Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252615/10/Lg/Sta

Linz, 10.01.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 25. November 2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des X X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 20. August 2010, Zl. 0009591/2010, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG) zu Recht erkannt:

 

 

I.       Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.      Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 300 Euro zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe von 1.500 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 50 Stunden verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 VStG nach außen zur Vertretung  berufene Person der Firma X mit dem Sitz in X, X, die unbeschränkt haftender Gesellschafter der Firma X & Co KG mit dem Sitz in X, X sei, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten habe, dass von dieser Firma vom 1.11.2008 bis 31.12.2009 der nigerianische Staatsbürger X X als Zeitungsausträger beschäftigt worden sei, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

 

In der Begründung nimmt das angefochtene Straferkenntnis Bezug auf den Strafantrag des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 2.3.2010, die Rechtfertigung des Bw vom 20.4.2010 und die Stellungnahme des Finanzamtes Linz vom 19.5.2010. In rechtlicher Hinsicht verweist das angefochtene Straferkenntnis im Wesentlichen auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Qualifizierung der Tätigkeit von Zeitungszustellern und Werbemittelverteilern.

 

 

2. In der Berufung wird ausgeführt

 

"(I.)

Herrn X X wird die Verletzung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes vorgeworfen.

 

(II.)

Herr X X hat in seinen bisherigen Stellungnahmen, bekräftigt durch die Vorlage von Urkunden, nachgewiesen, daß von Seiten der X, für welche er als handelsrechtlicher Geschäftsführer verantwortlich zeichnet, eine sehr genaue und strenge Prüfung des Vorliegens der rechtlichen Voraussetzungen für eine Beschäftigung einer Person nichtösterreichischer Staatsbürgerschaft vorgenommen wird.

 

Diese interne strenge Prüfungspflicht gilt nicht nur "allgemein", sondern wurde im Fall " X " auch tatsächlich praktiziert.

 

Von Herrn X wurde die Vorlage der (gültigen) Aufenthaltberechtigungs­karte des Bundesasylamtes abverlangt.

 

Herr X wurde über seine Pflichten, welche sich aus seiner nunmehrigen selbständigen Tätigkeit ergeben werden, aufgeklärt und ihm wurde zusätzlich ein "Informationsblatt" für Asylwerber mit entsprechendem Aufklärungsinhalt übergeben.

 

Wie jeder andere Auftragsgeber in einem Wirtschaftsgefüge, muß sich dieser  auf die Angaben des Vertragspartners verlassen können, soferne sich nicht ein Widerspruch zu den vorgelegten Dokumenten ergibt.

 

Ein derartiger Widerspruch hat sich auch nicht andeutungsweise für die X gezeigt.

 

Die subjektive Tatseite wurde von Herrn X X nicht erfüllt, zumal Herr X X von der Rechtmäßigkeit seines Verhaltens ausgehen konnte (siehe auch Ausführungen zu Pkt. IV.).

 

(III.)

Die Firma X hat mit Herrn X eine Zustellvereinbarung abgeschlossen (siehe vorgelegte Urkunde).

 

Unbestritten ist, daß nicht die 'Bezeichnung' der Vertragsbeziehung und auch nicht die 'formelle Beschreibung'  des Rechtsverhältnisses in der Vereinbarung ausschlaggebend ist, sondern das tatsächlich 'gelebte' Verhältnis.

 

Der Berufungswerber kann nicht erkennen, weshalb das vom 01.01.08 bis 31.12.09 bestandene Vertragsverhältnis nicht als selbständige Tätigkeit gewertet wird.

 

Keine einzigen – faktischen – Merkmale der Rechtsbeziehung sprechen gegen eine selbständige Tätigkeit des X und der Berufungswerber führt nochmals all diejenigen Merkmale des faktischen Vertragsverhältnisses an, welche für diese selbständige Tätigkeit des X bei der X sprechen.

 

HERR X IST WIRSCHAFTLICH VOLLKOMMEN SELBSTÄNDIG UND UNABHÄNGIG.

(a)

ER ist von den Einnahmen aus dem gegenständlichen Vertragsverhältnis n i c h t  abhängig. ER hat das Recht, für a n d e r e   Unternehmen (auch für Konkurenzunternehmen) ebenfalls tätig zu sein und dies sanktionslos.

 

Die Praxis der selbständigen Werbemittelverteiler/Kolporteure zeigt, daß diese nicht nur mit einem einzigen Unternehmen durch einen Werkvertrag verbunden sind, sondern gleichzeitig mit mehreren (Konkurenz-)Unternehmen.

 

(b)

ER ist organisatorisch in den Betrieb der Auftraggeberin  n i c h t  eingegliedert.

Dies wäre in der Praxis bei Vertragsbeziehungen zu mehreren (Konkurenz-) Unternehmen auch schwer möglich bzw. nicht verwirklichbar.

 

(c)

ER erhält die Werbemittel/Zeitungen für die Verteilung in einem bestimmten Gebiet (Verteilungsgebiet) übergeben.

Mit der Erfüllung des Auftrages-Verteilung der Werbemittel/Zeitungen in dem bestimmten Verteilungsgebiet – ist der Auftrag erledigt, der geschuldete Arbeitserfolg wurde erfüllt . Es liegt daher eindeutig ein Zielschuldverhältnis vor.

 

(d)

Der Auftraggeber stellt k e i n e  Betriebsmittel zur Verfügung, also z.B. kein Kraftfahrzeug oder ein anderes Fortbewegungsmittel, auch keine Trägertaschen oder dgl.

 

ER muß sich dies selbst organisieren, wobei die Notwendigkeit eines Kraftfahrzeuges schon alleine aus dem Wohnort des X (X), dem Betriebsstandort der X (X) und dem Verteilungsgebiet X ergibt.

Eine Abholung der Werbemittel/Zeitungen und deren Verteilung zu Fuß, also o h n e eigenes Betriebsmittel scheidet logischerweise aus.

 

(e)

Die Ausführung der beauftragten Verteilung muß von Herrn X  NICHT PERSÖNLICH durchgeführt werden.

ER kann sich o h n e Zustimmung und o h n e  Einflußnahme seitens der  X auch einer dritten Person bedienen, für welche ER die volle Verantwortung und das volle Risiko für die ordnungsgemäße Erfüllung des Auftrages trägt.

 

ER schuldet der X eben nur den Auftragserfolg.

 

Ein Aspekt, welcher bei einer unselbständigen Tätigkeit vollkommen ausgeschlossen wäre.

 

In denselben Bereich fällt auch das Recht von Herrn X seine Tätigkeit jederzeit zu beenden, von der Vereinbarung zurückzutreten.

Allerdings bestünde in diesem Falle für die X als Auftraggeberin, Schadenersatzansprüche gegen X zu stellen.

 

Auch dieser Umstand wäre bei einem selbständigen Rechtsverhältnis denkunmöglich.

 

(f)

ER ist weisungsfrei, sowohl im Bezug auf eine Arbeitsleitung, als auch auf arbeitsbezogenes Verhalten.

 

ER schuldet einen Arbeitserfolg entweder persönlich oder durch einen, auf sein eigenes Risiko beigezogenen Dritten.

 

(g)

Die Tätigkeit eines Werbemittelverteilers/Kolporteurs wird typischerweise in Österreich durch selbständige Erwerbstätige ausgeübt.

Diese Tätigkeit ist k e i n e  Tätigkeit, welche typischerweise in einem Dienstverhältnis geleistet wird.

 

(IV.)

Die Regelung der X 'allgemein' und im Speziellen im Fall X entspricht denjenigen Vorgaben, welche das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit gemeinsam mit dem Bundesministerium für Finanzen und dem Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) erarbeitet haben.

 

Insbesondere das BM für Wirtschaft und Arbeit hat mehrfach betont, daß die Qualifikation von ausländischen Zeitungskolporteuren/Werbemittelverteiler als selbständige Erwerbstätige (weiterhin) gegeben ist und daß diese Tätigkeit n i c h t  der Bewilligungspflicht nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und (als selbständige Erwerbstätige) auch nicht den Bestimmungen des ASVG unterliegt.

 

(V.)

Der Berufungswerber widerspricht daher ausdrücklich der im bekämpften Straferkenntnis geäusserten Ansicht des Bezirksverwaltungsamtes.

 

Der Berufungswerber stellt daher den

 

ANTRAG

 

die Berufungsbehörde möge der Berufung gegen das Straferkenntnis des Magistrates Linz, Bezirksverwaltungsamt vom 20.08.10, GZ 0009591/2010 Folge geben und das eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren  e i n s t e l l e n ."

 

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Der Akt enthält den Strafantrag des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 2.3.2010. Darin findet sich folgende Sachverhaltsdarstellung:

 

"Erhebungen im Zusammenhang mit der polizeilichen Anzeige vom 25. Mai 2009, Polizeiinspektion X, haben ergeben, dass der nigerianische STA X X, SV X, wohnhaft in X, X, seit 1.11.2008, für die Fa. X & Co KG, Zeitungszustellungen vornimmt.

X gibt dazu an, dass er im Raum X die Zustellungen mache und zwar an den Tagen, an denen jeweils Exemplare der Nachrichten erscheinen. Er habe diese täglich bis spätestens 6:00 Uhr zuzustellen. Falls er die Zustellung nicht machen könne, habe er dies bei der X & Co KG zu melden. Diese bestimmen dann eine Person, welche die Zustellung für ihn mache. Für diese Tage erhalte er aber dann kein Entgelt.

Hinsichtlich der Entlohnung für seine Zustelldienste gibt X an, dass er monatlich zwischen 800,-- und 900,-- € erhalte. Er stelle darüber jedoch keine Rechnung aus. Die Abrechnung erfolgt durch die Fa. X & Co KG und nicht wie in der Zustellvereinbarung vom 30.10.2008 durch Legung einer Honorarnote durch Auftragnehmer (X X).

Von der Fa. X & Co KG habe er auch Schlüssel erhalten um Wohnhausanlagen betreten zu können."

 

 

Dem Strafantrag beigelegt ist eine mit dem gegenständlichen Ausländer am 8.2.2009 aufgenommene Niederschrift des Finanzamtes Grieskirchen Wels. Demnach sagte der gegenständliche Ausländer aus:

Frage:

"Sie haben eine Zustellvereinbarung ... mit Ausstellungsdatum 30.10.2008  vorgelegt. Sind sie seit 1.11.2008 für diese Firma tätig? In welchem Ausmaß und welche Entlohnung erhalten sie dafür?

Antwort:

Ja, ich bin für die Fa. X tätig. Angefangen habe ich mit 2 Rayons, später habe ich noch einen 3. Rayon dazu bekommen. Seit Beginn habe ich immer dieselben Zustellungen zu machen und zwar in X.

Meine Entlohnung hängt davon ab, wie viele Zeitungen ich zustelle bzw. wie viele Abonnements die X in diesem Gebiet haben.

Stellen sie auch noch andere Sachen (Werbung etc.) zu?

Antwort:

Manchmal bekomme ich von den X Werbung, welche ich dann in die Zeitung gebe und diese so zustelle.

Wer vertritt sie, wenn sie einmal krank sind oder Urlaub brauchen?

Antwort:

Wenn ich einmal nicht kann, dann muss ich bei der X anrufen und die teilen jemanden ein, welcher die Zustellungen dann für mich macht. Für diesen Tag erhalte ich dann aber auch kein Geld.

Haben sie schon einmal eine Vertretung gebraucht?

Antwort:

Letzte Jahr hatte ich 4 Mal vertreten lassen.

Wenn haben sie dabei bei den X angerufen?

Antwort:

Mein Ansprechpartner ist Herr X ... Mit ihm habe ich auch die Vereinbarung abgeschlossen.

Mit welchem Fahrzeug machen sie die Zustellungen?

Antwort:

Ich habe dazu ein Pkw ...

Welche Entlohnung erhalten sie monatlich für ihre Zustellungen?

Antwort:

800,-- bis 900,-- €.

Stellen sie dafür eine Rechnung aus?

Antwort:

Ich erhalte jeden Monat eine Abrechnung von der X. Das Geld wird auf das Konto überwiesen.

Wie bekommen sie die Abrechung?

Antwort:

Mir wird die Abrechnung mit der Post übermittelt.

Wo holen sie täglich ihre Zeitungen, welche sie zustellen müssen, ab?

Antwort:

Bei der X ... und bei einem Lager in X ... Bei einer Bushaltestelle bei der X habe ich eine Box, wo ich meine Zeitungen entnehme. Ich habe dafür eine eigene Nummer.

In welchem Zeitraum haben sie die Zeitungen zuzustellen?

Antwort:

Ich muss mit der Zustellung um 06:00 Uhr in der früh fertig sein. Anfangen tue ich um ca. 1:00 Uhr.

Wie wissen sie, wenn sie eine Zeitung zustellen müssen?

Antwort:

Ich weis meine Zustellanschriften, sollten Änderungen sein, bekomme ich das schriftlich mitgeteilt.

Haben sie auch Zustellungen in Häuser vorzunehmen, für deren Betretung sie einen Schlüssel brauchen und von wem haben sie diesen Schüssel?

Antwort:

Ich habe solche Zustellungen und den jeweiligen Schlüssel habe ich von der X bekommen.

Stellen sie auch noch andere Zeitungen oder Werbematerial zu?

Antwort:

Nein ... "

 

Weiters liegt dem Akt die Zustellvereinbarung vom 30.10.2008 bei.

 

"I.

Der Auftraggeber übergibt an den Auftragnehmer den Auftrag ab 31.10.08 an Haushalte lt. Gebietsübersicht täglich, außer an Sonn- und Feiertagen, Zeitungen, Druckwerke und sonstige persönlich adressierte Druckwerke zuzustellen bzw. zustellen zu lassen.

 

II.

Abgesehen von der aus organisatorischen Gründen notwendigen Bindung an den zugeteilten Rayon, sind Sie bei der Gestaltung der Tätigkeit völlig frei. Vor allem bestehen innerhalb des Erledigungszeitraumes keinerlei Arbeitszeitvorgaben. Weiters können Sie die Durchführung eines übernommenen Auftrages auf eigene Kosten zur Gänze oder teilweise, geeigneten Personen übertragen bzw. eigenes Personal zur Durchführung beiziehen.

Der Auftragnehmer erklärt hiermit, dass sämtliche Personen, welche seinerseits mit der Ausführung und Abwicklung der bestehenden oder künftigen Aufträge für den Auftraggeber (oder für konzernmäßig mit dem Auftraggeber verbundenen Unternehmen) betraut werden, entsprechend der österreichischen Rechtslage ordnungsgemäß angemeldet sind, über aufrechte Arbeitsbewilligungen verfügen und die betreffenden Arbeits- und Werkvertragsverhältnisse in Übereinstimmung mit den österreichischen Gesetzen gestaltet und abgewickelt werden.

 

III.

Als Gegenleistung erhält der Auftragnehmer ein Honorar nach beiliegenden Tarifblatt.

Die Abrechnung erfolgt monatlich nach Vorlage der Honorarnote. Mit diesem Betrag sind alle Ansprüche und Auslagen abgegolten. Die Überweisung des Abrechnungsbetrages erfolgt bis zum 15. des Folgemonats auf das oa. Konto.

 

IV.

Wird seitens des Auftragnehmers der Auftrag nicht ordnungsgemäß durchgeführt, ist er für den Schaden haftbar, und es steht dem Auftraggeber das Recht der sofortigen Kündigung dieses Werkvertrages zu.

 

V.

Von Seiten des Auftraggebers erfolgt keine Anmeldung zur Sozialversicherung. Ebenfalls erfolgt von Seilen des Auftraggebers keinerlei Tätigkeit auf steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichern Gebiet und damit auch keinerlei Abfuhr von Sozialversicherungsbeiträgen und Ertragssteuern.

 

VI.

Der Auftragnehmer ist für alle steuerlichen, abgabenrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Belange selbst zuständig.

Der Auftraggeber weist den Auftragnehmer auf die gesetzliche Pflicht zur Abfuhr der Mehrwertsteuer ausdrücklich hin.

 

VII.

Der Auftragnehmer erklärt, daß ihm bekannt ist, daß er sämtliche ihm bekanntgewordenen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, insbesondere Kundenlisten sowie auch sonstige Informationen betreffend die Empfänger der von der X & Co KG verbreiteten Produkte (Zeitungen, Werbesendungen etc.) unter allen Umständen vertraulich zu behandeln hat und es ihm strengstens untersagt ist, solche Informationen an Dritte weiterzugeben. Darüber hinaus darf er die ihm überlassenen Hausschlüssel ausschließlich im Rahmen seiner Tätigkeit für die X & Co KG verwenden."

 

Der Zustellungsvereinbarung beigelegt ist ein Tarifblatt, das, gebietsabhängig, die Höhe des "Honorars", bemessen nach Stückzahl und Zustellgang enthält.

 

In der Stellungnahme vom 20.4.2010 führte der Bw aus:

 

"Herrn X X wird die Verletzung der Bestimmungen des Aus­länderbeschäftigungsgesetzes vorgeworfen.

 

Bei der Behandlung des Vorwurfes des Verstoßes gegen diese gesetzlichen Bestimmungen sind folgende Bereiche zu beachten :

A / Vereinbarungsregelung

(a)

Die Firma X & CO KG schloß' am 30. Oktober 2008 eine Zustellvvereinbarung mit Herrn X X, X, X ab.

(b)

G r u n d l a g e   für den Abschluß einer Zustellvereinbarung, insbesondere mit Personen nichtösterreichischer Staatsbürgerschaft ist immer die genaue Prüfung der rechtlichen Voraussetzungen im Bezug auf die Be­stimmungen des Ausländerbeschäftigungs­gesetzes.

 

(c)

Herr X X wies sich mit einer auf seinen Namen ausgestellten gültigen Aufenthaltsberechtigungskarte des Bundesasylamtes aus.

Gleichzeitig mit Abschluß der Zustellvereinbarung wurde Herrn X X ein Informationsblatt - nachweislich - übergeben, mit welchem er verpflichtet wurde, den Vertragspartner ( X & CO KG ) bzw. deren "Abbuchungsstelle" unverzüglich von der Zuerkennung oder der Ablehnung eines Asylantrages zu verständigen.

 

Die X & CO KG ist angewiesen auf den Wahrheitsgehalt der Angaben des Vertragspartners ( X X ), auf die vorgelegten Unterlagen und auf die Tatsache der Berechtigung des Führens der vom Bundesasylamt ausgestellten Aufenthaltsberechtigungskarte.

Die X & CO KG hat keine Möglichkeit, Auskünfte bei den zuständigen Asylbehörden über den jeweiligen Stand eines Verfahrens einzuholen.

 

(d)

Um zu prüfen, ob eine Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz vorgelegen ist, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt der Vereinbarung und nicht die äußere Erscheinungsform maßgebend.

Es kommt also niemals auf die Bezeichnung eines Vertrages an, nicht einmal auf das Bestehen einer Rechtsbeziehung, sondern ausschließlich auf den Inhalt der Tätigkeit und das damit wirtschaftlich Gewollte.

Liegt danach die Verwendung in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise dem Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, kommt das Ausländerbeschäftigungsgesetz zur Anwendung.

 

Es ist daher die Tätigkeit der einzelnen Person bzw. überhaupt die Tätigkeit eines Werbemittelverteilers und - zustellers näher zu betrachten.

Ein Werbemittelverteiler übernimmt jeweils für ein ihm genanntes Verteilungsgebiet Werbemittel zur Verteilung.

Der Verteiler ist bei der Durchführung der von ihm übernommenen Tätigkeit in Zeiteinteilung, Dauer und Gestaltung des Tätigkeitsablaufes an keinerlei Weisungen des Vertragspartners gebunden, er ist in seiner Tätigkeitsausübung völlig   frei.

Sollte es dem Verteiler, aus welchem Grunde auch immer, nicht möglich sein, den übernommenen Auftrag ganz oder auch nur teilweise zu erfüllen, hat er das Recht, jederzeit und ahne Angabe von Gründen die Verteilungstätigkeit für die Firma X zu beenden bzw. von der Vereinbarung zurückzutreten.

Noch nicht verteiltes Material ist unverzüglich zurückzustellen.

 

Auch ist der Verteiler grundsätzlich   nicht verpflichtet, die Verteilungsleistung persönlich zu erbringen, er ist vielmehr berechtigt, sich jederzeit, ohne vorherige Rücksprache, geeigneter Vertreter oder Gehilfen auf seine Kosten zu bedienen.

Hiedurch entsteht zwischen diesem Vertreter oder Gehilfen einerseits und der Firma X andererseits, kein wie immer geartetes Vertragsverhältnis.

Der Vertreter / Gehilfe ist alleine dem Verteiler gegenüber verantwortlich

 

Der Verteiler hat selbst und auf eigene Rechnung für die .zur Erfüllung seines Auftrages erforderlichen Betriebs- und Hilfsmittel zu sorgen und sämtliche Spesen und Ausgaben im Rahmen seiner Tätigkeit zu tragen.

Der Verteiler unterliegt auch keiner wie immer gearteten Konkurenzklausel und er wäre daher berechtigt, such für andere Auftraggeber tätig  zu werden. Er ist wirtschaftlich vollkommen selbständig, er kann ohne Beeinträchtigung seine Arbeitskraft auch anderwertig für Erwerbszwecke einsetzen.

 

Der Verteiler haftet dem Vertragspartner für sämtliche, durch unkorrekte Leistungserbringung entstehende Schäden oder Nachteile höchstpersönlich.

 

Mit der Vereinbarung zwischen der Firma X GmbH & CO KG und Herrn X
X   entsteht kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis, der Verteiler ist selbst verpflichtet, die gesetzlichen Steuern an das zuständige Finanzamt abzuliefern und der Verteiler ist auch verpflichtet, für die Einhaltung der ihn betreffenden gesetzlichen Vorschriften Sorge zu tragen.

 

 

(e)

Die für die rechtliche Beurteilung wesentlichen Kriterien der Vereinbarung mit X X werden zusammenfassend nochmals dargelegt :

- vollkommene Freiheit von Herrn X X bei der Erfüllung der von ihm übernommenen Tätigkeit bezüglich Zeiteinteilung, Dauer, Gestaltung  des Ablaufes ;

 

-  vollkomene Weisungsfreiheit :

 

-  keine Verpflichtung der persönlichen Ausübung der Tätigkeit ;

- jederzeitiges Recht von Herrn X X, seine Tätigkeit zu beenden, d.h. von der Vereinbarung zurückzutreten ;

 

- Recht von Herrn  X X, sich eines freigewählten Vertreters oder Gehilfen zu bedienen ;

- Durch eine Vertretung entstandene Kosten hat Herr X X selbst zu tragen, ohne Rückvergütung durch die X & CO KG ;

- Vertreter / Gehilfe ist nur Herrn X X gegenüber verantwortlich  und dieser hat nur mit Herrn X X ein Vertragsverhältnis ;

- Betriebs- und Hilfsmittel ( insbesondere Kraftfahrzeug ) hat Herr X X auf eigene Rechnung und seine eigenen Kosten beizustellen ;

- Herr X X kann   neben   der Tätigkeit bei der X & CO KG auch anderwertige Tätigkeiten ( Firma X ) ausüben ;

- keine Konkurenzklausel ;

- Schadenersatzpflicht bei unkorrekter Leistungserbringung ;

- Herr X X ist steuerpflichtig, er muß sich eigene Steuernummer holen, Steuer­er­klärungen abgeben und USt und ESt bezahlen ;

- Herr X X muß sich selbst versichern.

 

ALLE   angeführten Kriterien, welche in der Praxis so gehandhabt werden, sprechen nicht nur gegen  ein Dienstverhältnis, sondern auch gegen einen freien Dienstvertrag.

 

 

B / V e r s c h u l d e n

(a)

Unbestritten ist; daß Herr Ing. X X X und Herr X X selbständig zeichnungsberechtigte Geschäftsführer der Firma X sind.

 

(b)

Die beiden handelsrechtlichen Geschäftsführer der Firma X haben eine interne Kompetenzverteilung der einzelnen Aufgabenbereiche, wie in jeder anderen handelsrechtlichen Gesellschaft, vorgenommen.

 

Für den Bereich "Zustellung", "Vertragsregelung mit den Zustellern", "Beschäftigung von Personen mit nicht österreichischer Staatsbürgerschaft" war / ist ausschließlich der Geschäftsführer X X zuständig und somit verantwortlich.

 

Diese Verantwortlichkeit wird von Herrn X X seit seiner Bestellung zum Geschäftsführer der X GmbH wahrgenommen.

 

(c)

Gemäß den Bestimmungen des § 5 VStG genügt zur Strafbarkeit, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, ein fahrlässiges Verhalten.

Im gegenständlichen Verwaltungsverfahren ist daher zu prüfen, ob Herrn Ing. X X X ein fahrlässiges Verhalten wegen der Nichtbeachtung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes und des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes vorzuwerfen ist.

 

Die gesamte Verantwortlichkeit für den Bereich "Beschäftigung von Personen mit nicht österreichischer Staatsbürgerschaft" liegt seit der Bestellung von Herrn X X zum Geschäftsführer, somit seit dem 27.04.06 (siehe FN X LG X), ausschließlich bei diesem.

 

Das gegenständliche Verfahren ist das bisher erste Verfahren gegen Herrn Ing. X X X und gegen Herrn X X im Zusammenhang mit der "Beschäftigung von Personen mit nicht ausländischer Staatsbürgerschaft" bzw. im Zusammenhang mit den Bstimmungen des A S V G   im Bezug auf ein "arbeitnehmerähnliches Dienstverhältnis".

 

Wie aus dem Geschehnisablauf Punkt A/ unzweifelhaft erkennbar ist, kann Herrn X X kein schuldhaftes Verhalten, nicht einmal ein fahrlässiges Verhalten vorgeworfen werden.

Herr X X hat im konkreten Fall alle 'möglichen Informationen eingeholt und hat sich   alle   für den Abschluß einer Zustellvereinbarung notwendigen Unterlagen vorlegen lassen. Mehr konnte Herr X X nicht unternehmen und war ihm auch nicht zumutbar.

 

Nach ständiger Rechtssprechung des VWGH ist ein Handeln dann objektiv sorgfaltswidrig, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an seiner Stelle anders verhalten hätte.

 

Im Ergebnis hätte sich daher ein "anderer einsichtiger und besonnener Mensch desselben Verkehrskreises nicht anders verhalten".

 

Somit ist hinreichend klargestellt, daß mit Herrn X X weder ein Dienstverhältnis, noch ein dienstnehmerähnliches Verhältnis vereinbart wurde.

 

Bei entsprechender Wertung und Würdigung des Sachverhaltes liegt also kein vorwerfbarer Verstoß gegen die Bestürmungen des AuslBG oder des ASVG vor.

 

Es wird daher der

 

ANTRAG

 

 

auf Einstellung des Verfahrens gestellt."

 

 

Dazu äußerte sich das Finanzamt Linz mit Schreiben vom 19.5.2010 wie folgt:

 

"Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Ausländerbeschäftigungsgesetz vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt maßgebend und nicht die äußere Form des Sachverhalts.

 

Tatsache ist, dass die Werbemittelverteiler in einer untergeordneten Tätigkeit beschäftigt sind, das heißt sie werden vom Auftraggeber zu einer bestimmten Leistungserbringung (Verteilung von einer gewissen Anzahl von Prospekten) in einem vorgegebenen Verteilungsgebiet, innerhalb eines bestimmten Zeitraums (nach Möglichkeit am selben Tag) gegen Entgelt verpflichtet und auch von diesem Auftraggeber durch laufende Kontrollen überwacht, wodurch die Selbstbestimmung und Entschlussfähigkeit der Werbemittelverteiler in Bezug auf deren Tätigkeit in einem hohen Maß eingeschränkt und auch die wirtschaftliche Abhängigkeit zum Auftraggeber gegeben ist.

Bei der Verteilung von Werbeprospekten lag und liegt eben nicht die Herstellung eines bestimmten Erfolges im Vordergrund, die durch diesen bestimmten Beauftragten zu erfolgen hatte, sondern die Bereitstellung der Arbeitskraft zur Verteilung dieses Werbematerials, wobei der Tätige beliebig austauschbar wäre.

 

Der VwGH hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass Werbemittelverteiler kein selbständiges, näher umschriebenes "Werk" herstellen und ihre Verwendung grundsätzlich in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis erfolgt (vgl. VwGH 98/09/0153 vom 29.11.2000, zuletzt VwGH 2000/09/0058 vom 27.2.2003 zur Verteilung von Zeitungen).

 

Die maßgeblichen Grundsätze für die Beurteilung der Arbeitnehmerähnlichkeit hat der VwGH bereits wiederholt in seiner Rechtsprechung klargestellt und auch zur Werbemittelverteilung bzw. der Verwendung von Ausländern als Werbemittelverteiler eindeutig Stellung genommen und verweist er in seinem Erkenntnis vom 25.2.2004, Zahl 2001/09/0195 auf die Begründungen dieser Entscheidungen vergleichsweise in 92/09/0322 vom 2.9.1993, 94/09/0085, 94/09/0091, 94/09/0092 sowie 94/09/0093 jeweils vom 15.12.1994, 95/09/0172 vom 3.9.1998, 98/09/0031 bis 0036 vom 27.10.1999, 98/09/0153 vom 29.11.2000 und 2000/09/0058 vom 27.2.2003."

 

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung sagte der gegenständliche Ausländer zeugenschaftlich einvernommen aus, er habe im Tatzeitraum neben der hier in Rede stehenden Tätigkeit auch in "äußerst geringem Umfang" für die "Rundschau" gearbeitet. Er habe nur Zeitungen verteilt, kein Werbematerial.

 

Die Rayone habe er sich nicht aussuchen können. 2 Rayone habe er anlässlich der Unterzeichnung des Zustellvertrages bekommen, später habe er einen 3. Rayon dazu bekommen.

 

Die Zustellung der X habe der Zeuge Montag bis Samstag vorgenommen. Die Zeitungen habe er an bestimmten Verteilungsstellen bekommen, welche den Rayonen entsprochen hätten. Er habe die Zeitungen um ca. 01.00 Uhr abgeholt und bis 06.00 Uhr mit der Verteilung fertig sein müssen. Die Zeitungen habe er in den Briefkasten gegeben. In Hochhäusern habe er die Zeitungen vor der Wohnungstür deponiert, wobei ihm ein Haustürschlüssel zur Verfügung gestanden sei.

 

Die Adressen habe der Zeuge am Anfang seiner Tätigkeit bekommen. Damals sei er auch 2 bis 3 Tage lang begleitet worden, um den Rayon kennen zu lernen. Adressänderungen habe der Zeuge durch die Bekanntgabe der Adressen auf den abzuholenden Zeitungspaketen erfahren.

 

Die Entlohnung sei monatlich auf sein Konto erfolgt. Die Höhe habe sich gemäß dem Tarifblatt nach der Stückzahl bzw. unterschiedlichen Tarifen der Rayone gerichtet. Der Zeuge habe keine Rechnungen gelegt, sondern auf schriftlichem Wege erfahren, wie viel er verdiente.

 

Im Verhinderungsfall (Krankheit) habe der Zeuge den Springer angerufen. In diesem Fall habe auch der Springer das Geld bekommen.

 

Wenn der Zeuge Fehler gemacht habe, sei ihm das im am Zeitungspaket befindlichen Reklamationsblatt mitgeteilt worden. Er glaube, dass er sein Geld trotz Reklamation bekommen habe. Zur Frage der Haftung konnte der Zeuge keine Auskunft geben. Er habe den in deutscher Sprache abgefassten Vertrag unterschrieben, weil er froh gewesen sei, den Job bekommen zu haben.

 

Der Zeuge habe einen Gewerbeschein für Gepäckszustellung und sei als Selbstständiger versichert.

 

Im Jahr 2009 habe der Zeuge die Zeitungen noch mit dem Fahrrad zugestellt. Er habe weder ein Büro noch Angestellte.

 

Der Vertreter des Bw gab bekannt, dass sich seit der Verhandlung zu VwSen-252280 (betreffend dasselbe Unternehmen und denselben Bw) am System nichts geändert habe. Mit den ministeriellen "Vorgaben", auf die sich der Bw bezog, seien die Stellungnahmen der VÖZ und der Ministerien gemeint, die bereits im Jahr 2006 vorgelegen seien.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Entsprechend der unwidersprochen gebliebenen Zeugenaussage des gegenständlichen Ausländers in Verbindung mit der Aktenlage ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

 

Die Aufgabe des Ausländers bestand darin, Zeitungen von Montag bis Samstag um ca. 01.00 Uhr von einer bestimmten Stelle abzuholen und in den ihm zugeteilten Rayonen an vorgegebenen Adressen bis 06.00 Uhr zuzustellen. Aus dieser Festlegung resultierte auch die Stückzahl der zuzustellenden Zeitungen.

 

Der dieser Tätigkeit zu Grunde liegende Vertrag wurde zwischen dem Unternehmen und dem Ausländer in der Form abgeschlossen, dass der Ausländer eine Vertragsschablone (die sogenannte "Zustellvereinbarung") unterschrieb. Der Vertrag war auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Keineswegs war es so, dass jedem einzelnen Zustellvorgang ein gesonderter Vertrag zu Grunde lag.

 

Die Bezahlung erfolgte monatlich gemäß den vorausbestimmten Tarifen nach Stückzahl. Das Unternehmen veranlasste die monatliche Auszahlung des Lohns, ohne dass seitens des Ausländers eine Rechnungslegung erfolgt wäre.

 

Über eine eigene Betriebsstätte verfügte der Ausländer nicht. Das einzige Betriebsmittel war ein Fahrrad.

 

Eine selbst bestimmte Vertretung des Ausländers gab es nicht. Vielmehr sorgte das Unternehmen im Fall der Verhinderung mittels des (dafür vom Unternehmen entlohnten) Springers für die Versorgung des Rayons (wenn auch auf Verständigung des Springers durch den gegenständlichen Ausländer hin).

 

Ein Konkurrenzverbot bestand nicht. Der Ausländer war gleichzeitig für ein anderes Unternehmen tätig.

 

Für die Versicherung (nach dem GSVG) hatte der Ausländer selbst zu sorgen.

 

Eine Kontrolle erfolgte zumindest insofern, als bei Reklamationen seitens der Kunden (die bei Zustellmängeln von Tageszeitungen in hohem Ausmaß wenn nicht sogar so gut wie lückenlos zu erwarten sind) eine Verständigung des Ausländers mittels des täglichen Adresszettels erfolgte.

 

Bei der rechtlichen Beurteilung ist davon auszugehen, dass es sich bei der gegenständlichen Tätigkeit um einfache, keine Fachkenntnisse erfordernde, im unmittelbaren Zeitablauf zu erbringende wiederkehrende Handlungsabläufe (Hilfsarbeiten) handelt, deren Eignung, Gegenstand eines Werkvertrags zu sein, von vornherein in Frage steht (vgl. dazu allgemein zB das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.3.2009, Zl. 2009/09/0039).

 

Auch unter Zugrundelegung der Zustellvereinbarung ist nicht ersichtlich, worin das Werk im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bestehen könnte; vgl. statt vieler das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15.5.2009, Zl. 2008/09/0121: "Ein Werkvertrag liegt nach ständiger hg. Rechtsprechung vor, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln muss. Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag besteht darin, die genau umrissene Leistung (in der Regel bis zu einem bestimmten Termin) zu erbringen. Das Interesse des Bestellers bzw. die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essenziell ist ein 'gewährleistungstauglicher' Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werks beurteilt werden können. Mit der Erbringung der Leistung endet das Werkvertragsverhältnis. Eine zwar leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages. Wenn ein dauerndes Bemühen geschuldet wird, das bei Erreichen eines angestrebten 'Ziels' auch kein Ende findet, spricht dies ebenfalls gegen einen Werkvertrag ..." Mangels eines Werks kann gegenständlich auch nicht von einer relevanten Haftung ausgegangen werden ("ohne Werk keine Haftung" – vgl. zB das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11.5.2009, Zl. 2008/09/0121).

 

Mangels Werks scheidet die Qualifikation als Zielschuldverhältnis aus. Es liegt vielmehr ein (durch die Zustellvereinbarung) begründetes Dauerschuldverhältnis (und nicht bloß eine einmalige Leistungserbringung) vor, die Tätigkeit war auf Regelmäßigkeit und Dauer angelegt. Dementsprechend erfolgte die Entlohnung in Zeitabschnitten (monatlich), wobei die Stückzahl ebenso einseitig festgesetzt war wie die Tarife.

 

Es lag eine intensive organisatorische Eingliederung in die Betriebsorganisation des Unternehmens vor: Zeit, Ort und Art der Tätigkeit waren vorgegeben. Diese Vorgaben ließen keinen Raum für unternehmerische Entscheidungsfreiheit. Derart dichte organisatorische Vorgaben einer einfachen Tätigkeit kommen materiell einer Weisungsbindung gleich, zumal auch (über die Reklamationen) von einer effektiven Kontrolle auszugehen ist.

 

Der Auftragnehmer benötigte keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel und wurde im Übrigen mit Arbeitsmitteln des Unternehmers (Zeitungen) tätig.

 

Die Leistungserbringung erfolgte persönlich, die Organisation der Vertretung im Verhinderungsfall erfolgte durch das Unternehmen. Daran ändert nichts, dass die Verständigung des Springers durch den Ausländer erfolgte.

 

Die Arbeitsleistung kam dem Unternehmen zugute und zwar auf dieselbe Weise wie bei Abschluss eines "formellen" Dienstverhältnisses, allerdings mit dem Unterschied größerer Kostengünstigkeit.

 

Ein Konkurrenzverbot gab es nicht, andererseits wurde der Ausländer nicht für eine unbegrenzte Anzahl ständig wechselnder Unternehmer tätig.

 

Wägt man diese Umstände nach der Methode des beweglichen Systems (vgl. dazu zB das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.9.2009, Zl. 2009/09/0150) ab, so ist von wirtschaftlicher Unselbstständigkeit, mithin von Arbeitnehmerähnlichkeit und somit von einer Beschäftigung im Sinne des AuslBG auszugehen.

 

Hingewiesen sei darauf, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes "formale" Umstände wie die sozialversicherungsrechtliche und steuerrechtliche Gestaltung der Annahme der Beschäftigung nicht entgegen stehen (vgl. zB das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10.12.2009, Zl. 2008/09/0048). Dasselbe gilt für die Gewerbeberechtigung (vgl. statt vieler das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.9.2009, Zl. 2009/09/0150).

 

Zu betonen ist, dass die Tätigkeit von Zeitungsausträgern und Werbemittelverteilern in ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als arbeitnehmerähnlich qualifiziert wird (vgl. exemplarisch die Erkenntnisse vom 25.3.2010, Zl. 2007/09/0261, vom 10.12.2009, Zl. 2007/09/0259, vom 15.5.2009, Zl. 2007/09/0168, vom 24.3.2009, Zl. 2008/09/0082, vom 16.12.2008, Zl. 2008/09/0291, vom 16.12.2008, Zl. 2008/09/0105 und vom 22.2.2006, Zl. 2002/09/0187, jeweils m.w.N. zur Vorjudikatur.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

 

Insoweit sich der Bw auf fehlendes Verschulden mangels Rechtskenntnis beruft, ist ihm das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2008, Zl. 2008/09/0105 entgegenzuhalten: "Soweit der Beschwerdeführer sich überdies mit unverschuldeter Rechtsunkenntnis verantwortet und vorbringt, dass ihm kein Verschulden und nicht einmal leichte Fahrlässigkeit angelastet werden könne, da er sich sehr wohl über die Rechtslage bezüglich der Beauftragung von Ausländern mit Zeitungszustellungen informiert habe, und dazu auf die eingeholte Rechtsmeinung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales verweist, wonach Personen, die auf Basis derartiger Rahmenverträge tätig seien, nicht der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterliegen würden, ist ihm Folgendes entgegenzuhalten:

Bestehen über den Inhalt der Verwaltungsvorschrift Zweifel, dann hätte seitens der ... als (möglicher) Arbeitgeber einer ausländischen Arbeitskraft die Verpflichtung bestanden, vor Abschluss der gegenständlichen Verträge hierüber bei der zuständigen Behörde Auskunft einzuholen; hat sie dies unterlassen, so vermag die Unkenntnis dieser Vorschrift sie nicht von ihrer Schuld zu befreien, die sich der Beschwerdeführer als gemäß § 9 Abs.2 VStG verantwortlicher Beauftragter der ... zurechnen lassen muss. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt zu ähnlich gelagerten Fällen entschieden hat, darf sich der (mögliche) Arbeitgeber auf die Auskunft von Rechtsanwälten oder Wirtschaftstreuhändern allein nicht verlassen, sondern er hätte eine Anfrage an die zuständige Behörde, nämlich an die zuständige Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice, richten müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23.11.2005, Zl. 2004/09/0168, mwN); dasselbe gilt im vorliegenden Fall hinsichtlich des Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Dass er eine solche Anfrage an die zuständige Behörde getan hätte, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet. Auch die weitere Berufung auf ... ein hg. Erkenntnis aus dem Jahr 2000, wozu der Bw nicht einmal darzutun vermag, warum er nicht die aktuelle, ständige hg. Judikatur herangezogen hat, geht somit ins Leere."

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist festzuhalten, dass der erste Strafsatz des § 28 Abs.1 AuslBG zur Anwendung kommt (1.000 Euro bis 10.000 Euro). Im angefochtenen Straferkenntnis wurde unter Hinweis auf die Unbescholtenheit , die Dauer der Beschäftigung und die geschätzten finanziellen Verhältnisses des Bw die gesetzliche Mindestgeldstrafe nicht unverhältnismäßig überschritten und eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe verhängt. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht ersichtlich.  Die Tat bleibt auch nicht soweit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG gerechtfertigt sein könnte. Insbesondere ist der Schuldgehalt der Tat nicht als geringfügig einzustufen, ist doch, selbst wenn man von Fahrlässigkeit im Hinblick auf eine rechtliche Unsicherheit des Bw ausgeht, der Sorgfaltsmangel (Nichteinholung der Rechtsauskunft bei der zuständigen Behörde) infolge der zur Tatzeit schon über lange Zeit gefestigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gravierend.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Ewald Langeder

Beachte:


Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.


VwGH vom 24.03.2011, Zl.: 2011/09/0035-3


 

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