Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100698/12/Fra/Ka

Linz, 04.09.1992

VwSen - 100698/12/Fra/Ka Linz, am 4. September 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des K L, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. W D und Dr. H M, K , L, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 11. Mai 1992, VU/S/1797/91 W, betreffend Übertretungen der StVO 1960, nach der am 28. August 1992 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z.1 VStG.

II. Es entfällt die Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 11. Mai 1992, VU/S/1797/91/W, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1. § 4 Abs.5 StVO 1960 und 2. § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960, zu 1. eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) und zu 2. eine Geldstrafe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage) verhängt, weil er es am 22. April 1991 gegen 15.10 Uhr in P, Gemeinde S, auf der S-Straße in L, Richtung P, Bereich Engstelle nächst Haus P Nr. 33a, als Lenker des Kraftfahrzeuges 1. unterlassen hat, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift mit dem Unfallbeteiligten (Unfallgeschädigten) unterblieben ist. 2. Er hat somit als Person, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall (mit Sachschaden) in ursächlichem Zusammenhang stand, nicht an der Feststellung des Sachverhaltes mitgewirkt, indem er noch vor dem Eintreffen der Gendarmerie mit seinem Kraftfahrzeug die Unfallstelle verlassen hat, obwohl die am Verkehrsunfall zweitbeteiligte Lenkerin E C das Einschreiten eines Organes des öffentlichen Sicherheitsdienstes verlangt hat.

Ferner wurde der Beschuldigte gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Rechtsinstitut der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da jeweils 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch eines seiner Mitglieder zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 28. August 1992 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

I.3. Aufgrund des Ergebnisses der durchgeführten Verhandlung hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

I.3.1. Geht man von den Schilderungen der Zeugin C aus, so hat sich der hier zu beurteilende Sachverhalt etwa so zugetragen, daß ihr der Beschuldigte an der Kollisionsstelle mit überhöhter Geschwindigkeit entgegengekommen ist. Sie hat ihr Fahrzeug am rechten Fahrbahnrand angehalten, wobei es dann zu der Kollision kam. Die Kollision hat in der Weise stattgefunden, daß sich die beiden linken Außenspiegel berührten. Weiters wurde der Lack ihres PKW's durch einen kurzen, jedoch eher breiten Streifen beschädigt. Der Beschuldigte hielt nach dieser Kollision sein Fahrzeug an, beide Lenker stiegen aus ihren Fahrzeugen aus, wobei es dann zu einer eher emotionell geführten Auseinandersetzung gekommen ist. Sie sagte daraufhin zum Beschuldigten, daß sie die Gendarmerie verständigen werde, ohne daß es zu einem Identitätsnachweis zwischen den beteiligten Fahrzeuglenkern gekommen ist. Sie fuhr daraufhin zur Firma L, von wo aus ein Verkäufer telefonisch die Gendarmerie verständigte. Als sie ca. 10 bis 15 Minuten nach der Unfallzeit wieder an der Unfallstelle eingetroffen ist - die Gendarmerie traf noch etwas später ein - befand sich der Beschuldigte nicht mehr an der Unfallstelle.

I.3.2. Geht man von der Version des Beschuldigten aus, so ist unbestritten, daß es zur Tatzeit am Tatort zu einer Kollision mit den in Rede stehenden Fahrzeugen gekommen ist. Auch die nach dem Unfall geführte emotionelle Auseinandersetzung wurde vom Beschuldigten bestätigt. Der Beschuldigte konnte jedoch weder einen Lackschaden am Fahrzeug der Zeugin noch eine Beschädigung des Spiegels erkennen. Laut Aussage des Beschuldigten befand sich das Spiegelglas noch im Spiegelgehäuse und er konnte - obwohl er beim Fahrzeug der Zeugin gestanden ist - auch keinen Sprung im Spiegelglas erkennen. Laut Version des Beschuldigten ist sodann die Zeugin weggefahren, ohne ihm deutlich zu verstehen zu geben, was sie nun zu tun beabsichtige. Er hielt sich in etwa noch eine Zigarettenlänge, d.h. ca. 5 Minuten an der Unfallstelle auf, da er glaubte, daß die Lenkerin wieder zurückkommen werde. Anschließend sei er mit seinem PKW nach Hause gefahren, wo er um ca. 15.45 Uhr eingetroffen sei. Er habe daraufhin um ca. 17.30 Uhr beim Wachzimmer O die Anzeige über den Verkehrsunfall erstattet, da er sich das Kennzeichen des zweitbeteiligten Fahrzeuges aufgeschrieben hatte.

I.3.3. In Würdigung der oben genannten Aussagen ist folgendes festzuhalten: Die Aussage der Zeugin ist insofern nicht glaubwürdig, als sie vor dem unabhängigen Verwaltungssenat - somit erstmals nach einem Zeitraum von 16 Monaten nach dem Vorfall - von einer Lackbeschädigung spricht, wenngleich einzuräumen ist, daß sie diese Zeugenaussage über näheres Befragen wiederum dahingehend eingeschränkt hat, daß es sich doch nur um einen Abrieb gehandelt haben könnte. Darüberhinaus ist die Art der Beschädigung des Außenspiegels ihres PKW's nicht mehr rekonstruierbar. In der niederschriftlichen Einvernahme am 4. Mai 1991 vor dem Gendarmeriepostenkommando S hat sie lediglich angegeben, daß der linke Außenspiegel beschädigt wurde. Die Art der Beschädigung bleibt offen. In ihrer Zeugenaussage vom 15. November 1991 vor der Bundespolizeidirektion Linz spricht sie davon, daß das Glas zersprungen war. In der Aussage vor dem unabhängigen Verwaltungssenat war nun davon die Rede, daß das Spiegelglas aus dem Gehäuse herausgefallen war. Demgegenüber spricht der Beschuldigte davon, daß das Glas des Spiegels eindeutig noch im Gehäuse vorhanden war und er auch keinen Sprung gesehen habe. Auch in dem KFZ-Schadenbericht der "Anker Versicherung" geht nicht die Art der Beschädigung des linken Außenspiegels des Zeugen PKW's hervor. Weder aus der Gendarmerieanzeige noch aus der niederschriftlichen Einvernahme der zweitbeteiligten Fahrzeuglenkerin vor dem Gendarmerieposten S kann entnommen werden, worin der Sachschaden am zweitbeteiligten Fahrzeug entstanden sein soll. Die Zeugin hat erstmals in ihrer Aussage am 15. November 1991 angegeben, daß das Glas zersprungen war. Nunmehr gibt sie an, daß das Glas aus dem Gehäuse herausgefallen und zersprungen war. Zusätzlich sei - wie erwähnt - der Lack ihres Fahrzeuges beschädigt worden. Wenngleich der Zeugin keine Unwahrheit hinsichtlich ihrer Aussagen unterstellt wird, so ist dennoch der Eindruck nicht von der Hand zu weisen, daß hinsichtlich des hier konkret zu beweisenden Sachverhaltselementes "Sachschaden" große Ungereimtheiten in den getätigten Aussagen bestehen, ganz abgesehen davon, daß auch der Beschuldigtenaussage - wenngleich dieser nicht zur Wahrheit verpflichtet ist - eine Plausibilität abzugewinnen ist.

Da somit aufgrund der aufgenommenen Beweise das Tatbildelement "Sachschaden" nicht schlüssig nachzuweisen war, war im Zweifel für den Beschuldigten zu entscheiden.

zu II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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