Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100699/2/Sch/Kf

Linz, 21.09.1992

VwSen - 100699/2/Sch/Kf Linz, am 21. September 1992 DVR.0690392

B e s c h e i d

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Schön über die Berufung des G S vom 22. Juli 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 2. Juli 1992, VerkR96/21001/1990/Ga, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z.2 VStG. Zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit Straferkenntnis vom 2. Juni 1992, VerkR96/21001/1990/Ga, über Herrn G S, S, B, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 24 Abs.1 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt, weil er am 4. August 1990 um 23.00 Uhr den Bus auf der W Landesstraße A, gegenüber dem Gasthaus W auf einer engen Stelle der Fahrbahn aufgestellt hat, sodaß der übrige Verkehr erheblich behindert wurde.

Überdies wurde er zu einem Kostenbeitrag in der Höhe von 50 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Mitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat folgendes erwogen:

Die Erstbehörde stützt ihre Auslegung des Begriffes "enge Stelle der Fahrbahn" auf die erläutenden Bemerkungen zur Regierungsvorlage betreffend die StVO 1960 (RV 59), worin ausgeführt wird, daß der Begriff "eng" im gegenständlichen Falle sich nicht ziffernmäßig ausdrücken läßt. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Straße eng ist, wird davon auszugehen sein, ob durch das Halten oder Parken der übrige Verkehr auf den Straßen, insbesonders im Hinblick auf ihre Verkehrsbelastung, wesentlich behindert wird.

In der Folge wurde durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Begriff "enge Stelle" der Fahrbahn noch näher und abweichend von den obigen Ausführungen konkretisiert. Diese Judikatur zufolge ist ein Fahrstreifen durchschnittlich mit einer Breite von 2,50 m anzunehmen. Bei einer Fahrbahnbreite von 2,50 m und darunter handelt es sich um eine "enge Stelle", an der das Halten und Parken verboten ist (VwGH 17.1.1975, 1362/74).

Auch hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß, ob eine "enge Stelle" der Fahrbahn vorliegt, nicht von einer konkreten Behinderung anderer Lenker am Vorbeifahren abhängt, sondern von den abstrakten, z.B. durch bauliche Verhältnisse bedingten Umständen. Diese sind grundsätzlich neben dem abgestellten Fahrzeug, d.h. senkrecht zur Längsrichtung der Fahrbahn, zu betrachten (VwGH 20.2.1986, 85/02/0217).

Wie von der Erstbehörde erhoben wurde, weist die Fahrbahn im Tatortbereich eine Fahrbahnbreite von 6,30 m auf. Ausgehend davon, daß gemäß § 4 Abs.6 Z.2 KFG 1967 ein Kraftfahrzeug eine größte Breite von 2,50 m aufweisen darf und das vom Berufungswerber abgestellte Kraftfahrzeug, nämlich ein Kleinbus der Marke Ford-Transit diese Breite nicht annähernd erreichen dürfte, kann eine verbliebene Restbreite der Fahrbahn von mehr als 3,80 m angenommen werden. Hiebei kann offensichtlich von einer "engen Stelle" der Fahrbahn nicht mehr gesprochen werden.

Ob und inwieweit der gegenständliche Sachverhalt allenfalls unter eine andere Bestimmung des § 23 bzw. § 24 StVO 1960 subsumiert hätte werden können, ist von der Berufungsbehörde nicht zu beurteilen.

Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. S c h ö n