Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281288/12/Wim/Pe

Linz, 31.01.2011

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende Dr. Ilse Klempt, Berichter Dr. Leopold Wimmer, Beisitzer Mag. Thomas Kühberger) über die auf das Strafausmaß eingeschränkte Berufung des Herrn X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 1.12.2010, Ge96-219-2010, wegen Übertretung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I.   Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 1.500 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 90 Stunden herabgesetzt werden.

 

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 10 % der neu bemessenen Geldstrafe, das sind 150 Euro. Für das Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 1.12.2010, Ge96-219-2010, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs.5 Einleitung ASchG iVm § 87 Abs.2 und § 161 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) eine Geldstrafe in der Höhe von 2.500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 115 Stunden, verhängt, weil er am 27.9.2010 im Rahmen der Ausübung des Gewerbes „Dachdecker“ im Standort X, X, um ca. 14.20 Uhr als Arbeitgeber Herrn X am Dach des Wohnhauses im Standort X, X, mit Arbeiten am Dach (Dachdeckerarbeiten) beschäftigt und dabei den nach dem 9. Abschnitt des ASchG weitergeltenden Bestimmungen und zwar der BauV zuwidergehandelt habe, indem er nicht dafür gesorgt habe, dass trotz der Tatsache, dass dieser Arbeitnehmer auf einem Dach mit einer Neigung von bis zu 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3 m (tatsächliche Absturzhöhe ca. 7 m) mit Dachdeckerarbeiten beschäftigt war, keine Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen wie z.B. Dachschutzblenden oder Dachfanggerüste angebracht bzw. verwendet worden seien, die den Absturz von Menschen, Material und Geräten in sicherer Weise verhindert hätten.

 

Überdies wurde der Bw gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 250 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

2. Dagegen hat der Bw rechtzeitig Berufung eingebracht und begründend ausgeführt, dass das Unternehmen über eine ausreichende Anzahl von Absturzsicherungen und Schutzeinrichtungen verfüge, welche sich auf dem Stand der Technik befinden würden. Die Verwendung eines entsprechenden Schutzgerüstes sei auch im Angebot an die Familie, auf deren Hausdach die Arbeiten durchgeführt wurden, vorgesehen gewesen, jedoch sei die Dachfläche zu Beginn der Arbeiten tatsächlich nicht eingerüstet gewesen, weshalb es zum Absturz eines Arbeitnehmers gekommen sei. Der Bw sei am Vorfallstag nicht vor Ort gewesen, es habe aber der Partieführer vom Bw den konkreten Auftrag erhalten, Absturzsicherungen anzubringen, was auch aus dessen Aussage vor der Polizei hervorgehe. Im Unternehmen finde jährlich ein Sicherheitsseminar unter fachkundiger Leitung und eine Unterweisung statt, an welcher die Partieführer, der bestellte Sicherheitsbeauftragte und sämtliche Arbeitnehmer teilnehmen würden. Die Teilnahme sei mit Unterschrift zu bestätigen.

Den Bw treffe kein Verschulden, da er den Partieführer beauftragt habe, die notwendigen Schutzgerüste mitzunehmen und auch zu verwenden. Der Partieführer kenne auch die gegenständlich zur Anwendung kommenden Schutzbestimmungen und habe sich der Bw darauf verlassen dürfen, dass dieser diese einhalte.

Abschließend wurde die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Herabsetzung der Geldstrafe beantragt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Da im angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige 6. Kammer zur Entscheidung berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Weiters wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung für den 4.2.2011 anberaumt. Mit Schreiben vom 25.1.2011 schränkte der Bw seine Berufung auf die Strafhöhe ein und er brachte ergänzend vor, dass er nach Prüfung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Kontrollsystem der Ansicht sei, dass er fahrlässig gehandelt habe. Weiters führte der Bw aus, dass er noch nie einschlägig in Erscheinung getreten sei, die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe überhöht sei und er im Unternehmen über ausreichende Schutzeinrichtungen verfügen würde, weshalb er auch im Hinblick auf sein Geständnis um Herabsetzung der Strafe ersuche.

 

Aus diesen Gründen konnte von der Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs.3 Z2 VStG abgesehen werden, da sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet.

 

Das Arbeitsinspektorat Vöcklabruck hat sich telefonisch gegen eine Herabsetzung der Geldstrafe unter 1.800 Euro ausgesprochen.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Da sich die Berufung nur gegen die Strafhöhe richtet ist, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es daher dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen.

 

5.2. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, die Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

 

5.3. Im angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Bw eine Geldstrafe von 2.500 Euro verhängt. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden im angefochtenen Straferkenntnis mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.500 Euro, keinen Sorgepflichten und einem Vermögen von 200.000 Euro zugrunde gelegt.

 

Dem Oö. Verwaltungssenat erscheint die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe als zu hoch bemessen, da der Bw keine einschlägigen Verwaltungs­vorstrafen im Zeitpunkt der Tatbegehung aufweist. Weiters ist dem Bw zugute zu halten, dass er die Verwaltungs­übertretung eingestanden hat und eine grundsätzliche Bereitschaft zur Einhaltung der arbeitnehmerschutz­rechtlichen Vorschriften besteht. Die Strafbemessung liegt nunmehr im Rahmen ähnlich gelagerter Fälle und kann keinesfalls als zu gering angesehen werden. Es konnte daher bei den gegebenen Umständen dem nunmehrigen Strafantrag des Arbeitsinspektorates nicht gefolgt werden.

Dem Oö. Verwaltungssenat erscheint daher die nunmehr verhängte Geldstrafe von 1.500 Euro noch als tat- und schuldangemessen und geeignet, den Bw künftighin von der Begehung gleichartiger Übertretungen abzuhalten, wobei der Bw darauf hingewiesen wird, dass bei weiteren Übertretungen mit der Verhängung empfindlich höherer Geldstrafen zu rechnen ist.

 

5.5. Von der Anwendung der Bestimmungen der §§ 20 und 21 VStG bzw. weitergehenden Herabsetzung war abzusehen, zumal die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind.

 

Entsprechend der Herabsetzung der Geldstrafen war auch gemäß § 16 VStG die Ersatzfreiheitsstrafe herabzusetzen.

 

6. Gemäß § 64 war der Kostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde entsprechend der nunmehr verhängten Geldstrafe mit 10 % der verhängten Strafhöhe neu festzusetzen. Da die Berufung hinsichtlich des Strafausmaßes Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag zu den Kosten des Berufungs­verfahrens gemäß § 65 VStG nicht zu leisten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

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