Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-600096/5/Bi/Kr

Linz, 21.01.2011

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 4. Kammer (Vorsitzender: Mag. Kisch, Berichterin: Mag. Bissenberger, Beisitzer: Mag. Kofler) über den Devolutionsantrag des Herrn X, vertreten durch Herrn RA X, vom 5. Jänner 2011 betreffend das Verfahren wegen Entziehung der Lenkberechtigung bei der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung zu VerkR20-20514-2002, zu Recht erkannt:

 

Der Devolutionsantrag betreffend die Vorstellung vom 8. April 2010 gegen den Mandatsbescheid des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 29. März 2010, VerkR20-20514-2002, wegen Entziehung der Lenkberechtigung ua, wird abgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 67a Abs.1 Z1 iVm 73 Abs.2 AVG und § 29 Abs.1 FSG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem Meldeformular zum Auswertungsblatt für Suchtmittel und Drogen­aus­gangsstoffe vom 30.12.2009, GZ:B5/10004/2009/Hö#1, und dem Abschluss-­ Bericht an die Staatsanwaltschaft Linz zu 14St 168/09z vom 22.2.2010 wurde der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung von einem Polizeiorgan der PI Ottensheim zur Kenntnis gebracht, dass der Antragsteller (Ast) verdächtig sei, Straftaten gemäß § 28a Abs.1 SMG sowie § 50 WaffenG  begangen zu haben, wobei insgesamt 9 Fakten aufgelistet waren. Bei einer Hausdurchsuchung am 13.8.2009, 21.00 Uhr, in X., Wohnhaus samt Garten X, sei festge­stellt worden, dass der Ast Hanfpflanzen gezüchtet und daraus nach Trocknung 1983,2 g Marihuana hergestellt habe, im Besitz von 35,3 g Marihuana gewesen sei, im Sommer 2008 in der X Hanfpflanzen gezüchtet, zwischen Anfang 2007 und Oktober 2009 an mehrere Abnehmer mindestens 1500 g Cannabisgras verkauft, von Sommer 2006 bis Juli 2009 insgesamt 1080 g Marihuana einer namentlich genannten Person gewinn­bringend überlassen habe, im April 2009 zwei Personen zum Konsum von Marihuana verleitet habe, im Sommer 2008 und im Frühjahr 2009 mit einer namentlich genannten Person jeweils einen Joint geraucht und seit 5 Jahren im Garten Hanfstauden angebaut und das daraus gewonnene Marihuana für den Eigen­konsum in Form von Joints verwendet habe. Am 13.8.2009 sei er trotz Waffen­verbots im Besitz von Hieb- und Stichwaffen gewesen.

Die Behörde leitete daraufhin ein Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung ein und erließ den Mandatsbescheid vom 29. März 2010, VerkR20-514-2002, mit dem dem Ast die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von 60 Monaten, gerechnet ab Bescheidzustellung am 6. April 2010, entzogen, ein Lenkverbot gemäß § 32 FSG und die Aberkennung des Rechts gemäß § 30 FSG ausgesprochen sowie die unverzügliche Ablieferung des Führerscheins bei der zuständigen Polizeiinspektion angeordnet wurde. Der Führerschein wurde ihm bei der Zustellung des Mandatsbescheides am 6. April 2010 bei der PI Ottensheim abgenommen.

 

Die  Staatsanwaltschaft Linz wurde um Übermittlung der Anklageschrift ersucht und teilte mit Schreiben vom 9. Mai 2010 mit, mit einer Anklageerhebung sei frühestens im Juni 2010 zu rechnen; im August 2010 wurde urgiert und der Strafantrag vom 30. September 2010, 14St 168/09z-28, langte am 5. Oktober 2010 bei der BH Urfahr-Umgebung ein, die den Ast vom "Ergebnis der Beweis­aufnahme" sowie der Absicht, die Lenkberechtigung für die Dauer von 60 Monaten zu entziehen verständigte. Mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2010 gab der Rechtsvertreter die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses bekannt, worauf die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 18. November 2010 mit dem gleichen Wortlaut wie im Schreiben an den Rechtsvertreter dem Ast übermittelt und diesem bis 10. Dezember 2010 die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt wurde. Das Schreiben wurde dem Ast laut Rückschein durch Hinterlegung am 24. November 2010 zugestellt; er hat sich dazu bislang nicht geäußert.     

Dieser bisherige Verfahrensgang ergibt sich aus der Aktenlage.

 

2. Nunmehr stellt der Ast über den – nun erneut bevollmächtigten – Rechtsver­treter den Devolutionsantrag vom 5. Jänner 2011, in dem er aus­führt, er habe gegen den Mandatsbescheid Vorstellung erhoben, die umgehende Aushän­digung seines Führerscheines beantragt und mehrmals darauf hinge­wiesen, dass er das Verbrechen nach § 28 StGB nicht zu verant­worten habe. Seit diesem Zeitpunkt sei die BH Urfahr-Umgebung untätig und habe auch insbe­sondere nicht innerhalb von sechs Monaten einen Bescheid erlassen. Beantragt wird die "Übertragung der Zuständigkeit an die sachlich in Betracht kommende Ober­behörde (UVS)", die den Akt beischaffen und das Führerscheinentzugs­verfahren einstellen möge. 

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 73 Abs.1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungs­vorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.

Gemäß § 29 Abs.1 FSG, die die lex specialis zu § 73 Abs.2 AVG darstellt, sind die Behörden im Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung verpflichtet, über Anträge von Parteien und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber drei Monate nach deren Einlangen einen Bescheid zu erlassen.

Gemäß § 73 Abs.2 AVG geht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen den Bescheid Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, auf diesen über (Devolutionsantrag), wenn der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen wird. Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde (beim Unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

 

Gegen den Mandatsbescheid vom 29. März 2010 wurde mit Schriftsatz vom 8. April 2010 (einge­bracht mit Fax am selben Tag) fristgerecht Vorstellung erhoben und beantragt, dem Vorstellungswerber den Führerschein unverzüglich auszu­händigen.

Gemäß 57 Abs.3 AVG hat die Behörde binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung das Ermittlungsverfahren einzuleiten, widrigenfalls der angefochtene Bescheid von Gesetzes wegen außer Kraft tritt.

Der Schriftsatz langte laut Eingangsstempel am 8. April 2010 bei der Behörde ein; die zweiwöchige Frist des § 57 Abs.3 AVG endete am 22. April 2010. Die Einleitung des Ermittlungsverfahrens nach der Vorstellung erfolgte mit 16. April 2010, dh innerhalb der zwei Wochen.

 

Der Bericht der PI Ottensheim betrifft den Verdacht der Begehung eines Verbrechens nach § 28a Abs.1 SMG. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z11 FSG zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gemäß §§ 28 Abs.2 bis 5 oder 31 Abs.2 SMG, BGBl.I Nr.112/1997, begangen hat.

Die Bestimmung nach § 28a SMG wurde durch die Suchtmittelgesetz-Novelle 2007 ab 1. Jänner 2008 in Kraft gesetzt und beinhaltet wie zuvor § 28 SMG den Suchtgifthandel. Eine entsprechende Novellierung hinsichtlich § 7 Abs.3 Z11 FSG ist jedoch (noch) nicht erfolgt. Der Unabhängige Verwaltungssenat vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass eine strafbare Handlung nach
§ 28a SMG (weiterhin) eine bestimmte Tatsache nach § 7 Abs.3 FSG bildet; dies insbesondere auch deshalb, weil die dort aufgelisteten Tatsachen nur demons­trativ aufscheinen. Eine andere Betrachtungsweise würde zum Ergebnis führen, dass zwar die Vorbereitung zum Suchtgifthandel (nunmehr § 28 SMG) eine bestimmte Tatsache wäre, der eigent­liche Handel (nunmehr § 28a SMG) aber nicht. In Anbetracht dessen ist der Unabhängige Verwaltungssenat der Ansicht, dass eine strafbare Handlung nach § 28a SMG weiterhin unter Ziffer 11 des § 7 Abs.3 FSG zu subsumieren ist. Sollte der Ast einer strafbaren Handlung nach § 28a SMG schuldig erkannt werden, hätte er eine seine Verkehrsunzuverlässigkeit indizierende Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z11 FSG verwirklicht, woraus eine Entziehung der Lenkberechtigung (gemäß § 25 Abs.3 FSG für die Dauer von mindestens drei Monaten) resultieren kann.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat festgehalten (vgl E 20.2.2001, 2001/11/0023), dass die vom Gericht als Hauptfrage zu entscheidende Frage, ob jemand eine strafbare Handlung im Sinne des § 7 Abs.3 Z11 FSG begangen hat, für die Kraftfahrbehörde im Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung bei der Beurteilung der Verkehrsunzu­ver­lässigkeit eine zur Aussetzung berechtigende Vorfrage darstellt.

§ 38 AVG räumt einer Partei keinen Anspruch auf Aussetzung des Verfahrens ein. Die Behörde ist berechtigt, die Entscheidung über die Vorfrage abzuwarten; dazu bedarf es keines Aussetzungsbescheides nach § 38 AVG (vgl VwGH 25.8.1998, 97/11/0391; 30.5.2001, 2001/11/0121; 26.11.2002, 2002/11/0083; 14.9.2004, 2002/11/0258, uva).

 

Auch der Umstand, dass dem Ast aus dem Mandatsbescheid bereits Rechtsnach­teile erwachsen sind, ändert nach der Rechtsprechung des VwGH nichts an der Berechtigung zum Aussetzen des Verfahrens. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auch der Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie zu berück­sichtigen. Der Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie könnte dann nicht als vorrangig angesehen werden, wenn die Behörde ohne weiteres Ermittlungs­verfahren zur selbstständigen Beurteilung der Vorfrage in der Lage wäre (vgl E 11.4.2000, 99/11/0349). Dies ist gegenständlich nicht der Fall, weshalb es unzweckmäßig wäre, dass die Führerscheinbehörde parallel zum Gericht ein Ermittlungsverfahren führt. Die Führerscheinbehörde müsste ein der gericht­lichen Hauptverhandlung ähnliches umfangreiches Beweisverfahren durchführen.

Der Devolutionsantrag war aus all diesen Überlegungen abzuweisen.

 


 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Kisch

Beschlagwortung:

 

Devolutionsantrag – BH triftt kein Verschulden -> Abweisung

 

 

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