Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100672/2/Weg/Ri

Linz, 07.08.1992

VwSen - 100672/2/Weg/Ri Linz, am 7. August 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Kurt Wegschaider über die Berufung des F R vom 21. Mai 1992 gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 12. Mai 1992, Cst. 14.444/91-Hu, zu Recht:

I.: Die Berufung wird abgewiesen und die mit Bescheid vom 12. Mai 1992 ausgesprochene Geldstrafe in der Höhe von 800 S ebenso bestätigt wie die Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden.

II.: Die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren entfällt sowohl für das erstinstanzliche Verfahren als auch für das Berufungsverfahren.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl.Nr. 51/1991, i.V.m. § 19, § 24, § 51, § 51e Abs.2, § 64 und § 65 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl.Nr. 52/1991.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Strafverfügung vom 3. Jänner 1992, Cst. 14.444/Lz/91/Hu, über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs.1 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.000 S (im NEF 48 Stunden) verhängt, weil dieser am 11. Oktober 1991 um 17.13 Uhr in L, B, das Kraftfahrzeug entgegen dem Vorschriftszeichen "Halten und Parken verboten, ausgenommen dauernd stark gehbehinderte Personen" abgestellt hat, obwohl das Fahrzeug nicht nach der Bestimmung des § 29b Abs.3 StVO gekennzeichnet war.

Dagegen hat der nunmehrige Berufungswerber rechtzeitig Einspruch gegen die Strafhöhe eingebracht und im wesentlichen darauf hingewiesen, daß seine Frau im Auto verblieben sei, das KFZ nur für ca. 2-3 Minuten gehalten (nicht geparkt) habe und das Sicherheitsorgan seine Frau hätte ansprechen können, damit diese den Behindertenparkplatz unverzüglich räumt.

Diesem Einspruch wurde mit dem nunmehr bekämpften und in der Präambel zitierten Bescheid insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 800 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden reduziert wurde. Außerdem wurde als Kostenbeitrag zum Verwaltungsstrafverfahren ein Betrag von 80 S in Vorschreibung gebracht.

I.2. Dagegen wendet der Berufungswerber sinngemäß und die Einspruchsausführungen teilweise wiederholend ein, daß noch andere Behindertenparkplätze frei gewesen wären und es somit zu keiner Benachteiligung, Einschränkung, Gefährung oder Behinderung von Berechtigten kommen habe können. Hinsichtlich der ihm im Bescheid zum Vorwurf gemachten zwei einschlägigen Verwaltungsübertretungen wendet der Berufungswerber ein, daß es sich dabei nicht um ein Halten auf einem Behindertenparkplatz gehandelt habe. Er habe die zwei bis drei Minuten verbotenen Haltens in Anbetracht der Parkplatznot und der damit verbundenen Parkplatzsuche in Kauf genommen, zumal drei bis vier Behindertenparkplätze frei gewesen seien.

I.3. Die Berufung ist rechtzeitig. Von der Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist zur Sachentscheidung der unabhängige Verwaltungssenat zuständig. Da sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen, zumal dies in der Berufung nicht ausdrücklich verlangt wurde.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nachstehenden, sich aufgrund der Aktenlage ergebenden Sachverhalt zu beurteilen: Der Berufungswerber hat einen PKW auf die Dauer von ca. 3 Minuten im Bereiche des Vorschriftszeichens "Halten und Parken verboten, ausgenommen dauernd stark gehbehinderte Personen" abgestellt, wobei im abgestellten Fahrzeug seine Gattin saß. Er wählte diesen Abstellort deshalb, weil wegen des Vorhandenseins noch anderer freier Behindertenparkplätze keine Beeinträchtigung von Berechtigten zu erwarten gewesen sei und die Parkplatzsuche für das nur kurze Abstellen des Fahrzeuges aus seiner Sicht nicht dafürstand. Gegen den Berufungswerber scheinen zwei einschlägige Vormerkungen auf. Die mit 7. Jänner 1988 und 18. August 1989 datierten Strafverfügungen beinhalten jeweils eine Übertretung des § 24 Abs.1 lit.a StVO 1960.

I.5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Neben dem im Materiengesetz normierten Strafrahmen ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Rücksicht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen reicht gemäß § 99 Abs.3 StVO 1960 bis zu 10.000 S.

Der Umstand, daß die Gattin des Berufungswerbers im PKW verblieb, um im Bedarfsfall den Behindertenparkplatz zu verlassen, mindert das Ausmaß der mit dem verkehrswidrigen Verhalten verbundenen Schädigung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, beträchtlich. Auch wird dem Berufungswerber zugutegehalten, daß die Tat keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen hat. Umgekehrt sind es gerade die Behinderten im Straßenverkehr, die eines besonderen Schutzes bedürfen und denen der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber vor fast allen öffentlichen Gebäuden für sie reservierte Parkplätze schafft, damit sie den notwendigen Tätigkeiten des Lebens auch nachkommen können. Weil es sich eben um kein Verkehrsdelikt minderer Strafwürdigkeit handelt, hat der Verordnungsgeber die gegenständliche Tat nicht als anonymverfügungsfähig in die diesbezügliche Verordnung aufgenommen. Daß es sich bei der gegenständlichen Übertretung um einen doch relativ beträchtlichen Verstoß handelt, spricht auch die Tatsache, daß rechtswidrig abgestellte Fahrzeuge aus einem Behindertenparkplatz selbst dann abgeschleppt werden können, wenn dieser Parkplatz während des Abstellens von einem Berechtigten nicht benötigt wird.

Entscheidend für die nunmehrige Abweisung der Berufung und die Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides ist aber in erster Linie, daß gegen den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs.1 lit.a StVO 1960 schon zwei einschlägige Vormerkungen vorliegen. Damit ist evident, daß der Berufungswerber grundsätzlich nicht geneigt ist, den Halte- und Parkvorschriften die nötige Aufmerksamkeit zu schenken. Nachdem die Bestrafung aus dem Jahre 1989 schon in der Höhe von 500 S erfolgte und auch diese Strafe den Berufungswerber nicht abhalten konnte, neuerdings gegen Halte- und Parkverbotsvorschriften zu verstoßen, erscheint die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe in der Höhe von 800 S gerade noch ausreichend, um den Berufungswerber vor Übertretungen ähnlicher Art in Hinkunft abzuhalten. Bei der Verhängung einer Geldstrafe in dieser Höhe ist die Ermittlung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht zwingend, weil sich die Strafhöhe selbst bei geringsten Einkommen (etwa Existenzminimum) nicht ändern würde. Sollte durch diese Geldstrafe der notwendige Unterhalt des Berufungswerbers bzw. der Personen, für die er allenfalls sorgepflichtig ist gefährdet sein, kann um Ratenzahlung angesucht werden.

II. Gemäß § 64 Abs.1 VStG ist in jedem Straferkenntnis und in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Dieser Betrag beträgt gemäß Abs.2 leg.cit. für das Verfahren erster Instanz 10% der verhängten Strafe, für das Berufungsverfahren weitere 20% der verhängten Strafe.

Es ist nach der seit 1. Jänner 1991 geltenden Rechtslage zu prüfen, ob die Erstbehörde nach einem nur gegen die Strafhöhe gerichteten Einspruch, über welchen mittels Bescheid abgesprochen wird, einen Kostenbeitrag zum Strafverfahren vorzuschreiben hat und ob der unabhängige Verwaltungssenat, der diesen Bescheid bestätigt, zu dieser Kostenvorschreibung berechtigt ist.

Nachstehende Gründe sprechen dagegen: Die von der Erstbehörde getroffene Entscheidung ist kein Straferkenntnis und auch im Wege der Interpretation nicht als solches zu werten. Es wäre der Erstbehörde infolge der Rechtskraft des Schuldspruches versagt, im Bescheid jene Spruchelemente aufzunehmen, die gemäß § 44a VStG ein Straferkenntnis ausmachen. Schon aufgrund der grammatikalischen Interpretation des § 64 VStG und aufgrund des sich in Judikatur und Rechtslehre herausgebildeten Verbotes, pflichtenbegründende Normen extensiv auszulegen, ist eine Kostenvorschreibung, die mit keinem Straferkenntnis einhergeht, nicht gerechtfertigt.

Im Ergebnis wird diese Meinung, allerdings nur für das erstinstanzliche Verfahren und außerdem ohne ausreichende Begründung, auch von Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Seite 1095, vertreten. Wenn Hauer-Leukauf im Falle der Abweisung einer Berufung gegen einen Bescheid die Meinung vertreten, hier wäre ein Kostenbeitrag von 20% festzusetzen, so widerspricht dies dem klaren Wortlaut des § 64 Abs.1, wonach dies nur dann zulässig ist, wenn der unabhängige Verwaltungssenat ein Straferkenntnis der Erstbehörde bestätigt.

Nach Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsrechtes, 5. Auflage, Randzahl 959, ist die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens nur im ordentlichen Verfahren vorgesehen; sie hat immer im Straferkenntnis (vgl. § 44a lit.e VStG) oder in einer meritorischen (abweisenden) Entscheidung der Berufungsbehörde zu erfolgen. Betreffend die meritorische abweisende Entscheidung der Berufungsbehörde kann im Hinblick auf die grammatikalische Ausformung des § 64 Abs.1 VStG nur jene Entscheidung gemeint sein, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird.

Die gegenständliche Kostentragungsproblematik wurde durch die Änderung des § 49 Abs.2 VStG ausgelöst und es hat den Anschein, daß der Gesetzgeber diese Umstände zu wenig bedacht hat. Eine Korrektur der Wortwahl im Gesetz zu Lasten des Bestraften wäre allenfalls nur dann zulässig, wenn aus dem durch die Erläuternden Bemerkungen oder sonstigen Materialen zum Ausdruck gebrachten Willen dies der Gesetzgeber augenscheinlich beabsichtigt hätte. In den Materialien zu den §§ 64 und 65 VStG ist jedoch derartiges nicht zum Ausdruck gebracht worden.

Die Verfahrenskosten gemäß § 64 VStG sind ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren und sollen den durch ein ordentliches Verfahren verursachten Aufwand zumindest teilweise abdecken. Weil hinsichtlich der Schuldfrage ein ordentliches Verfahren nicht durchzuführen ist, erscheint ein erhöhter Verwaltungsaufwand, der aus den Ermittlungen nach § 19 Abs.2 VStG erwächst, im Regelfall nicht gegeben. Über Einsprüche gegen die Strafhöhe wird seitens der Erstbehörden zumeist - so auch im gegenständlichen Fall mittels eines formalisierten Bescheides abgesprochen. Auch der unabhängige Verwaltungssenat hat in der Regel keine weiteren Ermittlungen anzustellen, sondern aufgrund des § 51e Abs.2 VStG ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.

Letztlich kann der unabhängige Verwaltungssenat nach § 64 Abs.2 VStG nur weitere 20% der verhängten Strafe in Vorschreibung bringen, was aus der Wortinterpretation eben nur dann möglich ist, wenn schon die Erstbehörde rechtmäßig einen Kostenbeitrag vorgeschreiben hat (argumentum: "weitere").

Aus vorstehenden Gründen, insbesondere aufgrund der grammatikalischen Auslegung, war - von der bisherigen Spruchpraxis abweichend - kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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