Linz, 17.02.2011
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn X X, X, X, vom 5. Oktober 2010 gegen Spruchpunkt A) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 23. September 2010, UR96-23-2008, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 zu Recht erkannt:
I. Der Berufung wird Folge gegeben, Spruchpunkt A) des Straferkenntnisses aufgehoben und diesbezüglich das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
II. Es entfallen die zu Spruchpunkt A) vorgeschriebenen Verfahrenskosten. Für das Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.
Rechtsgrundlagen:
Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z 1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.
Zu II.: § 66 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 23. September 2010, UR96-23-2008, Spruchpunkt A) Unterpunkte 1.1.1) und 1.2.1) wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs.1 Z 1 iVm § 15 Abs.3 Z 2 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) eine Geldstrafe von 730 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 216 Stunden verhängt.
Dem Straferkenntnis lag folgender Tatvorwurf zugrunde:
2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in der vom Bw festgehalten wird, dass er am 20. Juli 2008 am Firmengelände der Firma X X GmbH in X einen gelben Sack, Inhalt ca. 100 Liter befüllt mit Glasflaschen und Restmüll sowie einen Karton mit Sperrmüll widerrechtlich abgelagert hat. Die anderen im Straferkenntnis genannten Abfälle wie Kunststoffkübel, 2 Kunststoffkanister – Inhalt je 5 Liter, voll mit Altöl, und 3 gebrauchte Autoreifen habe er nicht abgelagert. An diesem Tag sei seine Tochter mit dem Fahrrad unterwegs gewesen und habe sie ihn angerufen, dass er sie abholen solle, da es zu regnen angefangen hätte. Er sei mit dem PKW unterwegs gewesen und habe den angeführten Abfall im Kofferraum gelagert. Das Fahrrad seiner Tochter wollte er jedoch in den Kofferraum geben, habe dazu keinen Platz gehabt und deswegen den Abfall auf dem Firmengelände gelagert. Er sei sich der Tat bewusst und bestreite diese nicht. Alle anderen dort gelagerten Abfälle, wie die Reifen, der sonstige Restmüll sowie die Gebinde mit Öl in den Kanistern habe nicht er dort abgelagert. Er habe sie jedoch auf Anordnung der Polizei auch im Altstoffsammelzentrum in X mit seinen Abfällen entsorgt.
3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 12. Oktober 2010 vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.
Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG abgesehen werden, da sich bereits aus dem Akteninhalt ergibt, dass Spruchpunkt A) des gegenständlichen Straferkenntnisses aufzuheben ist.
4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:
Der Bw hat am 20.7.2008 auf dem Firmengelände der Firma X, X, X, beim dort befindlichen Altmetallcontainer einen gelben Sack befüllt mit Restmüll und Glasflaschen sowie einen Karton befüllt mit Sperrmüll, in dem sich unter anderem Kinderwagenteile und Stützstange zur Ladungssicherung befunden haben, abgelagert.
Im Zuge von Erhebungen durch die Polizeiinspektion X am darauffolgenden Tag konnte in dem mit Abfällen befüllten Karton auch der Personalausweis des Bw gefunden werden. Von den Polizeiorganen wurde bei den Erhebungen auch festgestellt, dass neben den genannten Abfällen außerhalb des Containers 3 Autoreifen und 2 Kunststoffkanister sowie ein Kunststoffkübel gefüllt mit Altöl abgestellt waren.
Vom Bw wurde eingestanden, dass er den gelben Sack und den Karton am Vortag beim Altmetallcontainer abgelagert hat. Über Aufforderung der Polizeiorgane hat der Bw in der Folge die Entsorgung sämtlicher vorgefundenen Abfälle im Altstoffsammelzentrum vorgenommen.
4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus der Anzeige der Polizeiinspektion X vom 16.9.2008 sowie der Einvernahme des Bw vor der Erstinstanz am 24. Februar 2009.
5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:
Gemäß § 45 Abs.2 AVG, welcher gemäß § 24 VStG auch in Verwaltungsstrafverfahren Anwendung findet, hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Der Verhängung eines Straferkenntnisses hat die vollständige Feststellung des Sachverhaltes vorauszugehen, um den Tatvorwurf mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit beweisen zu können. Auch unter Bedachtnahme auf die gesetzliche Schuldvermutung des § 5 Abs.1 VStG im Bereich der Ungehorsamsdelikte hat die Behörde die Erfüllung des objektiven Tatbestandes von Amts wegen zu beweisen (Grundsatz der Amtswegigkeit in § 39 Abs.2 AVG; siehe hiezu auch die Ausführungen in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 412f). Das damit ausgedrückte Offizialprinzip verpflichtet die Behörde, den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu erheben und festzustellen. Es ist daher Aufgabe der Behörde, Erhebungen, die zur Klärung des Sachverhalts benötigt werden, durchzuführen. Sie hat weiters die gepflogenen Erhebungen dem Beschuldigten in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis zu bringen, um diesen in die Lage zu versetzen, auf den Tatvorwurf bezogene konkrete Gegenbeweise anbieten zu können.
Bereits im erstinstanzlichen Verfahren hat sich der Bw bei einer aufgrund der Aufforderung zur Rechtfertigung durchgeführten Einvernahme damit verantwortet, dass er den gelben Sack und die Schachtel befüllt mit sperrigen Abfällen beim Container abgelagert hat. Die Kunststoffkanister gefüllt mit Altöl stammen jedoch nicht von ihm und wurden über Aufforderung durch die Polizeibeamten von ihm lediglich zum Altstoffsammelzentrum gebracht, in welchem er ja auch die von ihm illegal abgelagerten Abfälle entsorgt hat. Auch im Berufungsvorbringen gesteht der Bw die Ablagerung des gelben Sackes und der Schachtel ein, verweist jedoch nochmals darauf, dass die Kanister gefüllt mit Altöl nicht von ihm dort gelagert wurden. Aus der Anzeige der Polizeiinspektion geht hervor, dass in der vor dem Container abgestellten Schachtel der Personalausweis des Bw gefunden wurde und dieser im Zuge der Erhebungen eingestanden hat, dass die Ablagerung der Abfälle ein Fehler gewesen ist. Weitere Erhebungen hinsichtlich des Umstandes, von wem die Lagerung von Altölkanistern sowie Altreifen vorgenommen wurde, konnten von den Polizeibeamten nicht durchgeführt werden, da es keine Beobachtungen von Zeugen hinsichtlich der Lagerung der Abfälle außerhalb des Containers gegeben hat und sich daher auch nur die Aussagen des Bw in der Anzeige wiederfinden können. Insgesamt ist allerdings festzuhalten, dass sich aus dem Akteninhalt nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit beweisen lässt, dass auch die neben dem Container abgestellten Kanister sowie die Altreifen vom Bw selbst dort gelagert wurden. Eine Entsorgung der dort gelagerten Abfälle wurde vom Bw über Aufforderung der Polizisten vorgenommen, doch lässt dies keinen Rückschluss darauf zu, dass sämtliche Abfälle, nicht nur die vom Bw eingestandenen, von diesem dort gelagert worden sind. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass sich der Bw von Anfang an im Verfahren damit verantwortet hat, nur den gelben Sack und den Karton mit Abfällen gelagert zu haben, sodass bei der gegebenen Sachlage im Zweifel gemäß Art. 6 Abs. 2 EMRK davon auszugehen ist, dass die dem Bw im Spruchpunkt A) angelastete Tat nicht erwiesen ist, weshalb das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z 1 VStG einzustellen war.
6. Weil die Berufung Erfolg hatte und Spruchpunkt A) des gegenständlichen Straferkenntnisses aufgehoben wurde, entfallen auch gemäß § 66 Abs.1 VStG die diesbezüglich vorgeschriebenen Verfahrenskostenbeiträge.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Thomas Kühberger