehörigkeit der betroffenen Personen (Ehegatte, Kinder)

     - Schwierigkeiten, welche für den Ehepartner und/oder Kinder im               Herkunftsstaat des Fremden zu erwarten sind

 

Ein wesentliches Element für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des zu erlassenden Aufenthaltsverbotes ist die Schwere der von der Bw begangenen Straftaten.

 

Der EGMR hat sich in zahlreichen Urteilen (Boultif, Urteil vom 2.8.2001, Bsw.Nr. 54273/00; Baghli, Urteil vom 30.11.1999, Bsw.Nr. 34374/97) mit der Verhältnismäßigkeit derartiger Eingriffe auseinandergesetzt. Der Gerichtshof würdigt in diesem Zusammenhang das entschlossene Vorgehen der Behörde gegen Fremde, die sich bestimmter Delikte (wie etwa Drogenhandel) schuldig gemacht haben (vgl. Urteil vom 27.10.2005, Bsw.Nr. 32231/02 mwN). In seinem Urteil Dalia, 19.2.1998, Bsw.Nr. 26102/95 führte der EGMR aus, dass die Begehung von Suchtgiftdelikten besonders schwer wiegt und das entschlossene Vorgehen der Behörden angesichts deren zerstörerischer Effekte für die Gesellschaft verständlich ist. Der Eingriff in das Privat- und Familienleben einer Auszuweisenden, die im Alter von ca. 18 Jahren erstmals ins Gastland gekommen ist, die Sprache des Heimatstaates spricht, dort soziale Bindungen aufweist und dort die Schule besucht hat ist nicht so drastisch, als wenn diejenige im Gastland geboren wurde oder als jüngeres Kind dorthin gekommen ist. Die Ausweisung der alleinerziehenden Mutter eines Kindes mit Doppel-Staatsbürgerschaft aufgrund einer Verurteilung wegen Suchtgifthandels stellt unter diesen Voraussetzungen daher keine Verletzung des Art 8 MRK dar, auch wenn die übrigen Verwandten der Mutter im Gastland legal aufhältig sind.

 

In Anbetracht dieser Judikatur des EGMR (neben den bereits zitierten Urteilen siehe auch: B, Urteil vom 21.6.1988, Bsw.Nr. 10730/84; M, Urteil vom 18.2.1991, Bsw.Nr. 12313/86; Y, Urteil vom 31.7.2002, Bsw.Nr. 37295/97; M, Urteil vom 15.7.2003, Bsw.Nr. 52206/99) greift das Aufenthaltsverbot – auch gemessen am Maßstab des Art 66 Abs. 2 FPG, der im wesentlichen die EGMR-Judikatur ins nationale Recht transferiert -  nur peripher in das Privatleben der Bw ein.

 

Die Bw hat sich seit dem Jahr 2005 bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides nie länger als rund neun Monate durchgehend in Österreich aufgehalten. Auch wenn die Bw ihren – offenbar nunmehr neuerlichen – "Partner" heiraten möchte, kann nicht von einer Lebensgemeinschaft gesprochen werden. Da die Bw und ihr "Partner" zu keinem Zeitpunkt an einer gemeinsamen Wohnadresse polizeilich gemeldet waren, kann keinesfalls von einer Wohngemeinschaft ausgegangen werden. Eine solche wurde von der Bw auch zu keinem Zeitpunkt behauptet. Vielmehr hat sie noch im März 2010 im Zuge der kriminalpolizeilichen Einvernahme behauptet, die Beziehung beendet zu haben. Erst bei der schriftlichen Stellungnahme im Verfahren vor der belangten Behörde bezeichnet sie Ihre Beziehung als seit Oktober 2008 bestehende "Partnerschaft".

 

Aus dem gesamten Vorbringen der Bw ist erschließbar, dass ein gemeinsames "Familienleben" bisher noch nicht stattgefunden hat. Daher ist der Eingriff in ein bestehendes Familienleben nicht möglich. Folgt man der Bw, dass sie eine "gemeinsame Zukunft, in weiter Folge sogar eine Ehe" mit x anstrebe, kann allenfalls von einem "geplanten" Familienleben gesprochen werden. Selbst wenn ein solches vom Schutz des Art 8 EMRK umfasst wäre, sind die berücksichtigungswürdigen Gründe kaum von Gewicht. Die angestellten Überlegungen treffen auch auf den behaupteten Eingriff in die sonstigen persönlichen Beziehungen der Bw zu.

 

Die Bw beherrscht weder die österreichische Sprache (die kriminalpolizeiliche Einvernahme war nur mittels Dolmetscher möglich), noch weist sie eine wirtschaftliche Integration auf. Wie sich aus der Beschuldigtenvernehmung vom 3. März 2010 ergibt, hat die Bw eine unregistrierte Beschäftigung als "Tänzerin" ausgeübt. Wenn sich auch der Verdacht der illegalen Prostitution nicht erwiesen hat, war die Bw doch in Österreich lediglich für einen Tag sozialversicherungspflichtig beschäftigt und hat sie entgegen der schriftlichen Aufforderung auch nicht angegeben, wie sie nunmehr ihren weiteren Lebensunterhalt in Österreich zu finanzieren gedenkt.

 

Die Bw ist erst im Alter von 28 Jahre nach Österreich eingereist. Nach ihren Angaben befinden sich ihre Eltern, zwei Schwestern und die restlichen Verwandten in Ungarn und hätte sie sich selbst im Jahr 2007 "für ca. ein Jahr" dort befunden. "Soziale Kontakte und Bindungen" in Österreich wurden – mit Ausnahme der "Partnerschaft" zu x – von ihr trotz Aufforderung nicht bekannt gegeben. Daraus ist insgesamt ableitbar, dass nach wie vor eine sehr starke Bindung zum Heimatland besteht.

 

Gegen den Aufenthalt und für die Erlassung eines auf drei Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes sprechen die begangenen Suchtgiftdelikte von nicht  unerheblichem Umfang, der nicht nur in der Vermittlung des Suchtgifthandels mit rund 540 g Kokain zum Ausdruck kommt, sondern auch durch den wiederholten Erwerb und Besitz von Suchtgift zum Eigengebrauch. Daraus ist insgesamt auf ein mangelndes Rechtsempfinden und ein Charakterdefizite erkennen lassendes Persönlichkeitsbild zu schließen. Der seit der Verurteilung vergangene Zeitraum ist noch zu kurz, um aus ihrem seitherigen Wohlverhalten auf die vollständige Läuterung und ein zukünftiges rechtskonformes Verhalten der Bw zu schließen.

 

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das für ihren Verbleib in Österreich behauptete persönliche Interesse das durch ihr Gesamtfehlverhalten nachhaltig beeinträchtigte Allgemeininteresse an der Verhinderung von Suchtgiftdelikten, insbesondere Suchtgifthandel, iSd Art 8 Abs.2 EMRK nicht überwiegt (vgl. idS zB VwGH 27.06.2006, Zl. 2006/18/0092). Dies insbesondere deshalb, weil die soziale und wirtschaftliche Integration der Bw in Österreich nicht sehr ausgeprägt ist, ihr Aufenthalt noch nicht sehr lange gedauert hat und längere Unterbrechungen aufwies sowie die Bindung zum Heimatstaat nach wie vor stark ist.  

 

Die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbots für die öffentliche Ordnung und Sicherheit wiegen wesentlich schwerer als die aufgrund der geringfügigen Integration in Österreich völlig untergeordneten Auswirkungen auf die persönliche Lebenssituation der Bw. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes war zur Erreichung von im Art 8 Abs.2 EMRK genannten Zielen dringend geboten.  

 

4.4. Was die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes betrifft, teilt der unabhängige Verwaltungssenat die Ansicht der belangten Behörde.  

4.5. Der einmonatige Durchsetzungsaufschub war aufgrund § 86 Abs.3 FPG zu gewähren.

5. Im Ergebnis war das angefochtene Aufenthaltsverbot zu bestätigen und die Berufung abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1.     Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2.     Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in der Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

Mag. Christian Stierschneider

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt;

VwGH vom 19.04.2012, Zl. 2011/21/0018-6

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