Linz, 31.01.2011
E r k e n n t n i s
(Bescheid)
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat über die Berufung des X gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau
am Inn vom 23. August 2010, VerkR96-4635-2010,
- betreffend Punkt 1): durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige
3. Kammer (Vorsitzender: Dr. Johann Fragner; Berichter: Mag. Josef Kofler;
Beisitzer: Mag. Gottfried Zöbl) und
- betreffend die Punkte 2) und 3): durch sein nach der Geschäftsverteilung
zuständiges Mitglied Mag. Josef Kofler,
zu Recht erkannt:
Der Schuldspruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ist – mangels Anfechtung – in Rechtskraft erwachsen.
Hinsichtlich der Strafe wird der Berufung insofern stattgegeben, als die Geldstrafen und die Ersatzfreiheitsstrafen wie folgt herabgesetzt werden:
- zu Punkt 1): 1.000 Euro 200 Stunden
- zu Punkt 2): 200 Euro 40 Stunden
- zu Punkt 3): 300 Euro 60 Stunden
Der Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz beträgt 10 % der neu bemessenen Geldstrafen.
Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keinen Verfahrenskostenbeitrag zu zahlen.
Rechtsgrundlagen:
§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 16, 19 und 24 VStG
§ 134 Abs.1b KFG, BGBl. Nr. 267/1967 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 93/2009
§§ 64 und 65 VStG
Der Berufungswerber hat somit insgesamt zu bezahlen:
- Geldstrafe (1.000 + 200 + 300 =) ................................. 1.500 Euro
- Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz: ................................. 150 Euro
1.650 Euro
Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt insgesamt
(200 + 40 + 60 =) .............................................................. 300 Stunden.
Entscheidungsgründe:
Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) das
in der Präambel zitierte Straferkenntnis – auszugsweise – wie folgt erlassen:
9 zusammenhängende Stunden berücksichtigt wurde.
9 Stunden nicht überschreiten darf: Die tägliche Lenkzeit darf jedoch höchstens zweimal in der Woche auf höchstens 10 Stunden verlängert werden.
Gegen dieses Straferkenntnis – zugestellt am 20. November 2010 – hat der Bw innerhalb offener Frist folgende Berufung vom 02.12.2010 erhoben:
"VerkR96-4635-2010
Hiermit möchte ich gegen den Bescheid zugestellt am 20.11.10 Berufung ergreifen.
Ich bin seit dem 10.11.2010 arbeitslos, einen Bescheid über die Höhe des Arbeitslosengeld habe ich noch nicht erhalten."
Mit Schreiben vom 19.01.2011 hat der Bw Folgendes ausgeführt:
"Die Berufung richtet sich gegen das Strafausmaß.
Ich handelte damals auf Anweisung von meinem Chef um die Termine einzuhalten und meinen Arbeitsplatz nicht zu gefährden.
Ich habe inzwischen kein Einkommen, da ich jetzt arbeitslos bin."
Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS)
- betreffend Punkt 1): durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige 3. Kammer und
- betreffend Punkte 2) und 3): durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied
erwogen:
Die Berufung richtet sich nicht gegen den Schuldspruch, sondern nur gegen das Strafausmaß bzw. die Strafhöhe. Der Schuldspruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ist dadurch in Rechtskraft erwachsen;
VwGH vom 16.11.2007, 2007/02/0026; vom 17.12.2007, 2003/03/0248;
vom 25.04.2002, 2000/15/0084; vom 18.10.1999, 98/17/0364; vom 17.04.1996, 94/03/0003; vom 26.04.1979, Zlen 2261, 2262/77 – verstärkter Senat.
Zur Strafbemessung ist auszuführen:
Im – rechtskräftigen – Schuldspruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses sind
Punkt 1) acht Tatbestände
Punkt 2) fünf Tatbestände und
Punkt 3) drei Tatbestände
enthalten.
Bei den unter Punkte 1), 2) und 3) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses angeführten Tatbestände handelt es sich jeweils um ein "fortgesetztes Delikt" – diesen liegt ein einheitlicher Gesamtplan bzw. ein einheitliches Gesamtkonzept zugrunde.
Es sind daher zu 1), 2) und 3) nicht (acht/fünf/drei) Einzelstrafen, sondern ist jeweils eine Gesamtstrafe zu verhängen;
VwGH vom 12.09.2006, 2002/03/0034; vom 28.03.2003, 2002/02/0140;
vom 28.06.2005, 2004/11/0028; vom 30.11.2007, 2007/02/0266.
Die jeweilige Gesamtstrafe ist dadurch geringer festzusetzen, als die Summe der Einzelstrafen betragen würde.
Die vom Bw zu Punkt 1) begangenen Übertretungen sind wie folgt zu "relativieren":
o Am 30.03.2010 um ca. 12.00 Uhr wurde das Fahrzeug geringfügig bewegt.
Ohne diese "geringfügige Bewegung" hätte der Bw die Ruhezeit eingehalten.
o Am 31.03.2010/01.04.2010 hat der Bw von ca. 03.00 Uhr bis 10.00 Uhr und von 14.00 Uhr bis 20.45 Uhr – abgesehen von einer geringfügigen Bewegung
um 15.00 Uhr – eine Gesamtruhezeit von ca. 13,75 Stunden eingehalten.
o Am 18.04.2010/19.04.2010 hat der Bw von ca. 01.30 Uhr bis 05.30 Uhr, von 09.30 Uhr bis ca. 15.00 Uhr – abgesehen von einer geringfügigen Bewegung um 10.00 Uhr – und von 17.00 Uhr bis 23.30 Uhr eine Gesamtruhezeit von
16 Stunden eingehalten.
o Am 21.04.2010/22.04.2010 hat der Bw von ca. 03.30 Uhr bis 08.30 Uhr und von
17.00 Uhr bis 00.30 Uhr eine Gesamtruhezeit von ca. 12,5 Stunden eingehalten.
Bei der Strafbemessung sind diese Umstände zugunsten des Bw zu berücksichtigen.
Gemäß § 19 Abs.1 und 2 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Es bedarf keiner näheren Erläuterung, dass übermüdete Lenker von schweren LKW eine große Gefahr für die Verkehrssicherheit – sowohl für die anderen Verkehrsteilnehmer, als auch für sich selbst – darstellen.
Für die Lenker derartiger LKW ist die Einhaltung der Lenk- und Ruhzeiten,
im vorliegenden Fall
- der täglichen Ruhezeiten
- der vorgeschriebenen Fahrtunterbrechungen und
- der täglichen Lenkzeiten
enorm wichtig.
Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46 VStG) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe – soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen – gegeneinander abzuwägen.
Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.
Die bisherige Unbescholtenheit des Bw wird als mildernder Umstand gewertet.
Erschwerende Umstände liegen nicht vor.
Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind
Die § 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.
Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten
sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw betragen:
Arbeitslosengeld; kein Vermögen; zwei Sorgepflichten.
Es ist daher gerechtfertigt und vertretbar, die Geldstrafen wie folgt herabzusetzen:
- zu Punkt 1): 1.000 Euro
- zu Punkt 2): 200 Euro
- zu Punkt 3): 300 Euro
Gemäß § 134 Abs.1 KFG beträgt die Geldstrafe bis zu 5.000 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen (= 1.000 Stunden – geringfügig abgerundet).
Daraus ergibt sich der "Umrechnungsschlüssel" von
Geldstrafe zu Ersatzfreiheitsstrafe: 5 Euro = 1 Stunde.
Die Ersatzfreiheitsstrafen werden somit auf
zu 1.): 200 Stunden; zu 2.) 40 Stunden und zu 3.) 60 Stunden
herabgesetzt.
Gemäß § 64 Abs.2 VStG beträgt der Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz 10 % der neu bemessenen Geldstrafen.
Gemäß § 65 VStG ist für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat kein Verfahrenskostenbeitrag zu entrichten.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.
Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. Johann Fragner Mag. Josef Kofler