Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522759/5/Bi/Kr

Linz, 21.01.2011

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vom 22. Dezember 2010 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 9. Dezember 2010, VerkR21-825-2010, wegen Entziehung der Lenkberechtigung ua, nach Durch­führung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung) zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid im Anfechtungsumfang bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 24 Abs.1, 26 Abs.2 Z2, 3 Abs.2, 32 Abs.1 und 30 Abs.1 FSG die von der BH Linz-Land am 7. Dezember 2007, GZ: 07474628, für die Klassen A, B, C, E und F erteilte Lenkberechtigung für die Dauer von 22 Monaten, beginnend mit der FS-Abnahme am 19.11.2010, entzogen und ausgesprochen, dass für diesen Zeit­raum keine neue Lenkberechtigung erteilt werden dürfe. Weiters wurde ihm für die Entziehungsdauer das Recht aberkannt, von einem allfällig ausgestellten ausländischen Führerschein im Österreich Gebrauch zu machen, und ihm wurde ein Lenkverbot für Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge und Invali­den­kraft­fahrzeuge auferlegt. Gemäß § 24 Abs.3 FSG wurde eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker auf eigene Kosten sowie ein amtsärztliches Gut­ach­ten über die gesundheitliche Eignung und eine verkehrspsychologische Stellung­nahme angeordnet, wobei die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung dieser An­ord­nungen endet. Gemäß § 64 Abs.2 AVG wurde einer allfällig eingebrachten Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 9. Dezember 2010.

 

2. Ausdrücklich nur gegen die Entziehungsdauer wendet sich die vom Bw frist­gerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungs­vor­entscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Ober­österreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2.Satz AVG). Am 20. Jänner 2011 wurde eine öffentliche mündliche Berufungs­verhandlung in Anwesenheit des Bw und des Vertreters der Erstinstanz, Herrn X, durchgeführt; die Berufungs­entscheidung wurde mündlich verkündet.

 

3. Der Bw beantragt die Herabsetzung der Entziehungsdauer auf 18 Monate mit der Begründung, er sehe das Unrecht seiner Tat ein und sei bemüht, nicht mehr in alkoholisiertem Zustand zu fahren. 18 Monate seien ausreichend, die Trag­weite seiner Handlung einzusehen. Er sei auch bereit, die Maßnahmen zu erfüllen, da er schon 19 Jahre unfallfrei gefahren und grundsätzlich kein Alkoho­liker sei. Durch die lange Entziehungsdauer sei er an der Arbeit am elterlichen 36 ha großen Hof gehindert, weil er als einziger mit den Maschinen und Geräten vertraut sei. Sein Vater könne mit 79 Jahren der Arbeit nicht mehr nach­kommen. 20 ha Felder und 7 ha Wald seien nur über Gemeinde- und die Bundesstraße erreichbar. Er müsse auch seinen vierjährigen unehelichen Sohn des öfteren beaufsichtigen und die öffentlichen Verbindungen ins 30 km entfernte X seien umständlich. Die Mutter seines Sohnes sei voller­werbs­tätig und ihr Arbeitsplatz wäre sonst gefährdet; er sei daher auf fremde Hilfe angewiesen. 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentllichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört wurden.

 

Zugrundezulegen ist, dass dem Bw erstmalig von 28.8.2004 bis 28.9.2004 und später von 6.12.2008 bis 2.6.2009 wegen Übertretung gemäß § 99 Abs.1a StVO 1960 die Lenkberechtigung entzogen wurde und er noch im Jahr 2008 eine entspre­chende Nachschulung absolviert hat.

 

Am 19. November 2010 lenkte er gegen 0.30 Uhr den Pkw X auf der B139, km 7.380, wo er zunächst das von einem Straßenaufsichtsorgen mittels Anhaltestab gegebenes Zeichen zum Anhalten missachtete und dann bei Rotlicht der VLSA bei km 7.5 der B139, Kreuzung Kürnberg Straße – Staudachstraße, nicht vor der Haltelinie anhielt sondern weiterfuhr. Der aufgrund von Alkoho­lisierungs­­merkmalen um 1.00 Uhr mittels geeichtem Alkomat Dräger, Id.Nr. ARLM-0430, durchgeführte Alkotest ergab einen günstigsten AAG von 0,89 mg/l und dem Bw wurde der Führerschein abgenommen. Der Bw gab den Beamten gegenüber an, er habe von 20.00 Uhr bis 0.15 Uhr 7 bis 8 Halbe Bier getrunken. Das Fahrzeug wurde abgestellt.

Um 5.32 Uhr des 19.11.2010 lenkte der Bw trotz zuvor abgenommenem Führerschein den Pkw X in Enns auf der Gruberstraße, wo bei der um 5.55 Uhr mittels geeichtem Alkomat Dräger, Id.Nr. ARLM-0426, durchgeführten Atemluftalkoholuntersuchung ein günstigster AAG von 0,93 mg/l festgestellt wurde. Das Trinkende hat der Bw nun mit 4.00 Uhr und als Menge "einiges an gebrannten Getränken" angegeben. Er sei nach der Anhaltung in Pasching mit dem Taxi heimgefahren und dann mit dem Pkw seines Vaters ohne dessen Wissen nach X zur Freundin.

Das Straferkenntnis der Erstinstanz vom 8. Dezember 2010, VerkR96-48646-2010, wegen Übertretungen der StVO 1960 ist rechtskräftig und hinsichtlich des 2. Vorfalls vom 19.11.2010 hat der Bw die Richtigkeit der oben zusammenge­fassten Umstände zugestanden. Seine auf 22 Monate ohne Lenkberechtigung und das Lenkverbot bezogenen Bedenken legte er in der Verhandlung – durchaus glaubhaft – mit der gesundheitlichen Situation seines Vaters verbunden mit der Bewirtschaftung des Hofes sowie den Problemen im Hinblick auf sein Bestreben, seinem Sohn nahe sein zu können, dar.   

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenk­berechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt wer­den, die verkehrszuverlässig sind.

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunken­heit oder einen durch Sucht­mittel oder durch Medikamente beein­träch­tigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG zu gelten, wenn jemand ein Kraft­fahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat.

Gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 begeht ua eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alko­hol­gehalt seines Blutes 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt.

Gemäß § 26 Abs.2 Z5 FSG ist, wenn beim Lenken oder der Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeuges ein Delikt gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs.1a StVO 1960 begangen wird, die Lenkberechtigung auf mindestens zehn Monate zu entziehen.

 

Dem Bw wurde nach dem Erstentzug aus dem Jahr 2004 für ein Monat vier Jahre später von 6.12.2008 bis 2.6.2009 die Lenkberechtigung erneut wegen Über­tretung gemäß § 99 Abs.1a StVO 1960 (0,67 mg/l) entzo­gen.

 

Bezogen auf den 19. November 2010 ist zu sagen, dass unter Zugrundelegung des günstigeren Alkotestergebnisses von 0,89 mg/l um 1.00 Uhr und von 0,93 mg/l um 5.55 Uhr beide Male davon auszugehen ist, dass der Bw jeweils eine Über­tretung gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 begangen und damit jeweils eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z1 FSG verwirklicht hat, wobei das Straferkenntnis der BH Linz-Land vom 9. Dezember 2010, VerkR96-48646-2010, wegen Übertretungen gemäß 1) §§ 5 Abs.1 iVm 99 Abs 1 lit.a StVO 1960, 2) §§ 97 Abs.5 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 und 3) §§ 38 Abs.5 iVm Abs.1 lit.a und 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 in Rechtskraft erwachsen und bei der 2. Übertretung noch ein Lenken trotz gemäß § 39 Abs.1 VStG abgenommenen Führerscheins – diesbezüglich hat der Bw nichts bestritten – in die Wertung mit einzubeziehen ist.

 

Aus § 26 Abs.2 Z5 FSG folgt, dass es sich bei der dort genannten Entziehungszeit von zehn Monaten um eine Mindestentziehungszeit handelt, für deren Dauer die Lenkberechtigung jedenfalls zu entziehen ist, wenn nach einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1a StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 begangen wurde. Diese Bestimmung steht somit der Fest­setzung einer längeren Entziehungsdauer nicht entgegen, wenn Umstände vorliegen, die auf Grund der Verwerflichkeit und Gefährlichkeit der strafbaren Handlung die Prognose der Verkehrsunzuverlässigkeit für einen darüber hinaus­reichenden Zeitraum rechtfertigen und somit die Festsetzung einer längeren Entziehungsdauer erforderlich machen (VwGH 24.4.2007, 2004/11/0001; 17.11.2009, 2009/11/0023, mit Vorjudikatur).

 

Dabei ist – abgesehen davon, dass nach ständiger Judikatur des VwGH Alkohol­delikte zu den schwersten Verstößen gegen Verkehrsvorschriften gehören, zumal derart durch Alkohol beeinträchtigte Lenker für sich alleine schon eine hohe potenzielle Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs darstellen, weil sie infolge ihrer herabgesetzten Konzentrations-, Beobachtungs-, und Reaktions­fähig­keit nicht in der Lage sind, die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen zufriedenstellend auszuüben – vor allem der kurze Abstand von nur zwei Jahren zwischen den beiden Übertretungen (Dezember 2008 bis November 2010), außerdem der hohe Alkoholisierungsgrad des Bw – 0,89 mg/l Atemalko­holgehalt entspricht immerhin 1,78 %o Blutalkoholgehalt, 0,93 mg/l AAG entspricht 1,86 %o BAG – und das gleich zweimalige Lenken eines Pkw in diesem Zustand innerhalb von fünf Stunden am 19. November 2010 in die Wertung gemäß § 7 Abs.4 FSG mit einzu­beziehen. Dabei ist zu bedenken, dass dem Bw nach der 1. Amtshandlung das Ergebnis der 1. Alkomat-Messung und damit sein aktueller Zustand bekannt war und ihm von der Polizei der Führerschein abgenommen und das Fahrzeug abgestellt worden war. Trotzdem hat er zu Hause weiteren Alkohol ("einiges an gebrannten Getränken") getrunken und erneut einen Pkw, diesmal den seines Vaters, gelenkt.

 

All diese Überlegungen hatten in die Wertung mit einzufließen, sodass insgesamt gesehen die Festsetzung der Entziehungsdauer mit 22 Monaten im Sinne einer Prognose, wann der Bw die Verkehrs­zuver­lässigkeit wieder­erlangt haben wird, für ausreichend aber zweifellos auch geboten und unabdingbar erachtet wird.

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrs­teilnehmer vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern (vgl VfGH 14.3.2003, G203/02; VwGH 18.3.2003, 2002/11/0062; 6.4.2006, 2005/11/0214; uva).

 

Private und berufliche Umstände haben bei der Entziehung der Lenkberechtigung aus Gründen des öffentlichen Interesses, verkehrsunzuverlässige Lenker von der Teilnahme am Straßenverkehr auszuschließen, außer Betracht zu bleiben (vgl VwGH 27.5.1999, 99/11/0072; 24.8.1999, 99/11/0166; 4.10.2000, 2000/11/0176; uva).

 

Auch eine Belassung der Klasse F für die Landwirtschaft oder die Einschränkung des Lenkverbotes und damit die Möglichkeit des Lenkens eines Motorfahrrades sind nicht gerechtfertigt, weil Verkehrunzuverlässigkeit im Sinne eines charakter­lichen Wertbegriffs nicht teilbar ist (vgl VwGH 11.7.2000, 2000/11/0011).

 

Aus all diesen Überlegungen war der rein auf die Entziehungsdauer bezogenen Berufung im Anfech­tungs­umfang der Erfolg zu versagen und somit spruchgemäß zu entscheiden. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.


 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

VwSen-522759/5/Bi/Kr vom 21. Jänner 2011

Erkenntnis

 

FSG § 26 Abs 2 Z 5

StVO 1960 § 99 Abs 1a

 

 

Dem Bw wurde im Jahr 2004 die Lenkberechtigung für ein Monat, im Jahr 2008 für sechs Monate wegen Alkoholkonsums gemäß § 99 Abs 1a StVO 1960 entzogen. Zudem wurde dem Bw im Jahr 2008 eine Nachschulung erteilt. Am 19. November 2010 wurden dem Bw nunmehr zwei Alkoholübertretungen gemäß § 99 Abs 1 lit a StVO 1960 (1. 0,89 mg/l AAG; 2. 0,93 mg/l AAG) zur Last gelegt. Angesichts dieser Sachverhaltskonstellation erweist sich eine Entziehungsdauer von 22 Monaten gerechtfertigt, sodass die nur gegen die Entziehungsdauer gerichtete Berufung aus beruflichen und persönlichen Gründen des Bw abzuweisen war (VwGH 11.7.2000, 2000/11/0011).

 

 

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