Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300933/3/WEI/Sta

Linz, 29.12.2010

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des X X, geb. X, Xzüchter, X, X, vertreten durch X X, Obmann der "X", X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 28. Jänner 2010, Zl. Pol 96-168-2009, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 38 Abs 3 Tierschutzgesetz – TSchG (BGBl I Nr. 118/2004, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 80/2010) zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

 

II.              Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG; § 66 Abs 1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die belangte Behörde den Berufungswerber (im Folgenden kurz Bw) wie folgt schuldig erkannt:

 

"Sie haben es als Halter Ihrer Strauße zu verantworten, dass am 04.09.2009, 07:13 Uhr, ein Tier nicht in einem mit Zäunen gesicherten Gehege mit einem ständigen Zugang zu einem Stallgebäude gehalten wurde. Beim Eintreffen der Polizei wurde ein Vogel außerhalb des sich bei Ihrem Anwesen befindenden Geheges auf einem angrenzenden Acker festgestellt.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

 

§ 24 TSchG i.V.m. der 1. Tierhaltungsverordnung, Anlage 7, Abs. 1"

 

Wegen der so umschriebenen Verwaltungsübertretung verhängte die belangte Behörde gemäß § 38 Abs 3 TSchG eine Geldstrafe in Höhe von 600 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde dem Bw gemäß § 64 VStG der Betrag von 60 Euro (10 % der Geldstrafe) vorgeschrieben.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Händen seines Rechtsvertreters am 1. Februar 2010 zugestellt wurde, richtet sich die per Telefax rechtzeitig bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung vom 10. Februar 2010, mit der sinngemäß die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens angestrebt wird.

 

In der vom Rechtsvertreter eingebrachten Berufung wird vorgebracht, dass der Vorfall dem Bw nicht in Erinnerung sei. Im Polizeibereicht werde aber von einem Zeugen berichtet. Der Einheitswert der Liegenschaft des Bw betrage tatsächlich nur 10.600 Euro. Um die Berufung näher auszuführen werde Akteneinsicht und Übersendung ans Gemeindeamt X beantragt.

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende Gang des Verfahrens und wesentliche Sachverhalt:

 

2.1. Mit Anzeige (GENDIS-Anzeige) der Polizeiinspektion (PI) X vom 8. September 2009, Zl. A1/0000013368/01/2009, wurde der Bw wegen des Verdachts einer Übertretung gemäß § 5 Oö. PolStG angezeigt. Angeführt wird als "Begehungsdatum/Zeit: 04.09.2009/07.13". Nach der Tatortbeschreibung: "Angrenzendes Feld zu X" führt die Anzeige Folgendes aus :

 

"Tatbeschreibung:

X X unterließ es, seine Strauße in geeigneter Weise zu verwahren und zu beaufsichtigen, wodurch es am 04.09.2009 gegen 07:13 Uhr einem ausgewachsenen Tier gelang aus dem Gehege zu laufen.

 

Sonstiges, Besonderheiten zur Amtshandlung

 

X X steht im Verdacht eine Übertretung gemäß §5 Polizeistrafgesetz (Halten von Tieren) begangen zu haben.

 

Weitere Mitteilung

 

Am 04.09.2009 um 07:13 Uhr wurde der BLS Gmunden durch Anrainer des X angezeigt, dass sich ein Strauß außerhalb des Geheges befinde. Beim Eintreffen der Streife 'X 1' (Insp X X und Insp X X) um 07:23 Uhr befand sich ein Strauß in dem angrenzenden Feld. X wurde an seiner Wohnadresse angetroffen. Er fing das frei laufende Tier wieder ein.

 

Übertretene Rechtsnorm

 

Übertretung der Tierhalteverordnung."

 

2.2. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 22. Oktober 2009, dem Rechtsvertreter des Bw zugestellt am 23. Oktober 2009, hat die belangte Behörde dem Bw die Tat im Wesentlichen wie im angefochtenen Straferkenntnis angelastet. Der Rechtsvertreter des Bw brachte dazu keine Stellungnahme ein.

 

2.3. Mit "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" vom 29. Oktober 2009 teilte die belangte Behörde dem Bf die nach ihrer Ansicht einschlägigen Rechtsvorschriften sowie den Gang des Verfahrens mit. Außerdem wird die per E-Mail erstattete Stellungnahme der Tierschutzombudsfrau vom 27. Oktober 2009, in der sie sich der Aufforderung zur Rechtfertigung betreffend die Straußenhaltung des Bw inhaltlich anschloss, zitiert.

 

Von der eingeräumten Möglichkeit zur Stellungnahme habe der Bw keinen Gebrauch gemacht. Die Frist sei verstrichen. An der Haltereigenschaft des Bw bestehe kein Zweifel. Der Bescheid werde auf Grundlage des Ergebnisses der Beweisaufnahme erlassen werden, soweit nicht eine Stellungnahme des Bw anderes erfordert. Eine solche wurde nicht erstattet.

 

In weiterer Folge erging das angefochtene Straferkenntnis vom 28. Jänner 2010.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt und dabei festgestellt, dass das angefochtene Straferkenntnis schon aus rechtlichen Gründen aufzuheben ist.

 

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß der Blankettstrafnorm des § 38 Abs 3 TSchG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 3.750 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 7.500 Euro zu bestrafen,

 

wer außer in den Fällen der Abs 1 und 2 gegen §§ 5, 8a, 9, 11 bis 32, 36 Abs 2 oder 9 oder gegen auf diese Bestimmungen gegründete Verwaltungsakte verstößt.

 

Unter die im § 38 Abs 3 TSchG angesprochenen Verwaltungsakte fällt auch die 1. Tierhaltungsverordnung mit ihren Vorschriften zur Haltung landwirtschaftlicher Tierarten. Die auch auf dem § 13 Abs 2 TSchG basierenden Mindestanforderungen für die Haltung von Straußen sind in der Anlage 7 der 1. Tierhaltungsverordnung zu finden.

 

Gemäß der Generalklausel des § 13 Abs 2 TSchG hat ein Tierhalter dafür zu sorgen, dass das Platzangebot, die Bewegungsfreiheit, die Bodenbeschaffenheit, die bauliche Ausstattung der Unterkünfte und Haltungsvorrichtungen, das Klima, insbesondere Licht und Temperatur, die Betreuung und Ernährung sowie die Möglichkeit zu Sozialkontakt unter Berücksichtigung der Art, des Alters und des Grades der Entwicklung, Anpassung und Domestikation der Tiere ihren physiologischen und ethologischen Bedürfnissen angemessen sind.

 

§ 24 Abs 1 Z 1 TSchG enthält dazu für die Haltung landwirtschaftlicher Tiere, unter die auch Strauße fallen, eine Verordnungsermächtigung des Bundesministers für Gesundheit im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft. Danach sind durch Verordnung die Mindestanforderungen für die in § 13 Abs 2 genannten Haltungsbedingungen und erforderlichenfalls Bestimmungen hinsichtlich zulässiger Eingriffe sowie sonstiger zusätzlicher Haltungsanforderungen zu erlassen.

 

Mit der am 1. Jänner 2005 in Kraft getretenen 1. Tierhaltungsverordnung (BGBl II Nr. 485/2004, zuletzt geändert mit BGBl II Nr. 219/2010) wurden hinsichtlich der im § 24 Abs 1 Z 1 TSchG aufgezählten Tiere entsprechende Vorschriften erlassen. Nach § 2 Satz 1 der 1. Tierhaltungsverordnung gelten für die Haltung der im § 1 genannten Tierarten die in Anlagen 1 bis 11 festgelegten Mindestanforderungen. Fachlich begründete abweichende Haltungsbedingungen sind nach dem 2. Satz für Quarantäne sowie für sonstige auf Grund von tierseuchenrechtlichen Bestimmungen vorgeschriebene Schutz- und Überwachungsmaßnahmen oder für die Behandlung erkrankter Tiere zulässig.

 

Nach Anlage 7 Ziffer 1 der 1. Tierhaltungsverordnung ("GRUNDSÄTZLICHE ANFORDERUNGEN") muss die Haltung von Straußen in mit Zäunen gesicherten Gehegen mit einem ständigen Zugang zu einem Stallgebäude erfolgen.

 

4.2. Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde den Zeitpunkt am 4. September 2009 um 07:13 Uhr, in dem ein Straußenvogel außerhalb des Geheges auf einem angrenzenden Acker von Polizeibeamten wahrgenommen wurde, im Spruch zum Anlass für den Vorwurf des Haltens außerhalb eines Geheges genommen, ohne dazu weitere Erhebungen durchzuführen.

 

§ 4 Z 1 TSchG versteht unter dem Begriff des Halters jene Person, die ständig oder vorübergehend für ein Tier verantwortlich ist oder ein Tier in ihrer Obhut hat. Ähnlich betrachtet die überkommene hM im Zivilrecht als Tierhalter denjenigen, der die tatsächliche Herrschaft über das Verhalten des Tieres ausübt und über die Verwahrung und Beaufsichtigung entscheidet (vgl näher mwN Dittrich/Tades, MGA ABGB³³, E 18ff zu § 1320; Reischauer in Rummel², Rz 7 f zu § 1320 ABGB). Auf eine bestimmte rechtliche Beziehung zum Tier (etwa das Eigentumsrecht) kommt es dabei nicht an.

 

Dass der Bw als Betreiber einer Straußenfarm in X auch Halter der Strauße ist und als Täter von Verwaltungsübertretungen nach dem TSchG in Betracht kommt, steht außer Frage und bedarf keiner weiteren Begründung. Vom Begriff des verantwortlichen Halters ist allerdings das Halten der Tiere im Rahmen einer Straußenfarm zu unterscheiden. Diese Tätigkeit des Haltens ist auf eine gewisse Dauer angelegt und besteht in der Schaffung von Rahmenbedingungen und in der Ausübung von Herrschaft über das Tier. Beim Betreiben einer Straußenfarm, das mit dem Halten von Straußen weitgehend konform geht, sind aus tierschutzrechtlicher Sicht die tatsächlichen Umstände in Bezug auf Unterbringung, Ernährung, Pflege und Betreuung sowie Aufzucht der Tiere von Interesse.

 

4.3. Dem erkennenden Verwaltungssenat ist aus zahlreichen Verfahren bekannt, dass der Bw seine Straußenfarm grundsätzlich innerhalb von umzäunten Gehegen betreibt. Allerdings ist es immer wieder vorgekommen, dass einzelne Tiere aus einem umzäunten Gehege, sei es infolge von Rangkämpfen zwischen Hähnen oder nur zwecks Futtersuche, entweichen konnten und in der Folge auch dritte Personen belästigten oder gefährdeten. Dabei verabsäumte der Bw, Haltungsbedingungen zur Vermeidung von Rangkämpfen und auch Mängel der Umzäunung zu verbessern. Dies führte immer wieder zu Strafverfahren gegen den Bw wegen Verwaltungsübertretungen nach § 5 Abs 1 Oö. PolStG, die wegen mangelhafter Verwahrung der gehaltenen Strauße mit rechtskräftigen Straferkenntnissen endeten (vgl bspw die h. Erk. vom 26.08.2009, Zl. VwSen-300834/15/WEI/Se, vom 27.08.2009, Zlen. VwSen-300837/18/WEI/Se, 300838/17/WEI/Se, sowie vom 28.01.2010, Zl. VwSen-300869/2/WEI/Sta).

 

In dem mit der h. Berufungsentscheidung vom 9. August 2010, Zl. VwSen-300895/2/WEI/Sta, abgeschlossenen Strafverfahren wegen § 5 Abs 1 Oö. PolStG wurden der Anzeige der PI X vom 24. April 2009, Zl. A1/000005860/01/2009, Farblichtbilder beigelegt, zu denen von der Polizei ausgeführt wurde, dass bei einer Besichtigung an mehrerer Stellen des Zaunes festgestellt werden konnte, dass sich der untere erste Draht in einer Höhe von ca. 70 cm befand. Dies wurde mit mehreren Lichtbilder dokumentiert, wobei auf einem Bild auch eine Bodenvertiefung in unmittelbarer Nähe zu sehen war. Diese Situation war nach der dem Oö. Verwaltungssenat zuletzt bekannt gewordenen Darstellung der PI X ein Grund dafür, dass Strauße aus dem Gehege schlüpfen können.

 

4.4. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit verst. Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985). Dabei sind die Anforderungen an Tatort- und Tatzeitumschreibung von Delikt zu Delikt und je nach den Begleitumständen verschieden und an Rechtsschutzüberlegungen zu messen (vgl u.a. im Anschluss an verst. Senat VwSlg 11.894 A/1985; VwGH 29.9.1993, 93/02/0046; VwGH 31.1.1995, 95/05/0008; VwGH 9.9.1998, 97/04/0031). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004], 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

 

Im gegenständlichen Verfahren hat die belangte Behörde keinerlei Erhebungen zur Situation vor Ort vorgenommen und dementsprechend auch den nach dem Verordnungswortlaut formulierten Tatvorwurf eines Haltens entgegen der Anlage 7 Ziffer 1 der 1. Tierhaltungsverordnung nicht an Hand von örtlich festgestellten Umständen konkretisiert. Wie unten noch dargelegt wird, hätte die belangte Behörde nach richtiger Rechtsansicht konkret feststellen müssen, dass ein Halten außerhalb der Straußenfarm des Bw stattfand, weil beispielsweise der Zaun des Geheges teilweise fehlte. Die bloße Verwendung des Verordnungstextes, also der verba legalia, reicht nicht aus, um die Tat entsprechend den Gegebenheiten des Einzelfalls zu individualisieren (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch6 [2004], 1522, Anm 2 zu § 44a VStG). Schon diese wesentliche Mangelhaftigkeit des Spruchs kann nur zur Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses führen.

 

4.5. Im Übrigen erscheint dem erkennenden Verwaltungssenat die im angefochtenen Straferkenntnis sinngemäß zum Ausdruck kommende Meinung der belangten Behörde rechtlich unschlüssig. Sie beruht vermutlich auf einem grundlegenden Missverständnis zum Begriffsinhalt des Haltens. Wie schon oben unter Punkt 4.2. angedeutet, hat sich die Strafbehörde mit der Feststellung einer Momentaufnahme in nur einer bestimmten Minute für die Beurteilung des Haltens entgegen Anlage 7 Ziffer 1 der 1. Tierhaltungsverordnung begnügt. Offenbar vertritt die belangte Behörde nunmehr entgegen den dem Oö. Verwaltungssenat bisher bekannten Gepflogenheiten die Ansicht, dass eine singuläre Wahrnehmung von Polizisten genüge, um die Rechtsfrage des Haltens entgegen der 1. Tierhaltungsverordnung beurteilen zu können.

 

Beim Begriff des Haltens kommt es auf die faktischen Verhältnisse der Herrschaft über das Tier (Aufzucht, Ernährung, Unterbringung, Pflege und gesundheitliche Betreuung) entscheidend an (vgl VwGH 30.7.1992, 88/17/0149). Schon nach dieser Begriffsbildung und der allgemeinen Lebenserfahrung erscheint es eigentlich selbstverständlich, dass das auf eine gewisse Dauer angelegte Halten von Tieren gerade nicht im Rahmen einer Zeiteinheit von Minuten beurteilt werden kann. Vielmehr sind die auf Dauer angelegten Rahmenbedingungen und faktischen Verhältnisse des Haltens näher zu erforschen und fachkundig zu beurteilen. Mit der bloßen Feststellung, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt ein frei laufender Strauß außerhalb des Geheges in der Nähe des Anwesens vorgefunden wurde, kann daher nicht schlüssig ein Halten entgegen der 1. Tierhaltungsverordnung begründet werden, handelte es sich doch nicht um den Normalfall des Haltens, sondern um den Sonderfall eines vorübergehend aus dem umzäunten Gehege entkommenen Tieres.

 

Grundsätzlich hält der Bw seine Straußenvögel in mit Zäunen gesicherten Gehegen und nicht auf Äckern oder Feldern. Dass die Umzäunung in der Vergangenheit schon öfter nicht genügend Sicherheit bot und immer wieder Mängel aufwies, die ein Ausbrechen einzelner Strauße ermöglichte, vermag am Grundsatz nichts zu ändern. Der von der PI X zuletzt berichtete Umstand, dass an manchen Stellen der Umzäunung der unterste Draht erst in 70 cm Höhe gespannt ist, was einen Schwachpunkt des Zaunes darstellt und ein Entkommen von Straußen begünstigt, kann noch nicht zur Beurteilung führen, dass ein mit Zäunen gesichertes Gehege schlechthin nicht vorliege. Die Anlage 7 der 1. Tierhaltungsverordnung enthält zur Beschaffenheit der Umzäunung (vgl Ziffer 2.1.) zwar gewisse Vorgaben (wie Mindesthöhe, gute Erkennbarkeit damit keine Verletzungsgefahr, "elastisch und stark genug"), aber keine detaillierten Errichtungsvorschriften. Abgesehen davon wird man eine absolute Ausbruchssicherheit wohl bei Beachtung tierschutzfreundlicher Grundsätze kaum erreichen können.

 

Anders ist die Sache nur zu beurteilen, wenn ein so gravierender Mangel in der Umzäunung vorliegt, dass Straußenvögel völlig ungehindert das Gehege verlassen können. Dementsprechend hat der erkennende Verwaltungssenat in gegen den Bw geführten Strafverfahren wegen Verwaltungsübertretungen nach dem § 38 TSchG iVm der Anlage 7 der 1. Tierhaltungsverordnung mit Berufungserkenntnis vom 15. Dezember 2009, Zl. VwSen-300852/14/WEI/La, die Rechtsansicht der belangten Behörde zum damaligen Spruchpunkt 4. geteilt, dass eine mehrere Meter breite, durch umgefahrene Steher bewirkte Lücke der Umzäunung eines Geheges, die der Bw von Ende November 2007 bis Mitte April 2008 und damit monatelang ungesichert auf sich beruhen ließ, weil er den Nachbarn dafür verantwortlich machte, einem Zustand entspricht, bei dem man nicht von einem mit einem Zaun gesicherten Gehege sprechen kann. Eine derartig qualifizierte Situation hat die belangte Behörde im gegenständlichen Verfahren weder festgestellt, noch ist sie aus der Aktenlage ableitbar.

 

Da aus den dargelegten rechtlichen Gründen nicht jede mangelhafte Verwahrung, durch die ein Strauß aus einem Gehege entkommen kann, als ein Halten entgegen der Ziffer 1 der Anlage 7 der 1. Tierhaltungsverordnung betrachtet werden kann, ist das angefochtene Straferkenntnis der belangten Behörde verfehlt. Die Fälle der mangelhaften Verwahrung eines Tieres mit Gefährdungs- und/oder Belästigungsfolge für dritte Personen fallen - wie bisher auch von der belangten Behörde angenommen - in den Anwendungsbereich des Verwaltungsstraftatbestandes nach § 5 Abs 1 Oö. PolStG. Ein solcher Fall wurde aber im gegenständlichen Verfahren nicht angelastet.

 

5. Im Ergebnis war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren nach dem § 45 Abs 1 Z 1 VStG mangels einer rechtsrichtig angelasteten, strafbaren Verwaltungsübertretung einzustellen.

 

Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. W e i ß

 

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