Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231185/3/BP/Ga

Linz, 14.01.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 10. Kammer (Vorsitzender: Mag. Christian Stierschneider, Berichter: Mag. Dr. Bernhard Pree, Beisitzer: Mag. Dr. Johannes Fischer) aus Anlass der Berufung der X, gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 5. November 2010, GZ.: S-36.996/10-2, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.     Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens I. Instanz noch zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24, 45 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 (AVG);

zu II: §§ 65, 66 Abs 1 VStG.


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 5. November 2010, GZ.: S-36.996/10-2, wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) gemäß § 31 Abs. 1 Z. 2-4 und 6 iVm. § 120 Abs. 1 Z. 2 FPG eine Geldstrafe in Höhe von 5.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 14 Tage) verhängt, weil sie, wie vom Fremdenpolizeilichen Referat der BPD Linz bei einer Kontrolle am 24. Juni 2010 festgestellt worden sei, sich als Fremde im Sinne des § 2 Abs. 4 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes in Österreich seit 1. Juli 2010 unrechtmäßig aufgehalten habe, da sie weder aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz noch aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sei, sie nicht im Besitz eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sei, ihr eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz nicht zukomme und sie nicht Inhaberin einer Beschäftigungsbewilligung, Entsendebewilligung oder Anzeigebestätigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz sei.

 

Nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensablaufes und der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen stellt die belangte Behörde fest, dass die Bw die Tat sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht vorwerfbar sei. Insbesondere wird angeführt, dass von der belangten Behörde mit Bescheid vom 26. Juni 2009, GZ.: 1-1060908/FRB/09 (rechtskräftig und durchsetzbar seit 17. Juli 2009) gegen die Bw wegen unrechtmäßigem Aufenthalt im Bundesgebiet die Ausweisung angeordnet worden sei. Da die Bw bereits einmal wegen einer Übertretung des § 120 FPG rechtskräftig bestraft worden sei, sei gemäß § 120 Abs. 4 FPG eine Geldstrafe von 5.000 Euro zu verhängen gewesen.

 

Aus dem der Entscheidung zugrunde liegenden Akt ergebe sich, dass die Bw im Jahr 2001 illegal nach Österreich eingereist war, und dass ihr damals gestellter Asylantrag mit Bescheid vom 24. März 2009 rechtskräftig negativ abgewiesen worden war. Wegen einer Übertretung des § 120 Abs. 1 FPG wurde die Bw bereits mit Wirkung 28. Oktober 2009 zu einer Geldstrafe von 80 Euro, sowie mit Wirkung vom 8. Juni 2010 zu einer Geldstrafe von 1.000 Euro rechtskräftig bestraft.

1.2. Gegen das in Rede stehende Straferkenntnis, das der Bw durch Hinterlegung am 10. November 2010 zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 23. November 2010.

Zunächst stellt sie darin den Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides und auf Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu auf Absehen von der Strafe, in eventu auf Strafminderung.

Begründend führt die Bw aus, dass der Tatvorwurf deshalb mangelhaft sei und den Anforderungen des § 44a Abs. 1 VStG widersprechen würde, da im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses lediglich die Ziffern 2 bis 4 und 6 des § 31 Abs. 1 FPG angeführt würden und auf die Ziffern 1 und 7 kein Bezug genommen werde. Darüber hinaus sei auf § 120 Abs. 4 FPG im Spruch kein Hinweis erfolgt.

Widersprüchlich und nicht nachvollziehbar seien die jeweiligen Datumsangaben im Spruch und in der Begründung angegeben. Darüber hinaus verstoße die nochmalige Bestrafung wegen des gleichen Delikts dem Grundsatz "ne bis in
idem" sowie dem Doppelbestrafungsverbot.

Im Falle der Bw lägen überdies die Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 VStG vor. Eine Ausreise aus dem Bundesgebiet wäre ihr auch nicht zumutbar gewesen, da ansonsten ihr Antrag gegenstandslos geworden wäre.

2.1. Mit Schreiben vom 30. November 2010 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat.

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Strafverfahrensakt und die Berufungsschrift.

Eine Nachfrage bei der zuständigen Niederlassungsbehörde am 29. Dezember 2010 ergab, dass von der Bw kein Antrag auf Aufenthaltsrecht nach dem NAG gestellt wurde.

 

Mit E-Mail vom 29. Dezember 2010 teilte die belangte Behörde – auf Anfrage seitens des Oö- Verwaltungssenates – mit , dass – laut Auskunft des Fremdenpolizeilichen Referates – für die Bw bereits im Jahr 2009 wegen Nichtvorliegens eines Reisedokumentes die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei der chinesischen Botschaft beantragt worden sei. Von der X Botschaft sei bekanntgegeben worden, dass ein Heimreisezertifikat nicht ausgestellt werde.

 

Daher sei es nicht möglich, die Bw abzuschieben.   

 

2.3. Da im Verfahren feststand, dass der mit Berufung bekämpfte Bescheid aufzuheben war, hatte gemäß § 51e Abs. 2 die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu entfallen.

 

2.4. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem – unwidersprochen gebliebenen -  unter den Punkten 1.1. und 2.2. dieses Erkenntnisses dargestellten, entscheidungs­relevanten Sachverhalt aus.

2.5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 VStG zuständig, über Berufungen im Verwaltungsstrafverfahren zu entscheiden. Da im angefochtenen Straferkenntnis eine 2000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich gemäß § 51c VStG durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer, bestehend aus drei Mitgliedern.

 

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 120 Abs. 1 Z. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 5.000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

 

Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltsortes, bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.

 

Gemäß § 120 Abs. 4 FPG ist mit Geldstrafe von 5.000 Euro bis 15.000 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen, wer eine Tat nach Abs. 1, 2 oder 3 begeht, obwohl er wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde.

 

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im   Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die     durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung          bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur          Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Ver-         triebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufent-haltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehe;

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zu-   kommt;

5. (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)

6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäfti-gungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsen-debewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

 

3.2. Im vorliegenden Fall ist (wie im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen) – auch von der Bw – völlig unbestritten, dass sie im Tatzeitraum über keine Aufenthaltsberechtigung verfügte. Somit wäre die objektive Tatseite erfüllt.

 

Es mag richtig sein, dass die Formulierung des Spruchs hinsichtlich der Feststellung des unrechtmäßigen Aufenthalts durch die belangte Behörde am 24. Juni 2010 und der Beginn des Tatzeitraums am 1. Juli 2010 vordergründig nicht schlüssig scheinen; bei näherer Betrachtung wird aber deutlich, dass die Bw zwar zum Feststellungszeitpunkt schon unrechtmäßig aufhältig war, die Tat aber erst ab 1. Juli 2010 vorgeworfen wurde. Hinsichtlich der bemängelten Begründung - ebenfalls wegen widersprüchlicher Daten – ist darauf zu verweisen, dass gegen die Bw bereits zuvor ein diesbezügliches Strafverfahren geführt wurde.

 

Hinsichtlich des relevierten Doppelbestrafungsverbotes ist festzustellen, dass die erste Verwaltungsübertretung gemäß § 120 Abs. 1 Z. 2 FPG (wenn auch ein Dauerdelikt) am 6. Juni 2010 mit Erlassung  des erstinstanzlichen Bescheides als abgeschlossen angesehen werden muss. Demnach bildet der – wenn auch noch immer andauernde – unrechtmäßige Aufenthalt der Bw ab 1. Juli 2010 ein neuerliches Delikt, weshalb im vorliegenden Fall der Grundsatz "ne bis in idem" bzw. das Doppelbestrafungsverbot nicht zielführend ins Treffen geführt werden können.

 

Eine andere Ansicht würde zum Ergebnis haben, dass eine Wiederholung des Delikts bei fortdauernder Tat trotz Bestrafung per se nicht möglich wäre, da dieses nur einmal bestraft werden könnte und das Verharren im Unrecht schon aufgrund der ersten Bestrafung konsumiert wäre.

 

3.3.1. Darüber hinaus macht die Bw einen, das Straferkenntnis mit Rechtswidrigkeit belegenden, Spruchmangel geltend, da im Tatvorwurf die Ziffern 1 und 7 des § 31 Abs. 1 FPG nicht berücksichtigt worden seien.

 

Nach der vom Verwaltungsgerichtshof zu § 44a Z. 1 VStG entwickelten Judikatur ist die dem Beschuldigten angelastete Tat im Spruch des Straferkenntnisses so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl. VwSlg 11.466A/1984 und VwSlg 11.894A/1985, jeweils verstärkter Senat). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Insbesondere ist dabei die Identität der Tat (Ort, Zeit und die näheren Umstände) möglichst genau zu beschreiben. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis ist daher nicht nur von Delikt zu Delikt (vgl. z.B. VwGH vom 14. Februar 1985, Zl. 85/02/0013), sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an Rechtschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis.

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist im Fall einer Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes – wie im vorliegenden Fall – grundsätzlich die als erwiesen angenommene Tat durch Verneinung aller in § 31 Abs. 1 FrG bzw. FPG genannten Voraussetzungen für eine Unrechtmäßigkeit des Aufenthaltes zu umschreiben (vgl. etwa das Erkenntnis vom 24. Oktober 2007, 2007/21/03/03). Ein Spruch eines Straferkenntnisses, der diesen Anforderungen nicht genügt, entspreche nach diesem Erkenntnis nicht dem Maßstab des § 44a VStG.

 

Dem Anlassfall lag jedoch ein Spruch zugrunde, der insgesamt die jeweiligen Tatbestände nicht detailliert berücksichtigte.

 

3.3.2. Hinsichtlich des Erfordernisses den Tatbestand der Z. 1 des § 31 FPG anzuführen und umschreibend zu verneinen, ist zunächst festzuhalten, dass die Einreise der Bw schon lange vor dem inkriminierten Zeitraum passierte, die in Ziffer 1 weiterführenden Umstände ebenfalls nicht bis in diesen Zeitraum andauerten und demnach per se weder bejahenden noch verneinenden Falls für den vorliegenden Fall relevierbar scheinen. Der Intention des § 44a VStG folgend, wonach die Unverwechselbarkeit einer Tat und die Möglichkeit für einen Berufungswerber ihr entgegentreten zu können im Vordergrund zu stehen haben, kann durch das unterbliebene Eingehen im Tatvorwurf – mangels konkreter Relevanz dieses Tatbestandes – keine Verletzung der Bw in ihrem Recht, sich zielgerichtet verteidigen zu können, erkannt werden.

 

3.3.3. Dem generell gefassten "Auffangtatbestand" des § 31 Abs. 1 Z. 7 FPG kann wohl nicht die selbe Qualität in der Pflicht zur Umschreibung zugemessen werden, wie den konkret ausgeführten Ziffern 1 bis 4 und 6. Eine diesbezügliche Verpflichtung der Behörden würde eine geradezu unerfüllbare Ausdehnung des Tatvorwurfs und insbesondere dessen durch den Sachverhalt anzureichernden Beschreibung darstellen, da die bloße Nennung des Gesetzestextes hier nicht mehr an Klarheit für den Beschuldigten bringen würde. Es bedürfte diesbezüglich einer tabellarischen Aufzählung aller nur erdenklichen relevierbaren nationalen, europarechtlichen und internationalen Normen, um das Maß an Konkretheit effektiv zu steigern. Die Intention zur Verpflichtung zu einer derartigen Überdehnung kann dem Gesetzgeber des Fremdenpolizeigesetzes allerdings nicht unterstellt werden.

 

Zudem liegt im vorliegenden Fall auch kein Hinweis darauf vor, dass sich für die Bw ein auf den Auffangtatbestand des § 31 Abs. 1 Z. 7 FPG gründendes Recht wie auch immer geartet ergeben könnte, weshalb sie keinesfalls als in ihren Verteidigungsrechten verletzt anzusehen ist.

 

Auch in diesem Fall kann § 44a VStG nicht effektiv ins Treffen geführt werden, weshalb dem Berufungsbegehren diesbezüglich nicht zu folgen war.

 

3.3.4. Gleiches gilt im Ergebnis für die unterbliebene Anführung des § 120 Abs. 4 FPG im Spruch des angefochtenen Bescheides. Die angeführte Gesetzesbestimmungen des § 120 Abs. 1 Z. 2 iVm. § 31 Abs. 1 FPG umschreiben grundsätzlich das vorgeworfene Delikt, wohingegen § 120 Abs. 4 FPG lediglich eine Strafverschärfung für den Fall der wiederholten Tatbegehung vorsieht. Der Bw standen die Mittel zur Verfügung sich entsprechend gegen den Tatvorwurf zu verteidigen.

 

Anzudenken ist allerdings, dass der in der vorliegenden Form abgefasste Spruch nach dem Wortlaut lediglich eine Erstbegehung inkriminiert, was angesichts der noch offenen Verfolgungsverjährungsfrist die Frage der Sanierung des Tatvorwurfs aufwerfen würde. Aus nachstehenden Erwägungen ist dies jedoch nicht weiter zu verfolgen.

 

3.4.1. Gemäß § 120 Abs. 5 Z. 2 FPG liegt eine Verwaltungsübertretung nach Abs. 1 Z. 2 leg. cit. nicht vor, solange der Fremde geduldet ist (§ 46a FPG).

 

Gemäß § 46a Abs. 1 FPG ist der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet geduldet, solange deren Abschiebung gemäß

1. §§ 50 und 51 oder

2. §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 unzulässig ist oder

3. aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen unmöglich scheint, es sei denn, dass nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt.

 

3.4.2. Im vorliegenden Fall haben die Ermittlungen des Oö. Verwaltungssenates zweifelsfrei ergeben, dass die Bw zum Einen über keine Reisedokumente verfügt und zum Anderen die Bemühungen der Fremdenpolizei nach Erlangung eines Heimreisezertifikates durch den Heimatstaat der Bw fruchtlos geblieben sind. Es ist somit klargestellt, dass die Bw weder nach X abgeschoben werden, noch rechtmäßig in irgend einen anderen Staat einreisen kann. Es liegt also hier eine Konstellation des § 46a Abs. 1 Z. 3 vor, zumal die Abschiebung der Bw aus – von ihr nicht zu vertretenden Gründen – tatsächlich undurchführbar ist und kein Sachverhalt des letzten Halbsatzes dieser Bestimmung erkannt wird.

 

Im Ergebnis ist also davon auszugehen, dass die Bw im Tatzeitraum als im Bundesgebiet geduldet anzusehen ist. Damit kommt aber § 120 Abs. 5 Z. 2 zum Tragen, der folglich das Vorliegen schon der objektiven Tatseite verneint.

 

Im Übrigen ist festzuhalten, dass – sofern man der eben dargestellten Ansicht nicht folgen würde – jedenfalls darüber hinaus das Verschulden der Bw im hier zu beurteilenden Fall auszuschließen wäre.

 

3.5. Es war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben, das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Bei diesem Ergebnis war der Bw gemäß § 65 iVm § 66 Abs 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich noch ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Stierschneider

 

VwSen-231185/3/BP/Ga vom 14. Jänner 2011

Erkenntnis

 

FPG 2005 § 31 Abs 1, § 46a Abs 1, § 120 Abs 1 Z 2, Abs 5

 

Verfügt der Fremde über kein Reisedokument und sind die Bemühungen der Fremdenpolizei ein Heimreisezertifikat durch den Heimatstaat des Fremden fruchtlos geblieben, ist klargestellt, dass der Fremde weder in seinen Heimatstaat abgeschoben werden, noch rechtmäßig in irgend einen anderen Staat einreisen kann. Im Ergebnis liegt somit aber eine Konstellation des § 46a Abs 1 z  3 FPG 2005 vor, zumal die Abschiebung des Fremden – aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen – tatsächlich undurchführbar ist und kein Sachverhalt des letzten Halbsatzes dieser Bestimmung erkannt wird. Diesfalls ist jedoch davon auszugehen, dass der Fremde im Tatzeitraum als im Bundesgebiet geduldet anzusehen ist. Damit kommt aber § 120 Abs 5 Z 2 FPG 2005 zum Tragen, der folglich das Vorliegen schon der objektiven Tatseite des § 120 Abs 1 Z 2 FPG verneint.

 

 

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