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des Landes Oberösterreich
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VwSen-100687/12/Weg/Ri

Linz, 26.10.1992

VwSen - 100687/12/Weg/Ri Linz, am 26. Oktober 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt über die Berufung des G P, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. E und Dr. W, vom 3. Juni 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 18. Mai 1992, VerkR96/5324, auf Grund des Ergebnisses der am 23. Oktober 1992 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl.Nr. 51/1991, i.V.m. § 24, § 45 Abs.1 Z.1, § 51 Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl.Nr. 52/1991.

Entscheidungsgründe:

I. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs.5 StVO 1960 eine Geldstrafe von 3.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen verhängt, weil dieser am 14. Dezember 1991 gegen 0.15 Uhr den PKW vom öffentlichen Parkplatz hinter dem Gemeindeamt in Schalchen rückwärts aus einer Parklücke gelenkt hat und es nach dem hiebei verursachten Verkehrsunfall mit Sachschaden, an dem er ursächlich beteiligt war, unterlassen hat, ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen. Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 300 S in Vorschreibung gebracht.

II. Die Behörde stützt ihr Straferkenntnis im wesentlichen auf die Anzeige einer Tatzeugin, welche den Unfall beobachtet habe und hinter die Windschutzscheibe des beschädigten PKW's einen Verständigungszettel anbrachte.

III. Der Berufungswerber wendet gegen das Straferkenntnis im wesentlichen ein, er habe den Verkehrsunfall nicht verursacht, er habe beim gegenständlichen Ausparkmanöver den angeblich von ihm beschädigten PKW nicht kontaktiert, was bei einer mündlichen Verhandlung, die gleichzeitig beantragt wurde und der ein kfz-technischer Sachverständiger beigezogen werden wolle, letztlich zutage treten würde. Am PKW des Beschuldigten seien keine korrespondierenden Schäden feststellbar, er habe das Ausparkmanöver nicht in der von der Zeugin beschriebenen Form durchgeführt und habe den Parkplatz in eine andere Richtung als von der Behörde angenommen verlassen, was er schon bei der Stellprobe unter Anleitung der Gendarmerie zum Ausdruck brachte.

IV. Die mündliche Verhandlung am 23.10.1992, anläßlich der auch ein Lokalaugenschein durchgeführt wurde, brachte nachstehendes Ergebnis:

Der kfz-technische Amtssachverständige führte aus, daß der in einer Höhe von 70 cm vom Erdboden gemessene Schaden am Fahrzeug des Unfallgegners (es handelt sich um zwei leichte Eindellungen des linken vorderen Kotflügels) nicht vom Fahrzeug des Beschuldigten stammen können, weil die korrespondierende Kontaktstelle am PKW des Beschuldigten die hintere Schlußleuchte gewesen sein müßte, die jedoch diesen Schaden nicht verursacht haben kann, wenn man davon ausgeht, was vom Gendarmeriebeamten bestätigt wurde, daß die Schlußleuchte nach dem Unfall nicht ausgetauscht wurde.

Die angeführte Stellprobe fand einen Tag nach dem Unfall statt und der diese Stellprobe durchführende Gendarmeriebeamte gab bei der mündlichen Verhandlung zu Protokoll, daß nach seiner Meinung, die sich auch mit der Aussage des Beschuldigten deckt, ein Austausch der Schlußleuchte nicht erfolgt sei. Dies hätte er mit Sicherheit bemerkt. Anläßlich dieser Stellprobe hat im übrigen auch der Gendarmeriebeamte keinen in der Höhe von 70 cm gelegenen korrespondierenden Schaden am Fahrzeug des Beschuldigten feststellen können.

Nach Ansicht des Sachverständigen hätte es jedoch bei der angegebenen Verformung des PKW's des Unfallgegners zu einer korrespondierenden Beschädigung am Beschuldigtenfahrzeug kommen müssen. Im übrigen ist nach Aussage des Sachverständigen die Schlußleuchte am Beschuldigtenfahrzeug so angebracht, daß es im Falle einer Kontaktierung zuerst zu einer Berührung mit der Einfassung dieser Schlußleuchte hätte kommen müssen, und diese Einfassung dann höhenmäßig nicht mehr mit dem am Fahrzeug des Unfallgegners festgestellten Schaden übereinstimmt.

Was den Schaden am Fahrzeug des Unfallgegners in der Höhe von ca. 45 cm anlangt, führte der Sachverständige zwar aus, daß ein derartiger Schaden möglicherweise ohne korrespondierenden Schaden am Fahrzeug des Beschuldigten verursacht worden sein könnte, daß aber der am Fahrzeug des Beschuldigten festgestellte Schaden (es handelt sich um eine ca. 2 cm lange senkrechte Eindellung des Gummis an der Stoßstange in einer Tiefe von ca. 2 mm), der sich in einer Höhe von ca. 45 cm befindet, nur dann korrespondierend sein könnte, wenn aus dieser Plastikstoßstange ein Metallteil (etwa durch eine frühere Beschädigung) hervorgeragt sei. Für einen derartigen vorspringenden Metallteil aus der Stoßstange liegt jedoch kein Anhaltspunkt vor.

Zusammenfassend zu den Schadensbildern wurde vom Sachverständigen festgestellt, daß aus objektiver Sicht am Fahrzeug des Beschuldigten keine korrespondierenden Schäden feststellbar sind.

Der Beschuldigte selbst, der einen eher unbeholfenen aber eher doch glaubwürdigen Eindruck machte, beschrieb das Ausparkmanöver anders, als dies die Zeugin angab. Diese Verantwortung während der mündlichen Verhandlung ist deckungsgleich mit jener, die der Beschuldigte bereits einen Tag nach dem Unfall der Gendarmerie gegenüber abgegeben hat.

Der Beifahrer des Beschuldigten, der unter Hinweis auf die Folgen einer falschen Aussage vor der Behörde anläßlich der mündlichen Verhandlung vernommen wurde, führte aus, das Ausparkmanöver habe nicht in der von der Zeugin festgestellten Form stattgefunden, der Berufungswerber habe beim Rückwärtsausparken das Lenkrad nicht nach rechts sondern nach links bewegt und habe den Parkplatz nicht in Richtung S sondern in Richtung Norden verlassen, worauf er sich deshalb so genau erinnern könne, weil der Beschuldigte an einem in der Nähe des Kulturzentrums abgestellten Bus samt Anhänger (Bus der Musiker) in relativ knappem Abstand vorbeifahren mußte, was eine besondere Aufmerksamkeit verlangt habe. Der Beifahrer habe beim Zurückfahren auch durch die nicht vereiste Heckscheibe geschaut und er habe dabei weder den angeblichen Unfall noch eine sonstige auf einen Unfall zu schließende knappe Situation bemerken können. Diese Aussagen des Beifahrers sind, wenngleich sie mit den Aussagen der Zeugin in diametralem Widerspruch stehen, für sich betrachtet glaubwürdig.

Die den angeblichen Unfall beobachtende Zeugin machte einen äußerst zuverlässigen und in jeder Hinsicht glaubwürdigen Eindruck. Nach ihrer Schilderung habe der Beschuldigte beim Rückwärtsausparken das Lenkrad nicht nach links, sondern nach rechts eingeschlagen und habe dieser nach dem deutlich hörbaren Verkehrsunfall die Unfallstelle in Richtung S und nicht nach Norden verlassen. Das Unfallgeräusch hätten auch die Begleiterinnen der Zeugin gehört.

Das genaue Ausparkmanöver ist weder in der Anzeige der Gendarmerie festgehalten, noch wurde dieses von der Erstbehörde erhoben. Insbesondere wurde die Zeugin S von der Gendarmerie lediglich telefonisch befragt, von der Behörde jedoch überhaupt nicht vernommen.

Bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Zeugin bzw. des als Beifahrer vernommenen Zeugen kann die Berufungsbehörde nur den äußeren Eindruck bewerten. Beide diametral aussagenden Zeugen machten einen glaubwürdigen Eindruck, beide schilderten den Vorfall logisch, in sich schlüssig und in jeder Phase denkmöglich.

Wenn nun die erkennende Behörde die Verursachung des Schadens nicht als erwiesen annimmt, so nicht deswegen, weil die Zeugin weniger glaubhaft wirkte als der Beifahrer, sondern weil in einem Strafverfahren bei zwei denkwürdigen aber sich widersprechenden Varianten, die für den Beschuldigten günstigere zur Beurteilung heranzuziehen ist.

Daß der Beschuldigte den Verkehrsunfall möglicherweise tatsächlich nicht verursacht hat, ergibt sich auch aus den objektiven Anhaltspunkten, insbesondere aus dem Gutachten des kfz-technischen Amtssachverständigen.

Es ist also nicht mit einer für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit erwiesen, daß der Berufungswerber beim Ausparken seines PKW's am 14. Dezember 1991 gegen 0.15 Uhr den gegenständlichen Verkehrsunfall verursacht hat.

V. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Die gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 normierte Meldepflicht besteht nur dann, wenn ein Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht wurde.

Da die Verursachung nicht mit Sicherheit erweisbar war und weil in einem solchen Fall gemäß § 45 Abs.1 Z.1 VStG von der Fortführung des Verfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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