Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240789/3/SR/Gru/Sta

Linz, 14.03.2011

 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des x, x, vertreten durch Rechtsanwalt x, x, gegen das Straferkenntnis des Bezirks­hauptmanns von Linz-Land vom 26. Jänner 2011, GZ. SanRB96-105-2010, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz zu Recht erkannt:

I.                 Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als der Strafausspruch durch folgenden Ausspruch ersetzt wird: "Gemäß § 21 VStG wird von der Verhängung einer Strafe abgesehen. Gleichzeitig wird Ihnen unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit Ihres Handelns eine Ermahnung erteilt."

II.             Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24, 21 und 51 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG;

zu II.: §§ 65 f VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Linz-Land vom 26. Jänner 2011, GZ. SanRB96-105-2010, wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt für schuldig erkannt und bestraft:

Als verantwortlicher Beauftragter gem. § 9 VStG des Lebensmittelunternehmens Fa. x, x, haben Sie verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass diese GmbH das Produkt "Russen" (Charge: L 5499) am 15.12.2009 an die Fa. x ausgeliefert hat und somit in Verkehr gebracht hat, obwohl es nicht den Vorschriften der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 idgF. entsprach.

 

In der Probe wurde schwefelige Säure, ausgedrückt als Schwefeldioxid, in einer Menge von 15,0 +/- 2,5 mg/kg vorgefunden.

 

Gemäß § 4 Abs. 1 Zif. 7 lit. g) ist jede Zutat, die im Anhang III angeführt ist …. und im Enderzeugnis vorhanden bleibt, mit einem deutlichen Hinweis auf die Bezeichnung dieser Zutat zu deklarieren. Nach Punkt 12 des Anhang III sind Schwefeldioxid und Sulphite in Konzentrationen von mehr als 10 mg/kg zu deklarieren. Es fehlt daher die Angabe von Schwefeldioxid bzw. Sulfit in der Zutatenliste. Die Kennzeichnung der vorliegenden Probe entspricht nicht den Vorschriften der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 idgF.

 

Der Bw habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 1 Z. 7 lit. g) Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 (LMKV, BGBl. Nr. 72/1993 idF BGBl. II Nr. 165/2008) iVm § 90 Abs. 3 Zif. 2 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG, BGBl. I Nr. 13/2006 idF BGBl. I 52/2009) begangen.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Bw gemäß § 90 Abs 3 Z 2 LMSVG eine Geldstrafe von 40,-- Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Stunden, verhängt.

Nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensablaufes und der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen führte die belangte Behörde aus, dass das Gutachten der x schlüssig sei. Der Bw habe seine Verantwortung als Beauftragter der Fa. x nie bestritten. Bei den vom Bw übermittelten Prüfberichten der x sei die schwefelige Säure nicht bestimmbar gewesen. Die Überprüfung habe sich auf andere Chargen und nicht auf die der Gegenproben bezogen.

Die unterschiedlich angewendeten Prüfungsmethoden seien als vergleichbar anzusehen. Bei der Menge der nachgewiesenen schwefeligen Säure könne es sich um Spuren aus einer Kreuzkontamination handeln oder um Spuren, die durch ein Carry Over aus den Zutaten stamme. Der Tatvorwurf hätte durch die Gegenproben von anderen Chargen nicht entkräftet werden können. Eigenkontrollen vor dem Tatzeitpunkt habe der Bw nicht belegt.

Die übertreten Norm bezwecke die Information der Konsumenten über die in einem Enderzeugnis enthaltenen Zutaten.

§ 21 VStG sei mangels geringfügigem Verschulden nicht in Betracht gekommen. Bei der Strafbemessung sei auf § 19 VStG Bedacht genommen worden. Mildernd sei die Unbescholtenheit gewertet worden. Weitere Milderungs- oder Erschwerungsgründe seien nicht hervorgekommen.

 

2. Gegen dieses dem Rechtsvertreter des Bw am 1. Februar 2011 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 14. Februar 2011 per Fax  – und damit rechtzeitig – bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung.

In der Begründung führte der Rechtsvertreter im Wesentlichen aus, dass er bereits im Verfahren vorgebracht habe, dass die Herstellung des beanstandeten Produkts in mehreren Arbeitsschritten erfolge, wobei ein Glas aus mehreren marinierten Heringen sowie marinierten Zwiebeln bestehe. Beim Marinieren der Zwiebel werde in geringer Menge Kaliumdisulfit (E224) zugesetzt. Es handle sich dabei um einen Konservierungsstoff, welcher gegen Pilze, Hefe und Bakterien wirke, da Enzyme blockiert würden. Durch den Zusatz dieses Stoffes werde eine unerwünschte Braunfärbung verhindert. Da dieser Zusatzstoff nur in sehr geringen Mengen in der ersten Stufe der Verarbeitung eingesetzt werde, sei er in der Folge nicht mehr nachweisbar bzw. bestimmbar. Daher könne der Zusatzstoff auch nicht deklariert werden. Die vorgelegten Untersuchungsergebnisse hätten belegt, dass bei keiner einzigen Probe der Zusatzstoff nachweisbar gewesen sei. Weiters habe der Bw auf seine zahlreichen und umfangreichen Untersuchungen auch im Jahre 2009 hingewiesen. Er habe daher davon ausgehen können, dass die in Verkehr gebrachten Lebensmittel richtig und entsprechend gekennzeichnet sind. Die gegenständliche Rezeptur werde seit 30 Jahren angewendet und es habe bis dato keine Beanstandungen gegeben.

Trotz des konkreten Vorbringens und der Beibringung der entsprechenden Beweise sei die belangte Behörde davon ausgegangen, dass der Bw die Durchführung ausreichender Eigenkontrollen für den Zeitraum vor der Kontrolle nicht hinreichend belegt habe. Diese Ausführungen seien aktenwidrig und würden gegen das Überraschungsverbot verstoßen, da der Bw zum Beweis für die Kontrollen im Jahr 2009 seine Einvernahme angeboten und gefordert habe. Warum die belangte Behörde die Beweisaufnahme unterlassen habe, sei nicht nachvollziehbar.

Zur Unterlassung der Untersuchung der Gegenprobe brachte der Rechtsvertreter vor, dass das Produkt bereits am 16. März 2010 abgelaufen war und es keinen Sinn gemacht hätte, ein abgelaufenes Produkt aufzuheben und zu überprüfen, da es bereits überlagert und ungenießbar geworden sei. Die Gegenprobe hätte daher kein brauchbares, zur Entlastung des Bw dienendes Ergebnis geliefert. Nach Abführung sämtlicher relevanter Beweise hätte die belangte Behörde feststellen müssen, dass die Produktion der gegenständlichen Lebensmittel einer strengen Kontrolle unterzogen werde und dem Bw keine Schuld treffe, bzw. ihm keinerlei Fahrlässigkeit zum Vorwurf gemacht werden könne.

Die sechs der belangten Behörde vorgelegten Untersuchungsergebnisse aus dem Jahr 2010 zeigten, dass keine schwefelige Säure nachgewiesen werden konnte. Diese Kontrollen würden den Rückschluss zulassen, dass der Bw zu jeder Zeit davon ausgehen habe können, dass im gegenständlichen Lebensmittel derartige schwefelige Säuren nicht enthalten sind und daher richtig deklariert worden sei. Da auch in den Jahren vor der Überprüfung entsprechende Kontrollen durchgeführt worden seien, könne dem Bw keinerlei Vorwurf gemacht werden. Der Bw habe auch nicht fahrlässig gehandelt.

Sollte von der Strafbarkeit des Bw ausgegangen werden, sei jedenfalls die Anwendung des § 21 VStG geboten. Die Begründung der belangten Behörde, warum § 21 VStG nicht zur Anwendung kommen könne, stelle eine reine Formalbegründung dar.

Sollte nicht von einer Straflosigkeit ausgegangen werden, liege lediglich leichte Fahrlässigkeit vor und gehe die Behörde davon aus, dass der Bw von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abgehalten werden müsse, wäre eine Ermahnung auszusprechen. Im Hinblick auf das Verschulden des Bw könne nicht davon ausgegangen werden, dass es einer Spezialprävention bedürfe.

Abschließend beantragt der Bw die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat den Verwaltungsstrafakt, GZ. SanRB96-105-2010 samt Berufungsschrift vorgelegt.

3.1. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

3.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Vorlageakt; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

3.3. Aufgrund der Aktenlage steht folgender Sachverhalt fest:

Am 30. Dezember 2009 nahm ein Organ der niederösterreichischen Lebensmittelkontrolle, Außenstelle St. Pölten, bei der x, x, x, eine Probenziehung (Russen, Heringe Firma x, Charge L 5499, Mindesthaltbarkeit: 16.03.2010) gemäß § 36 LMSVG vor. Eine augenscheinlich gleiche Wareneinheit wurde dem anwesenden Geschäftsleiter x ausgefolgt.

Das Institut für Lebensmitteluntersuchung Wien (x) hat die Proben (Probenummer 0-001) in der Zeit 30.12.2009 bis 10.02.2010 untersucht und im anschließenden Gutachten ausgeführt, dass in der Probe schwefelige Säure, ausgedrückt als Schwefeldioxid, in einer Menge von 15,0 +/- 2,5 mg/kg vorgefunden worden sei. Gemäß § 4 Abs. 1 Z 7 lit. g sei jede Zutat, die im Anhang III angeführt ist und im Enderzeugnis verbleibe, mit einem deutlichen Hinweis auf die Bezeichnung dieser Zutat zu deklarieren. Nach Punkt 12 des Anhanges III seien Schwefeldioxid und Sulfite in Konzentrationen von mehr als 10 mg/kg oder 10 mg/l zu deklarieren. Es fehle daher die Angabe von Schwefeldioxid bzw. Sulfit in der Zutatenliste. Die Kennzeichnung entspreche daher nicht der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung.

Am 1. März 2010 übermittelte die x dem Amt der Niederösterreichischen Landesregierung, Abteilung Lebensmittelkontrolle, das vorliegende Gutachten.

Mit Schreiben vom 29. März 2010 wurde das "Anzeigengutachten" der Bezirkshauptmannschaft Tulln weitergeleitet und die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens gegen den Verantwortlichen der Firma x, x, beantragt.

Über Ersuchen der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 30. März 2010 teilte die x den Bw als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen mit.

Gegen die Strafverfügung vom 27. April 2010, TUS2-S-101996, zugestellt am 3. Mai 2010, erhob der Bw durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter innerhalb offener Frist Einspruch. Begründend führte der Bw aus, dass er die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen, jedenfalls in subjektiver Hinsicht nicht zu verantworten habe. Es liege kein verfahrensrelevanter Verstoß gegen eine Deklarierungsverordnung vor. Ein allfälliger Verstoß sei nur geringfügiger Natur und die Behörde hätte im Hinblick auf seine Unbescholtenheit keineswegs mit einer Bestrafung vorgehen dürfen. Um weitere Beweismittel geltend machen zu können, ersuchte der Bw um Übermittlung einer Aktenkopie.

Nach Gewährung der Akteneinsicht erstattete der Rechtsvertreter des Bw eine Stellungnahme. Im Wesentlichen führte er darin aus, dass die vorgefundene schwefelige Säure nur auf das verwendete Kaliumdisulfit zurückzuführen sei. Der Zusatzstoff werde in geringen Mengen und nur in der ersten Verarbeitungsstufe eingesetzt. Dies führe dazu, dass das Schwefeldioxid nicht nachweisbar bzw. nicht bestimmbar sei. Da der Zusatzstoff entsprechend den Untersuchungsergebnissen des Herstellers nicht vorhanden sei, dürfe er auch nicht deklariert werden. Zu Beweiszwecken würden Prüfberichte vom 11. und 27. Mai 2010 vorgelegt.

Die x hat augenscheinlich gleiche Wareneinheiten, jedoch aus anderen Chargen, geprüft (Auftragsnummer 1004, Probenummer 100-001, Charge L 3110, Untersuchungszeitraum 21.5 bis 27.45.2010, Mindesthaltbarkeit: 11.08.2010; Auftragsnummer 1003, Probenummer 100-001, Charge L 4140, Untersuchungszeitraum 21.5 bis 27.45.2010, Mindesthaltbarkeit: 10.07.2010) und bei beiden Proben war schwefelige Säure nicht bestimmbar.

Am 30. September 2010 hat die Bezirkshauptmannschaft Tulln das Verfahren gemäß § 27 VStG an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land abgetreten und dies mit dem Sitz des Unternehmens begründet.

In der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 29. November 2010 hielt die belangte Behörde dem Bw die auch im Straferkenntnis zum Ausdruck kommende Verwaltungsübertretung vor.

Über Ersuchen der belangten Behörde teilte die x am 30. November 2010 mit, dass beide Untersuchungsmethoden geeignet und als vergleichbar anzusehen sind. Der Gehalt an schwefeliger Säure stamme entweder aus einer Kreuzkontamination oder durch ein Carry Over aus den Zutaten.

In der Stellungnahme vom 13. Dezember 2010 teilte der Bw mit, dass er umfangreiche Untersuchungen veranlasst habe und bei keiner einzigen Probe schwefelige Säure nachweisbar gewesen sei. Diese umfangreiche, stichprobenartige Untersuchung werde dauernd vorgenommen und im Hinblick auf die Ergebnisse könne schwefelige Säure als Zusatzstoff nicht deklariert werden. Diese Kontrollen hätten auch im Jahr 2009 stattgefunden und hätten keine anderen Ergebnisse erbracht. Eine durchgehende Kontrolle eines jeden einzelnen Produktes könne vom Bw nicht verlangt werden, würden die an ihn gestellten Anforderungen massiv überdehnen und wären nicht zumutbar. Die Rezeptur werde seit über 30 Jahren angewendet und es habe bisher keinerlei Beanstandung gegeben. Der Stellungnahme wurden sechs Prüfbefunde der x beigelegt. In jeder untersuchten Charge war schwefelige Säure nicht bestimmbar.

Ohne weitere Ermittlungen hat die belangte Behörde das angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. § 90 Abs. 3 Z. 2 LMSVG lautet:

Wer den Bestimmungen einer auf Grund der §§ 6, 7 Abs. 1, 9 Abs. 2, 10 Abs. 7 oder 8, 11, 12, 13, 14, 19, 20, 34, 47 Abs. 2 oder 57 Abs. 1 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 20 000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 40 000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

 

§ 71 Abs. 3 LMSVG lautet:

Im Verwaltungsstrafverfahren ist im Straferkenntnis der zum Kostenersatz verpflichteten Partei der Ersatz der Kosten an die Agentur oder an die jeweilige Untersuchungsanstalt der Länder vorzuschreiben.

 

Die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung (LMKV) wurde aufgrund der §§ 7 Abs. 1, 10 Abs. 1 und 19 Abs. 1 des Lebensmittelgesetzes erlassen. Die Fortgeltung der LMKV ergibt sich aus § 98 Abs. 1 LMSVG.

 

§ 4 Abs. 1 Z. 7 lit. g LMKV lautet:

Verpackte Waren sind wie folgt zu kennzeichnen, sofern die §§ 5 bis 7 nichts anderes bestimmen:

die Zutaten (Bestandteile und Zusatzstoffe)

ungeachtet der Bestimmungen der lit. b, c, d und e ist jede Zutat, die in Anhang III angeführt ist oder die aus einer Zutat nach Anhang III gewonnen und dort nicht ausgenommen wurde, und die - wenn auch möglicherweise in veränderter Form – im Enderzeugnis vorhanden bleibt, mit einem deutlichen Hinweis auf die Bezeichnung dieser Zutat zu deklarieren. Diese Angabe ist jedoch nicht erforderlich, wenn die Sachbezeichnung einen deutlichen Hinweis auf die betreffende Zutat enthält. Ungeachtet der Bestimmungen des lit. f wird jeder Stoff, der aus einer in Anhang III genannten Zutat gewonnen und dort nicht ausgenommen wurde, und der – wenn auch möglicherweise in veränderter Form – im Enderzeugnis vorhanden bleibt, als Zutat betrachtet und ist mit einem deutlichen Hinweis auf die Bezeichnung dieser Zutat, aus der er gewonnen wurde, zu deklarieren.

 

LMKV Anhang III Z. 12:

Schwefeldioxid und Sulphite in Konzentrationen von mehr als 10 mg/kg oder 10 mg/l, ausgedrückt als SO2.

 

4.2. Fest steht, dass das bezeichnete Produkt bei der Inverkehrbringung nicht der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung entsprochen hat, da im Enderzeugnis "Russen", Charge L 5499, schwefelige Säure in einer Menge von 15,00 +/- 2,5 mg/kg enthalten war und diese Zutat auf der Zutatenliste zu deklarieren gewesen wäre.

 

Im Hinblick darauf, dass der Bw lediglich Enderzeugnisse anderer Chargen und nicht die bei der Kontrolle ausgefolgte Gegenprobe untersuchen hat lassen, ist dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten der x vom 1. März 2010 zu folgen und von einem tatbestandsmäßigen Handeln des Bw auszugehen. Die vorgelegten, andere Chargen betreffende Gutachten bestätigen zwar das Vorbringen des Bw, wonach die schwefelige Säure in diesen Endprodukten nicht bestimmbar war, jedoch lassen diese Ergebnisse nicht zwingend den Schluss zu, dass die schwefelige Säure in keinem Endprodukt bestimmbar ist und somit auch nicht in den Endprodukten der Charge L 5499 bestimmbar war. Mangels entsprechender Untersuchungen konnte der Bw dem Gutachten der x vom 1. März 2010 nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegentreten. Den Ausführungen, mit denen der Bw die Untersuchung der (im Zuge der Kontrolle ausgefolgten) Gegenprobe als unbrauchbar darzustellen versucht, konnte alleine schon deshalb nicht gefolgt werden, da eine Lebensmitteluntersuchung auf Zusatzstoffe in der Regel unmittelbar nach der Ausfolgung der Gegenprobe und nicht nach Ablauf der Mindesthaltbarkeitsdauer vorzunehmen ist.

 

Der Bw hat sich somit tatbestandsmäßig verhalten. Rechtfertigungsgründe wurden weder behauptet noch sind welche im Verfahren hervorgekommen.

 

4.3. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus (VwGH 24.5.1989, 89/02/0017, 24.2.1993, 92/03/0011, 20.9.2000, 2000/03/0181; siehe auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, 2003, Seite 1217).

 

Einerseits hat der Bw darauf hingewiesen, dass die gegenständige Rezeptur seit über 30 Jahren angewendet werde, es bis dato keine Beanstandungen gegeben habe, er andererseits dauernd umfangreiche stichprobenartige Untersuchungen vornehme, die zu keiner Zeit eine Grenzwertüberschreitung ergeben hätte und daher habe er zu Recht die Zutat (schwefelige Säure) nicht auf der Zutatenliste angeführt.

 

Der Bw hat ausschließlich Gutachten vorgelegt, die nach der vorliegenden Lebensmittelkontrolle in Auftrag gegeben worden sind. Diese bestätigen die Aussagen des Bw. Dass es auch vor der Lebensmittelkontrolle am 30. Dezember 2009 stichprobenartige Kontrollen und Untersuchungen (durch die x) gegeben hat, wurde zwar vom Bw behauptet aber nicht belegt. Selbst wenn diese stattgefunden und ein vergleichbares Ergebnis wie die Gutachten des Jahres 2010 erbracht hätten, wäre der Bw im vorliegenden Fall gehalten gewesen, entsprechende Maßnahmen zu treffen und Kontrollsysteme einzurichten, die eine Grenzwertüberschreitung verhindern bzw. im Fall einer solchen die Aufnahme der Zutat schwefelige Säure in der Zutatenliste vorsehen.

 

Abstellend auf den Produktionsprozess hat der Verordnungsgeber für den Fall, dass der Gehalt an schwefeliger Säure 10 mg/kg überschreitet, eine Deklarationspflicht vorgesehen. Daraus ist zu ersehen, dass er davon ausgegangen ist, dass es bei verschiedenen Produktionsschritten des Einsatzes von schwefeliger Säure bedarf und diese möglicherweise im unterschwelligen Bereich im Endprodukt erhalten bleibt. Sollte es, bedingt durch Kreuzkontamination oder durch ein Carry Over aus Zutaten, zu einer Überschreitung des angegebenen Wertes kommen, ist die schwefelige Säure als Zutat auf der Zutatenliste anzugeben. Im Zuge der Eigenkontrolle ist der Bw gefordert, sicherzustellen, dass im Falle der Überschreitung des "Grenzwertes" (10 mg/kg) eine entsprechende Kennzeichnung vorgenommen wird.

 

Mangels zumutbarer organisatorischer Maßnahmen und dem Fehlen eines effizienten Kontrollsystems kann der Bw mangelndes Verschulden nicht glaubhaft machen. 

 

Der Bw hat daher tatbestandsmäßig, rechtswidrig und schuldhaft gehandelt.

 

4.2.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milde­rungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestim­mungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

Da weder dem Vorlageakt noch dem angefochtenen Straferkenntnis Erschwerungsgründe entnommen werden können, ist von einer absoluten Unbescholtenheit in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht auszugehen.

 

Hinsichtlich der verhängten Strafe ist der Bw darauf hinzuweisen, dass deren höhenmäßige Festsetzung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die sie unter Bedachtnahme auf die objektiven und subjektiven Strafbemessungskriterien des § 19 VStG vorzunehmen hat. Die festgesetzte Strafe ist im untersten Bereich des Strafrahmens angesiedelt und beträgt 0,20% der Höchststrafe. Aus Gründen der Generalprävention bedürfte es einer Bestrafung, um Übertretungen in vergleichbaren Fällen hintanzuhalten.

 

Im gegenständlichen Fall sind die Umstände jedoch so gelagert, dass es keiner Bestrafung bedarf, um den Bw zur Einsicht und zur zukünftigen Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu bringen.

 

Der Bw hat laut eigenen Angaben kein umfassendes Kontrollsystem eingerichtet. Die im Akt befindlichen Untersuchungsberichte zeigen aber auf, dass das umsichtige und sorgfältige Verhalten des Bw bis dato zu einer Beanstandung keinen Anlass gegeben hat. So gesehen scheint auch das ihm zurechenbare Fehlverhalten einmalig gewesen sein. Auch wenn die Tatbestandsmäßigkeit unbestritten vorliegt, ist im vorliegenden Fall von einem besonders geringen Verschulden auszugehen. Von einem solchen dürfte auch die belangte Behörde ausgegangen sein, da sie die Strafe nur mit 0,20% der möglichen Höchststrafe bemessen hat.

 

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Schuld nur dann geringfügig, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Im Gegensatz zum grundsätzlich typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt der übertretenen Normen bleibt die Schuld hier erheblich zurück.

 

Durch das Verhalten des Bw und dem Umstand, dass die Tat dem Grunde nach folgenlos geblieben ist, bedurfte es aus Gründen der Spezialprävention keiner Geldstrafe und konnte mit einer Ermahnung unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens das Auslangen gefunden werden. Es bestand daher ein Rechtsanspruch auf die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG und der unabhängige Verwaltungssenat hatte von der Verhängung einer Strafe abzusehen und die Ermahnung auszusprechen. 

 

5.1. Bei diesem Ergebnis waren dem Bw gemäß § 65 VStG keine Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen. Die Kosten des Verfahrens vor der Behörde erster Instanz haben gemäß § 66 VStG zu entfallen (Spruchpunkt II).

 

5.2. Im Hinblick auf § 71 Abs. 3 LMSVG war dem Bw auch nicht der Ersatz der Kosten der AGES vorzuschreiben. 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Stierschneider

 

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