Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252680/9/Kü/Hue/Ba

Linz, 10.02.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Mag. Thomas Kühberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über die auf das Strafausmaß eingeschränkte Berufung des Herrn X X, vertreten durch Mag. X X, Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater, X, X, vom 20. Dezember 2010 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 30. November 2010, Zl. 0042966/2010, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 2.180 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 6 Tage herabgesetzt werden.

 

II.    Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der Behörde erster Instanz vermindert sich auf 218 Euro. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF             iVm §§ 19, 24, 51 und 51e Abs.3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991             idgF.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 30. No­vember 2010, Zl. 0042966/2010, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 33 Abs.1 und 1a  iVm § 111 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) eine Geldstrafe von 2.500 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 7 Tagen verhängt.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma X Bau GmbH, X, X, welche für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt hat und somit als nach § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

Die oa. Firma hat als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG seit 10.08.2010 den portugiesischen Staatsangehörigen Herrn X X X, geboren X, gemeldet X, X als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt – pro Monat € 1.000,- Cash – ausgehend vom Betriebsstandort in X, X auf Baustellen als Arbeiter – Eisenverlegen – im Ausmaß von 40 Wochenstunden, Montag bis Freitag 8 Stunden täglich beschäftigt. Der in Rede stehende Beschäftigte war der Firma organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit.

Obwohl dieser Dienstnehmer nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und daher in der Kranken- Unfall und Pensionsversicherung vollversicherungspflichtig ist, wurde hierüber eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der OÖ. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77 als zuständigem Sozialversicherungsträger nicht vor Aufnahme der Tätigkeit erstattet.

Die gegenständliche Firma hat somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs. 1 ASVG verstoßen."

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 20. Dezember 2010, in der vorgebracht wird, dass die Strafe zu hoch erscheine, da es sich um das "erste Vergehen der Firma" gehandelt habe und das monatliche Nettoeinkommen des Bw 1.670 Euro betrage.

 

3. Der Magistrat Linz hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 11. Jänner 2011 vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer, bestehend aus drei Mitgliedern, berufen (§ 51c VStG).

 

Dem Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr wurde mit Schreiben des Oö. Verwaltungssenates vom 27. Jänner 2011 in Wahrung des Parteiengehörs die Möglichkeit gegeben, zum Berufungsvorbringen eine Stellungnahme abzugeben.

Dieses brachte am 1. Februar 2011 vor, dass gegen die Vorgangsweise des Unabhängigen Verwaltungssenates kein Einwand bestehe.

 

4. Mittels Schreiben vom 18. Jänner 2011 wurde dem Bw mitgeteilt, dass der Unabhängige Verwaltungssenat das Rechtsmittel als Berufung gegen die Höhe der verhängten Strafe auffasst, da die Verwaltungsübertretung dem Grunde nach nicht bestritten wird. Aus diesem Grund ist auch nicht beabsichtigt, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Falls der Bw anderer Ansicht sein sollte, möge er dies innerhalb Frist mitteilen bzw. eine Berufungsverhandlung beantragen. Gleichzeitig erging noch der Hinweis, dass die in der Berufung angegebenen Einkommensverhältnisse zur Kenntnis genommen wurden und eine einschlägige Vorstrafe vorgemerkt ist.

 

Der Bw brachte dazu am 24. Jänner 2011 vor, dass es sich um ein erstmaliges Vergehen handeln würde, da die vorliegende einschlägige Vorstrafe im Zusammenhang mit dem Einzelunternehmen X X gestanden sei. Nochmals wurde auf das monatliche Einkommen des Bw hingewiesen.

 

Damit konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gem. § 51e Abs.3 Z2 VStG abgesehen werden, da sich die Berufung – unwidersprochen – nur gegen die Höhe der verhängten Strafe richtet und die Durchführung einer Berufungsverhandlung nicht beantragt wurde.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gem. § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

          1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig

             erstattet oder

          2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

          3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

          4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der               Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige

              Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind,

             einsehen lässt.

 

§ 111 Abs.2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-        mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-        bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, in wie weit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu  nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Von der Erstbehörde wurde hinsichtlich der Strafbemessung mildernd kein Umstand und erschwerend die lange Beschäftigungsdauer sowie weitere rechtskräftige Vorstrafen gewertet.

 

Dazu ist auszuführen, dass das Vorliegen einer rechtskräftigen Vorstrafe nach dem ASVG nicht als erschwerend zu werten ist, zumal durch diese Vorstrafe bereits die Strafdrohung des § 111 Abs.2 ASVG bestimmt ist, die diesfalls eine Mindestgeldstrafe von 2.180 Euro vorsieht. Lt. den vorliegenden Unterlagen lag zur Tatzeit gegen den Bw eine rechtskräftige einschlägige Verwaltungsvorstrafe vor (vgl. VwSen-252521/3/Gf/Mu). Wenn der Bw in seiner Stellungnahme vom 24. Jänner 2011 vermeint, im gegenständlichen Fall handle es sich um ein erstmaliges Vergehen, da die einschlägige Vorstrafe im Zusammenhang mit dem Einzelunternehmen X X gestanden sei, ist er darauf aufmerksam zu machen, dass die strafrechtliche Handlung des Organs einer juristischen Person auch in den Fällen des § 9 VStG eine persönliche Organhandlung darstellt. Nicht die juristische Person ist daher der Beschuldigte, sondern die nach außen zu ihrer Vertretung berufene individuell bestimmte Person. Schuld- und Strafausschließungs-, Erschwerungs- und Milderungsgründe richten sich nach dieser (vgl. u.a. VwSlg 17.818 A/1933 bzw. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, § 9 VStG, E12 – E15). Aus diesem Grund löst die zur Tatzeit bereits rechtskräftig gewordene einschlägige Vorstrafe des Bw die erhöhte Mindeststrafe nach dem ASVG für das gegenständlichen Verfahren aus.

 

Neben dem Wegfall des von der Erstbehörde zur Strafbemessung herangezogenen Erschwerungsgrundes einer einschlägigen Vorstrafe ist dem Bw zusätzlich sein Tatsachengeständnis mildernd zugute zu halten.

 

Unter Abwägung der nun vorliegenden Milderungs- und Erschwerungs­gründe ist der Unabhängige Verwaltungssenat der Ansicht, dass zwar von einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe nicht auszugehen ist, die Umstände des vorliegenden Falles aber die Verhängung einer über der gesetzlichen Mindeststrafe liegenden Strafe nicht rechtfertigen und daher mit der Verhängung der nach § 111 ASVG gesetzlich vorgesehenen (erhöhten) Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden kann. Hinsichtlich der vom Bw vorgebrachten Einkommenssituation ist zu bemerken, dass lediglich eine schlechte finanziellen Situation die Unterschreitung der gesetzlichen Mindeststrafe nicht rechtfertigen kann. Eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG (Absehen von einer Bestrafung) scheidet schon deshalb aus, da die Tat nicht hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt und es daher an den kumulativen Voraussetzungen (unbedeutende Tatfolgen sowie geringfügiges Verschulden) mangelt.

 

Mit der nunmehr verhängten Strafe ist nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates jene Sanktion in ausreichendem Maße gesetzt, die dem Bw nachhaltig die Verwaltungsübertretung vor Augen führt und ihn dazu anhalten wird, die Bestimmungen des ASVG in Hinkunft zu beachten.

 

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

5. Aufgrund des Umstandes, dass die verhängte Geldstrafe herabgesetzt wurde, war auch der Beitrag zu den Verfahrenskosten der ersten Instanz, welche gemäß § 64 VStG 10 % der verhängten Geldstrafe betragen, entsprechend herab zu setzen. Da die Berufung teilweise Erfolg hatte, waren die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

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