Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165057/5/Sch/Th

Linz, 22.12.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung der Frau Mag. X, vertreten durch die Rechtsanwälte Prof. X & Partner, X, vom 27. April 2010, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 13. April 2010, Zl. S-5214/10 VS1 wegen mehrerer Übertretungen der Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 13. Dezember 2010, zu Recht erkannt:

 

 

1.                 Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die zu Fakten 2. und 4. im angefochtenen Straferkenntnis verhängten Geldstrafen auf jeweils 100 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 24 Stunden herabgesetzt werden sowie die zu Faktum 5. verhängte Geldstrafe auf 1.800 Euro herabgesetzt wird.

         Im Übrigen wird die Berufung mit der Maßgabe abgewiesen, dass das im   Spruch des Straferkenntnisses unrichtig angeführte Datum "20.01.2010"         berichtigt wird auf "21.01.2010".

 

II.               Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf insgesamt 230 Euro.

         Insoweit der Berufung teilweise Folge gegeben wurde (Fakten 2, 4 und 5),        entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum   Berufungsverfahren. Im Übrigen (Fakten 1. und 3.) ist ein Kostenbeitrag         zum Berufungsverfahren in der Höhe von insgesamt 60 Euro (20 % der   diesbezüglich verhängten Geldstrafen) zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 


Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 13. April 2010, Zl. S-5214/10 VS1, über Frau Mag. X wegen Verwaltungsübertretungen zu 1.) und 3.) nach § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960, zu 2.) und 4.) nach § 4 Abs.5 StVO und zu 5.) nach § 5 Abs.2 StVO 1960 Geldstrafe zu 1.) bis 4.) in der Höhe von jeweils 150 Euro und zu 5.) in der Höhe von 2.000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen zu 1.) bis 4.) von jeweils 75 Stunden und zu 5.) von 14 Tagen, verhängt, weil sie es

1.      als Lenkerin des unten angeführten KFZ unterlassen habe, nach einem     Verkehrsunfall mit     dem ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, ihr Fahrzeug sofort anzuhalten;

2.      unterlassen habe, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem   ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, die   nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen,        obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der         Unfallbeteiligten unterblieben ist;

3.      als Lenkerin des KFZ unterlassen habe, nach einem Verkehrsunfall mit      dem ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, ihr        Fahrzeug sofort anzuhalten;

4.      unterlassen habe, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem   ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, die   nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen,        obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der         Unfallbeteiligten unterblieben ist.

5.      Außerdem habe sie sich am 20.01.2010 um 19.42 Uhr in Linz,         Ziegeleistraße 34 (Wohnung) geweigert, sich der Untersuchung der        Atemluft auf Alkoholgehalt (Alkomat) zu unterziehen, obwohl sie von    einem besonders geschulten und hiezu von der Behörde ermächtigten        Organ der Straßenaufsicht dazu aufgefordert wurde, weil sie verdächtig   war, das Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten    Zustand (Alkoholisierungssymptome: veränderter Gang, leicht gerötete        Augenbindhäute, schläfriges Benehmen) gelenkt zu haben.

 

Tatorte:       zu 1. und 2.: Linz, Im Weingarten 7

                   zu 3. und 4.: Linz, Römerstraße 4

                   zu 5.: Linz, Ziegeleistraße 34 (Wohnung)

 

Tatzeiten:   zu 1. und 2.: 21.01.2010, 17.20 Uhr

                   zu 3. und 4.: 20.01.2010, 17.24 Uhr

                   zu 5.: 20.01.2010, 19.42 Uhr

Fahrzeug: PKW; Kennzeichen X

 

Überdies wurde die Berufungswerberin gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 260 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat die Berufungswerberin rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Zur Berichtigung des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses im Hinblick auf das mehrmals angeführte ganz offenkundig unrichtige Datum des Vorfallstages ist zu bemerken, dass nach der eindeutigen Aktenlage sich sämtliche Vorfälle am 21. Jänner 2010 zugetragen haben, die Anführung eines Tatzeitpunktes bezüglich der Fakten 3., 4. und 5. mit 20. Jänner 2010 ist somit unzutreffend. Dieser Fehler findet sich bereits in der zugrunde liegenden Polizeianzeige über den Vorgang, wurde von der Erstbehörde offenkundig aufgrund von oberflächlichem Studium der Anzeige übernommen und hat sohin letztlich auch in den Spruch des Straferkenntnisses Eingang gefunden.

 

Aus den Beilagen der Anzeige, nämlich den Verkehrsunfallbestätigungen vom
22. Jänner 2010 ist zu entnehmen, dass sich beide Verkehrsunfälle mit Sachschaden, an denen die Berufungswerberin beteiligt war, am 21. Jänner 2010 ereignet haben. In Bezug auf die beschädigte Müllcontainereinhausung ist im Übrigen auch noch eine Niederschrift mit einer Zeugin angefertigt worden, auch hier ist das Datum 21. Jänner 2010 angeführt.

 

Was die Verweigerung der Alkomatuntersuchung anlangt, ist der Anzeige zu entnehmen, dass auch hier der zutreffende Tatzeitpunkt 21. Jänner 2010 war, insbesondere wird in diesem Zusammenhang auf das Protokoll zur Atemalkoholuntersuchung vom 23. Jänner 2010 verwiesen, wo ausdrücklich unter der Rubrik "Tatzeit" der 21.01.2010 zitiert ist.

 

Laut Aktenlage hat die Rechtsvertretung der Berufungswerberin am 2. März 2010 Akteneinsicht genommen. In der entsprechenden Niederschrift heißt es, dass der bei der Erstbehörde erschienenen Vertreterin der Berufungswerberin der gesamte Akteninhalt mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme zur Kenntnis gebracht worden sei.

 

Es liegt sohin eine im Sinne des § 31 Abs.2 VStG fristgerechte Verfolgungshandlung vor, zumal nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes das Zurkenntnisbringen einer Anzeige, in der die Tat hinsichtlich aller, der späteren Bestrafung zugrunde liegenden Sachverhaltselemente eindeutig umschrieben ist, verbunden mit der Aufforderung zur Rechtfertigung eine den Eintritt der Verfolgungsverjährung unterbrechende Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs.2 VStG darstellt (vergleiche etwa VwGH 10.12.2001, 2000/10/0024 ua).

 

Wie schon oben erwähnt, ist der Rechtsvertretung der Berufungswerberin am
2. März 2010 der gesamte Akteninhalt zur Kenntnis gebracht worden, damit auch das richtige Vorfallsdatum, zudem ist damit verbunden gewesen die Aufforderung, binnen 3 Wochen eine schriftliche Stellungnahme abzugeben, weshalb gegenständlich die Berufungsbehörde berechtigt – und nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 66 Abs.4 AVG auch verpflichtet – war, die entsprechende Korrektur des Spruches des Straferkenntnisses vorzunehmen.

 

In der Angelegenheit ist bereits einmal eine Berufungsverhandlung abgeführt wurde, nämlich am 16. April 2010. Dieser Umstand ist darin begründet, dass die Erstbehörde vorerst den Verfahrensakt betreffend Entziehung der Lenkberechtigung der Berufungswerberin vorgelegt hatte, der diesbezügliche Entziehungsbescheid ist mit 18. Februar 2010 datiert. In der Berufungsverhandlung ist der entscheidungsrelevante Sachverhalt insbesondere im Hinblick auf Faktum 5. des angefochtenen Straferkenntnisses ausführlich erörtert worden, auch ist der Meldungsleger zeugenschaftlich befragt worden. Es kann demnach kein Zweifel daran bestehen, dass die Berufungswerberin trotz mehrmaliger Aufforderung und sogar trotz Insistierens ihres Gatten, die Atemluftuntersuchung auf Alkoholgehalt durchführen zu lassen, bei ihrer Verweigerung geblieben ist.

 

Dieses Delikt ist daher mit hinreichender Gewissheit nachgewiesen, es wird zudem von der Berufungswerberin dem Grunde nach auch gar nicht in Abrede gestellt. In der Berufungsschrift geht es demnach primär um das Begehren, die verhängte Geldstrafe auf das gesetzliche Mindestmaß auf 1.600 Euro herabzusetzen.

 

Bezüglich der beiden Verkehrsunfälle mit Sachschaden ist zu bemerken, dass die Berufungswerberin den Anstoß an ein abgestelltes Fahrzeug und die damit verbundene Beschädigung desselben beim Hause X, bei gehöriger Aufmerksamkeit ohne weiteres hätte bemerken können. Wie die Berufungswerberin laut Polizeianzeige selbst angegeben hat, sei sie aufgrund schneeglatter Fahrbahn ins Schleudern geraten und an das abgestellte Fahrzeug gestoßen. Bei einem solchen Vorgang kann man es nicht einfach dabei belassen, weiter zu fahren in der Hoffnung, dass ohnedies kein Schaden am anderen Fahrzeug entstanden sei. Tatsächlich hätte die Berufungswerberin, wäre sie ihrer Überzeugungspflicht nachgekommen, leicht erkennen können, dass am abgestellten Fahrzeug an einer Tür Lackschäden entstanden sind.

 

Stattdessen ist die Berufungswerberin weitergefahren.

 

Hinsichtlich des Unfalles vor dem Haus X, stellt sich die Frage, ob die Berufungswerberin diesen Vorgang bemerkt hat oder nicht, von vornherein nicht. Sie hat nämlich eine aus Beton gefertigte Müllcontainereinhausung faktisch zerstört. Auch an ihrem Fahrzeug sind gravierende Spuren zurückgeblieben. Diesbezüglich liegen aussagekräftige Lichtbilder im Verfahrensakt ein. Auch hier ist die Berufungswerberin ihren Verpflichtungen nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden nicht nachgekommen, vielmehr hat sie sich wiederum von der Unfallstelle entfernt.

 

§ 4 Abs.5 StVO 1960 spricht bei der Stelle, wo ein Verkehrsunfall mit Sachschaden zu melden ist, ausdrücklich von der nächsten Polizeidienstelle. Eine Unfallmeldung per E-Mail an die allgemeine Mailadresse der Polizei wird dieser Verpflichtung nicht gerecht. Die Berufungswerberin hat zwar am Vorfallstag um 19.06 Uhr – mehr als 1 1/2 Stunden nach den Verkehrsunfällen – ein E-Mail an die Adresse "X" abgesendet. Eine derartig abstrakte Einbringungsstelle einer Unfallmeldung sieht das Gesetz allerdings nicht vor. Vielmehr ist konkret die nächstgelegenen Polizeidienststelle zu kontaktieren.

 

Der Berufung konnte sohin auch in diesen Punkten dem Grunde nach kein Erfolg beschienen sein.

 

Zur Strafbemessung ist allerdings zu bemerken, dass der Gesetzgeber Übertretungen des § 4 StVO 1960 im einzelnen offenkundig einen unterschiedlichen Unrechtsgehalt zumisst, da Verstöße gegen die Bestimmung des § 4 Abs.5 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO 1060 mit Geldstrafen bis zu 726 Euro zu ahnden sind, solche gegen § 4 Abs.1 leg.cit mit Strafen von 36 Euro bis 2.180 Euro.

 

Im Regelfall, so auch gegenständlich, hat daher die Behörde bei der Strafbemessung auch mit unterschiedlichen Strafhöhen vorzugehen. Um diese Relation herzustellen, wurde von der Berufungsbehörde eine Herabsetzung der von der Erstbehörde bezüglich Fakten 2. und 4. des Straferkenntnisses verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen verfügt.

 

Generell ist zu Übertretungen des § 4 StVO 1960 zu bemerken, dass der Schutzzweck dieser Bestimmung ein mehrfacher ist. Insbesondere sollen hiedurch mögliche weitergehende Folgen eines Verkehrsunfalls hintangehalten, die Ursachen eines solchen möglichst umgehend ermittelt werden können, aber auch soll ein Unfallgeschädigter in die Lage versetzt werden, ohne unverhältnismäßigen Aufwand davon Kenntnis zu erlangen, mit wem er sich hinsichtlich der Schadensregulierung auseinander zu setzen haben wird. Der Unrechtsgehalt derartiger Übertretungen muss daher als erheblich angesehen werden, worauf bei der Strafbemessung anhand der Kriterien des § 19 Abs.1 VStG Bedacht zu nehmen ist.

 

Diesen Erwägungen werden zum Teil die von der Erstbehörde festgesetzten (bzw. zum Teil nunmehr von der Berufungsbehörde abgeänderten) Strafbeträge gerecht. Die Berufungswerberin hat es immerhin zu Stande gebracht, auf einer Fahrt innerhalb weniger Minuten zwei Verkehrsunfälle mit Sachschaden zu verursachen. In beiden Fällen hat sie sich nicht rechtskonform verhalten, wenngleich ihr auch bis zu einem gewissen Grad zugute gehalten werden soll, dass sie zumindest im E-Mailweg einen der beiden Verkehrsunfälle "gemeldet" hat.

 

Die von der Erstbehörde im Zusammenhang mit der Verweigerung der Alkomatenuntersuchung verhängte Geldstrafe in der Höhe von 2.000 Euro war gleichfalls im verfügten Umfang zu reduzieren. Zu bedenken war, dass die Berufungswerberin diesbezüglich erstmals in Erscheinung getreten ist, wobei diesfalls üblicherweise von den Verwaltungsstrafbehörden die gesetzliche Mindeststrafe verhängt wird. Dies bedeutet zwar nicht, dass im Einzelfall diese nicht auch überschritten werden kann, allerdings bedarf es dann einer entsprechenden Begründung. Im vorliegenden Fall ist zu bemerken, dass die Aufforderung zur Alkomatenuntersuchung nicht "bloß" bei einer routinemäßigen Verkehrskontrolle erfolgte, sondern nach einer massiven Unfallfahrt der Berufungswerberin. Es ist nämlich nicht so, wie die Berufungswerberin vermeint, dass hierauf bei der Strafbemessung nicht Bedacht genommen werden dürfte. Die Vorgänge stehen ja in einem engen Zusammenhang. Insbesondere unter Bedachtnahme auf die Erstmaligkeit der von der Berufungswerberin gesetzten Übertretung erscheint es der Berufungsbehörde dennoch angemessen und geboten, die verhängte Geldstrafe entsprechend, wenn auch nicht bis zu gesetzlichen Untergrenze, herabzusetzen.

 

Die Berufungswerberin verfügt derzeit über kein eigenes Einkommen, welcher Umstand ebenfalls bei der Strafbemessung zu berücksichtigen war (vgl. § 19 Abs.2 VStG).

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

S c h ö n

 

 

 

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