Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150826/5/Lg/Hue/Ba

Linz, 09.03.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des X, vertreten durch Rechtsanwalt V, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 15. November 2010, Zl. 0019003/2010, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene              Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.  

 

II.     Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.     

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 16 Abs.2, 19, 24, 45 Abs.1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt, weil er als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen X am 17. Februar 2010 um 8.46 Uhr die mautpflichtige Bundesstraße A1, Mautabschnitt KN Linz – Asten St. Florian, km 164.143, benützt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Nach den Bestimmungen des Bundesstraßen-Mautgesetzes unterliege die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen betrage, einer fahrleistungsabhängigen Maut.

 

2. In der Berufung wurde die die Aufhebung des Bescheides beantragt.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 27. April 2010 zugrunde. Als Tatvorwurf wurde lediglich angegeben, dass die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden sei. Gem. § 19 Abs. 4 BStMG sei dem Zulassungsbesitzer schriftlich eine Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch nicht (zeitgerecht) entsprochen worden.

 

Nach Strafverfügung vom 13. Juli 2010 brachte der Bw vor, dass bereits ein Betrag von zweimal 200 Euro mit der DKV-Karte bezahlt worden sei.

 

Einer zusätzlichen ASFINAG-Stellungnahme vom 13. September 2010 ist zu entnehmen, dass zum gegenständlichen LKW weitere Delikte vorliegen würden. Bezahlte Ersatzmautangebote beträfen andere Übertretungen.

 

Dazu wurde vom Bw – trotz eingeräumter Möglichkeit – keine Stellungnahme abgegeben.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.  

 

4. Da aus der Anzeige nicht hervorgeht, wodurch die Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet bzw. welche Lenkerpflicht verletzt worden sein soll und dies von der Erstbehörde in ihrem Ermittlungsverfahren auch nicht erhoben worden ist, erfolgte am 10. Februar 2011 seitens des Oö. Verwaltungssenates eine entsprechende Anfrage bei der ASFINAG.

 

Die ASFINAG teilte am 2. März 2011 im Wesentlichen mit, dass am 29. Jänner 2010 für das Kfz-Kennzeichen X eine GO-Box angemeldet und die Einstellung der EURO-Emissionsklasse "5" gewünscht worden sei. Eine Vorlage der nachweispflichtigen Dokumente innerhalb Frist sei jedoch unterblieben, worauf die GO-Box am 14. Februar 2010 gesperrt worden sei.

Am 17. Februar 2010 (Tattag) sei nach Entsperrung dieser GO-Box das Kennzeichen auf Z (gegenständlicher LKW) geändert und wiederum eine Einstellung der EURO-Emissionsklasse "5" erfolgt. Auch dafür sei die Vorlage der Nachweisdokumente innerhalb der 14tägigen Frist nicht durchgeführt worden, weshalb am 5. März 2010 durch die ASFINAG eine Sperre der GO-Box veranlasst worden sei.  

Als Beilage ist eine Einzelleistungsinformation angeschlossen.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1 Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Kraftfahrzeuglenker ihre Fahrzeuge vor der Benützung von Mautstrecken mit diesen Geräten ausstatten können.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Nach Punkt 5.2 der Mautordnung hat der Kraftfahrzeuglenker seit Einführung der EURO-emissionsklassenabhängigen Bemautung mit 1. Jänner 2010 u.a.

·         die Hinterlegung einer bestimmten EURO-Emissionsklasse vor Ort an einer GO-Vertriebsstelle zu verlangen sowie

·         durch Prüfung der Fahrzeugdeklaration sicherzustellen, dass

-         das auf der GO-Box hinterlegte behördliche Kraftfahrzeugkennzeichen mit dem tatsächlich am Kraftfahrzeug angebrachten Kraftfahrzeugkennzeichen sowie

-         die GO-Box-Identifikationsnummer der mitgeführten GO-Box mit der auf der Fahrzeugdeklaration angeführten GO-Box-Identifikationsnummer übereinstimmt

andernfalls der Tatbestand der Mautprellerei gem. Punkt 10 erfüllt werden kann.

 

Seit Einführung der EURO-emissionsklassenabhängigen Bemautung mit 1. Jänner 2010 werden Kraftfahrzeuge zunächst der höchsten Tarifgruppe (Tarifgruppe C) zugeordnet. Für das jeweilige Kraftfahrzeugkennzeichen wird grundsätzlich die EURO-Emissionsklasse 0 oder 1 im Zentralsystem hinterlegt, wenn nicht durch den Kraftfahrzeuglenker ausdrücklich die Eintragung einer anderen EURO-Emissionsklasse verlangt wird.

 

Bei Anmeldung zum Mautsystem, Deklaration der EURO-Emissionsklasse oder Datenänderung ist daher vom Kraftfahrzeuglenker an einer GO-Vertriebsstelle ausdrücklich eine bestimmte EURO-Emissionsklasse zu verlangen. Dazu ist es erforderlich, die GO-Box an der GO-Vertriebsstelle vorzulegen. An der Vertriebsstelle wird die Rechtmäßigkeit der Hinterlegung der verlangten EURO-Emissionsklasse nicht geprüft, der Nachweis der Rechtmäßigkeit der verlangten EURO-Emissionsklasse ist daher zu diesem Zeitpunkt nicht erforderlich.

 

Die vom Kraftfahrzeuglenker ausdrücklich verlangte EURO-Emissionsklasse wird an der GO-Vertriebsstelle auf der GO-Box und im Zentralsystem hinterlegt und ist damit unmittelbar tarifrelevant. Dem Kraftfahrzeuglenker wird nach Hinterlegung der verlangten EURO-Emissionsklasse eine Fahrzeugdeklaration der ASFINAG ausgehändigt, die

·         die verlangte und hinterlegte EURO-Emissionsklasse,

·         das auf der GO-Box hinterlegte behördliche Kraftfahrzeugkennzeichen sowie

·         die auf der GO-Box hinterlegte GO-Box-Identifikationsnummer

ausweist.

 

Der Kraftfahrzeuglenker hat sofort nach Aushändigung der Fahrzeugdeklaration zu prüfen, ob

hinterlegt wurde bzw. ist.

 

Wurde die Hinterlegung einer EURO-Emissionsklasse verlangt, so ist die Rechtmäßigkeit der verlangten und hinterlegten EURO-Emissionsklasse der ASFINAG grundsätzlich durch geeignete Dokumente  nachzuweisen. Über die Verpflichtung zur Nachweisbringung wird der Kraftfahrzeuglenker durch einen Kundenbeleg hingewiesen, der dem Kraftfahrzeuglenker an der GO-Vertriebsstelle in deutscher Sprache und – soweit vorhanden – in der Landessprache der Nationalität des Kraftfahrzeugkennzeichens, ansonsten in englischer Sprache, übergeben wird.

 

Die Nachweisprüfung erfolgt nicht vor Ort an der GO-Vertriebsstelle sondern zentral durch die ASFINAG. Die erforderlichen Dokumente sind der ASFINAG binnen 14 Kalendertagen (einlangend), gerechnet ab Hinterlegung der vom Kraftfahrzeuglenker verlangten EURO-Emissionsklasse zu übermitteln.

 

Wenn aus den übermittelten Nachweisdokumenten hervorgeht, dass die nachgewiesene EURO-Emissionsklasse im Falle einer künftigen Änderung der Tarifgruppenzuordnung die Entrichtung eines niedrigeren Mauttarifes bedingt, wird der Kraftfahrzeuglenker zunächst mit zwei kurzen Signaltönen (siehe Punkt 8.2.4.3.1) aufgefordert, eine GO-Vertriebsstelle aufzusuchen, um die in der GO-Box hinterlegte EURO-Emissionsklasse ändern zu lassen. Wird trotz Signalisierung keine GO-Vertriebsstelle aufgesucht, so wird in weiterer Folge die GO-Box aktiv gesperrt, wobei diese Sperre dem Kraftfahrzeuglenker mit vier kurzen Signaltönen (siehe Punkt 8.2.4.3.2) bekannt gegeben wird.

 

Punkt 5.2.2.1.4 der Mautordnung besagt: Werden innerhalb der 14tägigen Einmeldefrist keine Nachweisdokumente übermittelt, so wird die GO-Box gesperrt. Diese Sperre wird dem Kraftfahrzeuglenker mit vier kurzen Signaltönen (siehe Punkt 8.2.4.3.2) signalisiert. Beim Aufsuchen der nächsten GO-Vertriebsstelle wird auf der GO-Box aufgrund der mangelnden Nachweiserbringung die EURO-Emissionsklasse 0 automatisch hinterlegt und die Sperre aufgehoben. Für den Zeitraum gerechnet ab Verlangen und Hinterlegung der falschen EURO-Emissionsklasse wird der Tatbestand der Mautprellerei verwirklicht.

 

Punkt 5.2.2.1.5 der Mautordnung besagt: Werden die Nachweisdokumente nicht rechtzeitig innerhalb der Einmeldefrist übermittelt, so wird mit Ablauf der Einmeldefrist die GO-Box gesperrt, wobei auf diesen Fall die Regelung des Punktes 5.2.2.1.4 angewendet wird. Nachträglich einlangende Nachweisdokumente werden wie ein neuer Antrag behandelt.   

 

Gemäß Punkt 8.2.4.3.1 der Mautordnung gelten folgende Signale als Information für den jeweiligen Nutzer:

Ein kurzer Signalton: Die Mautentrichtung wird auf Basis der eingestellten Kategorie bestätigt.

Zwei kurze Signaltöne: Die Mautentrichtung hat auf Basis der eingestellten Kategorie ordnungsgemäß stattgefunden, aber das Mautguthaben (nur im Pre-Pay-Verfahren) ist unter den Grenzwert in der Höhe von 30 Euro gefallen (der Nutzer hat für eine rechtzeitige Aufbuchung von Mautwerten zu sorgen), das Mautguthaben verfällt innerhalb der nächsten zwei Monate (nur im Pre-Pay-Verfahren), oder die GO-Box wird zur Kontrolle (zum ASFINAG Maut Service Center oder an die nächste GO Vertriebsstelle) zurückgerufen.

 

Gemäß Punkt 8.2.4.3.2 der Mautordnung sind vier kurze Signal-Töne vom Nutzer zu beachtende akustische Signale: Es hat keine Mautentrichtung stattgefunden, weil insbesondere vom Nutzer Bestimmungen der Mautordnung Teil B nicht beachtet wurden, oder bei GO-Box Sperre aufgrund technischer Mängel bzw. festgestellter Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Mauteinhebung. In diesem Fall hat dann jeder Nutzer seiner Nachzahlungsverpflichtung im Sinne von Punkt 7.1 im vollen Umfang nachzukommen, andernfalls der Tatbestand der Mautprellerei gemäß Punkt 10 verwirklicht wird.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG werden Übertretung gem. Abs. 1 und Abs. 2 straflos, wenn der Mautschuldner nach Maßgabe des § 19 Abs. 2 bis 5 der Aufforderung zur Zahlung der in der Mautordnung festgesetzten Ersatzmaut entspricht.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 zu keiner Betretung, so ist die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 1 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung beruht, im Falle einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 2 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen vier Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 4).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht
(Abs. 6).

 

5.2. Von folgendem Sachverhalt ist auszugehen: Der gegenständliche LKW wurde am Tattag, dem 17. Februar 2010, (vor der Deliktsverwirklichung) mit einer GO-Box ausgestattet, in welcher auf Wunsch des Zulassungsbesitzers die EURO-Emissionsklasse "5" eingestellt wurde. Die erforderlichen Nachweisdokumente wurden der ASFINAG nicht innerhalb der 14tägigen Frist, welche am 2. März 2010 geendet hat, vorgelegt. Innerhalb dieses Zeitraums (somit auch zur Tatzeit) war die GO-Box nicht gesperrt, weshalb diese auch nicht vier Piepssignale iSd Punktes 8.2.4.3.2 der Mautordnung ausgesendet hat, welche die in dieser Bestimmung vorgesehenen Lenkerpflichten ausgelöst hätten. Im Übrigen sind die die EURO-Emissionsklassen betreffenden Bestimmungen in der Mautordnung so gestaltet, dass daraus nicht klar hervorgeht, dass die Überprüfung des Nachsendens der Dokumente (durch den Zulassungsbesitzer; nur dieser verfügt ja in der Regel über die Dokumente) zu den Lenkerpflichten zählt. Es ist auch schwer vorstellbar, auf welche Weise es für den Lenker kontrollierbar sein könnte, ob der Zulassungsbesitzer (i.d.R. sein Chef, der die Einstellung der niedrigeren Emissionsklasse veranlasst hat), die Frist einhalten wird.

 

Daher geht der Unabhängige Verwaltungssenat davon aus, dass zumindest kein Verschulden des Bw als Lenker für das vorgeworfene Delikt vorliegt.

 

Es war deshalb spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

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