Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165725/2/Br/Th

Linz, 31.01.2011

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Dr. X, gegen die Ermahnung der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 28.12 2010, Zl. VerkR96-12197-2010, zu Recht:

 

 

I.      Die mit dem o. a. Bescheid ausgesprochene Ermahnung wird     behoben; das Verwaltungsstrafverfahren wird nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

    II.      Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.   § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 – VStG.

Zu II. § 66 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Über den Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten Bescheid unter Anwendung des § 21 VStG sinngemäß ausgesprochen, er habe sich am  26.09.2010, 13:40 Uhr, in Sipbachzell, Autobahn Freiland, Nr. 1, bei km 191.600, Fahrtrichtung Salzburg als Lenker  des Pkw mit dem Kennzeichen
X, PKW, obwohl es ihm zumutbar gewesen wäre, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt gehabt, dass das von ihm verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprach, da festgestellt worden sei,  dass eine unzulässige Änderung an Teilen und Ausrüstungsgegenständen eines genehmigten Fahrzeuges vorgenommen worden sei, wodurch deren Eigenschaften oder Wirkung im Sinne der Verkehrs- oder Betriebssicherheit herabgesetzt wurden wäre. Dies indem die beiden vorderen Seitenscheiben (Fahrer und Beifahrer) sowie die hintere Seitenscheibe und die Heckscheibe mit verdunkelnder Folie beklebt war und diesbezüglich keine Einbaubestätigung mitgeführt worden wäre.

Dadurch sei gegen  § 102 Abs. 1 KFG i.V.m. § 33 Abs. 6 KFG verstoßen worden.

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz stützte den Schuldspruch auf die Feststellung anlässlich einer amtlichen Überprüfung. In diesen Feststellung ging die Behörde erster Instanz lediglich davon aus, dass der Berufungswerber  keine Bestätigung über die am KFZ angebrachte Folie bei der Kontrolle vorweisen habe können, so dass ohne ein weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen werden habe können, weil das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend gewesen wären. Um den Berufungswerber jedoch von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten, wurde eine Ermahnung ausgesprochen.

 

 

2. Der trat der Berufungswerber entgegen indem er den Tatvorwurf in den angezogenen Gesetzesstellen nicht gedeckt erachte. Dies belaste den Bescheid mit Rechtswidrigkeit.

Im Punkt 3. der Berufung führt der Berufungswerber schließlich noch aus, dass selbst im Falle der Strafbarkeit des zur Last gelegten „Nichtmitführens der Bestätigung“ auf Grund einer anderen Rechtsvorschrift, wäre selbst diese Bestimmung  in diesem Fall nicht anwendbar, weil keine nachträgliche Änderung vorgenommen worden sei.

Dieses bei der Firma X, gekaufte im Oktober 1997 Fahrzeug wurde mit werkseitig angebrachten getönten Scheiben ausgeliefert und in Schweden erstmals zugelassen (Kennzeichen Nr. X). Das Fahrzeug wurde später in die Republik Mazedonien verbracht und dort - wiewohl im Privateigentum des Berufungswerbers als österreichischen Botschafter stehend,  als offizielles Fahrzeug der österreichischen Botschaft Skopje mit dem Kennzeichen X bis X verwendet. Im Jahre 2002 sei das Fahrzeug nach Österreich verbracht worden.

Da sich das Fahrzeug in dem gleichen Zustand befindet, wie fabriksmäßig ausgeliefert wurde, sind keine „nachträglichen Änderungen" vorgenommen worden, weshalb hierüber auch keine Bestätigung vorliegen könne. Der Berufungswerber verweist auf die Rechnung für das KFZ vom 18.9.1997 bzw. die Erstzulassung.

Abschließend beantragt er aus diesen Gründen die Behebung des Schuldspruches und die Verfahrenseinstellung.

 

 

2.1. Mit diesem Vorbringen belegt der Berufungswerber jedenfalls, dass ihm kein schuldhaftes zur Last fällt.

 

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes im Rahmen der Berufungsverhandlung. Der Berufungswerber u. ein Vertreter der Behörde erster Instanz erschienen trotz ausgewiesener Ladung zur Berufungsverhandlung nicht. Als Zeugen wurden …einvernommen.

 

 

3.1. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der  Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsver­handlung war hier trotz einer 500 Euro nicht übersteigenden Geldstrafe in Wahrung der durch Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte geboten.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. hat erwogen:

Die Spruchformulierung an sich lässt  den Inhalt der vermeintlichen Rechtswidrigkeit nur schwer erkennen, wenn vorgeworfen wird, sich über den offenbar bereits seit 14 Jahren währenden Zustand nicht überzeugt zu haben.

Da hier vom Berufungswerber, der dieses Fahrzeug im Rahmen seiner Tätigkeit als Botschafter erstmals in Schweden zugelassen erhielt und es später in der Republik Mazedonien verwendet hat, liegt wohl auf der Hand, dass er wohl kaum eine Veränderungen an dem letztendlich in Österreich zugelassenen Fahrzeug vorgenommen hat. Das er weder wissen konnte noch musste, dass es für dieses Fahrzeug wegen der getönten Scheiben einer Sondergenehmigung beduft hätte, ist bei lebensnaher Betrachtung evident. Das er dieses nicht wusste indiziert jedenfalls kein Verschulden seinerseits.  Wenn offenbar dieses Fahrzeug so nach Österreich eingeführt und in diesem Zustand amtlich zugelassen und wohl auch mit einer § 57a KFG-Plakette versehen wurde, würde wohl eher die Zulassungsstelle ein Schuldvorwurf treffen und doch nicht den Fahrzeugeigentümer, der wohl auf die rechtmäßige Beschaffenheit des für die Verwendung im Ausland erworbenen Fahrzeuges vertrauen durfte. Dieses Vertrauen wurde jedenfalls mit der Zulassung in Österreich bekräftigt, sodass ihn an der unterbliebenen nachträglichen Genehmigung wohl kein subjektives Verschulden trifft.

 

Der § 5 VStG lautet:

"Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit wohl schon fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft." Dies hat hier der Berufungswerber anschaulich glaubhaft gemacht.

Die Anforderungen an objektive Sorgfaltspflichten dürfen nicht soweit überspannt werden, dass diese angelegten Maßstäbe zum Ergebnis einer verschuldensunabhängigen Erfolgshaftung führen würden.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt diesbezüglich den Standpunkt (s. Slg 9710 A und 28.10.1980, 2244/80), dass dieser Maßstab ein objektiv-normativer zu sein hat. Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage des Täters versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig handelt ein Täter folglich nur dann, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an seiner Stelle anders verhalten hätte. Nicht schon die Versäumung bloßer Sorgfaltsmöglichkeiten, sondern die Verletzung solcher Sorgfaltspflichten, welche die Rechtsordnung nach den gesamten Umständen des Falles vernünftigerweise auferlegen darf, machen das Wesen der objektiven Sorgfaltswidrigkeit aus (s. VwGH 12.6.1989, 88/10/0169).

Demnach war hier dem Berufungswerber in seiner Verantwortung zu folgen gewesen und es ist nicht nur von der Glaubhaftmachung seiner Unschuld, sondern vielmehr vom Beweis derselben auszugehen.

Mangels eines Verschuldens war das Straferkenntnis nach § 45 Abs.1 Z1 VStG zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen (vgl. VwGH 12.3.1986, Zl. 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

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