Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165768/2/Bi/Eg

Linz, 08.03.2011

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vom 7. Februar 2011 (Datum des Poststempels) gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Kirchdorf/Krems vom 1. Februar 2011, VerkR96-332-2011, wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis im Schuldspruch bestätigt, jedoch von der Verhängung einer Strafe abgesehen und – ohne Auferlegung von Verfahrenskosten­beiträgen – eine Ermahnung ausgesprochen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 21 Abs.1 und 64f VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 2 Abs.1 Z2 KPZ-ÜV iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 21 Euro (12 Stunden EFS) verhängt, weil er am 26. November 2010, 14.29 Uhr, im Ortsgebiet Kirchdorf, Th. Haas-Straße, Krankenhausparkplatz, den Pkw X in der Kurzparkzone abge­stellt habe, ohne dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug am Ende der höchsten zulässigen Parkzeit vom Ort der Abstellung entfernt wurde.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 2,10 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z3 VStG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, sein Sohn X sei an diesem Tag geboren worden, wobei bei seiner Lebensgefährtin aufgrund einer Schwan­ger­schafts­vergiftung um 9.00 Uhr ein akuter Notkaiserschnitt durchgeführt werden habe müssen. Bei der Operation sei es zu schweren, für seine Lebens­gefährtin lebensbedrohenden Komplikationen gekommen. Unter diesen Umstän­den sei es für ihn nicht möglich gewesen, an das Umparken seines Autos auch nur zu denken, weil er um das Leben seiner Lebensgefährtin gebangt habe.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Laut Organstrafverfügung vom 26. November 2010, 14.29 Uhr, war der in Rede stehende Pkw an diesem Tag in der Th. Haas Straße, Krankenhaus, geparkt, wobei die höchstzulässige Parkdauer von 180 Minuten überschritten war. Die Parkuhr war auf 8.00 Uhr eingestellt.

Mit Einspruch gegen die Strafverfügung der Erstinstanz vom 11. Jänner 2011 legte der Bw die Geburtsurkunde seines Sohnes X vor, der am 26. November 2010, 9.14 Uhr, im Krankenhaus Kirchdorf/Krems geboren wurde. Der Bw hat sich im Rahmen der Lenkerauskunft am 31. Jänner 2011 selbst als Lenker des Pkw bezeichnet und die Tatsache, dass der Pkw in einer Kurzparkzone länger als erlaubt abgestellt war, nicht bestritten.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 2 Abs.1 Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung hat der Lenker, wenn ein mehrspuriges Fahrzeug in einer Kurzparkzone abgestellt wird, 1. das Fahrzeug für die Dauer des Abstellens mit dem für die jeweilige Kurzparkzone entsprechenden Kurzparknachweis zu kennzeichnen und 2. dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug spätestens mit Ablauf der höchsten zulässigen Parkzeit entfernt wird.

Der Bw hat den Tatvorwurf nie bestritten und ist dieser insofern gerechtfertigt, als die ggst Kurzparkzone entsprechend verordnet und kundgemacht war.

 

Der Bw macht mit seinem Antrag auf "Verfahrensniederlegung" pauschal einen Schuldausschließungsgrund im Sinne eines Einstellungsgrundes gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG geltend, wobei aber ein solcher auch von Seiten des Unabhängigen Verwaltungssenates nicht erblickt werden kann, zumal der Notfall nicht den Bw selbst betraf und nach dem Abstellen des Pkw um 8.00 Uhr die Geburt des Sohnes bereits um 9.14 Uhr erfolgte, also zu einer Zeit, zu der die (bis 11.00 Uhr erlaubte) Parkzeit ohnehin noch lange nicht abgelaufen war.

Unter Notstand im Sinne des § 6 VStG kann nur ein Fall der Kollision von Rechten und Pflichten verstanden werden, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, dass er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht; es muss sich um eine unmittel­bar drohende Gefahr für das Leben, die Freiheit oder das Vermögen handeln (vgl VwGH 23.10.1998, 98/02/0331, uva).

 

Der Bw ist kein Arzt und war persönlich mit Sicherheit auch nicht in der Lage, seiner Lebens­gefährtin unmittelbar zu helfen, sodass Notstand nicht gegeben war; dass sonst jemand aus dem damaligen Umfeld des Bw in der Lage gewesen wäre, für ihn den Pkw zu entfernen, lässt sich dem vorgelegten Verfahrensakt nicht entnehmen. Auf dieser Grundlage war davon auszugehen, dass der Bw die kurze Zeit zum Umparken des Pkw bzw um 11.00 Uhr erübrigen hätte können.

Er hat daher den ihm im Schuldspruch zur Last gelegten Tatvorwurf erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten, zumal ihm die Glaubhaftmachung (gänzlich) mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist.

 

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde  ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten gering­fügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschul­digten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist jedoch auf der Grundlage der vorgelegten Geburtsurkunde und der Schilderung des Bw von der lebensbedrohlichen Situation seiner Lebensgefährtin durch­aus glaubhaft, dass dieses außergewöhnliche Ereignis in seinem Leben derart einschneidend war, dass er auf seinen in einer Kurzparkzone abgestellten Pkw vergessen hat. Bei einer erlaubten Parkdauer von 180 Minuten mag zunächst auch die Vorstellung bestehen, dass die verbleibende Parkzeit ohnehin noch lang ist. Angesichts der Ereignisse ist aber zum einen nachvollziehbar, dass der Bw an völlig anderes dachte als daran, wie lange er noch parken dürfe, wobei zum anderen in einem Krankenhaus erfahrungsgemäß Zeit ein relativer Faktor zu sein scheint und nur das Wohl des Patienten im Vordergrund steht. Der Fall des Bw ist dabei sicher anders zu beurteilen als der eines bloßen Kranken-Besuchers, der die Parkzeit einfach über­sieht.

Die Voraussetzungen des § 21 Abs.1 VStG sind im ggst Fall insofern gegeben, als die Nervenanspannung in einem solchen Fall wie dem geschilderten ein Vergessen auf den in der Kurzparkzone abgestellten Pkw als durchaus nachvoll­zieh­bar und das Verschulden damit gerade noch als geringfügig zu sehen erlaubt und die Übertretung insofern unbedeutende Folgen hatte, als der Bw, hätte er an die ablaufende Parkzeit gedacht, mit Sicherheit den Parkplatz nicht verlassen sondern sein Fahrzeug umgeparkt und damit erneut einen Parkplatz in Anspruch genommen hätte. An der in der Begründung des angefochtenen Straf­erkennt­nisses angesprochenen "Parkraumnot" auf dem Krankenhaus­park­platz hätte sich damit nichts geändert und die Kurzparkzone war auch nicht kostenpflichtig.

Zu bemerken ist aber, dass es sich bei der glaubhaften Schilderung der Ereignisse durch den Bw auch nicht um eine Darlegung eines "bloßen Wunsches, bei der Geburt des Sohnes dabei zu sein" – die war laut Geburtsurkunde bereits um 9.14 Uhr – handelt und sinkende Geburtsraten mit dem ggst Fall nichts zu tun haben. Allerdings geht der Unabhängige Verwaltungssenat davon aus, dass es sich beim ggst Fall um ein einmaliges Ereignis gehandelt hat.     

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß Verfahrens­kosten­beiträge nicht anfallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

Beschlagwortung:

 

Lebensgefährtin bei Geburt des Kindes des Bw in lebensbedrohlicher Situation -> Bw hat Kurzparkdauer überschritten -> Ermahnung

 

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