Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100678/5/Weg/Ri

Linz, 03.09.1992

VwSen - 100678/5/Weg/Ri Linz, am 3. September 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Kurt Wegschaider über die Berufung des R G vom 23. Juli 1992 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 21. Juli 1992, Zl. 933-10-0720150, zu Recht:

I.: Die Berufung wird hinsichtlich des Tatvorwurfes der Hinterziehung der Parkgebühr abgewiesen und diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II.: Die Höhe der Geldstrafe wird auf 200 S reduziert, im Fall der Uneinbringlichkeit beträgt die Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag.

III.: Der Kostenbeitrag für das Strafverfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 20 S.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrengesetz 1991 (AVG), BGBl.Nr. 51/1991, i.V.m. § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.2, § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (AVG), BGBl.Nr. 52/1991; § 5 lit.c und § 6 Abs.1 lit.a O.ö.Parkgebührengesetz, Entscheidungsgründe:

I.1. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag verhängt, weil dieser am 21. Februar 1992 um 12.08 Uhr in L, L gegenüber 117, das mehrspurige Kraftfahrzeug, Ford, rot, mit dem polizeilichen Kennzeichen in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne gültigen Parkschein abgestellt hat und damit der Verpflichtung zur Entrichtung der Parkgebühr nicht nachgekommen ist. Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 50 S in Vorschreibung gebracht.

I.2. Dagegen wendet der Berufungswerber in seiner als Einspruch bezeichneten Berufung unter Bezugnahme auf schon ergangene Schriftsätze sinngemäß ein, er wohne am Ende der Zone 8, für welche er eine Bewohnerparkkarte besitze, in dieser Zone sei jedoch, etwa durch Kinobesucher, auf den gebührenpflichtigen Kurzparkzonen kaum ein Parkplatz zu finden, weshalb er in die benachbarte und seinem Wohnhaus L 84 näherliegende Zone 12 ausgewichen ist und dort sein Kraftfahrzeug abgestellt hat. Offenbar vermeint der Berufungswerber, dies sei rechtmäßig bzw. stelle dies einen Schuldausschließungsgrund dar. Auch wenn letzteres mit dieser Deutlichkeit nicht zum Ausdruck gebracht wurde, so wird im Hinblick auf die Schriftsätze im Akt dies als die rechtlich relevante Berufungsbegründung angesehen, weil ansonsten (also beim Fehlen eines Berufungsantrages) die Berufung zurückzuweisen wäre.

I.3. Die Berufung ist rechzeitig. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht, sodaß die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates zur Sachentscheidung gegeben ist, der weil eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe ausgesprochen wurde - durch ein Einzelmitglied zu erkennen hat. Da der Sachverhalt durch die Aktenlage hinreichend geklärt ist und es nur um die Beurteilung einer Rechtsfrage geht, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen, zumal eine solche in der Berufung auch nicht ausdrücklich verlangt wurde.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nachstehenden, sich auf Grund der Aktenlage ergebenden Sachverhalt zu beurteilen:

Der Berufungswerber wohnt in L, L 84. Der Berufungswerber besitzt offenbar eine Bewohnerparkkarte, die ihn berechtigt in der Zone 8 (seine Wohnung liegt in dieser Zone) in gebührenpflichtigen Kurzparkzonen sein Fahrzeug abzustellen, ohne hiefür eine Parkgebühr entrichten zu müssen. Der Berufungswerber hat jedoch unstrittigerweise sein mehrspuriges Kraftfahrzeug auf der L gegenüber dem Haus Nr. 17 abgestellt. Dieser von ihm gewählte Abstellplatz liegt jedoch in der Zone 12. Bei dieser Abstellung am 21.2.1992 um 12.08 Uhr (keine Kinozeit) hat er keinen gültigen Parkschein hinter der Windschutzscheibe angebracht. Obiger Sachverhalt blieb vom Berufungswerber auch unbestritten.

I.5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 6 Abs.1 lit.a O.ö. Parkgebührengesetz begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 3.000 S zu bestrafen, wer durch Handlungen oder Unterlassungen die Parkgebühr hinterzieht oder verkürzt bzw. zu hinterziehen oder zu verkürzen versucht.

Gemäß § 5 lit.c O.ö. Parkgebührengesetz ist die Parkgebühr nicht zu entrichten für Fahrzeuge, die von Inhabern einer Bewilligung gemäß § 45 Abs.2 oder 4 StVO 1960 in einer Kurzparkzone, für welche diese Bewilligung gilt, abgestellt werden.

Der Berufungswerber hat durch das Abstellen eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone, ohne einen gültigen Parkschein hinter der Windschutzscheibe angebracht zu haben, eine Handlung gesetzt, die den Tatbestand des § 6 Abs.1 lit.a O.ö. Parkgebührengesetz erfüllt.

Die Ausnahmebestimmung des § 5 lit.c O.ö. Parkgebührengesetz kommt dem Berufungswerber nicht zugute, weil die Bewohnerparkkarte lediglich für die Zone 8 und nicht für die Zone 12 Gültigkeit hat, wobei der Tatort in der Zone 12 gelegen ist. Dies ergibt sich aus der zuletzt zitierten Gesetzesstelle, nach der die Parkgebühr nur dann nicht zu entrichten ist, wenn das Fahrzeug in einer Kurzparkzone abgestellt wird, für welche diese Bewilligung (Bewohnerparkkarte) gilt.

Durch sein Handeln hat der Berufungswerber das objektive Tatbild der Gebührenhinterziehung im Sinne des § 6 Abs.1 lit.a gesetzt.

Ein schuldausschließendes oder auch schuldminderndes Element kann in der Vorgangsweise des Berufungswerbers, nämlich den seinen Wohnort näher gelegenen Parkplatz aufzusuchen, nicht gesehen werden. Auch ein Rechtsirrtum, daß nämlich die Bewohnerparkkarte auch für die Zone 12 Gültigkeit habe, liegt nicht vor und wurde auch nicht geltend gemacht. Das Handeln des Berufungswerbers ist vorsätzlich. Wenn ihm die Parkberechtigung für die Zone 8 nicht dienlich ist, so hätte er konsequenterweise die Antragstellung auf eine derartige Bewohnerparkkarte zu unterlassen gehabt. Keineswegs berechtigt ihn die erlangte Bewilligung zum gebührenfreien Abstellen in einer anderen Zone und keinesfalls ist diese Handlungsweise entschuldbar.

II. a) Allgemeines:

§ 19 Abs.1 VStG: Hinsichtlich der Bemessung der Strafe in einer Strafverfügung ist Grundlage stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (objektive Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat). Erst im ordentlichen Verfahren sind daneben die gemäß § 19 Abs.2 VStG angeführten Strafbemessungsmerkmale zu beachten (subjektive Kriterien des Schuldgehaltes der Tat sowie andere in der Person des Beschuldigten liegende Umstände).

§ 49a VStG:

Abs.1: Die Behörde kann, soweit die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen, durch Verordnung zur Verfahrensbeschleunigung einzelne Tatbestände von Verwaltungsübertretungen bestimmen, für die sie durch Anonymverfügung eine unter Bedachtnahme auf § 19 Abs.1 im vorhinein festgesetzte Geldstrafe bis zu 1.000 S vorschreiben darf.

Abs.2: Hat die Behörde durch Verordnung gemäß Abs.1 eine Geldstrafe im vorhinein festgesetzt, so kann sie von der Ausforschung des unbekannten Täters vorerst Abstand nehmen und die Geldstrafe ohne Festsetzung einer Ersatzstrafe durch Anonymverfügung vorschreiben, wenn 1. die Anzeige auf der dienstlichen Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht, ... beruht und 2. sowohl das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, als auch die nachteiligen Folgen, welche die Tat sonst nach sich gezogen hat, keine Bedachtnahme auf die Person des Täters erfordern.

Die Behörde, hier der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz, hat mit Verordnung vom 16. Juni 1989 den im gegenständlichen Verfahren in Rede stehenden Tatbestand (Übertretung des Parkgebührengesetzes) als anonymverfügungsfähig bestimmt. Gleichzeitig wurde hinsichtlich dieser Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe von 300 S festgelegt und damit der objektive Unrechtsgehalt mit diesem Betrag bewertet.

Warum die Behörde im gegenständlichen Fall nicht eine Geldstrafe mittels Anonymverfügung vorgeschrieben hat, wo doch die Voraussetzungen hiefür gemäß § 49a Abs.2 Z.1 und Z.2 VStG gegeben sind, ist - auch wenn darauf kein Rechtsanspruch besteht - nicht ergründlich. Jedenfalls kann daraus, daß die Behörde trotz Vorliegens der Voraussetzungen nicht mit einer Anonymverfügung vorgegangen ist, kein Rechtsnachteil für den Beschuldigten in der Form entstehen, daß in der schließlich ergangenen Strafverfügung die Geldstrafe um 70% erhöht wird. In diesem Zusammenhang sei auf jenen Teil des Verfassungsausschußberichtes verwiesen, wonach "der Ausschuß davon ausgeht, daß die Behörden von der Anonymverfügung in ganz Österreich Gebrauch machen, wo immer dies im Sinne des § 49a (VStG) und der entsprechenden Verordnungen zulässig ist. Sollte dies nicht der Fall sein, so wäre eine Novellierung des Verwaltungsstrafgesetzes im Sinne der Begründung eines Rechtsanspruches ins Auge zu fassen." Wenn schon die Behörde trotz Vorliegens der im § 49a Abs.2 VStG normierten Voraussetzungen von der Verhängung einer Anonymverfügung Abstand nimmt und nach Ausforschung des Täters eine Strafverfügung erläßt, so hat sie sich bei der Festsetzung der Strafhöhe an die Bestimmung des § 19 Abs.1 VStG zu halten.

Nachdem die für die Festsetzung der Strafhöhe maßgebliche Rechtsvorschrift des § 19 Abs.1 VStG auch bei der verordnungsmäßigen Festsetzung der Strafhöhe in einer Anonymverfügung Grundlage ist (.... die durch Anonymverfügung festgesetzte Geldstrafe hat gemäß § 49a Abs.1 VStG unter Bedachtnahme auf § 19 Abs. 1 VStG zu erfolgen) und ferner sowohl bei der Anonymverfügung als auch bei der Strafverfügung die Tat hinsichtlich der festzusetzenden Strafe ohne Ansehung der Person für sich alleine zu bewerten ist, erscheint es sohin nicht gesetzeskonform, wenn in der Strafverfügung für dasselbe Delikt eine höhere Geldstrafe verhängt wird als in der Anonymverfügung.

Eine andere Betrachtungsweise hätte das aus der Sicht des Rechtschutzes unbefriedigende und nicht akzeptable Ergebnis, daß ein die materielle Wahrheit und somit das ordentliche Verfahren suchender Bürger von diesen Verteidigungsschritten vorerst einmal durch eine Erhöhung der Geldstrafe abgeschreckt werden soll. Das zöge - aus der Sicht des Bürgers - den Verdacht nach sich, daß sich die Behörde auf diese Weise eventueller Rechtsmittel und der damit verbundenen Arbeit erwehren will. Oder: Wenn für eine behördliche Maßregelung mehrere Wege offenstehen, so darf alleine und nur durch den Umstand, daß der eine und nicht der andere Weg gewählt wurde, das Ergebnis nicht beeinflußt werden.

Zusammenfassend und wiederholend wird festgehalten:

Bei den in der Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 12. Juni 1989 festgelegten Tatbeständen von Verwaltungsübertretungen darf, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung einer Anonymverfügung vorliegen, in der Strafverfügung die Strafe nicht höher sein, als sie in der zitierten Verordnung festgelegt wurde. Die gemäß § 19 Abs.1 VStG normierte allgemeine Strafbemessungsregel stellt ausschließlich auf objektive Umstände ab. Auf subjektive Tatsachen (etwa geringes Verschulden), selbst wenn sie im Strafverfügungsverfahren schon bekannt wären, darf nicht Rücksicht genommen werden, ebensowenig auf allfällig bekannte sonstige im § 19 Abs.2 VStG normierte Strafbemessungsgründe. Wenn diese bei der Bemessung der Strafhöhe - gleich ob für den Beschuldigten positiv oder negativ - Berücksichtigung finden sollen, so wäre der Weg über das Straferkenntnis zu wählen.

b) Zum gegenständlichen Verfahren:

Wie aus der etwas dürftigen Begründung des Straferkenntnisses hinsichtlich der Festsetzung der Strafhöhe zu entnehmen ist, lägen keine Gründe vor, die geeignet sind, die in der Strafverfügung festgesetzte Strafhöhe zu reduzieren. Bei der Strafbemessung wurde allerdings das Fehlen einschlägiger Vorstrafen als strafmildernd angesehen. Dazu ist vorweg anzunehmen, daß das Fehlen einschlägiger Vorstrafen keinen Milderungsgrund darstellt, sondern lediglich die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit. Diese verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit wird aufgrund der Aktenlage (es fehlt ein Vorstrafenverzeichnis) als gegeben angenommen, sodaß dieser Umstand (und nicht das Fehlen einschlägiger Vorstrafen) im Berufungsverfahren als strafmildernd angesehen wird. Erschwerungsgründe sind in der Begründung des Straferkenntnisses nicht angeführt und solche aus dem Akt auch nicht zu entnehmen.

Neben dem im Materiengesetz normierten Strafrahmen (gemäß § 6 O.ö. Parkgebührengesetz: bis 3.000 S) ist gemäß § 19 Abs.1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigungen oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Den oben dargelegten Ausführungen zufolge wäre die Strafe in der Strafverfügung entsprechend der Verordnung des Bürgermeisters festzusetzen gewesen, also mit 300 S, weil im konkreten Fall die Voraussetzungen für die Erlassung einer Anonymverfügung vorlagen.

Im ordentlichen Verfahren sind gemäß § 19 Abs.2 VStG überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Nach der Aktenlage liegt der Milderungsumstand der Unbescholtenheit vor, Erschwerungsgründe sind nicht zutagegetreten. Unter Berücksichtigung dieses Milderungsgrundes war im gegenständlichen Fall die Geldstrafe auf die Höhe von 200 S zu reduzieren, wobei um es zu wiederholen - bei dieser Entscheidung von der Rechtmäßigkeit der Strafverfügungsgeldstrafe in der Höhe von 300 S ausgegangen wird. Da den geschätzten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen nicht widersprochen wurde und weil auch sonstige strafmildernde Elemente in der Berufung nicht enthalten sind, war eine weitere Herabsetzung der Geldstrafe nicht möglich.

III. Die Herabsetzung der Verfahrenskosten ist in der zitierten gesetzlichen Bestimmung begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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