Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100730/11/Fra/Ka

Linz, 27.10.1992

VwSen - 100730/11/Fra/Ka Linz, am 27. Oktober 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des H K, Am B, L, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion L vom 11. Juni 1992, AZ. Cst.9.811/91-L, betreffend Übertretung der StVO 1960, nach der am 21. Oktober 1992 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z.1 VStG.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Strafkostenbeiträgen.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bundespolizeidirektion L hat mit Straferkenntnis vom 11. Juni 1992, AZ. Cst.9.811/91-L, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung nach § 38 Abs.5 i.V.m. § 38 Abs.1 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt, weil er am 5. Juli 1991 um 22.30 Uhr in Linz, Wstraße, in Richtung stadteinwärts an der Kreuzung mit der Zstraße mit dem Kraftfahrzeug, Kennzeichen: L-, das Rotlicht der Verkehrslichtsignalanlage nicht beachtet hat, indem das Fahrzeug nicht vor der dort befindlichen Haltelinie angehalten wurde.

Ferner wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

I.2. Gegen das oben angeführte Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung des Beschuldigten. Vom Rechtsinstitut der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Sie hat das Rechtsmittel samt Verfahrensakt, jedoch ohne Gegenäußerung, dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt und dadurch seine Zuständigkeit ausgelöst. Er entscheidet, weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied.

Am 21. Oktober 1992 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung, zu der neben den Parteien des Verfahrens auch der Meldungsleger als Zeuge geladen wurde, durchgeführt.

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Der Beschuldigte bringt vor, die ihm angelastete Übertretung nicht begangen zu haben. Sollte der Meldungsleger - wie dieser behauptet - tatsächlich mit einem Abstand von 20 m hinter ihm nachgefahren sein, so hätte er bereits beim Befahren der Kreuzung Blaulicht oder Folgetonhorn verwenden müssen. Er sei ca. 350 m nach dieser Kreuzung vom Meldungsleger angehalten worden. Das Dienstmotorrad sei weit hinter ihm gefahren und es sei ihm erst kurz vor der Anhaltung aufgefallen, daß dieses weit hinter ihm mit Blaulicht und Folgetonhorn verwendet wurde. Die Entfernung sei so groß gewesen, daß er nicht annehmen konnte, daß die Einsatzsignale ihm galten. Im übrigen habe sich das Dienstmotorrad seinem Fahrzeug von hinten mit großer Geschwindigkeit genähert. Wenn das Dienstmotorrad tatsächlich hinter ihm an der gegenständlichen Kreuzung gewesen sein sollte, so wäre es ihm auch mit Sicherheit aufgefallen, insbesondere deswegen, weil ganz geringes Verkehrsaufkommen herrschte.

Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung blieb der Beschuldigte bei seinen bisherigen Ausführungen. Was den Meldungswerber betrifft, so ist festzustellen, daß dieser am 23. September 1992 dem erkennenden Mitglied des unabhängigen Verwaltungssenates telefonisch mitgeteilt hat, sich nicht mehr so genau an diesen Vorfall erinnern zu können. Am 21. Oktober 1992 ließ sich der Meldungsleger zwei Stunden vor der mündlichen Verhandlung telefonisch von seiner Gattin entschuldigen. Da nicht zu erwarten war, daß sich der Meldungsleger aufgrund der Mitteilungen hinsichtlich seines Erinnerungsvermögens sich zu einem späteren Zeitpunkt doch wieder genauer an den Vorfall erinnern könne, wurde die Verhandlung nicht neuerlich vertagt, sondern durchgeführt.

Der Beschuldigte, welcher einen seriösen und glaubwürdigen Eindruck erweckte, führte überzeugend aus, daß es nicht stimmen könne, daß der Meldungsleger - wie behauptet - an der gegenständlichen Kreuzung ca. 20 m mit seinem Dienstmotorrad nachgefahren sei. Er habe ca. 300 m vor der gegenständlichen Kreuzung zwei Polizeibeamte am Fahrbahnrand stehen gesehen. Er nehme an, daß einer dieser Beamten ihm nachgefahren sei, da er beim Vorbeifahren gesehen habe, wie einer von diesen beiden Sicherheitswacheorganen gerade im Begriff war, den Sturzhelm aufzusetzen. Der Beschuldigte erwähnte weiters, daß er bereits seit 24 Jahren im Besitz einer Lenkerberechtigung sei und keine straßenverkehrsrechtlichen Vormerkungen aufweise. Er müsse "verrückt" sein, wenn er bei Rotlicht die gegenständliche Kreuzung überquere, wenn tatsächlich ein Polizist mit einem Dienstmotorrad hinter ihm nachfahre. Er war der einzige Verkehrsteilnehmer. Aus diesem Grunde hätte er das Motorrad, wäre es hinter ihm gewesen, sicherlich bemerkt. Aufgrund der Tatsache, daß er zwei Polizisten ca. 300 m vor der gegenständlichen Kreuzung wahrgenommen hat, sei er schon vorsichtiger gefahren. Er nehme an, daß sich der Meldungsleger ausgehend vom vorhin angeführten Standort aufgrund des Straßengefälles und des dadurch veränderten Blickwinkels geirrt hat. Der Polizist habe ihn sodann überholt und auf Höhe des Hauses Stockhofstraße 9 angehalten. Die Amtshandlung verlief eher unfreundlich und der Polizist teilte mit, daß er Anzeige über den gegenständlichen Vorfall erstatte.

Im Hinblick auf die durchaus glaubwürdigen Angaben des Beschuldigten, und im Hinblick auf das oben dargestellte Verhalten des Meldungslegers sind beim unabhängigen Verwaltungssenat erhebliche Zweifel darüber entstanden, daß der Beschuldigte die ihm angelastete Verwaltungsübertretung tatsächlich begangen hat, weshalb in Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" spruchgemäß zu entscheiden war.

zu II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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