Linz, 25.02.2011
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des X, vom 11. Jänner 2011 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 27. Dezember 2010, VerkR96-2436-2010-Hof, wegen Übertretungen der StVO 1960, zu Recht erkannt:
I. Der Berufung wird hinsichtlich Punkt 2) Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
Im Punkt 1) wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich Schuld- und Strafauspruch bestätigt.
II. Im Punkt 2) fallen keine Verfahrenskostenbeiträge an.
Der Rechtsmittelwerber hat im Punkt 1) zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 20 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.
Rechtsgrundlage:
zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z1 und 19 VStG
zu II.: §§ 64 und 66 VStG
Entscheidungsgründe:
Zu I.:
1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurden über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 82 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.d StVO 1960 und 2) §§ 24 Abs.3 lit.d iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von
1) 100 Euro (20 Stunden EFS) und 2) 40 Euro (8 Stunden EFS) verhängt, weil er am 9. November 2010, 7.39 Uhr bis 7.51 Uhr, in der Gemeinde X auf der X im Ortschaftsgebiet X auf Höhe Haus Nr.X,
1) den unter dem behördlichen Wechselkennzeichen X (A) zum Verkehr zugelassenen Pkw X, weiß, ohne Kennzeichen auf einer Straße abgestellt habe, obwohl er dafür keine Bewilligung von der Behörde besessen habe,
2) den Kraftwagenzug X, Wechselkennzeichen X (A), mit dem angehängten Anhängewagen X (A) auf einer Fahrbahn mit Gegenverkehr, auf der nicht mindestens zwei Fahrstreifen für den fließenden Verkehr frei geblieben seien, geparkt habe.
Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von gesamt 14 Euro auferlegt.
2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).
3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, Frau X habe gesagt, wenn das Auto ein Wechselkennzeichen habe, könne man vor dem Haus stehen.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.
Aus der Anzeige des Meldungslegers X (Ml), PI Neufelden, geht hervor, dass am 9. November 2010 zur genannten Zeit vor dem Haus X der Pkw X mit dem Anhänger X und der X ohne Kennzeichen davor so geparkt gewesen seien, dass nur mehr eine restliche Fahrbahnbreite von 4,80 m frei geblieben sei. Eine genaue Messung sei nicht möglich gewesen, weil sich gegenüberliegend eine Garagenzufahrt befinde. Dazu wird auf eine Fotobeilage verwiesen.
Aus dieser lässt sich ersehen, dass sich gegenüber des Hauses X in Richtung X gesehen nach Beginn des Ortsgebietes ein Buswartehäuschen mit einem Gehsteig davor befindet. Der Gehsteig endet an der parkplatzähnlichen Zufahrt des Hauses gegenüber X. Dort ist weder ein Gehsteig noch ein Randstein zu sehen, sondern die Fahrbahn der X weist laut Kommentar des Ml zu den Fotos Nr.3 und 4 von der gedachten Fortsetzung des Gehsteig-Randsteines bis zum Außenspiegel des X eine Breite von 4,80 m auf. Beide dem Bw zuzuordnenden Fahrzeuge waren äußerst rechts parallel zum Fahrbahnrand geparkt.
Der Ml bestätigte am 26. November 2010 bei der Erstinstanz zeugenschaftlich vernommen, durch die geringe verbleibende Fahrbahnbreite von 4,80 m sei ein Fahrstreifen blockiert gewesen. Der Bw sei nicht anwesend gewesen und habe im angegebenen Zeitraum der Beobachtung auch keine Ladetätigkeit stattgefunden.
In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Zu Punkt 1) des Straferkenntnisses:
Gemäß § 82 Abs.1 StVO 1960 ist für die Benützung von Straßen einschließlich des darüber befindlichen, für die Sicherheit des Straßenverkehrs in Betracht kommenden Luftraumes zu anderen Zwecken als zu solchen des Straßenverkehrs, zB zu gewerblichen Tätigkeiten und zur Werbung, unbeschadet sonstiger Rechtsvorschriften eine Bewilligung nach diesem Bundesgesetz erforderlich. Das gleiche gilt für Tätigkeiten, die geeignet sind, Menschenansammlungen auf der Straße herbeizuführen oder die Aufmerksamkeit der Lenker von Fahrzeugen zu beeinträchtigen. Gemäß Abs.2 dieser Bestimmung ist eine Bewilligung nach Abs.1 auch für das Aufstellen von Kraftfahrzeugen oder Anhängern ohne Kennzeichentafeln erforderlich.
Da das Wechselkennzeichen X laut Zulassung für insgesamt drei Pkw (X) ausgegeben wurde, liegt auf der Hand, dass jedenfalls zwei Pkw ohne Kennzeichen abgestellt werden müssen, wobei der Bw – laut Digitalem Oberösterreichischem RaumInformationsSystem DORIS glaubhaft – ausgeführt hat, er verfüge nicht über ausreichend Abstellflächen auf dem Grundstück, sodass er gezwungen sei, Pkw auf der X vor dem Haus abzustellen. Dabei ist grundsätzlich zu beachten, dass auf der X genügend Fahrstreifen für den fließenden Verkehr frei bleiben müssen.
Der Bw hat nie bestritten, keine Bewilligung gemäß § 23 Abs.2 StVO zu besitzen, weshalb er den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat, zumal ihm die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne es § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist. Sein Argument, die bei der Erstinstanz zuständige Mitarbeiterin habe zu ihm gesagt, er dürfe das Fahrzeug ohne Kennzeichen auf der Straße abstellen, kann sich nicht auf ein Abstellen ohne montierte Kennzeichen bezogen haben, sondern lediglich auf eine Straße mit öffentlichem Verkehr als Abstellort. Die als äußerst gewissenhaft und mit den Verkehrsbestimmungen bestens vertraut bekannte Mitarbeiterin hat dem Bw mit Sicherheit nicht eine Rechtsauskunft erteilt, die mit den Bestimmungen der StVO nicht im Einklang steht. Vielmehr ist nach dem persönlichen Eindruck des erkennenden Mitgliedes vom Bw anlässlich einer Berufungsverhandlung am 10. Februar 2011 eher anzunehmen, dass der Bw diesbezüglich Unwahrheiten behauptet. Seine Ausführungen von der falschen Rechtsauskunft sind jedenfalls unglaubwürdig.
Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis 726 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis zu zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.
Die Erstinstanz hat laut Begründung des angefochten Straferkenntnisses weder erschwerende noch mildernde Umstände gefunden und die vom Bw selbst (später allerdings widersprüchlich) angeführten finanziellen Verhältnisse zugrundegelegt.
Der Unabhängige Verwaltungssenat kann auf der Grundlage des Verfahrensaktes nicht finden, dass die Erstinstanz damit den ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Die verhängte Strafe entspricht den Bestimmungen des § 19 VStG, hält generalpräventiven Überlegungen stand und soll den Bw schon im eigenen Interesse dazu anhalten, raschestmöglich eine entsprechende Bewilligung zu beantragen, um in Zukunft derartigen auch kostenintensiven Bestrafungen zu entgehen.
Zu Punkt 2) des Straferkenntnisses:
Gemäß § 24 Abs.3 lit.d StVO ist das Parken – darunter ist gemäß § 2 Abs.1 Z28 StVO das Stehenlassen eines Fahrzeuges für länger als 10 Minuten oder die Dauer der Durchführung einer Ladetätigkeit zu verstehen – auf Fahrbahnen mit Gegenverkehr verboten, wenn nicht mindestens zwei Fahrstreifen für den fließenden Verkehr frei bleiben.
Die Breite eines Fahrstreifens bemisst sich mindestens aus der Breite eines Kraftfahrzeuges samt Seiten-Sicherheits-Abstand, dh etwa 2,50 m. Daraus ergibt sich, dass für eine Fahrbahn mit Gegenverkehr jedenfalls zumindest 5 m übrigbleiben müssen, um sein Fahrzeug dort am rechten Fahrbahnrand parken zu können, zumal ein Fahrzeug im Fließverkehr auch einen Sicherheitsabstand zum geparkten Fahrzeug von etwa 0,5 m einhalten können muss.
Aus dem Digitalen Oberösterreichischen RaumInformationSystem DORIS ist gegenüber dem Abstellort der beiden Kraftfahrzeuge mit Anhänger im DORIS eine parkplatzähnliche Erweiterung der X zu erkennen, die nach den Fotos ungehindert befahrbar ist, weil dort weder ein Randstein noch ein Gehsteig vorhanden ist. Hier die Fahrbahnbreite mit einer gedachten Linie vom weiter vorne befindlichen Gehsteig zu begrenzen, besteht kein Anlass. Vielmehr hat ein Fahrzeuglenker bei einer solchen relativ großen und breiten Fläche jederzeit die Möglichkeit, bei Gegenverkehr seine Fahrlinie entsprechend zu wählen. Dabei ist irrelevant, ob die dafür benötigte Fläche im Privateigentum steht, da es sich zweifellos bei der parkplatzähnlichen Fläche um eine Straße mit öffentlichem Verkehr handelt, die jederzeit zB im Zuge eines Ausweich- oder Umkehrmanövers von jedermann befahren werden kann.
Nach dem der Anzeige angeschlossenen Foto Nr.4 standen beide Fahrzeuge samt Anhänger auf Höhe der gegenüberliegenden Fläche, sodass die Breite wesentlich mehr als 4,80 betragen hat und auf dieser Grundlage wegen mangelnder Tatbestandsmäßigkeit spruchgemäß zu entscheiden war.
Zu II.:
Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Bissenberger
Beschlagwortung:
PKW mit Wechselkennzeichen ohne Kennzeichentafel geparkt + ohne Bewilligung -> bestätigt; 2 Fahrstreifen = ca. 5 m allerdings nicht von der gedachten Linie einer Gehsteigrandfortsetzung -> Einstellung