Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-522726/2/Kof/Jo

Linz, 21.12.2010

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des X, vertreten durch X gegen die – zwei – Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach (jeweils) vom 5. November 2010, VerkR21-23-2010 betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, Aberkennung des Rechts, von einem ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, Lenkverbot, amtsärztliche Untersuchung und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung, zu Recht erkannt:

 

I.    Der Berufung wird insofern stattgegeben, als die/das

-      Dauer der Entziehung der von einem EWR-Staat ausgestellten Lenkberechtigung

-      Aberkennung des Rechts, von einem allfällig bestehenden ausländischen – nicht von einem EWR-Staat ausgestellten – Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen und

-      Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraft-fahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen

auf insgesamt sieben Monate – vom 25. August 2010 (= Datum der  Zustellung des erstinstanzlichen Mandatsbescheides) bis einschließlich 25. März 2011 – herab- bzw. festgesetzt wird.

 

II.    Betreffend die Aufforderung "Sie haben sich vor Ablauf der Entziehungszeit einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen" wird der Berufung stattgegeben und der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben.

 

III.    Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung wird bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1, 25 Abs.3, 7 Abs.1 Z1, 7 Abs.3 Z6 lit.a und 7 Abs.4 iVm
 § 30 Abs.3 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 93/2009

§ 30 Abs.1 FSG

§ 14 FSG-GV

§ 64 Abs.2 AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat mit den in der Präambel zitierten – insgesamt zwei –Bescheide dem/den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit

-     eine in einem EWR-Staat ausgestellte – näher bezeichnete – Lenkberechtigung für die Klassen A und B für die Dauer von neun + drei, somit insgesamt
zwölf Monate entzogen

-     für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Recht aberkannt, von einem allfällig bestehenden – nicht von einem EWR-Staat ausgestellten – Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen

-     für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Lenken von Motor-fahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invaliden-KFZ verboten

-     verpflichtet, bis zum Ablauf der Entziehungsdauer sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen.

Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Gegen diese Bescheide – zugestellt am 10. November 2010 – hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 24. November 2010 erhoben.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:

 

Gemäß § 67d Abs.1 und Abs.3 erster Satz AVG ist die Durchführung
einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (mVh) nicht erforderlich,
da der – durch einen Rechtsanwalt vertretene – Bw diese in der Berufung
nicht beantragt hat;  VwGH vom 28.04.2004, 2003/03/0017.

 

 

 

 

Der UVS hat mit – im Instanzenzug ergangenen – Erkenntnis (Bescheid) vom
15. Jänner 2009, VwSen-522102/11, dem Bw das Recht aberkannt, von einem näher bezeichneten ausländischen Führerschein für die Klassen A und B in Österreich Gebrauch zu machen, für die Dauer von 24 Monaten –

gerechnet ab 14. August 2008, somit bis einschließlich 14. August 2010.

 

Der Bw lenkte – trotz Lenkverbot – am 18. März 2009 um ca. 19.45 Uhr ein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes Kleinmotorrad auf einer näher bezeichneten Straße mit öffentlichem Verkehr in der Gemeinde L. Dabei verursachte der Bw einen Verkehrsunfall, bei welchem er selbst schwer verletzt wurde. 

Außerdem entstand Sachschaden.

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Straferkenntnis vom 23.11.2009, VerkR96-12656-2009, über den Bw wegen der Verwaltungsübertretung nach
§ 1 Abs.3 iVm § 37 Abs.3 Z1 FSG eine Geldstrafe – Ersatzfreiheitsstrafe – verhängt.

Dieses Straferkenntnis ist – mangels Anfechtung – in Rechtskraft erwachsen.

 

Der Bw lenkte – trotz Lenkverbot – am 01. Juli 2010 um 17.30 Uhr einen dem Kennzeichen nach näher bestimmten PKW auf einer näher bezeichneten Straße mit öffentlichem Verkehr in der Gemeinde A.

Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit Straferkenntnis vom 04.10.2010, VerkR96-1747-2010, über den Bw wegen der Verwaltungsübertretung nach
§ 1 Abs.3 iVm §§ 37 Abs.1 und 37 Abs.4 Z1 FSG eine Geldstrafe – Ersatzfreiheitsstrafe – verhängt.

Dieses Straferkenntnis ist – durch Zurückziehung der ursprünglich eingebrachten Berufung – in Rechtskraft erwachsen.

 

Der Bw lenkte – trotz Lenkverbot – am 15. September 2010 um 21.53 Uhr einen dem Kennzeichen nach näher bestimmten PKW auf einer näher bezeichneten Straße mit öffentlichem Verkehr in der Gemeinde B, Bundesland Salzburg.

Die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung hat mit Straferkenntnis vom 04.11.2010, Zl. 30308-369-108666-2010, über den Bw wegen der Verwaltungs-übertretung nach § 1 Abs.3 iVm §§ 37 Abs.1 und 37 Abs.4 Z1 FSG eine Geldstrafe – Ersatzfreiheitsstrafe – verhängt.

Der Bw hat im gesamten Verfahren die Begehung dieser Verwaltungsübertretung nicht bestritten.

 

Der Bw hat dadurch

-         am 18. März 2009,

-         am 1. Juli 2010  und

-         am 15. September 2010

jeweils eine bestimmte Tatsache iSd § 7 Abs.3 Z6 lit.a FSG verwirklicht.

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 30 Abs.3 iVm § 30 Abs.1 FSG ist dem Besitzer einer in einem EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung – welcher seinen Wohnsitz in Österreich hat – die Lenkberechtigung zu entziehen, wenn Gründe für eine Entziehung vorliegen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrs-zuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie aufgrund ihrer Sinnesart beim Lenken
von KFZ die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten
im Straßenverkehr gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z6 lit.a FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 leg.cit. zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug lenkt trotz Lenkverbotes.

 

Das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Berechtigung gehört zu den gröbsten Verstößen gegen das Kraftfahrrecht;  VwGH vom 27.02.2004, 2004/02/0025 mwH.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind,  kein wie immer geartetes Beweisthema;

Erkenntnisse v. 30.5.2001, 2001/11/0081; vom 23.4.2002, 2000/11/0182;

vom 11.4.2002, 99/11/0328; vom 28.9.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur;

vom 25.2.2003, 2003/11/0017; vom 4.10.2000, 2000/11/0176.

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern;

VfGH v. 14.3.2003, G203/02; v. 11.10.2003, B1031/02; v. 26.2.1999, B 544/97

VwGH vom 18.3.2003, 2002/11/0062; vom 22.11.2002, 2001/11/0108;

vom 23.4.2002, 2000/11/0184; vom 22.2.2000, 99/11/0341 mit Vorjudikatur vom 6.4.2006, 2005/11/0214.

 

Das Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insofern ein einheitliches, als die Behörde bei
der Entziehung der Lenkberechtigung sämtliche Erteilungsvoraussetzungen zu beurteilen und in diesem Zusammenhang alle bis zur Bescheiderlassung verwirklichten Umstände zu berücksichtigen hat.

VwGH vom 23.10.2001, 2001/11/0185 mit zahlreichen Judikaturhinweisen.

 

Ein Delikt iSd § 7 Abs.3 Z4 FSG rechtfertigt jedenfalls dann nicht mehr die Entziehung der Lenkberechtigung der betreffend Person, wenn zwischen der Tat einerseits und der Einleitung des Entziehungsverfahrens andererseits mehr als ein Jahr verstrichen und die betreffende Person in dieser Zeit im Verkehr nicht nachteilig in Erscheinung getreten ist;  VwGH vom 24.4.2001, 99/11/0210 mit Vorjudikatur; vom 23.3.2004, 2004/11/0008 uva.

 

Diese Rechtsprechung wird auch im vorliegenden Fall angewendet.

 

Zu der vom Bw am 18. März 2009 begangenen Verwaltungsübertretung ist auszuführen:

Zwischen der Tat einerseits und der Einleitung des Entziehungsverfahrens andererseits ist ein Zeitraum von mehr als einem Jahr vergangen und ist
der Bw innerhalb von 1 Jahr – gerechnet ab 18. März 2009 – nicht nachteilig
in Erscheinung getreten.

 

Die vom Bw am 18. März 2009 begangene Verwaltungsübertretung kann daher

-         nicht (mehr) als "bestimmte Tatsache" angesehen werden, sondern

-         nur noch – in geringem Umfang – gewertet werden.

 

Die vom Bw am 01. Juli 2010 und am 15. September 2010 begangenen Verwaltungsübertretungen sind als "bestimmte Tatsachen" iSd § 7 Abs.3 Z6 lit.a FSG zu werten.

 

 

 

 

Die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit wird daher mit insgesamt sieben Monaten prognostiziert – beginnend mit Zustellung des erstinstanzlichen Mandatsbescheides (= 25. August 2010, somit bis einschließlich 25. März 2011).

 

Gemäß § 30 Abs.1 FSG kann Besitzern von – allfällig bestehenden – ausländischen Lenkberechtigungen das Recht aberkannt werden, von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, wenn Gründe für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen;

VwGH vom 17.3.2005, 2005/11/0057.

 

Gemäß § 32 Abs.1 Z1 FSG ist Personen, welche nicht iSd § 7 leg.cit verkehrszuverlässig sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, das Lenken eines derartigen KFZ ausdrücklich zu verbieten.

 

Der Berufung wird somit insofern stattgegeben, als die/das

-     Dauer der Entziehung der von einem EWR-Staat ausgestellten Lenkberechtigung

-     Aberkennung des Rechts, von einem allfällig bestehenden ausländischen – nicht von einem EWR-Staat ausgestellten – Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen und

-     Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen

auf sieben Monate – vom 25. August 2010 (= Datum der Zustellung des erstinstanzlichen Mandatsbescheides) bis einschließlich 25. März 2011 –
herab- bzw. festgesetzt wird.

 

Betreffend die Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung ist auszuführen:

Diese ist erforderlich

-     gemäß § 24 Abs.4 FSG, wenn beim Betreffenden Bedenken bestehen, ob seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen noch gegeben ist oder

-     gemäß § 24 Abs.3 FSG, wenn der Betreffende ein KFZ gelenkt und dabei
eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.1 StVO (Atemluftalkoholgehalt:
mindestens 0,8 mg/l  oder  Alkotestverweigerung) oder innerhalb der letzten
fünf Jahren drei Alkoholdelikte im Straßenverkehr begangen hat.

 

Alle diese Voraussetzungen treffen auf den Bw eindeutig nicht zu.

 

Betreffend die Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung war daher der Berufung stattzugeben und der erstinstanzliche Bescheid aufzuheben.

 

Die Behörde kann iSd § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung immer dann ausschließen, wenn die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen wird; 

siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, E24 zu § 64 AVG (Seite 1222f) zitierten zahlreichen VwGH-Entscheidungen.

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung erfolgte somit
zu Recht.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;  diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

 

Mag. Josef Kofler

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum