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des Landes Oberösterreich
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VwSen-100676/2/Weg/Ri

Linz, 11.09.1992

VwSen - 100676/2/Weg/Ri Linz, am 11. September 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Kurt Wegschaider über die Berufung des L R vom 13. Juni 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 5. Juni 1992, VerkR96-1906/ 1991/Ja, zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl.Nr. 51/1991, i.V.m. § 24, § 45 Abs.1 Z.1, § 51 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl.Nr. 52/1991.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs.1 Z.1 i.V.m. § 7 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 400 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Stunden verhängt, weil dieser als Zulassungsbesitzer des am 19. März 1991 um 16.50 Uhr in L, G gegenüber dem Haus Nr. 31, gelenkten PKW's, Kennzeichen , nicht dafür gesorgt hat, daß das Kraftfahrzeug den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entspricht, weil der rechte Vorderradreifen des PKW's einen bis auf die Gewebeschicht reichenden Schnitt aufwies. Gleichzeitig wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 40 S in Vorschreibung gebracht.

2. Diesem Straferkenntnis liegt eine Anzeige des Wachzimmers Stadthafen der Bundespolizeidirektion Linz vom 31. März 1991 sowie ein seitens der Bezirkshauptmannschaft Freistadt als im Wege des § 29a VStG zuständige gewordene Behörde durchgeführtes Ermittlungsverfahren zugrunde. In der Anzeige ist festgehalten, daß die Außenwand des rechten Vorderreifens einen ca. 3 cm langen Schnitt aufwies, welcher bis an die Gewebeschicht reichte. Im Zuge des ordentlichen Verfahrens wurde von einem kfz-technischen Amtssachverständigen ein Gutachten mit der Fragestellung eingeholt, ob dieser Schnitt bewirkt, daß dadurch der Reifen nicht mehr den kraftfahrrechtlichen Bestimmungen entspricht. Dieses Gutachten vom 2.März 1992 bestätigt, daß ein bis zur Gewebeschicht reichender ca. 3 cm langer Schnitt auf der Außenwand des Vorderreifens bewirkt, daß der Reifen nicht mehr den kraftfahrrechtlichen Bestimmungen entspricht.

3. In der schließlich eingebrachten Berufung führt der Zulassungsbesitzer sinngemäß aus, er könne nicht für Schäden, die während einer Fahrt auftreten, wodurch auch immer verursacht, haftbar gemacht werden. Die Beschädigung müsse durch Anfahren an einen Randstein oder einer Einfassung erfolgt sein, zu Beginn der Fahrt jedenfalls sei der Reifen unbeschädigt gewesen.

4. Die Berufung erwies sich als rechtzeitig. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht, sodaß zur Sachentscheidung die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben ist, der - weil eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe ausgesprochen wurde - durch ein Einzelmitglied zu erkennen hat. Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unterbleiben (§ 51e Abs.1 VStG).

5. Die Aktenlage wurde durch ein telefonisch eingeholtes Gutachten, welches am 31.August 1992 vom kfz.-technischen Amtssachverständigen Ing.M abgegeben wurde, ergänzt. Die Zulässigkeit dieser Verfahrensführung findet ihre rechtliche Deckung beispielsweise auch im Artikel 10 Abs.3 L-VG. 1991, wonach die Verwaltung, die sich als Dienst an den Menschen versteht, zu objektivem, sparsamem, wirtschaftlichem und zweckmäßigem Handeln verpflichtet ist. Diese Staatszielbestimmung ist in Zusammenhang mit den in den Verfahrensgesetzen aufgestellten Ökonomiegrundsätzen (vgl. § 39 Abs.2 letzter Satz AVG) direkt anwendbar. Das telefonische Gutachten besagt inhaltlich, daß derartige Schäden auch während der Fahrt unmittelbar vor der Verkehrskontrolle, etwa durch die Berührung einer Bordsteinkante, entstanden sein können.

Damit ergibt sich folgender für die Beurteilung einer Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs.1 Z.1 i.V.m. § 7 Abs.1 KFG 1967 entscheidungsrelevante Sachverhalt:

Es kann dem Berufungswerber als Zulassungsbesitzer nicht mit einer für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit oder Wahrscheinlichkeit angelastet werden, daß er zum Zeitpunkt der Überlassung des Kraftfahrzeuges an seine Gattin nicht dafür gesorgt hätte, daß das Fahrzeug nicht den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes und der auf Grund des Kraftfahrgesetzes erlassenen Verordnungen entsprochen hätte. Es wird zwar im Hinblick auf das im Akt aufliegende Sachverständigengutachten vom 2.März 1992 als erwiesen angenommen, daß der Reifen nicht den Vorschriften des § 7 Abs.1 KFG entspricht, doch kann - wie erwähnt - zum Zeitpunkt der Überlassung des Fahrzeuges nicht als erwiesen angenommen werden, daß dieser Schnitt im rechten vorderen Reifen schon bei der Überlassung des Fahrzeuges vorhanden war.

6. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer den Bestimmungen des KFG 1967 zuwiderhandelt.

Ein Zulassungsbesitzer handelt unter anderem dann den Bestimmungen des KFG 1967 zuwider, wenn er bei der Überlassung des Fahrzeuges zum Lenken nicht dafür sorgt, daß dieses den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht.

Selbst wenn man davon ausgeht, daß das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Verkehrskontrolle infolge des gegenständlichen Schnittes im Reifen nicht den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entsprochen hat, ist eine Bestrafung des Zulassungsbesitzers dann nicht rechtmäßig, wenn kein ausreichender Nachweis ermittelt wurde, daß das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Übergabe den gegenständlichen Defekt ausgewiesen hat. Die im Straferkenntnis zur Last gelegte mangelnde Sorge kann im Hinblick auf die nicht widerlegbare (weil durchaus mögliche) Behauptung des Zulassungsbesitzers, daß nämlich der Reifenschnitt nach der Übergabe des Fahrzeuges entstanden sein müsse (könne), nicht aufrecht erhalten werden.

Gemäß § 45 Abs.1 Z.1 VStG ist von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

Da das inkriminierte Verhalten des Beschuldigten nicht mit einer für ein Strafverfahren ausreichenden Sicherheit erwiesen werden konnte, war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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