Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300992/3/Sr/Sic/Sta

Linz, 11.02.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung der Frau x, geb. x, x, gegen den Ladungsbescheid des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf vom 9. November 2010, Zl. Pol96-122-2010-He, in einem Verwaltungsstrafverfahren wegen § 5 Abs. 1 Z. 1b Oö. Jugendschutzgesetz zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 19 Abs 1 und § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 41 und 43 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem gegenständlichen formularmäßig erlassenen Ladungsbescheid des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf wurde die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) aus Anlass des Verdachtes einer Übertretung des § 5 Abs. 1 Z. 1b Oö. Jugendschutzgesetz auf der Grundlage des § 19 AVG iVm §§ 40, 41, 43 und 59 VStG für den 29. November 2010 um 10.00 Uhr zum Sitz dieser zuständigen Strafbehörde geladen, um im Verwaltungsstrafverfahren als Beschuldigte auszusagen und die ihrer Verteidigung dienenden Beweismittel mitzubringen oder bekannt zu geben. Es wurde die Bw persönlich vorgeladen, ihr mitgeteilt, dass sie zur Vernehmung einen Rechtsbeistand ihrer Wahl beziehen und als Jugendliche darüber hinaus auch mit zwei an der Sache nicht beteiligten Personen ihres Vertrauens kommen könne.

Für den Fall, dass die Bw ohne wichtigen Grund (Krankheit, Gebrechlichkeit, zwingende berufliche Behinderung, nicht verschiebbare Urlaubsreise) der Ladung keine Folge leiste, wurde ihr gemäß § 41 Abs 3 VStG angedroht, dass eine Zwangsstrafe von 30 Euro über sie verhängt werde.

2. Gegen diesen am 10. November 2010 zu eigenen Handen durch Hinterlegung zugestellten Bescheid richtet sich die Berufung der Bw vom 21. November 2010, welche an diesem Tag per E-Mail bei der belangten Behörde einlangte.

Begründend führte die Bw wie folgt aus:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

mit Schreiben vom 9.11.2010 legen Sie mir eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 Z 1b Oö. Jugendschutzgesetz zur Last. Gegen diese Ladung berufe ich, da ich zum angegebenen Zeitpunkt in Begleitung mehrerer erwachsener Personen war und meine Familie darüber informiert war.

Hochachtungsvoll, ...."

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf hat ihren bezughabenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vorgelegt und von der Erlassung einer Berufungsvorentscheidung abgesehen.

 

3.1. Aufgrund der Aktenlage steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

 

Polizeibeamte der PI Windischgasten haben die Bw am 3. Oktober 2010 zur Anzeige gebracht, weil sie sich am 3. Oktober 2010 um 05.55 Uhr im Gaststättenbereich der x in x aufgehalten habe. Bei der polizeilichen Kontrolle habe die Bw falsche Angaben hinsichtlich ihres Geburtsdatums gemacht. Da die Bf tatsächlich am 31. Oktober 1994 geboren ist, wurde sie verdächtigt, eine Übertretung nach dem OÖ. Jugendschutzgesetz begangen zu haben.

 

Nach Vorlage der Anzeige hat die belangte Behörde gegen die Bw ein Verwaltungsstrafverfahren wegen des Verdachtes der Übertretung des § 5 Abs. 1 Z. 1b Oö. Jugendschutzgesetz eingeleitet und ihr im Ladungsbescheid folgende Verwaltungsübertretung angelastet:

"Sie haben sich am 3.10.2010 um 04:55 Uhr im Gaststättenbereich der x in x, und somit an einem allgemein zugänglichen Ort aufgehalten, ohne in Begleitung einer Aufsichtsperson zu sein. Dies, obwohl Jugendlichen vom 14. bis zum vollendeten 16. Lebensjahr ohne Begleitung einer Aufsichtsperson der Aufenthalt an allgemein zugänglichen Orten lediglich von 05:00 Uhr bis 24:00 Uhr gestattet ist."

Der Ladungsbescheid wurde der Bw zu eigenen Handen zugestellt und im Ladungsbescheid wurden der Bw für den Fall des unentschuldigten Fernbleibens eine Zwangsstrafe von 30 Euro angedroht.

In der Rechtsmittelbelehrung führte die belangte Behörde aus, dass die Bw gegen den Ladungsbescheid Berufung ergreifen könne und diese aufschiebende Wirkung habe. Weiters wies die belangte Behörde darauf hin, dass der Bescheid bis zur abschließenden Entscheidung nicht vollstreckt werden könne.

In der Berufung gegen den Ladungsbescheid hat die Bw darauf hingewiesen, dass sie sich zum vorgeworfenen Zeitpunkt in Begleitung mehrerer erwachsener Personen befunden habe und die Familie darüber informiert gewesen sei.

Die belangte Behörde hat am 30. Dezember 2010 mit der Mutter der Bw telefonischen Kontakt aufgenommen und dabei wurde vereinbart, dass mit der Bw am 3. Jänner 2011 im Beisein der Mutter eine Niederschrift aufgenommen werde.

Am 31. Dezember 2010 gab der Vater der Bw telefonisch bekannt, dass die Bw am 3. Jänner 2011 nicht erscheinen und er eine weitere Stellungnahme schicken werde.

In der Stellungnahme vom 1. Jänner 2011 erstattete der Vater der Bw eine umfassende Stellungnahme und ersuchte um Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

3.2. Der vorliegende Sachverhalt ist unstrittig.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist in Verwaltungsstrafsachen die Anrufung des unabhängigen Verwaltungssenates in Übereinstimmung mit Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG auch dann möglich, wenn wie früher im § 54c VStG (bis zur Verwaltungsverfahrensnovelle 2001) die Berufung einfachgesetzlich ausgeschlossen war, weil damit nur ein administrativer Instanzenzug gemeint sein konnte (vgl. VfSlg 14.957/1997). Dies gilt nach dem Verwaltungsgerichtshof ungeachtet des § 19 Abs 4 AVG auch für Ladungsbescheide (vgl. VwGH 14.9.2001, Zl. 2000/02/0275).

Die gegenständliche Ladung sieht bei Nichtbefolgung eine Zwangsstrafe vor, weshalb keine Zweifel an der Qualität als Bescheid aufkommen konnten.  

4.2. Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Ladungsbescheides kommt es darauf an, ob er den gesetzlichen Vorschriften des § 19 AVG und §§ 41, 43 VStG entsprochen hat oder nicht. Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit eines Beschuldigten-Ladungsbescheids ist, dass es sich beim Adressat um einen Beschuldigten iSd § 32 iVm § 9 VStG handelt (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, 1513, E 3a zu § 41 Abs 1 VStG).

Ein im Verwaltungsstrafverfahren ergangener Ladungsbescheid kann nicht mit Aussicht auf Erfolg bekämpft werden, wenn jemand seine Täterschaft oder die Verantwortung für die zugrundeliegende Verwaltungsübertretung bestreitet, weil dies alles im Verwaltungsstrafverfahren geltend zu machen ist. Nur wenn gegen eine Person nicht der geringste Verdacht einer Übertretung besteht, ist ein Ladungsbescheid rechtswidrig, weil dann das Erscheinen im Zusammenhang mit dem Gegenstand der Amtshandlung nicht nötig ist (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, 1514, E 3b zu § 41 Abs 1 VStG).

4.3. Auf Grund dieser aktenkundigen Umstände stand die Bw im Verdacht, die Verwaltungsübertretung begangen zu haben. Deshalb hat sie die belangte Behörde zu Recht als Beschuldigte iSd § 32 Abs 1 VStG behandelt und sie gemäß §§ 40 Abs 2 geladen, um ihr Gelegenheit zur Rechtfertigung zu geben und um sich ein Bild von der Glaubwürdigkeit ihres Vorbringens zu machen (arg.: falsche Altersangaben gegenüber den Polizeibeamten).

Die Bw hat ihre Eingabe vom 21. November 2010 ausdrücklich als Berufung bezeichnet und ausschließlich Angaben zu ihrer Verteidigung gemacht. Dieses Vorbringen in der Sache war nicht geeignet, eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Ladungsbescheids aufzuzeigen. Insbesondere wurde auch nicht dargelegt, warum ein Erscheinen der Beschuldigten vor der Behörde im Sinne des § 19 Abs 1 AVG nicht nötig gewesen sei.

Die Notwendigkeit des persönlichen (VwSlg 10.819 A/1982; siehe auch VwGH 20. 1. 1992, 91/19/0326) Erscheinens ist primär von der Behörde im Hinblick auf den mit der Amtshandlung verfolgten Zweck zu beurteilen (VwGH 28. 6. 2001, 2001/11/0134). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes genügt in diesem Zusammenhang die bloße Vertretbarkeit der behördlichen Einschätzung (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, § 19 [4], VwGH 9. 6. 1995, 95/02/0054). Der Behörde kann daher etwa nicht entgegen getreten werden, wenn sie z.B. davon ausgeht, dass im Verwaltungsstrafverfahren für die Klärung der strittigen Frage des Tatorts das persönliche Erscheinen des Beschuldigten erforderlich sei (VwGH 26. 6. 1995, 93/10/0098).

Im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren war – wie aus dem Vorbringen der Bw hervorgeht - strittig, ob die Beschuldigte (Bw) sich tatsächlich ohne Aufsichtsperson an dem allgemein zugänglichen Ort aufgehalten hat. Die Glaubwürdigkeit der Bw war angesichts des vorangegangenen und seitens der erhebenden Beamten festgestellten Versuchs, ihr wahres Alter zu verschleiern, anzuzweifeln und ist daher die behördliche Einschätzung, diesbezüglich zum Zwecke der materiellen Wahrheitsfindung im Rahmen einer persönlichen Einvernahme die Auskünfte bzw. die Rechtfertigung der Beschuldigten (Bw) besser würdigen zu können, als zumindest vertretbar anzusehen.

Anders als dies möglicherweise die Bw irrtümlich vermeint, ist mit der Zustellung eines Beschuldigten-Ladungsbescheids noch keine Verurteilung verbunden. Vielmehr muss im Rahmen des ordentlichen Verwaltungsstrafverfahrens die Rechtfertigung der Bw beachtet werden und ihr auch noch Gelegenheit eingeräumt werden, sich zur allfälligen späteren Beweisaufnahmen zu äußern.

4.4. Um unerwünschte Verschleppungen im Verfahren zu vermeiden, hat der Verfahrensgesetzgeber den administrativen Instanzenzug und somit die Einbringung eines Rechtsmittels (§ 19 Abs. 4 AVG) ausgeschlossen.

Nach der jüngeren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können Ladungsbescheide im Verwaltungsstrafverfahren unmittelbar gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 2 B-VG (arg.: nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges) mit "Berufung" (vgl. VwGH vom 14.11.2001, 2000/03/0292) an den unabhängigen Verwaltungssenat angefochten werden (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, § 19, RNr 11).

Obwohl der Verwaltungsgerichtshof in der angesprochenen jüngeren Rechtsprechung das auf Art. 129a Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 B-VG gestützte Rechtsmittel als "Berufung" bezeichnet, ist ein Rechtschutz im Form einer "Berufung" nach den Regeln der Verwaltungsverfahrensgesetze (Berufungsfrist von zwei Wochen; aufschiebende Wirkung) zu verneinen.

Es ist einerseits im Hinblick auf den Willen des Gesetzgebers und andererseits aufgrund der – nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges –verfassungsunmittelbaren Beschwerdemöglichkeit davon auszugehen, dass dem Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung zukommt.

Die vorliegende Rechtsmittelbelehrung kann daher nur zur Verwirrung der Bw beitragen, indem der Anschein erweckt wird, dass der Berufung eine aufschiebende Wirkung zukomme und sie daher bis zur rechtskräftigen Entscheidung den Anordnungen im Ladungsbescheid (in dem für den Fall der Missachtung eine Zwangsstrafe von 30 Euro angedroht worden ist) nicht nachzukommen brauche. Sollte die belangte Behörde als Vollstreckungsbehörde die bereits im Ladungsbescheid angedrohte Zwangsstrafe mittels Vollstreckungsverfügung verhängen wollen, hat sie jedenfalls auf die vorliegende Rechtsmittelbelehrung abzustellen, die die Bw zur irrtümlichen Annahme veranlasst haben kann, dass sie dem Ladungsbescheid nicht Folge leisten müsse.

4.5. Im Ergebnis war daher die gegenständliche Berufung gegen den Ladungsbescheid als unbegründet abzuweisen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

 

 

 

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