Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-231092/4/BMa/Mu/Th

Linz, 25.01.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des X, geb. X, X, vertreten durch Mag. X, Rechtsanwalt, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 24. Februar 2010, Sich96-188-2009, wegen einer Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I.               Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

II.           Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.:   § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 135/2009 – AVG iVm. §§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 135/2009 – VStG

Zu II.:  § 66 Abs.1 VStG


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde der Berufungsweber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:

 

"Sie haben sich am 14.9.2009 um 00.40 Uhr in 4224 Wartberg ob der Aist im Kreuzungsbereich B 124 – L580 aufgehalten und wurden dort einer fremdenrechtlichen Kontrolle unterzogen. Im Zuge dieser Kontrolle wurde festgestellt, dass Sie sich nicht rechtmäßig in Österreich aufgehalten haben, da Sie nicht im Besitz eines gültigen Einreise- oder Aufenthaltstitels für Österreich waren.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§§ 120 Abs 1 Ziff 2 in Verbindung mit  31 Fremdenpolizeigesetz

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe in Euro           falls diese uneinbringlich ist,      Gemäß

                                      Ersatzfreiheitsstrafe von

150,- Euro                    34 Stunden                               § 120 Abs 1 Ziff 2

                                                                                       Fremdenpolizeigesetz

 

Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

Die von Ihnen eingehobene vorläufige Sicherheitsleistung wird auf den Strafbetrag angerechnet, Sie haben daher nur mehr 15,- Euro zu bezahlen.

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

15,- Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 € angerechnet);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

165,- Euro."

 

1.2. Begründend führt die belangte Behörde nach Darlegung der relevanten Rechtsgrundlagen im Wesentlichen aus, dass der Bw zur Tatzeit im Gemeindegebiet von Wartberg o.d.A. im Kreuzungsbereich B 124 – L580 als Beifahrer in einem PKW im Zuge einer fremdenpolizeilichen Kontrolle von Polizeiorganen der Polizeiinspektion Königswiesen kontrolliert worden sei. Bei dieser Überprüfung habe der Bw als Fremder keinen gültigen Einreise- oder Aufenthaltstitels für Österreich vorweisen können. Die von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungen haben ergeben, dass die BPD Wien gegen den Bw bereits eine Ausweisung erlassen habe. Zudem sei laut der BPD Wien der Aufenthalt des Bw in Österreich am Kontrolltag unrechtmäßig gewesen. Die in seiner Stellungnahme vorgebrachte Erklärung, dass er auf Grund einer Ladung der Fremdenpolizei Wien der Ansicht gewesen sei, dass er zum Aufenthalt berechtigt gewesen sei, sei als Schutzbehauptung zu werten gewesen.

 

Im Zuge der Strafbemessung seien die bekannt gegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse berücksichtigt worden. Milderungs- bzw. Erschwerungsgründe seien nicht hervorgekommen.

 

1.3. Gegen dieses dem Rechtsvertreter am 1. März 2010 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 4. März 2010 – und damit rechtzeitig – per Telefax eingebrachte Berufung vom 3. März 2010.

 

Die Berufung führt im Wesentlichen aus, die Verhängung der Geldstrafe sei zu Unrecht erfolgt. Denn der Bw sei mit Ladungsbescheid der Fremdenpolizei Wien vom 4. September 2009,  Zl. III-1266662/2009, für den 16. September 2009 vorgeladen worden. Dem Ladungsbescheid sei zu entnehmen, dass es notwendig sei, persönlich vorzusprechen, und dass ein Festnahmeauftrag erlassen werde, würde der Bw ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes dem Ladungsbescheid nicht Folge leisten.

Abschließend wird die Aufhebung des bekämpften Straferkenntnisses und die Refundierung der zu Unrecht eingehobenen Sicherheitsleistung an den Rechtsvertreter beantragt.

 

2.1. Mit Schreiben vom 11. März 2010 hat die belangte Behörde den Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Freistadt zu Sich96-188-2009.

Da im angefochtenen Bescheid keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

Weil sich bereits aus dem vorgelegten Akt der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrenspartei einen dementsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG von einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Hinsichtlich der Strafbestimmung des § 120 Abs.1 Z2 FPG wird zur Vermeidung von Widerholungen auf die Zitierung im bekämpften Bescheid verwiesen.

 

 

Nach § 31 Abs.1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1.   wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2.   wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3.   wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehe;

4.   solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt;

5.   (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)

6.   wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs.5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs.3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

7.   soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

 

3.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat bereits im Erkenntnis vom 6. März 2008, VwSen-230972/2/Wei, und nunmehr in ständiger Spruchpraxis wie folgt ausgeführt.

 

"Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seiner Judikatur zum (vergleichbaren) Straftatbestand des § 82 Abs.1 Z4 iVm § 15 Abs.1 des Fremdengesetzes 1992 im Hinblick auf § 44a Z1 VStG, der die eindeutige Umschreibung der als erwiesen angenommene Tat im Spruch fordert, ausgesprochen, dass eine Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthalts rechtens nur dann in Betracht kommt, wenn keine der in den einzelnen Ziffern des § 15 Abs.1 FrG 1992 angeführten Voraussetzungen eines rechtmäßigen Aufenthalts gegeben ist. Die Annahme der Unrechtmäßigkeit eines inländischen Aufenthalts aus der Verneinung bloß eines Teils der in § 15 Abs.1 FrG 1992 genannten alternativen Voraussetzungen für eine Rechtmäßigkeit des Aufenthalts stehe mit dem Gesetz nicht in Einklang (vgl. etwa VwGH 18.1.2000, Zl. 94/18/0396; VwGH 24.3.2000, 96/21/0919; VwGH 5.10.2000, 96/21/0861; VwGH 8.11.2000, 97/21/0223; VwGH 23.1.2001, 97/21/0056).

 

Diese Judikaturlinie hat der Verwaltungsgerichtshof auch für die inhaltlich gleichgelagerte Strafbarkeit des unrechtmäßigen Aufenthalts nach § 107 Abs1 Z4 iVm. § 31 Abs.1 FrG 1997 (vgl. VwGH 30.5.2001, 2000/21/0009) fortgeführt. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt eine Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes nur in Betracht, wenn keine der im § 31 Abs.1 FrG 1997 angeführten Voraussetzungen eines rechtmäßigen Aufenthalts gegeben ist, sowie dann, wenn die Rechtmäßigkeit eines Aufenthaltes gemäß § 31 Abs.3 FrG 1997 geendet hat. Im Spruch des Straferkenntnisses ist - um den Anforderungen des § 44a Z1 VStG zu entsprechen - die als erwiesen angenommene Tat durch Verneinung aller im § 31 Abs.1 FrG 1997 genannten alternativen Voraussetzungen für eine Rechtmäßigkeit des Aufenthalts oder - im Fall des § 31 Abs.3 FrG 1997 - durch Verneinung einer weiter bestehenden Rechtmäßigkeit des Aufenthalts zu umschreiben (vgl. VwGH 13.12.2002, 2000/21/0052; VwGH 17.6.2003, 2000/21/0191; VwGH 17.6.2003, 2002/21/0205, VwGH 18.5.2004, 2001/21/0103; VwGH 23.11.2004, 2003/21/0142; jüngst VwGH 24.10.2007, 2007/21/0303)."

 

Diesen Ausführungen folgend kann für die weitgehend gleichgelagerte Bestimmung des § 31 Abs.1 FPG nichts Anderes gelten. Nach der Regierungsvorlage zum Fremdenrechtspaket 2005 (vgl. 952 BlgNR 22. GP, Seite 89) wurden nur geringfügige terminologische und inhaltliche Änderungen (Normierung von abschließenden Fallkonstellationen des rechtmäßigen Aufenthalts) vorgenommen.

 

3.2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis hat die belangte Behörde dem Bw lediglich zur Last gelegt, dass er sich am 14. September 2009 um 00.40 Uhr nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe, da der Bw nicht im Besitz eines gültigen Einreise- oder Aufenthaltstitels für Österreich war.

 

Der so formulierte Spruch wird damit aber den oben beschriebenen Anforderungen nach dem § 44a Z1 VStG nicht gerecht. Die im Spruch formulierte Tatanlastung wurde nämlich nicht unter Berücksichtigung bzw. Verneinung sämtlicher alternativer Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt nach dem § 31 Abs.1 FPG umschrieben.

 

Die Anlastung der belangten Behörde verstößt somit gegen das Bestimmtheitsgebot des § 44a Z1 VStG. Da dem Akt auch keine taugliche (vollständige) Verfolgungshandlung zu entnehmen ist, war dem Oö. Verwaltungssenat eine Spruchkorrektur verwehrt. 

 

4. Im Ergebnis war daher das angefochtene Straferkenntnis mangels ausreichender Tatumschreibung aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen, ohne dass auf die Berufung inhaltlich weiter eingegangen werden musste.

 

Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

Der Antrag auf Rückerstattung der geleisteten Sicherheitsleistung, der gleichzeitig mit der Berufung bei der erstinstanzlichen Behörde eingebracht wurde, ist vom Unabhängigen Verwaltungssenat aus kompetenzrechtlichen Gründen nicht zu behandeln (VwGH 3.9.2002, 2001/03/0416). Eine Weiterleitung dieses Antrags an die Bezirkshauptmannschaft konnte unterbleiben, weil das Schriftstück, mit dem dieser Antrag gestellt wurde, ohnehin an die Bezirkshauptmannschaft Freistadt adressiert ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bergmayr-Mann

 

 


 

VwSen-231092/4/BMa/Mu vom 25. Jänner 2011

 

Erkenntnis

 

VStG § 37

 

 

Ein Antrag auf Rückerstattung der geleisteten Sicherheitsleistung, der gleichzeitig mit der Berufung bei der erstinstanzlichen Behörde eingebracht wurde, ist vom Unabhängigen Verwaltungssenat aus kompetenzrechtlichen Gründen nicht zu behandeln (VwGH 3.9.2002, 2001/03/0416).

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum