Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100686/2/Bi/Hm

Linz, 13.07.1992

VwSen - 100686/2/Bi/Hm Linz, am 13. Juli 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des B G, M, M, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. T W, S, M, vom 2. Februar (richtig: Juni) 1992, gegen das Ausmaß der mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 18. Mai 1992, VerkR96/5476/1992/Li, verhängten Strafen zu Recht:

I. Im Punkt 1. des Straferkenntnisses wird aus Anlaß der Berufung der Ausspruch über die Strafe sowie die damit verbundenen Verfahrenskosten behoben. Im Punkt 2. wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 1.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 48 Stunden herabgesetzt wird. Im Punkt 3. wird der Berufung keine Folge gegeben und die verhängte Strafe vollinhaltlich bestätigt.

II. Hinsichtlich Punkt 1. entfällt die Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge. Im Punkt 2. ermäßigt sich der Beitrag zu den Verfahrenskosten erster Instanz auf 100 S, und entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages im Berufungsverfahren. Im Punkt 3. hat der Rechtsmittelwerber zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz den Betrag von 200 S (20 % der verhängten Geldstrafe) als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 19 VStG, § 20 Abs.1 i.V.m. § 99 Abs.3 lit.a, § 31 Abs.1 i.v.m. § 99 Abs.2 lit.e StVO 1960, §§ 102 Abs.1 i.V.m. 134 Abs.1 KFG 1967. Zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit Straferkenntnis vom 18. Mai 1992, VerkR96/5476/1992/Li, über Herrn B G, M, M, wegen der Übertretungen gemäß 1. § 20 Abs.1 i.V.m. § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960, 2. § 31 Abs.1 i.V.m. § 99 Abs.2 lit.e StVO 1960 und 3. gemäß § 102 Abs.1 i.V.m. § 134 Abs.1 KFG 1967, Geldstrafen von 1.) 1.500 S, 2.) 2.500 S und 3.) 1.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1. 72 Stunden, 2. fünf Tagen und 3. 48 Stunden verhängt, weil er am 18. Dezember 1991 gegen 10.30 Uhr den LKW , auf der T Bezirksstraße von S kommend in Richtung Ortschaft G lenkte und 1. bei Strkm 6,2 die Fahrgeschwindigkeit von ca. 45 km/h nicht den Straßenverhältnissen angepaßt hat, zumal er in einer langgezogenen Rechtskurve auf der eisglatten Fahrbahn ins Schleudern geriet und von der Fahrbahn abkam, 2. Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs (einen Leitpflock, eine Schneestange, einen Vermessungspflock) beschädigt und nach diesem Verkehrsunfall mit Sachschaden die nächste Gendarmeriedienststelle oder den Straßenerhalter von der Beschädigung unter Bekanntgabe seiner Identität nicht ohne unnötigen Aufschub verständigt hat und 3. weil er als Lenker eines Lastkraftwagens mit einem Eigengewicht von mehr als 3500 kg nicht dafür gesorgt hat, daß im Fahrtenschreiber ein geeignetes ordnungsgemäß ausgefülltes Schaublatt eingelegt war.

Gleichzeitig wurde er zur Leistung eines Verfahrenskostenbeitrages von insgesamt 500 S verpflichtet.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber rechtzeitig Berufung gegen das Strafausmaß erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht, sodaß die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben ist. Dieser hat, da im einzelnen keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht notwendig, da sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet und eine mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber führt in der Berufung im wesentlichen aus, die Erstinstanz habe zwar seine bisherige Unbescholtenheit als strafmildernd gewertet, jedoch hätte diesem Umstand im Rahmen der Strafbemessung bedeutend größeres Gewicht beigemessen werden müssen. Er sei voll geständig gewesen und habe durch den Verkehrsunfall auch in seiner Person einen erheblichen Vermögensschaden erlitten, da der LKW bei dem Unfall schwer beschädigt wurde und die Reparaturkosten von rund 200.000 S aus dem Familienunternehmen bezahlt wurden. Er habe bei dem Vekehrsunfall einen erheblichen Schock erlitten und deshalb nicht daran gedacht, daß auch Verkehrsleiteinrichtungen beschädigt worden sein könnten.

Er sei nach dem Unfall desorientiert gewesen und sei froh gewesen, daß der LKW mit dem Kran ohne weitere Beschädigung geborgen werden konnte. Sein Verschulden im Hinblick auf die ihm angelastete Übertretung sei daher als geringfügig anzusehen, da er sich auch schon um die Regulierung des Schadens gekümmert habe. Die aufgezeigte Mehrzahl von Strafmilderungsgründen stehe keinem einzigen Erschwerungsgrund gegenüber, sodaß die Anwendung des § 20 Abs.2 VStG vor allem im Punkt 2. gerechtfertigt gewesen wäre. Die verhängte Strafe entspreche bei seinem monatlichen Nettoeinkommen von rund 10.000 S einem halben Monatsgehalt.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat folgendes erwogen:

4.1. Im Hinblick auf die Übertretung gemäß § 20 Abs.1 StVO 1960 ist auszuführen, daß dem Rechtsmittelwerber im Spruch des Straferkenntnisses, der aufgrund der auf das Strafausmaß eingeschränkten Berufung in Rechtskraft erwachsen ist, vorgeworfen wurde, er habe eine Geschwindigkeit von 45 km/h eingehalten und diese damit nicht den Straßenverhältnissen, insbesondere der eisglatten Fahrbahn in der Rechtskurve, angepaßt.

Laut Anzeige hat der Beschuldigte selbst seine Geschwindigkeit mit ca. 45 km/h angegeben, wobei der Straßenzustand in der genannten Kurve dahingehend charakterisiert wurde, daß auf dem Rauhasphalt Eisglätte herrschte und nicht gestreut war. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muß bei der Beurteilung der Frage, ob ein Fahrzeuglenker eine im Sinne des § 20 Abs.1 StVO unzulässige Geschwindigkeit eingehalten hat, diese Geschwindigkeit ziffernmäßig festgestellt und in den Spruch in des Straferkenntnisses aufgenommen werden (vgl. insbesondere Erkenntnis vom 27.2.1970, 1470/69). Aus dem Verfahrensakt ergibt sich nicht, welche Geschwindigkeit bei den zum Unfallzeitpunkt herrschenden Fahrbahnverhältnissen angemessen gewesen wäre, und geht hinsichtlich der im Spruch getroffenen (unzureichenden) Feststellung aus der Begründung des Straferkenntnisses keine Erklärung hervor.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat besteht daher keine Möglichkeit, die Strafbemessung nachzuvollziehen, sodaß spruchgemäß zu entscheiden war.

4.2. Grundlage für die Strafbemessung hinsichtlich Punkt 2. des Straferkenntnisses ist die Bestimmung des § 19 VStG, wonach vor allem das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, zu berücksichtigen sind. Außerdem sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Zunächst ist festzuhalten, daß der Strafrahmen des § 99 Abs.2 lit.e StVO von 500 S bis 30.000 S reicht, wodurch bereits vom Gesetzgeber ausgedrückt wurde, daß die Nichtmeldung oder verspätete Meldung eines Verkehrsunfalles, bei dem Verkehrsleiteinrichtungen beschädigt wurden, deshalb als schwerwiegende Verwaltungsübertretung eingestuft wird, weil z.B. Beschädigungen von den Vorrang regelnden oder anderen wichtigen Straßenverkehrszeichen oder automatischen Signalanlagen eine erhebliche Gefährdung der Verkehrsteilnehmer bewirken können, sodaß eine rasche Verständigung der in Betracht kommenden Stellen erforderlich ist, um diese in die Lage zu versetzen, verkehrssichernde Maßnahmen unverzüglich treffen zu können und die Behebung des Schadens zu veranlassen.

Im gegenständlichen Fall wurden beim Verkehrsunfall eine Schneestange, ein Leit- und ein Vermessungspflock zum Nachteil der Straßenmeisterei Schärding beschädigt, sohin Verkehrsleiteinrichtungen im Sinne des § 31 Abs.1 StVO. Jedoch ist davon auszugehen, daß durch das Fehlen dieser Einrichtungen im Straßenverlauf eine erhebliche Gefährdung von anderen Verkehrsteilnehmern nicht zu befürchten war. Schon deshalb wohnt dem Verhalten des Rechtsmittelwerbers kein solcher Unrechtsgehalt inne, der die Verhängung der von der Erstinstanz festgesetzten Strafe rechtfertigen könnte. Im Hinblick auf das Verschulden ist die Schilderung des Rechtsmittelwerbers insofern nachvollziehbar, als der Unfallhergang bzw. die Bergung des LKW, der im Rahmen des Firmenvermögens und somit im persönlichen Vermögen des Rechtsmittelwerbers einen bedeutenden Wert darstellt, für ihn zunächst verständlicherweise so wichtig war - auch seinen Angaben, der Eigentümer der Wiese sei bei der Bergung anwesend gewesen, ist aus dem Verfahrensakt nichts entgegenzusetzen -, daß er offensichtlich auf die Meldung des Verkehrsunfalles bei der Gendarmerie bzw. dem Straßenerhalter vergessen hat. Trotzdem muß vom Inhaber einer Lenkerberechtigung erwartet werden, daß er die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung im Hinblick auf das Folgeverhalten nach Verkehrsunfällen kennt und sich auch demgemäß verhält. Er hat bei seiner Niederschrift beim Gendarmerieposten Suben angegeben, er habe bemerkt, daß der LKW einen Leitpflock, eine Schneestange und einen weiteren Pflock umgefahren habe, sodaß auch diesbezüglich sein Verhalten nicht zu entschuldigen ist. Zugutezuhalten ist ihm aber die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit sowie der Umstand, daß er bislang einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat und die Tat mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht. Erschwerend war kein Umstand. Sein Vorbringen im Rechtsmittel, es hätten für ihn keinerlei Gründe für einen Wunsch, unentdeckt zu bleiben, bestanden, ist schon deshalb irrelevant, weil zum einen die Bergung eines LKW in der Regel nicht unauffällig verläuft und zum anderen nach seinen eigenen Angaben der Eigentümer der Wiese dabei anwesend war, sodaß auch diesbezüglich keine Möglichkeit für ihn bestanden hätte, seine Identität geheimzuhalten. Der durch die Reparatur des LKW entstandene Vermögensschaden im Familienunternehmen hat deshalb keinen Einfluß auf die Strafbemessung, weil der Berufungswerber nicht behauptet hat, sein Einkommen von ca. 10.000 S netto monatlich sei dadurch geschmälert worden. Er hat überdies keine Sorgepflichten und hat sich bei der Anzeigeerstattung als vermögenslos bezeichnet. Beim vorgegebenen Strafrahmen des § 99 Abs.2 lit.e StVO 1960 ist die Verhängung einer Geldstafe von 1.000 S bzw. einer Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden durchaus gerechtfertigt. Ein beträchtliches Überwiegen der mildernden Umstände im Sinne des § 20 VStG liegt nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates nicht vor, sodaß eine außerordentliche Strafmilderung nicht zur Anwendung kommt.

Die nunmehr verhängte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG vor allem dem Unrechtsund Schuldgehalt der Übertretung als auch den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen des Berufungswerbers und ist auch im Hinblick auf ihren general- sowie spezialpräventiven Zweck vertretbar.

4.3. Im Hinblick auf Punkt 3. des Straferkenntnisses ist eine Herabsetzung der verhängten Strafe unter Berücksichtigung des § 19 VStG deshalb nicht gerechtfertigt, weil diesbezüglich die Milderungsgründe, die das Zustandekommen bzw. die Folgen des Verkehrsunfalles betreffen, nicht zum Tragen kommen. Aus diesem Grund ist dem Rechtsmittelwerber lediglich - wie bereits im Straferkenntnis ausgeführt - die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit zugutezuhalten, ansonsten entspricht die verhängte Geldstrafe sowohl dem Unrechts- und Schuldgehalt wie auch den persönlichen Verhältnissen des Rechtsmittelwerbers (siehe oben). Der Strafrahmen des § 134 KFG 1967 reicht bis 30.000 S, sodaß auch diesbezüglich mit der verhängten Strafe unter Berücksichtigung ihres general- und spezialpräventiven Zweckes das Auslangen gefunden werden konnte.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II. Der Ausspruch über den Entfall bzw. die Verpflichtung zur Leistung eines Verfahrenskostenersatzes gründet sich auf die zitierten Gesetzesbestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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