Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165575/17/Ki/Kr

Linz, 14.03.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des X, vom 29. November 2010 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 4. November 2010, VerkR96-19173-2010, wegen einer Übertretung des FSG nach Durchführung von mündlichen Berufungsverhandlungen am 13. Jänner 2011 bzw. 3. Februar 2011 zu Recht erkannt:

 

 

 

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

II.              Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24, 45 Abs.1 Z.1 und 51 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG

zu II.: § 66 Abs.1 VStG

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis vom 4. November 2010, VerkR96-19173-2010, hat die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 14.08.2010 um 04:10 Uhr das Kraftfahrzeug, Marke Renault Espace, blau, mit dem Kennzeichen X in einem durch Alkohol beeinträchtigtem Zustand von 0,33 mg/l Atemluftalkoholgehalt im Gemeindegebiet von
St. Georgen i.A. auf der L 540 Attergauer Landesstraße bis km 10,35 gelenkt. Er habe dadurch § 14 Abs. 8 FSG i.V.m. § 37a FSG verletzt. Gemäß § 37a FSG wurde eine Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe verhängt. Außerdem wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis erhob Herr X am 29. November 2010 Berufung, aus welcher inhaltlich im Wesentlichen abzuleiten ist, dass die der Bestrafung zu Grunde liegende Amtshandlung nicht korrekt verlaufen sei.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 30. November 2010 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Weiters wurden zunächst zwei mündliche Berufungsverhandlungen, nämlich am 13. Jänner 2011 und am 3. Februar 2011, durchgeführt, bei der Verhandlung am 13. Jänner 2011 nahmen der Berufungswerber und ein Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck teil, bei der Verhandlung am 3. Februar 2011 ist der Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck nicht mehr erschienen.

 

Bei beiden Verhandlungen war der Meldungsleger, X, anwesend, am 3. Februar 2011 wurde darüber hinaus einem Antrag des Berufungswerbers entsprechend, Herr X, als Zeuge einvernommen.

 

In weiterer Folge hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in Anbetracht des bei den Verhandlungen hervorgekommenen Beweisergebnisses einen verkehrstechnischen Amtssachverständigen um gutächtliche Beurteilung ersucht, ob trotz Nichteinhaltung der Wartefrist von einem gültigen Messergebnis ausgegangen werden könnte.

 

Mit Schreiben vom 5. März 2011, Verk-210002/355-LJ, hat ein verkehrstechnischer Amtssachverständiger des Amtes der Oö. Landesregierung ein von ihm erstelltes Gutachten vorgelegt.

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt bzw. als Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlungen ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige der Polizeiinspektion St. Georgen im Attergau vom 14. August 2010 zu Grunde. Danach soll der Berufungswerber am 14. August 2010 um 04:10 Uhr ein KFZ mit einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,33 mg/l gelenkt haben. Auf Grund eines Alkovortest habe der Verdacht der Beeinträchtigung durch Alkohol bestanden, bei einem nachfolgenden Alkomattest sei ein Wert von 0,33 mg/l gemessen worden. Als durchführender Beamter wurde X bezeichnet.

 

Bei seiner Einvernahme im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung am 13. Jänner 2011 erklärte der Berufungswerber, dass er vor der Fahrt keinen Alkohol konsumiert hätte. Er könne sich nicht erklären, wie das Ergebnis zustande gekommen sei.

 

Der Meldungsleger erklärte bei dieser Verhandlung, dass die konkrete Ausführung des Tests durch eine Polizeischülerin vorgenommen wurde, er selbst sei jedoch immer anwesend gewesen und habe die Kollegin überwacht. Es habe sich um eine ganz normale Routinekontrolle im Rahmen der Verkehrsüberwachung gehandelt. Er sei der Auffassung, dass 15 Minuten Wartezeit mindestens eingehalten worden wären.

 

Dem widersprach der Berufungswerber. Er habe sich um ca. 04.10 Uhr in Schmiedham befunden, um einen Freund abzuholen. Dieser Freund könne diese Angabe zeugenschaftlich bestätigen und er sei daher frühestens um ca. 04.25 Uhr beim Ort der Verkehrskontrolle eingetroffen, es könnte auch schon 04.22 Uhr gewesen sein. Jedenfalls ergäbe sich anhand dieser Fakten, dass die 15-minütige Wartezeit zur Durchführung des Alkotests, welcher nach Bedienungsanleitung vorgeschrieben sei, nicht eingehalten worden sein kann.

 

Bei einer weiteren Verhandlung am 3. Februar 2011 bestätigte der vom Berufungswerber namhaft gemachte Zeuge – nach ausführlicher Belehrung durch den Verhandlungsleiter – die Angaben des Berufungswerbers. Seinen Angaben ist zu entnehmen, dass die Nachfahrt in Schmiedham frühestens um 04.13 Uhr war bzw. dass ausgehend von einer Fahrzeit von ca. 7 Minuten, ein Ankommen beim Ort der Amtshandlung frühestens um 04.20 Uhr möglich gewesen sei. Der Alkotest erfolgte um 04.30 Uhr bzw. 04.31 Uhr, sodass eine 15-minütige Wartefrist im Ausmaß von ca. 5 Minuten unterschritten wurde.

 

Die vorliegenden Aktenunterlagen samt der zugehörigen Verhandlungsniederschriften wurden dem verkehrstechnischen Amtssachverständigen zur Verfügung gestellt. Der kam abschließend in seinem oben zitierten Gutachten zur Feststellung, dass hinsichtlich Einhaltung und der laut Verwendungsvorschrift einzuhaltenden 15-minütigen Wartefrist es im Akt unterschiedliche Angaben gäbe. Ein Messergebnis ist grundsätzlich nur dann als sicher anzusehen, wenn der vorgegebene Beobachtungszeitraum eingehalten wird. Ein in einer kürzen Zeit ermittelter Atemalkoholgehalt weicht zwar nicht wesentlich bzw. nicht vom gültigen Wert ab, das Ausmaß der Abweichung kann jedoch nicht beziffert werden.

 

2.6. In freier Beweiswürdigung erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass es dem Berufungswerber gelungen ist, nachzuweisen, dass die 15-minütige Wartefrist und damit auch die Bedienungsanleitung für das Atemluftalkoholmessgerät nicht eingehalten wurde. Die diesbezügliche Angabe des Zeugen X ist glaubwürdig, entspricht den Erfahrungen des Lebens und ist daher nicht zu widerlegen. Der Meldungsleger war zwar bei der Amtshandlung anwesend, entgegen den Angaben in der Anzeige hat jedoch nicht er den Alkotest durchgeführt, sondern eine Kollegin (Polizeischülerin).

 

Es ist daher davon auszugehen, dass die Anhaltung des Berufungswerbers frühestens um 04.20 Uhr erfolgt ist, woraus resultiert, dass die vorgesehene Zeitspanne von 15 Minuten nicht eingehalten worden ist.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

3.1. Gemäß § 14 Abs.8 FSG darf ein Kraftfahrzeug nur in Betrieb genommen oder gelenkt werden, wenn beim Lenker der Alkoholgehalt des Blutes weniger als 0,5 g/l (0,5 Promille) oder der Alkoholgehalt der Atemluft weniger als (0,25 mg/l) beträgt. Bestimmungen, die für den betreffenden Lenker geringere Alkoholgrenzwerte festsetzen, bleiben unberührt.

 

Dem Berufungswerber wird zur Last gelegt, er habe das tatgegenständliche Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigtem Zustand von 0,33 mg/l Atemluftalkoholgehalt um 04:10 Uhr des 14. August 2010 gelenkt.

 

Die Prüfung der Atemluft erfolgte mit dem geeichten Alkomaten der Marke
Dräger, 7110 MKIII A, mit der Serien Nr. ARLM-0122. Die erste gültige Messung wurde um 04:30 Uhr, die zweite gültige Messung um 04:31 Uhr durchgeführt.

 

Laut Bedienungsanleitung für das gegenständliche Messgerät darf eine Messung erst durchgeführt werden, wenn sicher gestellt ist, dass die Testperson in einer Zeitspanne von mindestens 15 Minuten keine Flüssigkeiten, Nahrungsmittel und – oder Genussmittel, Medikamente oder dergleichen (zB. Mundspray) zu sich genommen hat, auch nach dem Rauchen, dem Aufstoßen von Flüssigkeiten oder Erbrechen ist eine Wartezeit von 15 Minuten einzuhalten.

 

Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass diese in der Bedienungsanleitung vorgeschriebene Wartefrist nicht eingehalten wurde. Laut ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH v. 27.01.1995, Zl. 95/02/0007) darf eine Atemluftalkoholuntersuchung grundsätzlich erst 15 Minuten nach dem letzten Alkoholkonsum vorgenommen werden. Zwar akzeptiert der Verwaltungsgerichtshof auch eine geringere Wartezeit, dies jedoch nur dann, wenn aus fachlichen Gründen angenommen werden kann, dass dennoch ein gültiges Messergebnis zustande gekommen ist. Diesbezüglich ist jedenfalls die Beurteilung durch einen Sachverständigen erforderlich.

 

Im vorliegenden Falle hat der verkehrstechnische Amtssachverständige nach ausführlicher Befundaufnahme und Gutachtensbegründung jedoch resümierend festgestellt, dass ein Messergebnis grundsätzlich nur dann als sicher anzusehen ist, wenn der vorgegebene Beobachtungszeitraum eingehalten wird. Ein in einer kürzen Zeit ermittelter Atemluftalkoholgehalt weicht zwar nicht wesentlich bzw. nicht von einem gültigen Wert ab, ausdrücklich hat er jedoch festgestellt, dass das Ausmaß der Abweichung nicht beziffert werden kann.

 

Er hat somit keine fachlichen Gründe, auch unter Berücksichtigung der vom Berufungswerber vorgenommenen Einnahme des Mundsprays, vorgebracht, welche mit Bestimmtheit die Annahme einer richtigen Messung trotz Nichteinhaltung der Wartefrist rechtfertigen würde. Demnach ist davon auszugehen, dass die dem Berufungswerber zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht in einer zur Bestrafung führenden Sicherheit (Grundsatz in dubio pro reo) nachgewiesen werden kann.


 

3.2. Gemäß § 45 Abs.1 Z.1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Nachdem, wie unter Punkt 3.1. dargelegt wurde, dem Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht nachgewiesen werden kann, war der Berufung unter gleichzeitiger Behebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens Folge zu geben.

 

4. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Alfred Kisch

 

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