Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281274/17/Kl/Pe

Linz, 17.03.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. x, x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 30.8.2010, Ge96-37-2010, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Bauarbeitenkoordinationsgesetz (BauKG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 26.1.2011 zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird nicht stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass

-         der Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan mit „28.9.2009“ zu zitieren ist,

-         das Bauarbeitenkoordinationsgesetz – BauKG mit „BGBl. I Nr. 37/1999 idF BGBl. I Nr. 42/2007“ zu zitieren ist und

-         die Strafnorm „§ 10 Abs.1 Einleitung BauKG“ zu lauten hat.

 

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag von 100 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 9 ,19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 64 VStG.


Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 30.8.2010, Ge96-37-2010, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden Bw) eine Geldstrafe von 500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs.2 Z1 iVm § 10 Abs.1 Z4 und Abs.2 BauKG verhängt, weil er als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der x GmbH (Fachbüro für Arbeitssicherheit und Umweltschutz im Standort x Straße x, x), welche für die Baustelle der Firma x AG (Zubau Büro/Laborgebäude) in x, x, als Baustellenkoordinator tätig war, bei der Baustelle „x AG (Zubau Büro/Lagergebäude) in x, x“ nicht darauf geachtet hat, dass am 24.3.2010 bei dieser Baustelle von den Arbeitgebern der Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan vom 28.9.2010 hinsichtlich des Anseilschutzes mit Anschlagpunkten sowie des Seitenschutzes auf dem Flachdach angewendet wurde, da der in diesem Schutzplan geforderte Anseilschutz mit Anschlagpunkten sowie der erforderliche Seitenschutz auf dem Flachdach trotz bereits auf dem Flachdach durchgeführter Arbeiten einer Isolierfirma und einer Kernbohrfirma an diesem Tag nicht vorhanden waren. Nach dem BauKG hat der Baustellenkoordinator darauf zu achten, dass die Arbeitgeber den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan anwenden.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht. Begründend wurde ausgeführt, dass vom Bw in seiner Funktion als Baustellenkoordinator ein den gesetzlichen Vorgaben entsprechender Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan (SiGe-Plan) mit Datum 28.9.2009 erstellt worden sei, welcher ausdrücklich vorgesehen habe, dass für die geplanten Dachabdichtungsarbeiten das Anbringen eines Anseilschutzes mit Anschlagpunkten sowie eines Seitenschutzes notwendig sei. Die Umsetzung bzw. die Kontrolle der Einhaltung des SiGe-Plans erfolgte laufend durch vom Bw durchgeführte Baustellenbegehungen, wobei dieser entsprechende Begehungsprotokolle angefertigt habe und nachweislich sämtliche betroffene Arbeitgeber über die Ergebnisse bzw. Neuerungen informiert habe. Auch auf die Baustellenbegehungsprotokolle vom 10.3.2010, 16.3.2010 und 24.3.2010, jeweils inklusive Verteilerschlüssel, werde hingewiesen. Die beinahe wöchentlich durchgeführten Baustellenbegehungen seien vor dem Hintergrund des Bauarbeitenkoordinationsgesetzes jedenfalls als ausreichend anzusehen. Kürzere Begehungsintervalle würden eine Überspannung der Verpflichtungen des Baustellenkoordinators darstellen, dies insbesondere deshalb, da dieser ansonsten – etwas überspitzt formuliert – gezwungen wäre, Tag und Nacht auf der Baustelle anwesend zu sein. Entschieden bestritten werde die Rechtsansicht der belangten Behörde, der Beschuldigte habe nicht darauf geachtet, dass die Arbeitgeber den SiGe-Plan anwenden bzw. einhalten. Aus den genannten Begehungsprotokollen, welche im Übrigen in einem zeitlichen Abstand von lediglich sechs Tagen durchgeführt worden seien, sei klar ersichtlich, dass der Bw mehrmals eine Durchführung von Arbeiten am gegenständlichen Flachdach insofern untersagt habe, als er den ausführenden Firmen aufgetragen hätte, vor Beginn der Arbeit mit ihm in Kontakt zu treten, um die notwendigen sicherheitstechnischen Aspekte zu besprechen. Von Seiten des Bw sei wiederholt darauf hingewiesen worden, dass keinerlei Arbeiten am Dach durchgeführt werden dürfen, solange keine Freigabe durch den Baustellenkoordinator erfolgt sei. Wie man dem beiliegenden Verteilungsschlüssel entnehmen könne, seien die betroffenen Ausführungsfirmen auch nachweislich von diesem Umstand in Kenntnis versetzt worden. Es kann eindeutig aufgezeigt werden, dass der Bw nicht vom Beginn der Arbeiten am gegenständlichen Flachdach verständigt worden sei bzw. Kenntnis hatte. Ein Missachten der direkten Vorgaben des Bw durch die ausführenden Firmen würde keinesfalls einen Verstoß des Bw selbst gegen das BauKG darstellen. Es wurde daher die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Es wurde das zuständige Arbeitsinspektorat am Verfahren beteiligt und hat es in einer Stellungnahme vom 19.10.2010 darauf hingewiesen, dass im SiGe-Plan für die Gewerke zur Herstellung der Dachabdichtung als Maßnahmen der Anseilschutz mit Anschlagpunkten und ein Seitenschutz vorgesehen seien. Der vom Baustellenkoordinator geforderte Seitenschutz hätte sinnvoller Weise mit dem Ende der Rohbauarbeiten bzw. mit der Herstellung der Attika bereits aufgebaut werden können. Richtig sei zwar, dass mit einer wöchentlichen Kontrolle seitens des Baustellenkoordinators das Auslangen gefunden werden kann. Einschlägige OGH-Entscheidungen zeigen jedoch, dass eine routinemäßige wöchentliche Kontrolle unter Umständen zu wenig sei. Gerade bei einem erhöhten Gefährdungspotenzial bei Dacharbeiten mit einer Absturzhöhe von ca. 7,0 m ist besonders darauf zu achten, dass die im SiGe-Plan angeführten kollektiven Sicherheitsmaßnahmen eingehalten werden. Einzig und allein sich auf die Rückmeldung der Isolierfirma zu verlassen, ist nach Ansicht der Arbeitsinspektion nicht ausreichend. Zum Zeitpunkt der Baustellenkontrolle sei bereits die gesamte Dachfläche mit der ersten Lage der „Dachpappe“ geflämmt, etwa die Hälfte der Dachfläche mit der Wärmedämmung versehen und ein Teil dieser Fläche wiederum mit der zweiten Lage der Dachpappe versehen gewesen. Unabhängig davon habe sich das erforderliche Material schon seit längerer Zeit auf dem Dach befunden, es habe jedoch infolge der Witterung nicht gearbeitet werden können. Es hätte daher der Baustellenkoordinator schon bei seinen vorangegangenen Besichtigungen die Errichtung des Seitenschutzes einfordern können und müssen. Grundsätzlich habe der Bausstellenkoordinator bezüglich der Dacharbeiten in seinen Begehungsprotokollen nur festgestellt, dass nicht gearbeitet werde und von der Isolierfirma eine Benachrichtigung des Arbeitsbeginns verlangt werde. Dass jedoch seit Tagen bzw. Wochen der im SiGe-Plan angeführte Seitenschutz nicht vorhanden gewesen sei, wird durch den Baustellenkoordinator im Sinn des § 5 Abs.4 BauKG nicht festgestellt. Weiters wurden der Stellungnahme vier Fotos angeschlossen.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 26.1.2011 anberaumt und an diesem Tage durchgeführt, zu welcher der Bw und sein Rechtsvertreter sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates Linz geladen wurden und erschienen sind. Die geladene belangte Behörde ist nicht erschienen. Weiters wurde der Zeuge Arbeitsinspektor x geladen und einvernommen.

 

4.1 Im Grunde der vorliegenden Parteienäußerungen, der vorliegenden Fotos und der Äußerungen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung, insbesondere auch im Grunde der Zeugenaussage steht als erwiesen fest:

 

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der x GmbH mit Sitz in x, x Straße x, welche mit der Baukoordination der Baustelle Firma x AG (Zubau Büro/Laborgebäude) in x, x, beauftragt wurde.

Am 24.3.2010 wurde bei einer Kontrolle vom Arbeitsinspektorat festgestellt, dass auf der Baustelle auf dem Flachdach mit einer Absturzhöhe von ca. 7,0 m von Arbeitnehmern der Dachdeckerfirma Dacharbeiten sowie von einem weiteren Arbeitnehmer einer weiteren Firma eine Kernbohrung vorgenommen wurden. Dabei wurde nicht nur im mittleren Bereich des Flachdaches sondern auch an der Absturzkante gearbeitet. Konkret wurde von einem Arbeiter der Dachdeckerfirma die zweite Lage Dachpappe im Attikabereich unter dem ausgespannten Kunststoffband aufgerollt. Sämtliche Arbeitnehmer waren ungesichert und trugen auch keine persönliche Schutzausrüstung. Ca. 1,5 bis 2 m von der ca. 70 cm hohen Attika (im Rohrbaumaß) entfernt, war mit Stangen ein rot-weiß-rotes Kunststoffband gespannt. Weitere Absturzsicherungen bzw. -maßnahmen waren nicht vorhanden. Anschlagpunkte für den Anseilschutz waren teilweise vorhanden. Der Arbeitsfortschritt wies sich so aus, dass die erste Lage Dachpappe bereits vollständig verlegt und geflämmt war. Nach Angaben des Bw wurde diese Lage bereits im Dezember ausgeführt. Es war weiters die Hälfte der Dachfläche (ca. 800 m²) bereits mit der Wärmedämmung versehen und ein Teil dieser Fläche wiederum mit der zweiten Lage der Dachpappe versehen. Zum Zeitpunkt der Kontrolle wurde weiterhin Isoliermaterial verlegt und mit dem Flämmen der zweiten Schicht Dachpappe begonnen. Keiner der Arbeitnehmer trug eine persönliche Schutzausrüstung. Es war auch kein einziges Sicherheitsgeschirr der Dachdeckerfirma auf der Baustelle vorhanden. Es waren daher die ganzen Arbeiten ca. zu zwei Drittel fertig gestellt. Die Kontrolle erfolgte am Mittwoch, mit den Arbeiten wurde bereits am Montag, 22.3.2010 begonnen. Das Material (Isolierung, Dachpappe) war schon lange auf dem Dach, dieses wurde schon im Dezember mit dem Kran auf das Dach gehoben. Wegen des Wetters wurden nach der Verlegung der ersten Lage Dachpappe aber die Arbeiten eingestellt.

Das Kontrollorgan hat sich auch am 24.3.2010 im Baubüro den SiGe-Plan angesehen und hinsichtlich der Dacharbeiten festgestellt, dass ein Seitenschutz und ein Anseilschutz vorgesehen waren. Was konkret unter dem Seitenschutz gemeint ist, kann dem SiGe-Plan nicht entnommen werden.

Der SiGe-Plan vom 28.9.2009 wurde ebenfalls von der x GmbH erstellt. Aus diesem ist ersichtlich, dass die Dachabdichtung für Februar/März 2010 vorgesehen ist und als Sicherungsmaßnahmen der Anseilschutz mit Anschlagpunkten und ein Seitenschutz vorgesehen ist. Nähere Ausführungen zum Seitenschutz sind nicht zu entnehmen. Der Bw führt dazu in der mündlichen Verhandlung aus, dass darunter eine Absturzsicherung, nämlich eine 2 m von der Attika entfernte geeignete Absturzsicherung mit Brettern, Ketten, Seilen oder dergleichen zu verstehen ist. Im 2 m-Bereich von der Attika sollten die Arbeitnehmer angeseilt sein. Der Bw ging davon aus, dass die Firmen wissen, was eine geeignete Absturzsicherung ist.

Bereits bei den vorgezogenen Dacharbeiten, nämlich Ausführung der ersten Pappeschicht im Dezember 2009 wurde laut Baustellenbegehungsprotokoll vom 9.12.2009 vom Bw auf eine geeignete Absturzsicherung vor dem Beginn der Dachdeckerarbeiten hingewiesen. Er hat auch bei weiteren Begehungen auf die Unzulässigkeit des Spannens der Kunststoffbänder hingewiesen. Auch aus dem Protokoll vom 26.2.2010 ist ersichtlich, dass mit dem Obermonteur der Dachdecker über die sicherheitstechnische Vorgehensweise gesprochen wurde. Bei weiteren Begehungen am 3.3., 10.3. und 16.3.2010 wurde jeweils vom Bw festgestellt und im Protokoll festgehalten, dass die Dacharbeiten noch nicht begonnen wurden, dass absprachegemäße Absicherungen nicht vorhanden waren und dass der Baukoordinator vor Wiederbeginn der Arbeiten rechtzeitig schriftlich von der ausführenden Firma informiert werden soll, damit die sicherheitstechnischen Einrichtungen begutachtet werden können. Konkret wurde am 3.3.2010 festgehalten, dass die derzeitige Ausführung so nicht zulässig ist. Am 10.3.2010 wurde festgehalten, dass die entsprechende Absperrung zur Absturzkante hin vor Aufnahme der Arbeiten erneut zu überprüfen ist und am 16..3.2010 wurde festgehalten, dass der Baukoordinator vor der Wiederaufnahme der Arbeiten rechtzeitig schriftlich informiert werden möchte. Unzulässige Maßnahmen wurden nicht festgehalten.

Nach Durchführung der Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat fand am 24.3.2010 eine Baustellenbegehung des Bw statt, wobei ein Protokoll aufgenommen wurde, dass die sicherheitstechnische Begutachtung der getroffenen Maßnahmen durch den Baukoordinator vor Arbeitsbeginn nicht durchgeführt werden kann, da eine entsprechende Meldung der Arbeitsaufnahme von der ausführenden Firma nicht erfolgte.

Sämtliche Protokolle wurden laut Verteiler auch der Dachdeckerfirma x zugestellt.

Auch am 30.3.2010 hat der Bw im Protokoll über eine Baustellenbegehung festgehalten, dass die ausführende Firma einseitig eine Absturzsicherung errichtet hat, diese Absturzsicherung unvollständig ist, Seitenschutzteile fehlen und weiterhin die Abgrenzung des 2 m-Bereiches teilweise nicht vorhanden ist. Es befinden sich ungeschützt und ohne Anseilsicherung Mitarbeiter auf dem Dach. Erst in diesem Protokoll wird die zuständige Dachfirma aufgefordert, diese Mängel unverzüglich abzustellen.

 

4.2. Diese Feststellungen gründen sich auf die Aussagen der Parteien sowie des einvernommenen Zeugen, dessen Aussage auch durch die vorliegenden Fotos untermauert wird. Die Darlegungen widersprechen einander nicht. Die Aussagen des Zeugen sind glaubwürdig und es bestehen keine Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit. Dieser ist als Arbeitsinspektor auch sachverständig. Im Übrigen werden auch die Darstellungen des Bw und die von ihm vorgelegten Besprechungsprotokolle zugrunde gelegt.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 5 Abs.2 Z1 Bauarbeitenkoordinationsgesetz – BauKG, BGBl. I Nr. 37/1999 idF BGBl. I Nr. 42/2007, hat der Baustellenkoordinator darauf zu achten, dass die Arbeitgeber den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan anwenden.

 

Gemäß § 10 Abs.1 Z4 BauKG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Baustellenkoordinator die Verpflichtungen nach § 5 verletzt.

 

Gemäß § 10 Abs.2 BauKG gelten Verwaltungsübertretungen, die nach Abs.1 nicht im Inland begangen wurden, als an jenem Ort begangen, an dem sie festgestellt wurden.

 

Im Grunde des festgestellten Sachverhaltes hat daher der Bw den objektiven Tatbestand der Verwaltungsübertretung einwandfrei erfüllt. Nach dem SiGe-Plan vom 28.9.2009 war für die Dachisolierarbeiten ein Seitenschutz und ein Anseilschutz mit Anschlagpunkten vorgesehen. Bei den am 24.3.2010 festgestellten Dacharbeiten durch vier bis sechs Arbeitnehmer der Dachdeckerfirma wurden aber keine Sicherheitsgeschirre benutzt und waren auch keine auf der Baustelle. Anschlagpunkte waren nur dort vorhanden, wo die Dacharbeiten bereits abgeschlossen waren. Darüber hinaus war lediglich ein Kunststoffband in 2 m Entfernung von der Attika gespannt. Eine sonstige Sicherung gegen Absturz wie Geländer, Wehren, Seile, Ketten oder dergleichen waren nicht angebracht. Es waren daher die geforderten Absicherungsmaßnahmen durch den Arbeitgeber der Dachisolierfirma sowie einer weiteren Firma nicht erfüllt, obwohl Arbeiten sowohl in der Mitte des Daches als auch an der Kante durchgeführt wurden und diese Arbeiten auch schon zwei Tage vor der Kontrolle, also seit dem 22.3.2010, durchgeführt wurden. Es war daher der SiGe-Plan durch die Arbeitgeber nicht erfüllt. Der Bw als Baustellenkoordinator hat auf die Anwendung des SiGe-Plans durch die Arbeitgeber zu achten. Dies hat er nicht in ausreichendem Maß gemacht, zumal er bei seinen Kontrollen nachweislich zwar auf die Unzulässigkeit des Kunststoffbandes hinwies, konkret aber keine Aufforderungen oder Aufträge an die Dachdeckerfirma bzw. die ausführenden Firmen aussprach. Jedenfalls sind derlei Aufforderungen, konkrete Mängel, die auch konkret angeführt werden, zu beheben, nicht ergangen bzw. nicht aus den Besprechungsprotokollen bzw. Baustellenprotokollen ersichtlich. Wie der Bw in der Verhandlung selbst ausführt, ist er davon ausgegangen, dass die ausführenden Firmen, insbesondere Dachdeckerfirmen, wissen, welcher Schutz anzuwenden ist und wie eine Absturzsicherung auszusehen hat. Er führt daher selbst an, dass er eine konkrete Anweisung, welcher Seitenschutz anzuwenden ist, nicht an die ausführende Firma erteilt hat. Nur auf die Unzulässigkeit hinzuweisen, ohne dass konkrete Maßnahmen gefordert werden, entspricht hingegen nicht den Verpflichtungen gemäß § 5 Abs.2 BauKG. Insbesondere entspricht auch dieser Pflicht die Vorgehensweise des Bw nicht, dass er eine Verständigung seiner Person von der ausführenden Firma über den Arbeitsbeginn verlangte. Insbesondere ist der Arbeitsbeginn von ihm selbst zu kontrollieren. Weiters ist die Vorgehensweise laut Baustellenbesichtigungsprotokoll, dass über den Beginn der Arbeiten der Baustellenkoordinator informiert werden möchte, um die Absicherung zu überprüfen, insofern nicht zielführend, als die Absturzsicherungen schon vor Arbeitsbeginn zu errichten wären und daher schon vor Arbeitsbeginn konkrete Anordnungen des Baustellenkoordinators hinsichtlich der erforderlichen Maßnahmen und eine konkrete Kontrolle der Durchsetzung der Maßnahmen zu erfolgen hätte.

Dazu ist der Bw insbesondere auf die Bestimmung des § 5 Abs.4 BauKG hinzuweisen, wonach der Baustellenkoordinator das Recht hat, sich an das Arbeitsinspektorat zu wenden, wenn er der Auffassung ist, dass die getroffenen Maßnahmen und bereitgestellten Mittel nicht ausreichen, um die Sicherheit und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz sicherzustellen, nachdem er erfolglos eine Beseitigung dieser Missstände verlangt hat. Dies bedeutet demnach, dass bei festgestellten Mängeln, die Gefahren für Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer darstellen, konkret auch die mangelnde Absturzsicherung, der Baustellenkoordinator zunächst die Beseitigung der Missstände zu verlangen hat. Dies hat auch nachweislich zu erfolgen. Schon diesem Gebot ist der Bw nicht nachgekommen, da er immer nur auf die Unzulässigkeit hinweist und ein konkretes Verlangen an die ausführenden Firmen nicht stellt. Darüber hinaus hat er bei erfolglosem Beseitigungsauftrag dann die Möglichkeit, sich an das Arbeitsinspektorat zu wenden, also für eine Durchsetzung seiner Anordnungen zu sorgen. Dass der Bw gemäß der Bestimmung des § 5 Abs.4 zweiter Satz BauKG vorgegangen wäre, ist aus den Besprechungsprotokollen bzw. Baustellenbesichtigungsprotokollen nicht ersichtlich. Vielmehr hat sich der Bw immer dahingehend gerechtfertigt und verteidigt, dass er vor Arbeitsbeginn verständigt werden will und dann erst die konkreten Maßnahmen verlangt und überprüft. Diese Vorgehenswiese stimmt aber mit der Anordnung nach § 5 Abs.4 BauKG nicht überein.

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der x GmbH, die den Koordinationsauftrag übernommen hat. Er hat daher die Tat zu verantworten.

 

5.2. Der Bw hat die Verwaltungsübertretung aber auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Bw kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

 

Im Sinn dieser Judikatur reicht daher das Vorbringen des Bw nicht aus, ihn von seinem Verschulden zu befreien. Es reicht nicht aus, dass er sich auf die entsprechende Meldung der ausführenden Firma hinsichtlich des Arbeitsbeginnes verlässt, sondern der Baukoordinator hat nach der klaren Anordnung des § 5 Abs.2 Z1 BauKG aktiv selber eine entsprechende Kontrolle durchzuführen und auf die Anwendung des SiGe-Plans zu achten und entsprechende Mängel aufzugreifen, eine Mängelbehebung zu verlangen und sodann zu kontrollieren. Die vom Bw angeführte Besichtigung und der Hinweis, dass die vorhandene Maßnahme nicht zulässig sei, reicht im Sinn der umfangreichen Verpflichtungen nach dem BauKG nicht für eine Entlastung. Vielmehr ist aus der Bestimmung des § 5 Abs.2 iVm § 5 Abs.4 BauKG zu entnehmen, dass den Baustellenkoordinator eine besondere Verpflichtung trifft, sich über die Einhaltung des SiGe-Plans vor Ort Kenntnis zu verschaffen und entsprechende Mängel sofort aufzugreifen und für die Beseitigung zu sorgen. Dass er aber entsprechende Maßnahmen zur Beseitigung angeordnet und diese auch kontrolliert hätte, geht aus sämtlichen Berufungsvorbringen nicht hervor. Es war daher auch von schuldhaftem, nämlich fahrlässigem Verhalten des Bw auszugehen.

 

5.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Mangels Angaben des Bw hat die belangte Behörde die persönlichen Verhältnisse des Bw mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.500 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten geschätzt. Sie hat weiters keine Erschwerungs- und Milderungsgründe vorgefunden. Diesen Umständen hat der Bw auch in seiner Berufung nichts entgegengesetzt und auch keine anderen Strafbemessungsgründe geltend gemacht. Es konnten daher diese Strafbemessungsgründe der Entscheidung zugrunde gelegt werden. Die belangte Behörde hat weiters zu Recht darauf hingewiesen, dass der Unrechtsgehalt der Tat sich aus der Schwere der Verletzung der geschützten Interessen, nämlich dem Schutz der Gesundheit und des Lebens der Arbeitnehmer ergibt. Dieser Schutzzweck wurde in erheblichem Maße verletzt, zumal mehrere Arbeitnehmer längere Zeit tätig waren und erheblich durch eine Absturzhöhe von 7,0 m gefährdet waren. Auch war das Weiterarbeiten der Arbeitnehmer für den Bw absehbar. Dies musste im Rahmen des Unrechtsgehaltes des Tat berücksichtigt werden. Im Hinblick auf die gesetzliche Höchststrafe ist aber die verhängte Geldstrafe von 500 Euro im untersten Bereich des Strafrahmens gelegen, sie beträgt nicht einmal 10 % des Strafrahmens und sie ist daher auch im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse des Bw nicht als überhöht anzusehen. Es konnte daher die verhängte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe bestätigt werden. Ein Überwiegen von Milderungsgründen war mangels Milderungsgründen nicht festzustellen und daher eine außerordentliche Milderung gemäß § 20 VStG nicht in Betracht zu ziehen. Ebenso war das tatbildmäßige Verhalten des Bw nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibend, sodass eine wesentliche Voraussetzung für das Absehen von einer Strafe gemäß § 21 VStG nicht gegeben war.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 100 Euro, festzusetzen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung: Koordinationsaufgabe, keine Maßnahmen vorgesehen, Verschulden, keine Aufforderung

 

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