Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-401097/5/BP/Gr

Linz, 20.12.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des X StA von X, derzeit angehalten im PAZ St. Pölten, im fremdenpolizeilichen Verfahren vertreten durch X, wegen Anhaltung in Schubhaft seit 17. Dezember 2010 durch den Bezirkshauptmann von Schärding, zu Recht erkannt:

 

I.            Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin bestehen.

 

II.        Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann des Bezirks Schärding) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 135/2009) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 13. Dezember 2010, GZ.: Sich40-11431-2010, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf der Basis des § 76 Abs. 2a Z. 5 iVm. Abs. 3 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft mit Wirkung 17. Dezember 2010 - nach bedingter Entlassung aus der gerichtlichen Strafhaft - angeordnet.

 

Begründend führt die belangte Behörde nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen zum Sachverhalt aus, dass sich der Bf, ein Staatsangehöriger von X, seit 26. Juli 2010 neuerlich (nach seiner Flucht aus der gerichtlichen Strafhaft) in gerichtlicher Strafhaft in der JA X befinde. Mit rechtskräftigem Urteil des LG Graz vom 20. August 2005, GZ.: 12 Hv 135/05d, sei der Bf nach den §§ 27, 28 Suchtmittelgesetz iVm. § 278 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren verurteilt worden. Das Strafende sei nunmehr auf Grund bedingter Entlassung für den 17. Dezember 2010 vorgesehen. Bei Gesamtvollzug dieser Haftstrafe wäre dies am 19. April 2011 gewesen. Auf Grund der angeführten gerichtlichen Verurteilung sei durch die BPD Graz gegen den Bf am zwölften September 2005 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot unter GZ: IV-1014371/FR/05, rechtskräftig seit 30. September 2005 erlassen worden.

 

Nach Mitteilung durch den Strafvollzug der JA X über die bevorstehende bedingte Entlassung an die belangte Behörde, habe der Bf am 18. November 2010 aus dem Stande der Strafhaft einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Der erste Asylantrag sei am 26. Juni 2004 zu den § 7 und 8 AsylG in erster Instanz rechtskräftig negativ entschieden worden. Zum Asylfolgeantrag unter der Zahl 10 10.838 werde bemerkt, dass mit 24. November 2010 ein asylrechtliches Ausweisungsverfahren eingeleitet worden sei. Mit mündlich verkündetem und niederschriftlich beurkundetem Bescheid vom
25. November 2010 durch das BAA EAST-West sei der faktische Abschiebeschutz aufgehoben worden. Im Beschluss vom 30. November 2010 habe der Asylgerichtshof diese Aufhebung für rechtmäßig erklärt. Die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 76 Abs.2a Z.5 FPG träfen daher zu.

 

Die belangte Behörde begründet die Fluchtgefahr hinsichtlich des Bf damit, dass er am 16.11.2010 ausdrücklich, eine freiwillige Ausreise aus dem Bundesgebiet ausgeschlossen habe. Die zweite Asylantragsstellung sei erst im Wissen der bedingten Entlassung aus der Strafhaft und der beabsichtigten – den Bf mitgeteilten – Abschiebung erfolgt und diene lediglich deren Vereitelung. Ein aktueller Sicherungsbedarf liege auch darin, dass einer raschen außer Landesschaffung nichts im Wege stehe und der Bf daher jede Veranlassung habe, sich der Abschiebung durch Untauchen bzw. Flucht zu entziehen. Gelindere Mittel könnten den Zweck der Schubhaft nicht erreichen, weil sich der Bf bereits im Jahr 2008 durch Flucht der gerichtlichen Strafhaft entzogen habe, derzeit außer seinen Anhalteort über keinen Wohnsitz im Bundesgebiet verfüge und die Ehe mit einer österreichischen Staatsangehörigen im Jahr 2005 geschieden worden sei. Die Maßnahme sei zu dem auch verhältnismäßig.

 

Aus dem Akt ergibt sich, dass sich der Bf am 29. Februar 2008 durch Flucht dem gerichtlichen Strafvollzug entzog und erst am 26. Juli 2010 von Tschechien nach Österreich überstellt wurde.

 

1.2. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft erhob der Bf mit Schreiben vom
16. Dezember 2010 (eingelangt am 17. Dezember 2010) Schubhaftbeschwerde an den OÖ. Verwaltungssenat.

 

Insbesondere führt er aus, dass er sich in Österreich sicher fühle, dass ihn in Algerien der sichere Tod erwarten würde und ein Familienangehöriger (Onkel) in Graz leben würde, an dessen Adresse er einen ordentlichen Wohnsitz begründen könne. Es lägen keine Gründe zur Verhängung der Schubhaft vor, weshalb nach Meinung des Bf kein Anlass vorliege ihn in Schubhaft anzuhalten.

 

2.1. Mit Schreiben vom 17. Dezember 2010 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt an den Oö. Verwaltungssenat. In einer kurzen Gegenschrift führt die belangte Behörde u.a. aus, dass im Fall des Bf allein schon auf Grund seiner Flucht im Jahr 2008 ein hoher Sicherungsbedarf bestehen würde. Darüber hinaus weist sie, auf die Anhaltedatei des BMI hin, aus der hervorgehe, dass sich der Bf derzeit noch in aufrechter Schubhaft in PAZ St. Pölten befinde. Er sei am 17. Dezember 2010, um 13:40 Uhr, in das PAZ St. Pölten eingeliefert worden. Der Bf sei somit schubhaftfähig trotz seiner Selbstbeschädigung durch Verschlucken von Batterien und Löffeln.

 

Abschließend wird die kostenpflichtige Abweisung der in Rede stehenden Beschwerde beantragt.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 83 Abs. 2 FPG abgesehen werden konnte.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter Punkt 1.1. und 2.1. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 82 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009, hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.     wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.     wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.     wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs. 4 FPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

3.2. Es ist unbestritten, dass der Bf aufgrund des Bescheides des Bezirkshauptmannes des Bezirks Schärding vom 13. Dezember 2010, GZ.: Sich40-11431-2010, seit 17. Dezember 2010 bis dato in Schubhaft angehalten wird, weshalb der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung berufen ist.

 

Nachdem sich der Bf zur Zeit der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates noch in Schubhaft befindet, war gemäß § 83 Abs. 4 FPG eine umfassende Prüfung der Anhaltung vorzunehmen.

 

3.3. Gemäß § 76 Abs. 2a FPG hat die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

1. gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß
§ 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht          zukommt;

2. eine Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z. 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005 verletzt hat;

3. der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG mehr als einmal verletzt hat;

4. der Asylwerber, gegen den nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs. 1 Z. 4 vorletzter Satz AsylG nicht nachgekommen ist, oder

5. der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z. 23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde,

und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegenstehen.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG kann die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Gegen Minderjährige hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, sie hätte Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann.

 

Gemäß § 80 Abs 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf gemäß § 80 Abs 2 FPG nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Mit Ausnahme der Fälle des § 80 Abs 3 und 4 FPG darf die Schubhaft nicht länger als 2 Monate dauern.

 

3.4. Im Gegensatz zu den Schubhafttatbeständen des § 76 Abs. 1 und 2, die ihrer Formulierung nach eine Ermessensentscheidung bedingen, legt Abs. 2a leg. cit., der mit der Novelle BGBl. I Nr. 122/2009 introduziert wurde, grundsätzlich eine obligatorische Verhängung der Schubhaft bei Vorliegen der hier normierten Tatbestandselemente fest. Den Materialien zu § 76 Abs. 2a FPG ist zu entnehmen, dass in den hier normierten 5 Fällen "grundsätzlich von einem Sicherungsbedürfnis auszugehen sein wird".

 

Dem ist aber entgegenzuhalten, dass die Gesetzesbestimmung schon nach dem Wortlaut kumulativ zusätzlich zum Vorliegen der Z. 1 bis 5 jedenfalls auch die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig sein muss. Dies kann aber nichts anderes bedeuten, als dass der Sicherungsbedarf zusätzlich zum Vorliegen der Tatbestandsmäßigkeit der Z. 1 bis 5 geprüft werden muss. Fraglos sind die genannten Fallkonstellationen ihrer Natur nach dazu geeignet aufgrund ihres Vorliegens Indizien auch für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs darzustellen.

 

Weiters geben die Materialien an, dass der von den Höchstgerichten geforderten Verhältnismäßigkeitsprüfung durch den letzten Satz Rechnung getragen wird und gehen diesbezüglich von einem Anwendungsbereich der besonderen in der Person des Asylwerbers gelegenen Umstände "insbesondere" von "Alter" und "Gesundheitszustand" aus. Eine Beschränkung allein auf derartige Umstände wird wohl unzureichend sein, da nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 17.891/2006 und 18.196/2007) schon bei den Absätzen 1 und 2 des § 76 FPG eine umfassende Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen ist. Eine nunmehrige Einschränkung auf lediglich rein in der Person gelegene Umstände wäre somit verfassungsrechtlich bedenklich und ist über verfassungskonforme Interpretation aufzulösen.

 

Es folgt also daraus, dass das Vorliegen einer oder mehrerer  Alternativen des § 76 Abs. 2a FPG als Indiz für das Vorliegen des Sicherungsbedarfs gewertet werden muss, eine derartige Prüfung aber nicht ersetzt. Weiters muss auch bei dieser Bestimmung die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft – mit besonderer aber nicht ausschließlicher Blickrichtung auf persönliche Verhältnisse des Schubhäftlings – vorliegen. Ein Vergleich mit den Materialien zeigt zudem, dass durch diese Norm die Gesetzesbestimmung schon nach dem Wortlaut kumulativ zusätzlich zum Vorliegen der Z. 1 bis 5 jedenfalls auch die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig sein muss. Dies kann aber nichts anderes bedeuten, als dass der Sicherungsbedarf zusätzlich zum Vorliegen der Tatbestandsmäßigkeit der Z. 1 bis 5 geprüft werden muss. Fraglos sind die genannten Fallkonstellationen ihrer Natur nach dazu geeignet aufgrund ihres Vorliegens Indizien auch für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs darzustellen, das Institut des gelinderen Mittels nach § 77 FPG unberührt bleibt und somit in die Erörterung mit einzubeziehen ist.

 

3.5. Im vorliegenden Fall ist völlig unbestritten, dass der Bf am 18. November 2010 (Zl.: 10 10.838) einen Asylfolgeantrag stellte. Weiters ist aktenkundig und unwidersprochen, dass der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a AsylG vom BAA EAST-West im Bescheid vom 25. November 2010 aufgehoben und diese Aufhebung letztlich durch Beschluss des Asylgerichtshofes am 30. November 2010 bestätigt wurde.

 

Daraus ist ersichtlich, dass eine der Alternativen des § 76 Abs. 2a FPG –nämlich Z. 5 vorliegt.

 

3.6. Aus den unter 3.4. dieses Erkenntnisses dargestellten Überlegungen wird deutlich, dass auch im Falle des § 76 Abs. 2a FPG 2005 das Vorliegen eines Sicherungsbedarfs zu prüfen ist.

 

Es müssen daher im konkreten Fall Umstände in der Person des Bf gelegen sein, die erwarten ließen, dass sich der Bf dem Verfahren gemäß § 76 Abs. 2a FPG entziehen würde. Dabei sind diese Umstände wohl auch hier nicht isoliert voneinander, sondern in Zusammenschau und unter Erstellung einer Einzelfallprüfung zu betrachten.

 

Der Bf verstieß massivst gegen die Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes bzw. des StGB, weshalb er auch zu einer vierjährigen Haft verurteilt wurde. Aus der gerichtlichen Haft entzog er sich durch Flucht, verweilte knapp 2,5 Jahre in der Anonymität vermutlich in der Tschechischen Republik von wo er nach Österreich überstellt wurde. Alleine schon durch diese Flucht bewies er ein besonders hohes Maß an krimineller Energie, die als sicher annehmen lässt, dass bei ihm eine hohe Bereitschaft besteht, sich auch dem Zugriff der Fremdenpolizeibehörde zu entziehen. Er gibt selbst an, nicht in sein Heimatland freiwillig auszureisen. Seine zweite Asylantragstellung ist somit auch im Licht der Verhinderung seiner Abschiebung zu sehen. Nicht zuletzt versuchte er durch Schlucken von Batterien bzw. eines Löffels Haftunfähigkeit zu erlangen und seine Freilassung zu erpressen.

 

Der belangten Behörde folgend ist im vorliegenden Fall von einem besonders hohen Sicherungsbedarf auszugehen und zu attestieren, dass sich der Bf – auf freiem Fuß belassen – jedenfalls0 fraglos dem Zugriff der Behörde entziehen würde.

 

Damit scheidet auch grundsätzlich die Anwendung gelinderer Mittel über den Bf gemäß § 77 FPG konsequenter Weise aus. Eine tägliche Meldepflicht etwa würde den Zweck der Schubhaft nicht erreichen können.

 

Dass der Bf einen Wohnsitz bei seinem Onkel in Graz begründen könnte, gewährleistet keinesfalls, dass er sich dem Zugriff der Fremdenpolizeibehörden zur Verfügung halten würde. Diese Annahme ist durch das bisherige Verhalten des Bf im Bundesgebiet eindrucksvoll dokumentiert.

 

3.7. Im Verfahren machte der Bf keinerlei Umstände geltend, die auf die besonders in § 76 Abs. 2a FPG 2005 genannten Gründe abzielen könnten. Er ist weder aufgrund seines Alters noch aufgrund seiner Gesundheit hinsichtlich der Schubhaftverhängung besonders schutzwürdig und hat dies auch nicht vorgebracht. Allerdings ist – wie oben beschrieben – auch eine allgemeine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen.

 

Die Verhängung der Schubhaft ist demnach zweifellos auch verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das dieses überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegenüber. Um diese Ziele zu gewährleisten, war der Eingriff in das Recht des Bf auf den Schutz der persönlichen Freiheit notwendig.

 

Der Schutz des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK kann im vorliegenden Fall ebenfalls nicht schlagend in Anwendung gebracht werden. Die bloße Anwesenheit eines Onkels in Österreich ist nicht geeignet den Schutzzweck der EMRK auszulösen.

 

3.8. § 80 Abs. 2 FPG normiert, dass die Schubhaft so lange aufrechterhalten werden kann, bis der Grund für ihre Anhaltung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Grundsätzlich wird hier eine zweimonatige Höchstgrenze festgelegt. Der Bf wird gegenwärtig erst seit drei Tagen in Schubhaft angehalten, weshalb die gesetzlich normierte zweimonatige Frist noch lange nicht ausgeschöpft ist.

 

Das Ziel der Schubhaft, die Abschiebung nach Algerien, ist - auf Grund der bisherigen Bemühungen der belangten Behörde - zum Entscheidungszeitpunkt durchaus zeitnah erreichbar, da keine Umstände bekannt sind, die gegen die Durchführbarkeit der Rückführung des Bf sprechen.

 

3.9. Es sind zudem keinerlei Umstände bekannt, die einer weiteren Anhaltung des Bf in Schubhaft entgegenstehen würden, weshalb die Beschwerde vom 17.  Dezember 2010 als unbegründet abzuweisen und gleichzeitig auszusprechen ist, dass auch die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z 3 AVG iVm § 1 Z 3 und 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 456/2008) ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) zuzusprechen.

 

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Hinweis: Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Bernhard Pree

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum