Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165595/3/Bi/Kr

Linz, 22.02.2011

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vom 10. September 2010 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Schärding vom 14. Juni 2010, BauR96-488-1008/Itz, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

 

     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.  

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z3 und 66 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 2.Satz iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 300 Euro (5 Tagen EFS) verhängt, weil er als Mieter des Kfz mit dem deutschen Kennzeichen X trotz schriftlicher Aufforderung der BH Schärding vom 17. November 2008, BauR96-488-2008, der Behörde keine Auskunft darüber erteilt habe, wer dieses Fahrzeug am
20. September 2008 um 10.38 Uhr in der Gemeinde St. Marienkirchen bei Schärding auf der A8 Innkreis Autobahn bei km 70.050 in Fahrtrichtung Suben gelenkt hat. Er habe auch keine andere Person benannt, die diese Auskunft erteilen hätte können.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 30 Euro auferlegt.


2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungs­vor­entscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 Z1 VStG). 

 

3. Der Bw macht geltend, er habe wie schon früher mitgeteilt, das Fahrzeug an die X, weitervermietet und nur der damalige Ansprechpartner in Deutschland Herr X, oder die Firma X könnten darüber Auskunft erteilen. Er habe als Vermieter keine Möglichkeit, den Namen des Fahrers zu benennen, weil ihm weder dessen Daten noch Fahrtenschreiber-Dia­gramm­scheiben zur Verfügung stünden. Er unterhalte seit 2009 keine Geschäfts­beziehungen mehr zu dieser Firma.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraft­fahr­zeug ge­lenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger ver­wendet hat bzw zu­letzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der be­treffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Aus­kunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Aus­kunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten er­scheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall der schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeich­nun­gen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Ver­fassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunfts­verweigerung zurück.

Gemäß § 103a Abs.1 Z3 KFG 1967 hat bei Vermietung eines Fahrzeuges ohne Beistellung eines Lenkers der Mieter ua die im § 103 Abs.2 KFG angeführten Pflichten anstelle des Zulassungsbesitzers zu erfüllen.


Nach der Rechtsprechung des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes ist Tat­ort der Verwaltungsübertretung der Nichterteilung einer Lenkerauskunft der Sitz der die Aus­kunft begehrenden Behörde (vgl E 31. Jänner 1996, 93/03/0156 ua). Daraus folgt, dass derjenige, der die von einer österreichischen Behörde nach    § 103 Abs.2 KFG 1967 verlangte Auskunft nach dem Lenker eines Kraft­fahrzeuges zu einem bestimmten Zeitpunkt – oder einer Person, die den Lenker benennen kann – nicht erteilt, nach österreichischem Recht eine Ver­wal­tungsübertretung – und zwar gemäß der Bestimmung des Kraftfahrgesetzes 1967 und nicht mehr wegen des zur Lenkeranfrage geführt habenden Grund­deliktes nach dem Bundes­straßenmautgesetz – begangen hat und zu bestrafen ist, auch wenn er seinen Wohnsitz im Aus­land hat.

 

Ein Inlandsbezug ist im gegenständlichen Fall insofern gegeben, als das vom Rechtsmittelwerber vom Zulassungsbesitzer, Herrn X, gemietete Sattelzugfahrzeug X am 20. September 2008 auf österreichi­schem Bundes­gebiet verwendet wurde und diese Verwendung durch die dabei mit dem Kraftfahrzeug in Form der Nichtent­richtung der fahrleistungs­bezogenen Maut be­gangene Normverletzung Ingerenz­folgen gegenüber der österreichi­schen Rechts­ord­nung ausgelöst hat (vgl VwGH 11. Mai 1993, 90/08/0095 ua).

Nach der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Men­schen­­rechte (EGMR) zu Artikel 6 MRK ist ein derartiges Auskunftsverlangen nach Kriterien der österreichischen Rechtsordnung zulässig (EGMR 10. April 2008, Beschwerden 58452/00 und 61920/00, Lückhof und Spanner gegen Österreich).

 

Der Rechtsmittelwerber hat auf die Anfrage gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 der Erstinstanz vom 17. November 2008, zugestellt durch Hinterlegung am
18. Dezember 2008, nur insofern rea­giert, als er am 18. Dezember 2008 telefonisch mitteilte, der Lenker sei nicht mehr feststellbar bzw könne nicht mehr belangt werden. Eine Auskunft im Sinne des Ersuchens wurde somit nicht erteilt und auch keine Person benannt, die die gewünschte Auskunft erteilen hätte können. Der Rechtsmittelwerber hat im Einspruch gegen die Strafverfügung mit Schreiben vom 13. September 2009, also ein ganzes Jahr später, erstmals  mitgeteilt, er sei Hauptmieter des Fahrzeuges gewesen, habe dieses aber an die X, untervermietet und der Fahrer sei X, gewesen.

Der Rechtsmittelwerber hat zwar im Einspruch auch behauptet, er habe den Lenker der Erstinstanz bereits mit E-Mail vom 28. November 2008 mitgeteilt, jedoch ist bei der Erstinstanz eine derartige E-Mail nie eingelangt und ist dies auch vom Datum her nicht möglich, weil die Lenkeranfrage erst am
17. November 2008 von der Erstinstanz abgesandt und laut Mitteilung der Deutschen Post vom Adressaten nicht abgeholt wurde. Abgesehen davon wäre im Fall einer tat­sächlichen derartigen Auskunftserteilung kein Verwaltungsstrafverfahren gegen den Rechtsmittelwerber eingeleitet worden.

 

Damit bleibt im Ergebnis nur die Tatsache, dass eine Aus­kunftserteilung nicht gemäß den Bestimmungen des § 103 Abs.2 KFG innerhalb einer Frist  von zwei Wochen nach Zustellung des Auskunftsersuchens ergangen ist. Der Umstand, dass der Rechtsmittelwerber auf das Schreiben überhaupt reagiert hat, vermag daran nichts zu ändern, dass er durch die Nichterteilung der gewünschten Auskunft innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist von zwei Wochen in objektiver Hinsicht seiner Verpflichtung nicht nachgekommen ist, zumal das Auskunftsbegehren eine ausdrückliche Belehrung über die maßgeblichen Rechts­vorschriften enthielt.

 

Der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 liegt die Absicht des Gesetzgebers zu­grunde, sicherzustellen, dass der verantwortliche Lenker eines KFZ jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jeder­zeitige Feststellung ohne langwierige und umfangreiche Erhebun­gen zu ermöglichen (vgl VwGH v 18. November 1992, 91/03/0294 ua).

Dieser Rechtsprechung hat sich auch der Unabhängige Verwaltungssenat anzu­schlie­ßen, weil eine effektive Verkehrsüberwachung – auch ausländischer Kraftfahrzeuge – ansonsten nicht ausreichend ge­währ­leistet wäre.

 

Die Lenkeranfrage im gegenständlichen Fall stand mit den gesetzlichen Be­stimmun­gen im Einklang, war klar und eindeutig formuliert und auch der Hinweis auf die Begehung einer Verwaltungsübertretung im Fall der Nichterteilung war unmissverständlich. Allerdings ist ihm sein Verhalten nicht als Verwaltungs­übertretung zur Last zu legen, weil ihm innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist nie zur Last gelegt wurde, den Lenker bzw eine Auskunftsperson nicht "binnen zwei Wochen ab Zustellung der Aufforderung gemäß § 103 Abs.2 KFG" benannt zu haben. Nach der Zustellung der Lenkeranfrage durch Hinterlegung am
18. Dezember 2008, mit dem die zweiwöchige Frist zur Auskunftserteilung begann, endete diese am 2. Jänner 2009 und die Verfolgungsverjährungsfrist sechs Monate später am 2. Juli 2009. In der einzigen Verfolgungshandlung innerhalb dieses Zeitraumes, der Strafverfügung vom 28. Jänner 2009, war dieses Tatbestandsmerkmal nicht enthalten und kann auch nicht mehr ergänzt werden. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden; Verfahrenskostenbeiträge fallen nicht an.


 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

 

2-wöchige Frist des § 103 Abs.2 KFG nicht zur Last gelegt -> Einstellung wegen Verfolgungsverjährung

 

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