Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300985/2/Gf/Mu

Linz, 18.01.2011

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof aus Anlass der Berufung des x gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried vom 30. November 2010, Zl. Pol96-90-2010, wegen einer Übertretung des Oö. Polizeistrafgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried vom 30. November 2010, Zl. Pol96-90-2010, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 1 Tag) verhängt, weil er am 14. August 2010 bei der Einlasskontrolle zu einem Fußballspiel ein Transparent mit der Aufschrift "All Cops are Bastards" mit sich geführt habe. Dadurch habe er eine Übertretung des § 1 Abs. 1 des Oö. Polizeistrafgesetzes, LGBl.Nr. 36/1979, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 77/2007 (im Folgenden: OöPolStG) begangen, weshalb er nach § 10 Abs. 1 lit. a OöPolStG zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der dem Rechtsmittelwerber angelastete Sachverhalt auf Grund entsprechender Wahrnehmungen der einschreitenden Sicherheitsorgane als erwiesen anzusehen sei.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien entsprechend berücksichtigt worden.

 

1.2. Gegen dieses ihm am 6. Dezember 2010 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 17. Dezember 2010 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

 

Darin bringt der Rechtsmittelwerber vor, dass er zwar ein entsprechendes Transparent mit sich geführt, dieses aber weder im Bereich der Einlasskontrolle entrollt noch vorgehabt habe, es im Verlauf der Veranstaltung zu verwenden, weil es in deren Zuge keine Vorfälle gegeben habe, die einen entsprechenden Anlass geboten hätten.

 

Da allein das bloße Mitführen eines zusammengerollten Transparentes jedoch nicht geeignet sei, den öffentlichen Anstand oder die guten Sitten zu verletzen, wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Ried zu Zl. Pol96-90-2010; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – nachdem hier eine den Betrag von 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

3. Über die vorliegenden Berufungen hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 1 Abs. 1 OöPolStG begeht – außer in den Fällen einer sonst mit Verwaltungsstrafe oder einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung – derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür nach § 10 Abs. 1 lit. a OöPolStG mit einer Geldstrafe bis zu 360 Euro zu bestrafen, der den öffentlichen Anstand verletzt. Unter einer Anstandsverletzung ist gemäß § 1 Abs. 2 OöPolStG jedes Verhalten in der Öffentlichkeit zu verstehen, das einen groben Verstoß gegen die allgemein anerkannten Grundsätze der guten Sitte bildet.

 

Nach § 116 des Strafgesetzbuches, BGBl.Nr. 60/1974, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 111/2010 (im Folgenden: StGB), ist u.a. derjenige strafbar, der i.S.d. § 115 Abs. 1 StGB eine Behörde öffentlich beschimpft.

 

3.2. Im Hinblick auf die Formulierung der hier mit dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses vorgenommenen Tatanlastung trifft der Einwand des Rechtsmittelwerbers, dass allein das Mitführen eines  Transparentes bei der Einlasskontrolle in ein Stadion dann (noch) keine (vollendete) Anstandsverletzung darstellt, im Ergebnis zu, weil hier nicht unter einem zweifelsfrei feststeht, dass dieses nicht bloß eingerollt – und somit das Lesen der inkriminierenden Aufschrift verunmöglicht – war, sondern auch zur Schau gestellt wurde und auf diese Weise auch öffentlich wahrgenommen werden konnte.

 

Denn diesbezüglich ist der Anzeige des Bezirkspolizeikommandos Ried vom 28. August 2010, Zl. A2/7129/2010-Gle, zwar zu entnehmen, dass drei Personen – unter diesen auch der Beschwerdeführer – "bei der Einlasskontrolle ..... ein Transparent (Doppelhalter) mit der Aufschrift 'All Cops are Bastards' ..... entrollten" und ihnen dieses "von dem für die Einlasskontrolle zuständigen Security-Bediensteten abgenommen und dem Erhebungsbeamten übergeben" wurde; gleichzeitig wird in dieser Anzeige aber auch ausgeführt, dass "der Doppelhalter im Auswärtssektor zur Schau gestellt worden wäre. Das Stadion war mit mehreren tausend Besuchern besetzt und das Spiel wurde via TV in Österreich gesendet". In Verbindung mit der Tatzeit (18.30 Uhr; Spielbeginn war hingegen erst um 19.00 Uhr) kann daraus aber auch der Schluss gezogen werden, dass dem Beschwerdeführer das Transparent bereits abgenommen wurde, noch bevor er dieses überhaupt in der Öffentlichkeit präsentieren konnten, sodass letztlich (noch) keine vollendete, sondern lediglich eine versuchte Übertretung des § 1 Abs. 1 OöPolStG vorlag; in § 1 Abs. 1 OöPolStG ist jedoch der bloße Versuch nicht i.S.d. § 8 Abs. 1 VStG ausdrücklich für strafbar erklärt.

 

Mangels stichhaltiger, eine vollendete Begehung des spruchmäßig angelasteten Deliktes belegender Beweismittel hätte daher allenfalls bloß eine Bestrafung gemäß § 1 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 lit. a OöPolStG und i.V.m. § 7 VStG, d.h. wegen Anstiftung und/oder Beihilfe, erfolgen können bzw. dürfen.

 

3.3. Von all dem abgesehen hätte die belangte Behörde aber noch zuvor zu prüfen gehabt, ob das Verhalten des Beschwerdeführers nicht den Tatbestand des § 116 i.V.m. § 115 Abs. 1 und i.V.m. § 15 StGB erfüllt. Trifft dies nämlich zu, dann wäre eine Bestrafung nach § 1 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 lit. a OöPolStG – einerlei, ob in Form einer unmittelbaren und vollendeten Tatbegehung oder einer Beteiligung im Wege der Anstiftung oder Beihilfe – auf Grund der in § 1 Abs. 1 OöPolStG normierten Subsidiaritätsklausel schon von vornherein ausgeschlossen gewesen.

 

3.4. Aus allen diesen Gründen war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren in Bezug auf jenen Tatvorwurf, wie er dem Rechtsmittelwerber spruchmäßig konkret angelastet wurde, einzustellen.

 

Ob bzw. inwieweit das Verwaltungsstrafverfahren mit einer anderen Tatanlastung weitergeführt oder die Angelegenheit bei der Staatsanwaltschaft zur Anzeige gebracht wird, hat die belangte Behörde im Hinblick auf die noch offene Verfolgungsverjährungsfrist hingegen aus eigenem zu beurteilen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

 

 

 

 

 

 

VwSen-300985/2/Gf/Mu vom 18. Jänner 2011

Erkenntnis

Oö PolStG § 1 Abs 1;

VStG §§ 7, 8

StGB § 116

 

Wenn nicht zweifelsfrei feststeht, dass das mitgeführte Transparent nicht bloß eingerollt war, sondern auch tatsächlich zur Schau gestellt wurde und auf diese Weise öffentlich wahrgenommen werden konnte, kann dem Bf keine allein im Mitführen begründete (vollendete) Anstandsverletzung angelastet werden. Allenfalls lag (noch) keine vollendete, sondern lediglich eine versuchte – angesichts des Umstandes, dass ein Versuch iSd § 8 Abs 1 VStG nicht ausdrücklich für strafbar erklärt ist, jedoch nicht eigenständig verfolgbare – bzw eine Übertretung des § 1 Abs 1 Oö PolStG in Form der Anstiftung und/oder Beihilfe vor.

 

Von all dem abgesehen, hätte die belangte Behörde aber zuvor zu prüfen gehabt, ob das Verhalten des Bf nicht den Tatbestand des § 116 iVm § 115 Abs 1 und iVm § 15 StGB erfüllt. Hätte dies nämlich zugetroffen, wäre eine Bestrafung nach § 1 Abs 1 iVm § 10 Abs 1 lit a Oö PolStG – einerlei, ob in Form einer unmittelbaren Tatbegehung oder einer Beteiligung im Wege der Anstiftung oder Beihilfe – auf Grund der in § 1 Abs 1 Oö PolStG normierten Subsidiaritätsklausel schon von vornherein ausgeschlossen.

 

 

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