Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100693/6/Weg/Ri

Linz, 01.09.1992

VwSen - 100693/6/Weg/Ri Linz, am 1. September 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Kurt Wegschaider über die Berufung des Dr. P P vom 23. Juni 1992 gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 9. Juni 1992, Zl. 933-10, zu Recht:

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl.Nr. 51/1991, i.V.m. § 24, § 51 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl.Nr. 52/1991 § 17 Abs.3 Zustellgesetz, BGBl.Nr. 200/1982 i.d.F. BGBl.Nr.357/1990.

Entscheidungsgründe:

1. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat mit Strafverfügung vom 24. Jänner 1991, Zl. 933-10-9759251, über den Berufungswerber wegen der Übertretung des O.ö. Parkgebührengesetzes eine Geldstrafe von 500 S (im NEF 1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt, weil dieser am 13. November 1990 in L, L, das mehrspurige Kraftfahrzeug, VW Rabbit, weiß, mit dem polizeilichen Kennzeichen in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne gültigen Parkschein abgestellt hat und somit der Verpflichtung zur Entrichtung der Parkgebühr nicht nachgekommen ist.

2. Diese Strafverfügung ist nach zwei Zustellversuchen hinterlegt und ab 29. Jänner 1991 beim Postamt N zur Abholung bereitgehalten worden. Die Strafverfügung wurde vom Berufungswerber innerhalb der Abholfrist nicht behoben und deshalb wieder der Behörde zurückgestellt.

3. Der Berufungswerber erlangte schließlich von der Existenz dieser Strafverfügung dadurch Kenntnis, daß das Vollstreckungsverfahren mit Vollstreckungsverfügung vom 4. März 1991 eingeleitet wurde. Diese nicht zu eigenen Handen zugestellte Vollstreckungsverfügung wurde von der Mutter des Berufungswerbers, die unter derselben Adresse wohnte, übernommen. Die Eltern des Berufungswerbers reagierten auf diese Vollstreckungsverfügung in der Form, daß sie dem Magistrat Linz mit undatiertem Schreiben (eingelangt am 27. März 1991) mitteilten, daß ihr Sohn (der Beschuldigte) an dieser Adresse nicht wohnhaft sei und er nur wenige Male im Jahre vorbeikomme. Seit Weihnachten sei er nicht mehr zu Hause gewesen, er lebe schon seit Jahren in Wien.

Aufgrund dieser Angaben hat die Erstbehörde Ermittlungen über den Wohnsitz durchgeführt, wobei sich schließlich herausstellte, daß der Beschuldigte nicht in Wien, sondern in N, K, S, aufrecht gemeldet ist. Die Bemühungen der Erstbehörde, den Aufenthalt des Beschuldigten zu eruieren, endeten mit einem Schreiben an dessen Eltern, welches jedoch unbeantwortet blieb.

4. Offensichtlich wegen der schließlich gerichtsanhängig gewordenen Exekution hat der Beschuldigte mit Schreiben vom 22. September 1991 den Antrag auf neuerliche Zustellung der Strafverfügung gestellt. In diesem Schreiben ist auch darauf hingewiesen, daß er zum Zeitpunkt der versuchten Zustellung der Strafverfügung nicht zu Hause war. Er verbindet den Antrag auf neuerliche Zustellung der Strafverfügung vorsichtshalber mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und mit einem Einspruch gegen die ihm nicht zugekommene Strafverfügung.

5. Nachdem das Bezirksgericht Oberpullendorf die mit 23. Juli 1991 bewilligte Exekution durch Beschluß vom 28. Oktober 1991 aufgeschoben hat, erging seitens des Magistrates der Stadt Linz mit 27. Februar 1992 ein Bescheid, mittels welchem der Antrag auf Wiedereinsetzung abgewiesen und der Einspruch gegen die Strafverfügung als verspätet zurückgewiesen wurde. Nachdem dieser Bescheid wie eine diesbezügliche Rechtsauskunft der obersten Verkehrsbehörde des Landes Oberösterreich vom 6. April 1992 ergab - von einer falschen Behörde (Magistrat) ergangen ist, wurde dieser mit Bescheid des Stadtsenates der Stadt Linz behoben. Daraufhin erließ der Bürgermeister der Stadt Linz (als zuständige Behörde) den in der Präambel zitierten Bescheid, womit der Antrag des Berufungswerbers vom 22. September 1991 auf Wiedereinsetzung abgewiesen und der Einspruch gegen die Strafverfügung vom 24. Jänner 1991 als verspätet eingebracht zurückgewiesen wurde.

6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die nunmehrige Berufung vom 23. Juni 1992. Darin führt der Berufungswerber aus, daß sein ordentlicher Wohnsitz K sei, dies jedoch nicht bedeute, daß nur am ordentlichen Wohnsitz rechtswirksam zugestellt werden könne. Er sei zum Zeitpunkt der Hinterlegung nicht an der Abgabestelle gewesen, die Behörde habe sich aber mit dieser schon aufgeworfenen Frage überhaupt nicht befaßt.

7. Die Berufung ist rechtzeitig. Nachdem der Tatort in Oberösterreich liegt und nachdem die erste Verfolgungshandlung erst im Jahre 1991 gesetzt wurde, ist zur Sachentscheidung die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich gegeben. Da für verfahrensrechtliche Bescheide der Instanzenzug der den Gegenstand des Verfahrens bildenden Angelegenheit maßgebend ist, ergibt sich die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates als Berufungsbehörde auch in dieser Angelegenheit.

8. Der unabhängige Verwaltungssenat hat das Ermittlungsverfahren in der Form ergänzt, als eine Erklärung des Berufungswerbers eingeholt wurde, daß er sich zur fraglichen Zeit der Hinterlegung und während der Abholfrist nicht an der Abgabestelle aufgehalten hat. Diese Erklärung ist im Zusammenhang mit der schriftlichen Erklärung der Eltern des Berufungswerbers, daß sich nämlich ihr Sohn von Weihnachten 1990 bis März 1991 zu Hause nicht blicken ließ, kein jeden Zweifel ausschließender Beweis für die Ortsabwesenheit, macht diese jedoch so wahrscheinlich, daß der unabhängige Verwaltungssenat davon ausgeht, daß der Berufungswerber zumindest ab dem Zeitpunkt des ersten Zustellversuches bis zum Ablauf der Abholfrist die Abgabestelle nicht aufsuchte und er somit vom Zustellvorgang keine Kenntnis erlangen konnte.

9. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 17 Abs.3 dritter Satz Zustellgesetz gelten hinterlegte Sendungen nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte. Die Zustellung würde an dem der Rückkehr zur Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

Nachdem die Zustellung nicht wirksam geworden ist, gilt auch die Strafverfügung gegen den Berufungswerber noch nicht als erlassen.

Gegen eine nichterlassene Strafverfügung kann kein Einspruch eingebracht werden, es wäre dieser wegen Nichterlassung der Strafverfügung als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand setzt voraus, daß eine Frist versäumt wurde. Da wegen Nichterlassung der Strafverfügung auch keine Frist versäumt werden konnte, wäre der Wiedereinsetzungsantrag als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Die Erstbehörde hätte, bevor sie den Eventualantrag auf Wiedereinsetzung abgewiesen und den Einspruch gegen die Strafverfügung als verspätet eingebracht zurückgewiesen hat, vielmehr dem Hauptantrag, nämlich die Strafverfügung neuerlich zuzustellen, nachkommen müssen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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