Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231197/3/BP/Ga

Linz, 14.02.2011

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                    Zimmer, Rückfragen:

Bernhard Pree, Mag. Dr.                                                                                   4A13, Tel. Kl. 15685

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 10. Kammer (Vorsitzender: Mag. Christian Stierschneider, Berichter: Mag. Dr. Bernhard Pree, Beisitzer: Mag. Dr. Johannes Fischer) über die Berufung der X, vertreten durch Rechtsanwalt X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Vöcklabruck vom 1. Dezember 2010, Gz.: Sich40-25544-2007, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.      Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens I. Instanz noch zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24, 45 Abs 1 Z 2, 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 (AVG);

zu II: §§ 65, 66 Abs 1 VStG.


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Vöcklabruck vom 1. Dezember 2010, Gz.: Sich40-25544-2007, wurde die Berufungswerberin (in der Folge: Bw), eine X Staatsangehörige, für schuldig befunden, sich seit 07. Juni 2010 illegal im Bundesgebiet von Österreich aufzuhalten, da sie weder im Besitz eines weiteren gültigen Aufenthaltsvisums, noch aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), noch aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sei, sie nicht im Besitze eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sei, ihr eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz (AsylG) nicht zukomme und sie nicht Inhaberin einer Beschäftigungsbewilligung, Entsendebewilligung, einer EU-Entsendebestätigung
oder Anzeigebestätigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) sei sowie nicht aufgrund anderer bundesgesetzlicher Bestimmungen zum Aufenthalt berechtigt sei.

Trotz schriftlicher Aufforderung vom 1. Juni 2010, das Bundesgebiet der Republik Österreich freiwillig bis zum 6. Juni 2010 zu verlassen, halte sich die Bw seit
7. Juni 2010 immer noch illegal im Bundesgebiet auf.

 

Dadurch erachtete die belangte Behörde § 120 Abs 1 Z 2 iVm § 31 Fremdenpolizeigesetz (FPG) als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung über die Bw eine Geld­strafe in der Höhe von 2.500 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Wochen.

 

Nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensablaufes und der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen stellt die belangte Behörde fest, dass die Bw, eine Staatsangehörige der X, aufgrund eines Visum D, ausgestellt von der österreichischen Botschaft in Ankara, Nr. X, bis zum 29. Mai 2010 rechtmäßig im Bundesgebiet der Republik Österreich aufhältig war.

 

Die Bw habe am 31. Juli 2009 beim Magistrat der Stadt Wien einen quotenpflichtigen Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für "beschränkt" gestellt. Aufgrund des Wohnsitzwechsels sei nunmehr die belangte Behörde zur Erledigung dieses Antrags zuständig gewesen. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 18. Mai 2010, Zl.: Sich40-25544-2007, sei der quotenpflichtige Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für "beschränkt" gemäß
§ 11 Abs. 2 Z. 1 iVm. Abs. 4 NAG und gemäß § 11 Abs. 2 Z. 4 iVm. Abs. 5 NAG abgewiesen worden. Bereits in diesem Bescheid sei darauf hingewiesen worden, dass sich die Bw lediglich bis zum 29. Mai 2010 rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten würde. Gegen diesen Bescheid habe die Bw jedoch fristgerecht Berufung eingebracht und einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt.

 

Trotz Aufforderung vom 1. Juni 2010, das Bundesgebiet der Republik Österreich bis zum 6. Juni 2010 zu verlassen, habe die Bw ab 7. Juni 2010 auf ihrem – illegalen – Aufenthalt beharrt.

 

Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. September 2010, Zl. 156 249/5/III/4/10, sei der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid der Niederlassungsbehörde nicht stattgegeben worden. Der Antrag nach dem NAG sei somit rechtskräftig abgewiesen worden. Gegen diesen Bescheid habe die Bw Beschwerde an den VwGH erhoben, der mit Beschluss vom 11. November 2010, Zl. 2010/21/0268-3, die beantragte aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt habe.

 

Für die belangte Behörde stand fest, dass die Bw sich seit Ablauf ihres rechtmäßigen Aufenthalts unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und somit der Straftatbestand des § 120 Abs 1 Z 2 FPG erfüllt sei. Die Bw habe kein Recht, die Entscheidung über ihren Antrag auf eine Niederlassungsbewilligung im Inland abzuwarten.

 

Die belangte Behörde schließt ihre Ausführungen mit Erwägungen zur Strafbemessung, wobei sie das Ignorieren der Aufforderung zum Verlassen der Republik Österreich und das Beharren auf den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet als erschwerend berücksichtigte.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende rechtzeitige Berufung vom 17. Dezember 2010.

In der Berufung bekämpft die Bw das Straferkenntnis vollinhaltlich aus mehreren Gründen:

Zunächst wird geltend gemacht, dass aufgrund der – den selben Sachverhalt bzw. Tatbestand betreffenden – Entscheidung der belangten Behörde vom
28. Juni 2010, im ggst. Fall eine res iudicata vorliege, was die Nichtigkeit des angefochtenen Bescheides zur Folge haben müsse.

Weiters bringt die Bw in der Berufung die inhaltliche Rechtswidrigkeit des Straferkenntnisses bzw. des Spruches vor. So reiche es hinsichtlich der Anforderungen an den Spruch des Straferkenntnisses nicht, sich bei der Umschreibung der Tat auf den reinen Gesetzeswortlaut zu beschränken. Es würden im Spruch des angefochtenen Bescheides eindeutige und konkrete Feststellungen der Behörde zum "illegalen" Aufenthalt fehlen. Ferner ergebe sich bei der Zitierung des Gesetzeswortlautes sogar ein erheblicher Widerspruch.

Ferner bringt die Bw den Mangel der unrichtigen bzw. unvollständigen Sachverhaltsfeststellung vor. Die Feststellungen der Behörde hinsichtlich des bis zum
29. Mai 2010 gültigen Visums, des Antrags auf eine "Niederlassungsbewilligung beschränkt" sowie hinsichtlich der Aufforderung zum Verlassen des Bundesgebietes seien unvollständig. Die Behörde hätte weitere Feststellungen etwa hinsichtlich der Eheschließung, des Durchschnittseinkommens des Ehegatten, der Berufung gegen den, die Niederlassungsbewilligung abweisenden, Bescheid der belangten Behörde vom 18. Mai 2010, des Antrags auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, des Antrags auf Aufschiebung der Durchführung von fremdenpolizeilichen Maßnahmen und der Unbescholtenheit der Bw treffen müssen.

Insbesondere wird darauf hingewiesen, dass als Eventualantrag im Rahmen der Berufung (gegen den erstinstanzlichen Bescheid der belangten Behörde betreffend das NAG-Verfahren) vom 28. Mai 2010 auch ein Antrag auf Erteilung einer "humanitären Niederlassungsbewilligung beschränkt" gemäß § 44 Abs. 3 NAG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK gestellt worden sei. Mit Schreiben vom 5. Oktober 2010 habe die Behörde diesbezüglich eine Verbesserung aufgetragen. Am 20. Oktober 2010 sei der Antrag auf Erteilung einer "humanitären" Niederlassungsbewilligung gemäß § 44 Abs. 3 NAG persönlich eingebracht worden. Eine Entscheidung darüber liege bis dato nicht vor.

Die Bw habe zudem am 3. Dezember 2010 ein Kind geboren. In ihrem Herkunftsland hätte sie niemanden, der sie sofort aufnehmen und umfassend finanziell unterstützen könnte. Dies sei nur bei ihrem Ehegatten in Österreich gewährleistet. Zudem würde eine Trennung vom Ehegatten während der Schwangerschaft zu einem großen psychischen Problem geführt und das persönliche Fortkommen der Bw als auch des Neugeborenen gefährdet haben.

Nach der abweisenden Entscheidung des BMI vom 28. September 2010 über die Berufung gegen den Bescheid vom 18. Mai 2010 könne zwar der Versagungsgrund des § 11 Abs. 2 Z. 4 iVm. § 11 Abs. 5 NAG zur Abweisung des Antrages nicht mehr herangezogen werden, da aufgrund der vorgelegten Lohnbestätigungen des Gatten der Bw ein ausreichendes Einkommen bescheinigt sei.

Allerdings dürfe einem Fremden gemäß § 11 Abs. 1 Z. 5 NAG auch dann ein Aufenthaltstitel nicht erteilt werden, wenn eine Überschreitung der Dauer des erlaubten Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 NAG vorliege. Dagegen sei fristgemäß eine Beschwerde beim VwGH eingebracht worden (zu GZ.: 2010/21/0460). Nachdem aber der Bw bereits eine Aufenthaltsbewilligung beschränkt erteilt worden sei und auch die diesbezüglichen Voraussetzungen weiterhin bestanden hätten, sei die Anwendung des § 11 Abs. 1 Z. 5 NAG bei der Sachlage im vorliegenden Fall unzulässig.

Hätte die Behörde diese Feststellungen getroffen, hätte die Bw schon längst eine positive Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung erhalten.

Weiters werden wesentliche Verfahrensmängel geltend gemacht. So seien sämtliche Beweisanträge von der belangten Behörde missachtet worden. Auch sei in keinster Weise das familiäre und persönliche Umfeld der Bw berücksichtigt worden und keine eingehende Interessensabwägung durchgeführt worden. Es wäre zu prüfen gewesen, inwieweit das Recht auf Privat- und Familienleben nach Artikel 8 EMRK betroffen sei. Es liege daher ein Verstoß gegen den Grundsatz auf Durchführung eines "fairen Verfahrens" vor. Es werden weiters die Beweisanträge auf persönliche Einvernahme der Bw, ihres Ehegatten X und Herrn X zu den gesamten Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Familie gestellt.

Darüber hinaus wird unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht. Die Bw sei unter sinngemäßer Anwendung des § 24 NAG jedenfalls bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung weiterhin rechtmäßig in Österreich aufhältig. Da der Bw ein verlängerbares Visum D erteilt worden sei, handle es sich zum einen um ein quasi Verlängerungs-Verfahren. Zum anderen sei es auch widersinnig, den Aufenthalt der Bw während eines laufenden Verfahrens zu kriminalisieren. Dies ergebe sich auch daraus, dass Anträge nach dem NAG von Amts wegen zu prüfen seien. Somit wäre es im Sinne einer humanen und gerechten Vorgehensweise, zunächst die Rechtsmittelentscheidung hinsichtlich des Antrags auf eine Niederlassungsbewilligung abzuwarten. Die Bw bringt weiters vor, dass aufgrund des Assoziationsabkommens EWG/Türkei türkischen Staatsbürgern, welche bereits lange Jahre in Österreich leben und hier eine legale Beschäftigung ausüben, eine verbesserte Rechtsstellung zukomme und aufgrund der RL 68/360/EWG sowie der RL 73/148/EWG und der RL 64/221/EWG die Mitgliedstaaten dem legal in das Inland eingereisten ausländischen Ehegatten eines Gemeinschaftsbürgers/Assoziationsbürgers die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis grundsätzlich nicht versagen dürften. Auch gemäß Art 1 des 7. ZPMRK müsse einem Ausländer gestattet werden, seinen Fall prüfen zu lassen. Die sachverhaltsmäßigen und rechtlichen Voraussetzungen für eine Bestrafung nach § 120 Abs 1 Z 2 FPG würden daher nicht vorliegen. Eine Bestrafung sei auch nicht im Interesse der öffentlichen Ordnung geboten, denn durch den Aufenthalt der Bw sei keinerlei schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung zu befürchten. Weder aus general- noch aus spezialpräventiven Gründen sei eine Bestrafung geboten. Unter Berücksichtigung aller Umstände sei sogar von einem Schuldausschließungsgrund auszugehen.

Offen sei zudem noch der Antrag auf Erteilung einer "humanitären" Niederlassungsbewilligung gemäß § 44 Abs. 3 NAG.

Schließlich wird die Höhe der verhängten Geldstrafe angefochten. Die verhängte Geldstrafe von 2.500 Euro sei weitaus überhöht und unverhältnismäßig. Sie entspreche nicht den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen und sei auch weder schuld- noch tatangemessen. Die Unbescholtenheit der Bw sei nicht berücksichtigt worden. Im Besonderen wäre gemäß § 21 VStG von der Verhängung der Strafe abzusehen. Zum Beweis wird die Einvernahme der Bw und eine amtswegige Einholung einer Strafregisterauskunft begehrt.

Schließlich stellt die Bw die Anträge,

1. Die Berufungsbehörde möge eine öffentliche und mündliche Berufungsverhandlung durchführen und in Stattgebung dieses Rechtsmittels das angefochtene Straferkenntnis aufheben, und das gegenständliche Verfahren ersatzlos einstellen;

in eventu wolle das in Rede stehende Straferkenntnis aufgehoben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückverwiesen werden;

2. in eventu möge von der Verhängung einer Strafe gemäß § 21 VStG abgesehen werden;

3. in eventu möge jedenfalls die verhängte Geldstrafe entsprechend herabgesetzt werden.

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck übermittelte den Verwaltungsstrafakt, Gz.: Sich40-25544-2007, samt Berufungsschrift ohne von der Möglichkeit der Berufungsvorentscheidung Gebrauch zu machen – dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 20. Dezember 2010.

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Strafverfahrensakt und die Berufungsschrift.

Gemäß § 51e Abs 2 VStG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

Aufgrund der Tatsache, dass sich bereits aus dem Vorlageakt der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte auch von der Aufnahme der beantragten Beweise abgesehen werden.

2.3.  Aufgrund der Aktenlage ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

Die Bw ist Staatsangehörige der Türkei und reiste aufgrund eines Visum D in das Bundesgebiet der Republik Österreich ein. Das Visum, Nr. X, war bis 29. Mai 2010 gültig.

Am 31. Juli 2009 stellte die Bw – erfolgreich – beim Magistrat der Stadt Wien einen quotenfreien Erstantrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt". Der Verlängerungsantrag wurde mit Bescheid des Bezirkshauptmanns von Vöcklabruck vom 18. Mai 2010 als unbegründet abgewiesen. Dagegen hat die Bw rechtzeitig am 28. Mai 2010 das Rechtsmittel der Berufung eingebracht.

 

Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. September 2010, Zl. 156 249/5/III/4/10, wurde der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid der Niederlassungsbehörde nicht stattgegeben. Gegen diesen Bescheid erhob die Bw Beschwerde an den VwGH, der mit Beschluss vom 11. November 2010, Zl. 2010/21/0268-3, die beantragte aufschiebende Wirkung nicht zuerkannte. Eine Entscheidung über die Rechtssache selbst ist noch anhängig (VwGH 2010/21/0460).

Im Zusammenhang mit dieser Berufung vom 28. Mai 2010 stellte die Bw auch einen Antrag gemäß § 44 Abs. 3 NAG auf Erteilung einer humanitären Niederlassungsbewilligung. Dieser Antrag wurde nach Aufforderung zur Verbesserung mit 20. Oktober 2010 neuerlich konkretisiert.

Mit Schreiben vom 1. Juni 2010 wurde die Bw von der zuständigen Fremdenpolizeibehörde aufgefordert, das Bundesgebiet der Republik Österreich freiwillig bis zum 6. Juni 2010 zu verlassen. Dieser Aufforderung ist die Bw nicht nachgekommen.

Mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 17. August 2010, VwSen-231115/3/BP/Fu/Ga wurde ein Straferkenntnis der belangten Behörde vom
28. Juni 2010 - wegen einer im Grunde identen Verwaltungsübertretung - aufgehoben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Eine dagegen eingebrachte Amtsbeschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof nicht angenommen.

Mit Schreiben vom 21. Oktober 2010 brachte die Bw eine begründete Stellungnahme im vorliegenden Verfahren ein.

Daraufhin erließ der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck neuerlich am 1. Dezember 2010 das Straferkenntnis, mit dem die Bw für schuldig befunden wurde,
§ 120 Abs 1 Z 2 FPG übertreten zu haben.
Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende Berufung.

Der Ehegatte der Bw hält sich den überwiegenden Teil seines Lebens in Österreich auf und ist hier sozial und familiär integriert. Die Eheschließung erfolgte bereits am 18. Jänner 2007 in X/Türkei. Am 2. Dezember 2010 wurde ein gemeinsames Kind geboren.  

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 VStG zuständig, über Berufungen im Verwaltungsstrafverfahren zu entscheiden. Da im angefochtenen Straferkenntnis eine 2000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich gemäß § 51c VStG durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer, bestehend aus drei Mitgliedern.

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

3.1. Gemäß § 120 Abs 1 Z 2 Fremdenpolizeigesetz (FPG), BGBl. I. Nr. 100/2005 in der im Tatzeitraum geltenden Fassung BGBl. I Nr. 135/2009, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 1 000 Euro bis zu 5 000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen, zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Nach § 2 Abs 4 Z 1 FPG ist ein Fremder im Sinne des FPG, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt.

Nach § 31 Abs 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes  nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt;

5. (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)

6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

Gemäß § 44 Abs 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010, ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen (§ 44a) oder auf begründeten Antrag (§ 44b), der bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen ist, eine quotenfreie "Niederlassungsbewilligung  - beschränkt" zu erteilen, wenn kein Erteilungshindernis gemäß § 11 Abs. 1 Z. 1, 2 oder 4 vorliegt und dies gemäß § 11 Abs. 3 zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist.

Gemäß § 44b Abs. 3 NAG begründen Anträge gemäß §§ 43 Abs. 2 und 44 Abs. 3 kein Aufenthalts- oder Bleiberecht nach diesem Bundesgesetz. Ebenso stehen sie der Erlassung und Durchführung fremdenpolizeilicher Maßnahmen nicht entgegen und können daher in fremdenpolizeilichen Verfahren keine aufschiebende Wirkung entfalten. Verfahren gemäß §§ 43 Abs. 2 und 44 Abs. 3 gelten über die Fälle des § 25 Abs. 2 hinaus als eingestellt, wenn der Fremde das Bundesgebiet verlassen hat.

Gemäß § 44b Abs. 4 leg. cit. ist ein – einem bereits rechtskräftig erledigtem Antrag nachfolgender – weiterer Antrag gemäß § 43 Abs. 2 und § 44 Abs. 3 (Folgeantrag) als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 11 Abs. 3 ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

Gemäß § 11 Abs. 1 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nicht erteilt werden, wenn

1. gegen ihn ein aufrechtes Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot gemäß § 60 oder 62 FPG besteht;

2. gegen ihn ein Aufenthaltsverbot eines anderen EWR-Staates besteht;

3. ()

4. eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 und 2) vorliegt;

()

Gemäß § 11 Abs. 3 NAG kann ein Aufenthaltstitel trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z. 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z. 1 bis 6 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist. 

3.2.1. Eine – wie von der Bw behauptete – Mangelhaftigkeit des Spruchs des erstinstanzlichen Straferkenntnisses liegt nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Oberösterreich nicht vor. Im Hinblick auf die Judikatur des VwGH (vgl. etwa VwGH 24.10.2007, 2007/21/0303) wird der Spruch den Anforderungen des § 44a Z 1 VStG gerecht, da er unter Berücksichtigung bzw. Verneinung sämtlicher alternativen Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt nach dem § 31 Abs 1 FPG umschrieben wurde und die Umschreibung der relevanten Tatbestandsmerkmale in der konkreten Fassung unverwechselbar angeführt sind, wodurch der Bw durchaus eine entsprechende Rechtfertigung möglich war.

3.2.2. Insoweit ist der Berufung zu folgen, als hinsichtlich des Tatzeitraums von 7. Juni 2010 bis zur Zustellung des "ersten" Strafbescheides der belangten Behörde vom 28. Juni 2010, der vom Oö. Verwaltungssenat mit Erkenntnis vom
17. August 2010, VwSen-231115 rechtskräftig aufgehoben wurde,  tatsächlich entschiedene Sache vorliegt, weshalb eine Verwaltungsübertretung im vorliegenden Fall erst nach dem Zeitpunkt der Zustellung des erstinstanzlichen "ersten" Straferkenntnis zu erkennen wäre.

3.3.1. Bis zum 29. Mai 2010, also bis zum Ablauf der Gültigkeit des Visums, war die Bw zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Fraglich ist, ob sich der Aufenthalt der Bw seit dem 28. Juni 2010 auf eine Bestimmung des § 31 Abs 1 FPG stützen lässt.

3.3.2. Die Vorbringen der Bw in der Berufung hinsichtlich der unrichtigen bzw. unvollständigen Sachverhaltsfeststellung, der Verfahrensmängel sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung beziehen sich beinahe zur Gänze auf Sachverhalts- und Rechtsfragen, die nicht im Verwaltungsstrafverfahren sondern im Verfahren über den Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zu behandeln sind.

3.3.3. Auch die Berufung auf § 24 NAG geht ins Leere und kann kein Aufenthaltsrecht der Bw begründen, da – wie sich aus dem Sachverhalt zweifelsfrei ergibt – auch die Berufung gegen den erstinstanzlich abgewiesenen Verlängerungsantrag vom BMI am 28. September 2010 rechtskräftig abgewiesen wurde. Die Tatsache, dass die Bw den Behörden eine unzutreffende Beweisaufnahme und Sachverhaltsermittlung unterstellt, kann an der Rechtskraft der Entscheidung nichts ändern.

3.3.4. Soweit die Bw die Rechtmäßigkeit ihres Aufenthalts mit dem Beschluss
Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG/Türkei über die Entwicklung der Assoziation vom 19. September 1980 begründet, ist festzustellen, dass sich die Bw nur dann auf Art. 7 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG/Türkei stützen kann, wenn sie die Genehmigung erhalten hat, zu ihrem Ehegatten zu ziehen. Dass das der Bw erteilte Visum auf die Zusammenführung der Familie gerichtet war, ergibt sich nicht aus dem Vorlageakt.

3.3.5. Auch der (anlässlich der Berufung gegen die Verlängerung der quotenpflichtigen Niederlassungsbewilligung – beschränkt) gestellte Antrag auf eine quotenfreie, humanitäre "Niederlassungsbewilligung – beschränkt" gemäß § 44 Abs. 3 NAG vom 28. Mai bzw. 20. Oktober 2010, ist nicht geeignet der Bw ein Aufenthaltsrecht gemäß § 31 Abs. 1 zu bieten.

Die objektive Tatseite ist somit grundsätzlich erfüllt.

3.4.1. Auch unter der Annahme, dass das der Bw erteilte Visum nicht auf Familienzusammenführung iSd Art. 7 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG/Türkei gerichtet war, und die Bw tatbestandsmäßig gehandelt hat, kann der Bw im vorliegenden Fall dennoch ein schuldhaftes Verhalten nicht vorgeworfen werden:

Das FPG enthält keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die Bw initiativ alles darzulegen, was für ihre Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

Die Bw bringt diesbezüglich insbesondere die Stellung eines Antrags auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung - beschränkt gemäß § 44 Abs. 3 NAG vor.

3.4.2. Im Beschluss vom 14. September 2009, Zl. AW 2009/21/0149-5, hat der VwGH dargelegt, dass eine Abschiebung während eines anhängigen Verfahrens nach § 44 Abs 4 NAG nicht in Betracht kommt. Dabei führte der Verwaltungsgerichtshof begründend aus:

"§ 44 Abs. 4 NAG sieht die quotenfreie Erteilung einer 'Niederlassungsbewilligung – beschränkt' unter den in dieser Bestimmung genannten weiteren Bedingungen nur für solche Drittstaatsangehörige vor, die sich im Bundesgebiet aufhalten. Daraus ist zwingend abzuleiten, dass ihnen einerseits die Befugnis zur Inlandsantragstellung zukommt und dass sie andererseits – wenn ihr Antrag nicht zurückzuweisen ist – aber auch die Entscheidung über ihren Antrag im Inland abwarten dürfen, würde doch ein Verlassen  des Bundesgebietes, sei es auch in Befolgung einer Rechtspflicht, als Konsequenz stets die Abweisung eines Antrags nach § 44 Abs. 4 NAG zur Folge haben. Damit wäre indes die durch die genannte Bestimmung bezweckte Regelung für 'Altfälle' – auch wenn gemäß den Kriterien des § 11 Abs 3 NAG ein Aufenthaltstitel nicht zu erteilen wäre (siehe dazu ErläutRV 88 BlgNR 24. GP 11) – völlig 'ausgehebelt', was dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden kann. § 44b Abs. 3 NAG, wonach Anträge – u.a. – nach § 44 Abs. 4 NAG kein Aufenthalts- oder Bleiberecht nach diesem Bundesgesetz begründen und woraus sich ergibt, dass gegen Antragsteller nach dieser Bestimmung eine Ausweisung zulässig ist, kann demnach nicht in dem Sinn verstanden werden, dass ein Drittstaatsangehöriger während eines anhängigen Verfahrens nach § 44 Abs. 4 NAG zum Verlassen des Bundesgebietes verpflichtet wäre oder bei Bestehen einer Ausweisung – abgeschoben werden könnte."

In der Folge hat der VwGH im Erkenntnis vom 22. Oktober 2009, 2009/21/0293, ausgeführt, dass Anträge nach den §§ 43 Abs. 2, 44 Abs. 3 und 4 NAG den Aufenthalt im Bundesgebiet voraussetzen und daraus zwingend das Recht abzuleiten ist, die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer humanitären Niederlassungsbewilligung im Inland abzuwarten zu dürfen.

Mit der Novelle des NAG durch BGBl. I Nr. 122/2009 hat der Gesetzgeber jedoch ausdrücklich festgestellt, dass Anträge gemäß § 43 Abs. 2 und § 44 Abs. 3 NAG nicht nur kein Aufenthalts- oder Bleiberecht begründen, sondern auch der Erlassung und Durchführung fremdenpolizeilicher Maßnahmen nicht entgegen stehen und solche Anträge daher in fremdenpolizeilichen Verfahren keine aufschiebende Wirkung entfalten können. Verfahren gemäß §§ 43 Abs. 2 und 44 Abs. 3 gelten über die Fälle des § 25 Abs. 2 hinaus als eingestellt, wenn der Fremde das Bundesgebiet verlassen hat.

3.4.3. Der Bw kann ein schuldhaftes Verhalten nicht vorgeworfen werden: Es handelt sich zum Einen bei einer Verwaltungsstrafe nach dem FPG anders als etwa bei einer Abschiebung um keine fremdenpolizeiliche Maßnahme im Sinn des
§ 44b Abs. 3 NAG, weshalb diese Norm hier wohl nicht ins Treffen geführt werden kann. Im Gegenteil liegt für die Bw eine entschuldigende Notstandssituation iSd § 6 VStG mit einem unauflöslichen Interessenkonflikt vor, wenn sie einerseits zur Ausreise verpflichtet ist, eine fremdenpolizeiliche Maßnahme im Sinn des
§ 44b Abs. 3 NAG (noch) nicht durchgeführt wurde und andererseits aber im Inland bleiben muss, damit ihr Antrag auf Verleihung eines humanitären Aufenthaltsrechtes überhaupt eine positive Erledigungschance hat (vgl. VwSen-231070/WEI/Fu/Sta vom 14. Juli 2010).

3.4.4. Es ist im vorliegenden Fall nicht im Vorhinein ersichtlich, dass der Antrag der Bw gemäß § 44 Abs. 3 NAG zurückzuweisen sein wird. Die hiefür relevierten Bestimmungen des § 11 Abs. 1 Z. 1, 2 und 4 liegen allesamt nicht vor. Gegen die Bw besteht kein Aufenthaltsverbot bzw. Rückkehrverbot (vgl. Z. 1 und 2). Darüber hinaus wurde die Eheschließung bereits vor ihrer ersten Einreise bzw. Antragstellung am 18. Jänner 2007 vorgenommen.

In Anbetracht der aufrechten Ehe, der eingetretenen Elternschaft und des im Verfahren unwidersprochen gebliebenen langjährigen Aufenthalts des Gatten der Bw in Österreich scheinen die Voraussetzungen für eine positive Interessensabwägung gemäß § 11 Abs. 3 NAG im Falle des Privat- und Familienlebens der Bw wie auch ihres Gatten nicht aussichtslos.

Ferner kann auch nicht § 44b Abs. 4 ins Treffen geführt werden, da bei Stellung des Antrags am 28. Mai 2010 dieser keinen Folgeantrag darstellte, zumal die rechtskräftige Entscheidung über die Berufung gegen die Abweisung des Verlängerungsantrags gemäß § 24 NAG erst im September 2010 erfolgte und zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht rechtskräftig war.

Selbst, wenn man der Auffassung folgen würde, dass der Eventualantrag erst mit Abweisung der Berufung schlagend geworden sei, ergibt sich aus § 44b Abs. 4 NAG, dass es sich bei dem Folgeantrag um einen weiteren Antrag nach den
§§ 43 Abs. 2 bzw. 44 Abs. 3 NAG handeln muss, um die Rechtsfolge des Ausschlusses auszulösen. Im vorliegenden Fall war die Stellung des Antrags gemäß
§ 44 Abs. 3 allerdings als Erstantrag zu werten. Nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates wäre jedoch auch bei anderer Interpretation des § 44b Abs. 4 NAG jedenfalls nicht auf das Wirksamwerden des Eventualantrags bei Rechtskraft der Berufungsentscheidung, sondern auf den Zeitpunkt der Einbringung des Antrags abzustellen. Dem dürfte auch die belangte Behörde gefolgt sein, zumal sie am
5. Oktober 2010 offensichtlich einen Verbesserungsauftrag der Bw erteilte, weshalb sie – mangels anderer Verfahrensschritte der Bw – von der Zulässigkeit der ursprünglichen Antragsstellung grundsätzlich ausging.

3.4.5. Da die Bw im vorliegenden Fall ab dem 31. Juli 2009 berechtigt war, die Entscheidung über ihren Antrag auf Erteilung einer humanitären Niederlassungsbewilligung im Inland abzuwarten, kann ihr ab dem Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr der im angefochtenen Straferkenntnis zum Ausdruck kommende Vorwurf der Schuld gemacht werden.

Damit liegt für den gesamten vorgeworfenen Zeitraum kein Verschulden der Bw vor, weshalb die subjektive Tatseite als nicht erfüllt anzusehen ist.

3.5. Es war daher der Berufung stattzugeben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben. Das Strafverfahren gegen die Bw war gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Ergebnis war der Bw gemäß § 65 iVm § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich noch ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Stierschneider

 

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