Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-231116/2/BP/Gr

Linz, 02.09.2010

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                    Zimmer, Rückfragen:

Mag. Dr. Bernhard Pree                                                                                    4A13, Tel. Kl. 15685

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Wels-Land vom 25. Juni 2010, GZ.: Sich96-8-2010, wegen einer Übertretung des Meldegesetzes, zu Recht erkannt:

 

I.               Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 250,00 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 120 Stunden und der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde auf 25,00 Euro herabgesetzt werden.

 

II.           Im Spruch des angefochtenen Bescheides wird das Wort "Hauptwohnsitz" durch das Wort "Wohnsitz" ersetzt.

 

III.    Der Berufungswerber hat keinen   Beitrag zu den Kosten des           Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I. und II: §§ 24, und 51 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991-VStG iVm. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;

zu III.: § 65f. VStG

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Wels-Land vom 25. Juni 2010, GZ.: Sich96-8-2010, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 350,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 168 Stunden) verhängt, weil er im Monat März 2009 in einer Wohnung in X mit Hauptwohnsitz Unterkunft genommen und es zumindest bis 25. Dezember 2009 unterlassen habe, sich beim Meldeamt der Marktgemeinde X polizeilich anzumelden, obwohl, wer in einer Wohnung Unterkunft nimmt, sich innerhalb von drei Tagen danach bei der Meldebehörde anzumelden habe.

 

Als verletzte Rechtsgrundlagen werden § 22 Abs. 1 Z. 1 iVm. § 3 Abs. 1 Meldegesetz BGBl. Nr. 9/1992 idgF. genannt.

 

Nach Schilderung des bisherigen Verfahrensganges und nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen geht die belangte Behörde sowohl vom Vorliegen der objektiven als auch der subjektiven Tatseite aus, wobei sie insbesondere hinsichtlich der Beweiswürdigung auf die zeugenschaftliche Einvernahme der Anzeigeleger verweist und die gegenläufigen Äußerungen des Bw als Schutzbehauptungen qualifiziert. Hinsichtlich der Strafhöhe wertet die belangte Behörde die vorsätzliche Begehungsform und eine einschlägige Vorstrafe nach dem Meldegesetz als erschwerend.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende rechtzeitige Berufung vom 30. Juni 2010.

 

Darin führt der Bw ua. aus, dass er die Wohnung in X lediglich für seine Lebensgefährtin angemietet habe, die er auch dort besucht habe, wobei er Unterkunft erst ab 22. Jänner 2010 dort genommen habe. Er sei im fraglichen Zeitraum für ein deutsches Unternehmen tätig gewesen, weshalb er sich auch zumeist in Deutschland aufgehalten habe. Die von ihm hiezu relevierten Zeugen seien von der belangten Behörde nicht einvernommen worden. Den Nachweis dafür, dass er tatsächlich im genannten Zeitraum Unterkunft in der in Rede stehenden Wohnung genommen habe, sei die belangte Behörde schuldig geblieben.

 

 

2.1. Mit Schreiben vom 19. Juli 2010 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt.

 

In mehreren Telefonaten von Seiten des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates mit dem Bw, in denen er schlussendlich angab im fraglichen Zeitraum Geschäftsführer einer, an der betreffenden Adresse in Österreich ansässigen Firma, gewesen zu sein, von wo er aus vor allem in Deutschland tätig und dort auch vielfach aufhältig gewesen sei (er habe in X bei einem Freund wohnen können und in X habe sicher nicht der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen gelegen), wurde der Bw aufgefordert entsprechende Stellungnahmen von sich und diesem Freund dem Oö. Verwaltungssenat beizubringen.

 

Bis zum Entscheidungszeitpunkt kam der Bw – entgegen anderslautender Ankündigungen – dieser Aufforderung jedoch nicht nach.

 

2.3. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs. 3 abgesehen werden, zumal eine solche vom Bw nicht beantragt worden war, im Verfahren der entscheidungswesentliche Sachverhalt klar ist, lediglich die Beurteilung von Rechtsfragen vorzunehmen war und im angefochtenen Straferkenntnis keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt worden war.

 

2.4. Bei seiner Entscheidung geht der Oö. Verwaltungssenat von folgendem relevanten Sachverhalt aus:

 

Der Bw mietete mit Wirkung März 2009 eine Wohnung in X, X, wo sich auch der Sitz seines von ihm geführten Unternehmens befand, vor allem für seine Lebensgefährtin, die dort Wohnung nahm. Er selbst war von dieser Adresse aus im nachfolgenden Zeitraum vielfach beruflich in Deutschland tätig, wo er auch die Möglichkeit hatte, bei einem Freund in X Unterkunft zu nehmen. Er gibt an, der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen habe sich in Deutschland befunden. Er sei in Österreich nicht durchgehend aufhältig gewesen.

 

Der Bw unterließ es zumindest bis 25. Dezember 2009, sich beim Meldeamt der Marktgemeinde X polizeilich anzumelden.

 

2.5. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei auch unter Berücksichtigung der vom Bw selbst geschilderten – mittels Aktenvermerk festgehaltenen - Verhältnisse.

 

2.6. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 22 Abs. 1 Z. 1 Meldegesetz, BGBl. Nr. 9/1992 in der im Tatzeitraum geltenden Fassung BGBl. I Nr. 45/2006 begeht eine  Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 2.180 Euro zu bestrafen, wer die ihn treffende Meldepflicht nach den §§ 3, 4, 5 oder 6 nicht erfüllt.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 leg.cit. ist, wer Unterkunft in einer Wohnung nimmt, innerhalb von drei Tagen danach bei der Meldebehörde anzumelden.

 

Gemäß § 1 Abs. 1 leg.cit. sind Unterkünfte Räume, die zum wohnen oder Schlafen benutzt werden.

 

Gemäß § 1 Abs. 6 leg.cit. ist ein Wohnsitz eines Menschen an einer Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, dort bis auf weiteres einen Anknüpfungspunkt von Lebensbeziehungen zu halten.

 

Ein Hauptwohnsitz eines Menschen ist nach Abs. 7 leg.cit. an jener Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen; trifft diese sachliche Voraussetzung bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen eines Menschen auf mehrere Wohnsitze zu, so hat er jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem er das überwiegende Naheverhältnis hat.

 

Für den Mittelpunkt der Lebensbeziehungen eines Menschen sind nach Abs. 8 leg.cit. insbesondere folgende Kriterien maßgeblich: Aufenthaltsdauer, Lage des Arbeitsplatzes oder der Ausbildungsstätte, Ausgangspunkt des Weges zum Arbeitsplatz oder zur Ausbildungsstätte, Wohnsitz der übrigen insbesondere der minderjährigen Familienangehörigen und der Ort, an dem sie ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen, ausgebildet werden oder die Schule oder den Kindergarten besuchen, Funktionen in öffentlichen und privaten Körperschaften.

 

3.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst unbestritten, dass es sich bei der in Rede stehenden Wohnung um eine Unterkunft im Sinne des § 1 Abs. 1 Meldegesetz handelt. Weiters ist klargestellt, dass diese Wohnung vom Bw angemietet wurde, dies nach eigenen Angaben als Unterkunft für seine Lebensgefährtin. An der nämlichen Adresse befand sich auch der Sitz der - vom Bw geführten – Unternehmung. Er selbst gibt an, beruflich regelmäßig in Deutschland gewesen zu sein und dort auch Unterkunft genommen zu haben.

 

Im angefochtenen Straferkenntnis ging die belangte Behörde davon aus, dass der Bw an der in Rede stehenden Adresse einen Hauptwohnsitz begründete, wobei das entsprechende Datum des Beginns dieses Dauerdeliktes nicht angegeben wurde bzw. werden konnte.

 

3.3. Vorerst ist festzuhalten, dass die Tatsache alleine, dass eine Person eine Wohnung anmietet per se noch keinen Nachweis dafür bildet, dass sie dort einen Wohnsitz begründen will. Die Behauptung des Bw, er habe die Wohnung für seine Lebensgefährtin angemietet, ist im Verfahren grundsätzlich unwidersprochen geblieben.

 

Im Sinne des § 1 Abs. 6 bzw. Abs. 8 Meldegesetz ist dieser Umstand allenfalls geeignet einen entsprechenden Anknüpfungspunkt anzunehmen. Wesentlich ist jedoch, dass die erweisliche oder aus den Umständen ableitbare Absicht des Bw sich an der betreffenden Wohnung niederzulassen konstitutiv für eine Wohnsitzbegründung vorliegen muss. Die Tatsache allein, dass der Bw an der Adresse angetroffen wurde, genügt hiezu nicht.

 

Allerdings spricht für die Annahme der Begründung eines Wohnsitzes durch den Bw die Zusammenschau der obgenannten Elemente. In X befanden sich an der fraglichen Adresse die von ihm geleitete Firma und seine Lebensgefährtin. Diese beiden Umstände bilden zwei wesentliche Elemente (vgl. § 1 Abs. 8 Meldegesetz) für die anzunehmende Absicht einer Person, dort bis auf weiteres einen Anknüpfungspunkt von Lebensbeziehungen zu halten. Dies würde im Sinn der Bestimmung auch wesentlich für die Annahme eines Hauptwohnsitzes sein.

 

3.4. Nachdem der Bw aber glaubhaft machen konnte, dass zumindest zum damaligen Zeitpunkt sein primäres Interesse seiner Lebensbeziehungen nicht in Österreich sondern in Deutschland, wo er sich hauptsächlich aufgehalten haben will, lag, ist im Sinne des § 1 Abs. 7 und 8 Meldegesetz das Vorliegen der Voraussetzungen zu verneinen. Nachdem aber § 3 Abs. 1 auch die bloße Begründung eines Wohnsitzes meldepflichtig normiert, war vom Vorliegen der objektiven Tatseite auszugehen, der Spruch allerdings – wie vorgenommen – zu modifizieren.

 

3.5. Das Meldegesetz sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahr­läs­siges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Es ist nun zu prüfen, ob sich der Bw entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaub­haft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Einen derartigen Schuldentlastungsbeweis hat der Bw nicht angetreten, weshalb vom Vorliegen des Verschuldens durchaus begründet auszugehen ist. Anders als die belangte Behörde stuft das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates das Verhalten des Bw als - wenn auch grob – fahrlässig ein, da er offensichtlich vermeinte einen bloßen Wohnsitz nicht anmelden zu müssen. Dabei ließ er aber jegliche gebotene Sorgfalt außer Acht, denn es hätte nur einer Erkundigung bei der Meldebehörde bedurft, um Klarheit zu schaffen.

 

Auch die subjektive Tatseite ist somit erfüllt.

 

3.6. Hinsichtlich der Strafbemessung sah sich der Oö. Verwaltungssenat veranlasst, das Strafausmaß - angesichts des nunmehr als fahrlässig angenommenen Verschuldens – zu mäßigen. Ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG kam alleine schon Mangels geringem Verschuldens nicht in Betracht.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 


 

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 65f. VStG kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Bernhard Pree

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum