Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100707/20/Weg/Ri

Linz, 21.01.1993

VwSen - 100707/20/Weg/Ri Linz, am 21. Jänner 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Kurt Wegschaider über die Berufung des Dr. A N vom 25. Juni 1992 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 22. Juni 1992, St-6.823/92-In, nach der am 11. Jänner 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

I.: Der Berufung hinsichtlich des Faktums 1 (§ 60 Abs.3 StVO 1960) wird Folge gegeben, diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

II.: Hinsichtlich des Faktums 2 (§ 5 Abs. 2 StVO 1960) wird die Berufung betreffend die Schuldfrage und die verhängte Geldstrafe abgewiesen und diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird jedoch auf 7 Tage reduziert.

III.: Ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren fällt nicht an. Es verbleibt jedoch der Kostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren betreffend das Faktum 2, das sind 500 S.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51 idF BGBl.Nr. 866/1992 (AVG) iVm § 24, § 20, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51i und § 65 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, idF BGBl.Nr. 867/1991 (VStG); § 60 Abs.3 Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl.Nr. 159, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 615/1991 (StVO 1960) sowie § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1. § 60 Abs.3 StVO 1960 und 2. § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO 1960 Geldstrafen von 1.) 100 S (im NEF 6 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) und 2.) 8.000 S (im NEF 10 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt, weil dieser am 27. Mai 1992 um 1.10 Uhr in L auf der W, nächst dem Hause Nr. 435, ein Fahrrad der Marke KTM 1. trotz Dunkelheit ohne Beleuchtung gelenkt hat und 2. am 27. Mai 1992 um 1.20 Uhr in L, W, nächst Nr. 435 (Anhaltungsort), trotz begründeter Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung (deutlicher Geruch der Atemluft nach Alkohol, schwankender Gang, lallende Sprache, deutliche Rötung der Augenbindehäute) und trotz Aufforderung durch ein besonders geschultes und von der Behörde hiezu ermächtigtes Straßenaufsichtsorgan die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mittels Alkomat verweigert hat. Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 810 S (800 S + 10 S) in Vorschreibung gebracht.

2. Dagegen wendet der Berufungswerber sinngemäß ein, die Ursache für die schlecht funktionierende Beleuchtung sei ein Durchrutschen des Dynamos an seinem neuen Fahrrad gewesen. Dieses Durchrutschen sei erstmalig aufgetreten und auch während der Fahrt nicht gleich bemerkt worden. Hinsichtlich der ihm angelasteten Alkoholisierung führt der Berufungswerber aus, daß die Vermutung des Organs nicht begründet gewesen sei, weil ein Geruch nach Alkohol nicht auf die konsumierte Menge schließen ließe, ein schwankender Gang bei Personen, die neben einem Fahrrad stehen nicht festgestellt werden könne und eine Rötung der Augenbindehäute auch, wie im vorliegenden Fall, durch das Tragen von Kontaktlinsen hervorgerufen werden könne. Der Berufungswerber führt weiter aus, er habe die Untersuchung der Atemluft deshalb verweigert, weil damit eine gewisse Belastung der Augennetzhaut verbunden sei und er mit dem Alkotest die Gefahr verbunden gesehen habe, daß es bei Belastungen der Augennetzhaut zu deren Ablösung kommen könne. Ein enger Verwandter mit der gleichen erblichen Veranlagung habe bereits zwei Mal wegen einer Netzhautablösung operiert werden müssen.

3. Auf Grund der am 11. Jänner 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, insbesondere auf Grund der Zeugenaussage des Sicherheitswacheorganes Rev.Insp. J G sowie auf Grund des medizinischen Sachverständigengutachtens der Amtsärztin Dr. S H wird nachstehender entscheidungsrelevante Sachverhalt als erwiesen angenommen:

Der Berufungswerber lenkte zuerst auf einer Fahrbahn und in der weiteren Folge auf einem Radweg ein Fahrrad. Dieses war trotz Dunkelheit nicht beleuchtet. Im Straferkenntnis wird dem Berufungswerber angelastet, er habe das Fahrrad nächst dem Haus Nr.435, dem Ort der Anhaltung, gelenkt. Wie jedoch auch Rev.Insp. G bei seiner Vernehmung ausführte, befindet sich auf Höhe des Hauses Nr.435 und auf der zuvor liegenden Fahrstrecke von der E bis zum Haus Nr. 435 ein Radweg. Der Berufungswerber hat ab der E bis zum Ort der Anhaltung das Fahrrad auf dem Radweg gelenkt.

Hinsichtlich der Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung gilt zumindest als erwiesen, daß die Atemluft des Berufungswerbers deutlich nach Alkohol roch. Dieser Geruch der Atemluft nach Alkohol ist auf Grund der Aussage des Meldungslegers G sowie auf Grund des Eingeständnisses des Berufungswerbers, vor der gegenständlichen Fahrt eine Halbe Bier und ein Achtel Wein getrunken zu haben, erwiesen.

Unstrittig ist, daß der Berufungswerber zum Tatzeitpunkt auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr ein Fahrzeug gelenkt hat und den Alkotest verweigerte, wobei während dieser Amtshandlung vom Berufungswerber kein Hinweis darauf gemacht wurde, daß er im Betätigen eines Blasröhrchens die Gefahr sähe, daß sich die Augennetzhaut abhebt.

Letztere Behauptung wurde erst im Zuge des Berufungsverfahrens aufgestellt. Dabei hat der Berufungswerber glaubwürdig darlegen können, daß er an einer starken Kurzsichtigkeit leide und sich wegen dieses Leidens in spitalärztliche Behandlung begeben müsse.

Die medizinische Amtssachverständige führt zur Einrede der Gefahr der Netzhautablösung durch das Betätigen des Alkomaten aus, daß das Beblasen eines Alkomaten mit keiner derartigen körperlichen Anstrengung verbunden ist, daß daraus eine Netzhautablösung entstehen könne. Nach Ausführungen über das Entstehen einer Netzhautablösung (externe Ursachen) geht die medizinische Amtsachverständige auch darauf ein, daß es zu einer Netzhautablösung anlagebedingt auch dann kommen könne, wenn keine körperliche Anstrengung vorausginge.

Wenn der Berufungswerber anführt, er habe anläßlich der Amtshandlung eben eine derartige Netzhautablösung befürchtet und deshalb den Alkotest verweigert, so wird dieser Einrede - die erst im Berufungsverfahren aufgestellt wurde - kein Glauben geschenkt. Dies vor allem deshalb nicht, weil der Berufungswerber im Falle des tatsächlichen Befürchtens einer Netzhautablösung diesen Umstand im Zuge der Amtshandlung hätte vorzubringen gehabt, damit der Alkotest in anderer Form, nämlich durch klinische ärztliche Untersuchung, durchgeführt hätte werden können. Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens ist auch im konkreten Fall davon auszugehen, daß der Berufungswerber - hätte er eine derartige Augenverletzung befürchtet - davon im Zuge der Amtshandlung zumindest eine Erwähnung gemacht hätte. In der Einrede der Befürchtung einer Augenverletzung durch den Alkotest sieht der unabhängige Verwaltungssenat eine Schutzbehauptung.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zum Faktum 1.: Gemäß § 60 Abs.3 StVO 1960 sind Fahrzeuge (auch Fahrräder) während der Dämmerung, bei Dunkelheit oder Nebel auf der Fahrbahn zu beleuchten.

Auf der dem Berufungswerber angelasteten Tatörtlichkeit ist jedoch das unbeleuchtete Fahrrad nicht auf der Fahrbahn sondern auf einem Radweg gelenkt worden. Nach der im Straferkenntnis zitierten Gesetzesstelle ist jedoch auf einem Radweg (dies ist im Gegensatz zum Radfahrstreifen kein Teil der Fahrbahn) eine Beleuchtung nicht vorgeschrieben. Ein Auswechseln der Tatörtlichkeit und somit eine Spruchberichtigung im Sinne des § 44a VStG ist wegen schon eingetretener Verfolgungsverjährung nicht mehr zulässig.

Zum Faktum 2: Gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 sind besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht (im konkreten Fall wurde die Schulung und Ermächtigung nachgewiesen) berechtigt, die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen, wenn vermutet werden kann, daß sich diese Personen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden.

Gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 8.000 S bis 50.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 1 bis 6 Wochen zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der im § 5 StVO 1960 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht.

Die Voraussetzungen des § 5 StVO 1960 liegen vor. Der Berufungswerber hat auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr ein Fahrzeug gelenkt. Seine Atemluft hat nach Alkohol gerochen. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist der Geruch der Atemluft nach Alkohol ein Symptom, auf Grund dessen mit Recht vermutet werden kann, daß sich diese Person in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet. Der Alkotest, in diesem Fall die Untersuchung der Atemluft auf Alkohol mittels Alkomat, hat das Ziel, diese Vermutung zu bestärken oder allenfalls zu entkräften. Der Berufungswerber hat jedoch die Aufforderung zur Untersuchung der Atemluft, die von einem hiezu berechtigten Organ ausgesprochen wurde, nicht befolgt bzw. ist er der Aufforderung, mit in das Wachzimmer Kleinmünchen zu kommen, um dort einen Alkotest an seiner Person durchführen zu lassen, nicht nachgekommen. Dieses Verhalten stellt eine Verweigerung des Alkotestes im Sinne des § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 dar.

Zur vom Berufungswerber vorgebrachten subjektiven Komponente (Notstand bzw. Putativnotstand) wonach er durch das Betätigen des Blasröhrchens eine Netzhautablösung befürchtete, wurde schon eingegangen (siehe oben) und stellt sich diese erst in der Berufungsschrift vorgebrachte Behauptung als unglaubwürdig heraus. Der Berufungswerber hat somit den Tatbestand des § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 sowohl objektiv als auch subjektiv verwirklicht.

Das im Schlußplädoyer beantragte außerordentliche Milderungsrecht konnte im gegenständlichen Fall nicht zur Anwendung gelangen, weil die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe nicht beträchtlich überwiegen. Gegen den Berufungswerber scheinen vier Verwaltungsübertretungen auf, davon jedoch keine einschlägige, sodaß der Milderungsgrund der absoluten Unbescholtenheit nicht vorliegt. Erschwerend war auch kein Umstand zu werten. Die ausgesprochene Geldstrafe ist das im Gesetz festgelegte Mindestmaß, sodaß die Höhe der Geldstrafe zu bestätigen war.

Die Ersatzfreiheitsstrafe mußte jedoch wegen der auch durch den Gesetzgeber vorgesehenen Relation ebenfalls auf das gesetzliche Mindestmaß herabgesetzt werden.

5. Ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren war wegen der Herabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe in Befolgung des § 65 VStG nicht vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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